Reden


Mitch Pov

Ich konnte nicht denken. Meine Fluchtinstinkte hatten übernommen und ich konnte nichts dagegen tun. Ich musste raus. Raus aus dem Himmel, raus aus diesem Land. Weg von Natasha und meinem Vater. Ich wollte nur noch verschwinden, vergessen wer ich war, was ich erlebt hatte. Das würde jedoch nicht passieren. Denn natürlich machte mir Jack einen Strich durch die Rechnung. Ich biss die Zähne zusammen als ich merkte dass er mir folgte. Er griff nach mir aber ich duckte mich unter seinen Armen weg. Er würde mich nicht aufhalten. Ich hatte keine Hemmungen mehr, ich würde ihm das Gesicht brechen.

"Hey, beruhigst du dich mal!"

Wieder griff er nach meinem Arm, aber diesmal war es ein Trick. Er lenkte mich für eine Sekunde ab, so dass er sich mit seinem ganzen Körper auf mich schmeißen konnte. Ich ächzte unter seinem Gewicht und versuchte verzweifelt mich zu befreien. Was ist wenn sie jetzt kommt? Wenn Natasha jetzt auftauchte wäre ich gefangen

"Okay, ich respektiere wenn du nichts mit mir zu tun willst, obwohl es echt weh tut. Aber ich will verdammt noch mal wissen warum!"

Knurrte Jack und versuchte mich dabei unter Kontrolle zu kriegen. Warum? Er wollte wirklich wissen warum? Ich boxte ihm ins Gesicht. Das schien ihn wirklich anzupissen. Er packte meine Haare, zwang mich ihn anzusehen.

"Hör auf mit dem Scheiß!"

Knurrte er. Ich fletschte die Zähne.

Ich versuchte noch einmal mich zu befreien aber er ließ mich nicht los. Also gab ich auf. Ich schloss die Augen und atmete. Plötzlich war mir alles egal. Ich war einfach nur müde. Die Panik hatte mich ausgelaugt. Ich war fertig. Mit Natasha, mit meinem Vater, mit Jack. Ich wollte einfach nur alleine sein. Ich öffnete die Augen. Blinzelte. War er...verletzt? Es war so eine fremde Emotion auf seinem Gesicht dass ich sie fast nicht erkannte. Jack war nie verletzt. Nicht wenn seine Eltern ihn ausnutzen, nicht wenn seine Geschwister sich gegen ihn stellten. Er nahm alles mit einer heftigen Dosis Humor und machte weiter. Aber jetzt, während er mir direkt ins Gesicht starrte, als würde er versuchen meine Gedanken zu lesen, war er verletzt. Und das...schien mir einfach nur falsch. Scheiße. Plötzlich fühlte es sich an als hätte ich Steine im Magen.

"Du schuldest mir etwas Mitch. Verdammt, ich hab da gerade eine sehr peinliche Rede über meine Gefühle gehalten. Es war definitiv nicht die beste Rede aber trotzdem kein Grund weg zu rennen als wäre ich der Teufel selbst."

"Ich hab sie kennengelernt als ich fünfzehn war."

Meine Stimme war rau, die Worte erschreckten mich vielleicht sogar mehr als Jack. Er lehnte sich leicht zurück hielt mich aber immer noch in einem eisernen Griff fest. Scheiße, ich musste aufhören. Aber die Worte sprudelten einfach aus mir raus

"Sie war die schönste Frau die ich jeh gesehen hatte. Jedes Mal wenn ich her kam konnte ich es kaum erwarten Natasha wieder zu sehen. Sie war höflich und süß und einfach nur alles was ich in einer Partnerin wollte."

Ich musste mehrere Male tief durchatmen bevor ich weiter sprechen konnte.

"Ich liebte sie. Es hört sich vielleicht dumm an aber ich wollte sie heiraten. Als ich siebzehn war hatte ich ihr sogar einen Ring gekauft."

Ich lachte leise. Es war eher ein krächzen.

"Ich wollte die ganze Zeit in ihrer Nähe sein, sie berühren aber bei diesen Angelegenheiten war sie immer sehr streng. Ich durfte sie nicht einmal küssen bis ich volljährig war. Aber dann, an meinem achtzehnten Geburtstag..."

Jack hatte meine Haare losgelassen und setzte sich auf die Knie. Er sah...offen aus. Als würde er einfach alle meine Worte aufsaugen ohne irgendwelche hintergedanken. Er hörte einfach nur zu.

