2 ~ Wiedersehen
Die Erscheinung des Leidens nahm kein Ende, als ich mein Elternhaus erreichte und durch den zerfledderten Vorhang trat, welcher die Haustür provisorisch ersetzte. ,,Mutter?", rief ich über den spröden Flur, sodass es leicht an den Wänden widerhallte. ,,Monia?", versuchte ich, meine Freundin auf meine Ankunft aufmerksam zu machen, als von meiner Mutter keine Antwort kam. Mulmig gestimmt, lief ich tiefer in das teils zerfallene Haus, hinein in das Schlafzimmer meiner Mutter. Als ich die beiden dort sitzen sah, fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen. Ich starrte sie an, sie starrten mich an und eine Erleichterung erfasste mich, die ich noch nie zuvor in meinem Leben gespürt hatte. Sie lebten noch. Beide.
,,Sascha?", hauchte Monia , als sie mich bemerkte, bevor sie erleichtert auf mich zukam und mich in eine großzügige Umarmung zog, die ich genauso großherzig erwiderte. Danach widmete ich mich meiner Mutter, ihr Anblick erschreckte mich. Das kurze graue Haar fiel ihr aus und hatte bereits kahleLücken auf ihrem Kopf hinterlassen. Ihre Züge wirkten eingefallen, blass, aber erleichtert, als sie mich wahrnahm. Ihr kraftloser und gebrechlicher kleiner Körper umarmte mich aus vollem Herzen.
,,Wo hast du denn Kilian gelassen? Spielt er wie immer mit den Kindern auf der Straße Fangen?", fragte sie leise lachend und schien in Erinnerungen zu schwelgen. Als sie den Namen meines Bruders erwähnte, sah ich von ihr ab, um die Tränen zu verbergen, die mir sacht übers Gesicht rannen. Mich plagten Gewissensbisse, ihr die traurige Kunde vom Tod meines Bruders zu überbringen. Monia bemerkte meine Tränen und legte mir die Hand beistehend auf die Schulter. ,,Kilian ist nicht mit dir gekommen, oder?", flüsterte sie in mein Ohr. Ich nickte, unfähig ein Wort hervorzubringen.
Auch meine Mutter bemerkte jetzt, dass etwas nicht stimmte. Immerhin kam ich nicht grundlos zurück. Ihr Gesicht schien ein weiteres Stück einzufallen, als sie erschüttert die Hand vor den Mund schlug und sich ihre Augen mit Tränen füllten. ,,Erst mein Mann und jetzt auch noch mein jüngster Sohn?", die Fassungslosigkeit stand ihr ins Gesicht geschrieben. ,,Er hat bis zum Schluss tapfer gekämpft". Ich sah vor mir, wie sich einer der Feinde von hinten anschlich während Kilian in einem Kampf verwickelt war und mit einer Laserschock-Pistole auf ihn schoss. Sein Körper bebte stark, bis er regungslos zu Boden fiel. Ich zog seinen Leib in unser Lager in Sicherheit.
Lange habe ich versucht diese Bilder zu verdrängen, doch jetzt drangen sie umso schärfer hervor. ,,Sein Körper kommt morgen nach. Dann können wir Abschied nehmen", war das einzige, was ich herausbrachte. Sprachlos ließ sich Mutter auf die heruntergekommene Matratze, die ihr als Bett diente, fallen und starrte abwesend an die Wand. Sorgsam deckte Monia sie zu und führte mich aus dem Raum, damit meine Mutter allein ihren Schock verarbeiten konnte. Leise entfernten wir uns von ihrem Schlafzimmer und verließen das Haus.
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