5 ~ Abschied

Mir war übel und schwindelig, doch ich schaffte es, mich aufzuraffen und bedächtigt gemeinsam mit Monia, die den Rollstuhl meiner Mutter schob, hinter dem Wagen herzugehen. Der Gang durch meinen Heimatort erschien mir unendlich lang, das Dorf so groß wie noch nie. Die Erinnerungen an meinen Bruder würden mich nie loslassen - seine Art, seine Stimme, seine pure Anwesenheit fehlten mir so unfassbar sehr.

Auf dem Friedhof wurden die Leichen mitsamt Sack in ihr Grab gelassen. Wir hätten die Möglichkeit gehabt, Kilian noch einmal zu sehen, doch wir stimmten einheitlich dagegen - wir konnten es nicht. Ich wollte ihn so in Erinnerungen behalten, wie er war: geistreich, witzig und ein unerbittlicher Kämpfer. Ihn kalt, blass und bis auf die Knochen verwundet noch einmal zu sehen, würde Kilians Andenken zerstören. Der Körper wurde viel zu schnell herabgelassen und einen Sarg für Kilian gab es auch nicht, da dies mit dem Mangel an Material unvereinbar war.

Ich musste weg, fühlte mich auf dem Friedhof eingeengt.

Ich erklärte Monia, kurz Freiraum zu benötigen und am Abend nach Hause zurückzukehren. Leise entfernte ich mich vom Friedhof und begann zu rennen. Wieso und Warum wusste ich nicht. Ich wusste nur, dass ich hier weg musste. Für einen kurzen Moment. Schneller, immer schneller setzte ich meinen Körper in Bewegung, schoss in Windeseine durch Straßen und Gassen.

Ich bin in diesem verdammten Krieg aufgewachsen und doch hat er mir alles genommen. In meinem Heimatort war es zunächst ruhig - bis wir von den Grauen Wolken besatzt wurden. Es war ein blutiges Gefecht, das viele Bewohner das Leben kostete und unser Dorf demolierte. Kilian war sechzehn, ich achtzehn als die Wolken uns zum Wehrdienst einzogen und ich zur Pilotenausbildung berufen wurde. Ich ahnte schon damals, dass dies kein gutes Ende nehmen würde. Das Bauchgefühl log eben nie.

Ich war noch zu klein, als mein Vater im Krieg fiel, um mich recht an ihn zu erinnern, aber Mutter ist, seit er von uns ging, nicht mehr die Alte. Sein Tod hat sie noch immer nicht losgelassen. Jedes Mal, wenn ich von Kämpfen zurückkehrte, erschrak mich ihr Anblick mehr. Sie hatte ihren Mann verloren und hatte vergeblich gehofft, beide Söhne würden unbeschadet heimkehren.

Was musste das für ein Gefühl sein. Verflucht sei dieser Krieg. Verflucht! Was hätte ich dafür getan, dass Kilian jetzt an meiner Seite wäre. Mir war bewusst, dass ich nicht auch noch fallen durfte. Ich musste diesen Krieg überleben - für Mutter, für Monia. Monia. Ich liebte so unglaublich sehr. Wie sie sich all die Jahre so rührselig um Mutter gekümmert hatte, war nicht selbstverständlich. Sie war das Beste, was mir je passiert ist und das sagte ich ihr viel zu selten. Ich musste zurück, sie umarmen, ihr beistehen, für sie da sein.

Da hörte ich plötzlich Schüsse - nein, dass konnte doch nicht wahr sein.


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