"Ich weiß nicht wirklich was passiert ist. Ich war sehr aufgeregt endlich bei den Partys im Schloss mitmachen zu dürfen. Sie hatte mir zu trinken gegeben. Viel Alkohol, viel Aphrodisiakum. Ich bin drei Tage danach aufgewacht, nackt mit viel zu vielen blauen Flecken am Körper und den schlimmsten Kopfschmerzen die du dir vorstellen kannst. Keine Sekunde später ist sie wunderschön und süß wie immer in mein Zimmer marschiert, meinen Vater und ein paar seiner Berater im schlepptau. Ich kann mich noch genau an ihre Worte erinnern 'Siehst du Stefan? Ich hab deinen Sohn für mich beansprucht.' Ich wusste nicht wirklich was los war, aber ich verstand als mein Vater sprach 'Du kommst nicht auf den Thron nur weil du ihn in Anspruch genommen hast Natasha. Er muss zustimmen dass er an deiner Seite regieren wird wenn du den Himmel übernimmst.' Sie hatten mich alle angestarrt, aber vor allem Natasha. Sie wollte an die Macht. Und ich war das einzige was in ihrem Weg stand. Aber ich konnte nicht. Also bin ich gerannt. Und hab mir geschworen nie wieder zurück zu kehren."

Mein Mund war trocken. Eine Spannung die ich viel zu lange in mir getragen hatte viel von mir ab. Jack starrte mich an, seine Lippen eine dünne Linie, seine goldenen Augen kalt. Ich hielt den Atem an.

"Mann, du hättest es echt meinen Eltern sagen sollen. Sie hätten die ganze Bude hier, mitsamt allen Gästen zu Boden gebrannt."

Seine Stimme war fast unnatürlich ruhig. Ich atmete aus. Das letzte was ich jetzt von ihm gebraucht hätte war Mitleid. Da war seine kalte Wut fast wie eine erfrischende Brise.

"Ich weiß."

"Warum hast du es dann nicht getan?"

"Weil ich ein gebrochenes Herz hatte. Die Frau die ich liebte hatte mich nur ausgenutzt um den Thron meines Vaters zu nehmen. Ich wollte keine Rache, ich wollte nur mich selbst wieder zusammenflicken."

Er nickte langsam.

"Okay. Ich kann dir nicht sagen dass ich verstehe wie du dich gefühlt hast, oder was du durchgemacht hast. Ich werde es wahrscheinlich nie wirklich verstehen. Aber es erklärt vieles."

Jack wedelte mit der Hand.

"Ich bin nicht gut in solchen Sachen, das hast du wahrscheinlich schon bemerkt, aber danke. Das du es mir erzählt hast. Es war echt schwer zu hören aber notwendig."

Er kratzte sich am Nacken,

"Ich nehme mal an es war nicht das beste Timing dir von meinen Gefühlen zu erzählen gleich nachdem du deine teuflische Ex wieder gesehen hast?"

Ich zuckte mit den Achseln.

"Du wusstest es ja nich."

"Ja ja da hast du wohl Recht. Trotzdem vergiss bitte dass es jeh passiert ist, ich glaube das wäre besser für uns beide."

Ich legte den Kopf schief.

"Warum?"

"Weil die ganze Sache dumm war. Weil du traumatisiert bist und ich definitiv nicht süß und höflich bin. Ich bin chaotisch und laut und das brauchst du wahrscheinlich im Moment überhaupt nicht."

Ich lehnte mich leicht zurück. Musterte ihn eindringlich.

"Ich...wäre offen für was neues."

Sein Mund klappte auf.

"Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein!"

Okay das war nicht die Reaktion die ich erwartet hatte.

"Ähm...okay..."

Er wedelte wieder mit der Hand.

"Nee, sorry ich meine nicht das. Ich bin absolut ekstatisch dass du es versuchen willst und ich hoffe echt dass dir klar ist dass ich wahrscheinlich an die hängen werde wie eine Klette. Aber das da..."

Er deutete auf etwas hinter mir.

"...ist wirklich nicht okay."

Ich drehte mich um. Jacks Schwester Leila stand da mit verschränkten Armen und einem säuerliche Blick im Gesicht. Neben ihr stand ihr Freund Thimos. Der zwei Meter große Nekromant war in schwarzem Leder gekleidet, ein furchteinflößendes Grinsen im Gesicht.

"Was geht ab, Losers?"

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