Rosa

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Hobi's Körper ist nass und zittert. Seine Atmung ist schnell und flach. Ich höre wie seine Schritte immer langsamer werden.

„Du kannst vorsichtig von meinem Rücken runter. Der Creep ist weg."

Langsam rutsche ich runter, halte mich aber dennoch an seiner Schulter fest. Das Klimpern der Schlüssel erklingt in meinen Ohren und sagt mir, dass wir fast in Sicherheit sind. Die Flucht hat sich wie eine Ewigkeit angefühlt und mein Herz poltert in meiner Brust, als wäre ich gerannt und nicht mein Bruder. Hobi greift nach meinem Handgelenk und zieht mich in unser Haus. Das Piepen des Aufzugs verrät mir, dass er den Aufzug gerufen hat.

Ungeduldig tippt Hobi mit seinem Fuß und es macht mich nervös. Die Aufzugtüren gehen mit einem quietschen auf, gefolgt von einem Ping. Ich zische kurz auf, als mein Bruder mich wieder am Handgelenk packt und mit sich zieht, da der Griff nicht gerade sanft ist.

Er beginnt zu pfeifen und wieder mit dem Fuß schnell zu tippen. Noch schneller und er macht Klopfer Konkurrenz.

„Hör auf damit! Du machst mich wahnsinnig!", fauche ich und fange an, an meinen Haaren zu spielen. Ich wickle sie um meinen Zeigefinger und fange an mich an meiner Kopfhaut zu kratzen.

„Yoongels hör auf damit! Das ist nicht gut! Fängt das jetzt wieder mit deinen Ticks an?"

Hobi greift nach meinen Händen und drückt sie nach unten. Die ganze Situation macht es mir nicht leicht, wieder wird mir alles zu viel. Meine Atmung beschleunigt sich und wird flacher. Tränen verlassen meine Augen und ein Schluchzer verlässt meine Kehle. Meine Hände fühlen sich kalt und schwitzig an.

„Yoongi bitte krieg jetzt keine Panikattacke! Ich bin hier und wir sind gleich in unserer Wohnung."

Ich spüre die warme, herzliche Umarmung von meiner Sonnenblume. Er streichelt mir sanft den Rücken, wiegt mich hin und her, wie ein kleines Kind. Diese liebevolle Art beruhigt mich sehr im Moment.

Ein paar Tage später...

Ein dumpfes Poltern, gefolgt von einem Fluchen, danach ein Klirren und wieder Schimpfen. Es sind zwei Stimmen, die eine ist definitiv die meines Bruders, aber die andere ist mir unbekannt. Mein Bruder lässt eine Schimpftriade los, die Eminem mit seinen Rapkünsten in den Schatten stellt. Vorsichtig stehe ich auf und taste mich langsam durch mein Zimmer. Mit einer Hand fühle ich mich an der Wand entlang und folge dem Geruch von verbranntem Essen.

„Namjoon! Jetzt lass mal deine Griffel aus der Küche! Hier sieht es aus, als wäre eine Herde Elefanten durchgestampft!"

„Ich wollte doch nur helfen, Hobi! Du machst momentan so viel für deinen Bruder und bräuchtest mal eine Pause! Später klappst du mir noch zusammen nach dem ganzen Stress!"

Namjoon? Wer ist das? Ich gehe weiter und spüre die kühlen Fliesen der Küche unter meinen Fußsohlen. Eine leichte Gänsehaut breitet sich auf meinem Körper aus.

„Guten Morgen Yoongels! Namjoon ist hier! Sein Onkel hat doch die Töpferei, die, die die Vasen für dein Geschäft machen, bevor du Fragen stellst"

„Woher hat der unsere Adresse?" Es verunsichert mich, warum er weiß wo Hobi und ich wohnen. Nach dem Vorfall vor ein paar Tagen, bin ich noch misstrauischer gegenüber Menschen geworden.

„Ich und Hobi sind halt auch gut befreundet. Haben uns kennengelernt als ich mal ein paar Vasen an euch verkauft habe."

Ich stampfe weiter stur geradeaus, denn ich mag es nicht, wenn man mich so unsanft weckt und auch nicht, dass ich dadurch meine gewohnte Routine verändern muss, wenn unangekündigter Besuch da ist. Allerdings achte ich nicht auf meine Umgebung und mein kleiner Zeh macht eine unangenehme Bekanntschaft mit irgendeiner Ecke.

„So eine verdammte Scheiße!", fluche ich. Ich spüre sofort zwei Hände an meinen Schultern, die mich sanft nach hinten dirigieren. Mit meinen Händen taste ich hinter mich und fühle die Sitzfläche des Stuhls. Langsam setze ich mich hin und seufze etwas.

„Hobi, bitte sag mir das nächste Mal Bescheid. Du weißt ganz genau wie ich das nicht leiden kann, wenn meine Routine gestört wird."

Mein Bruder atmet etwas lauter aus und entschuldigt sich, auch Namjoon tut es leid.

Wir frühstücken gemeinsam und Namjoon ist wirklich ein sehr netter Mensch. Er hat Literatur studiert und arbeitet bei einem Buchverlag. Hobbymäßig schreibt er Groschenromane, die sogar ziemlich erfolgreich sind, zumindest bei älteren Damen. Er ist ein hoffnungsloser Romantiker, der seit langem nach dem perfekten Partner oder Partnerin sucht. Hobi erzählt im gleichen Zuge, dass er Tae wiedergetroffen hätte und einen Kaffee mit ihm trinken war. Sie schreiben auch regelmäßig und telefonieren sogar abends, bis einer einschläft. Kitschig. Ekelhaft. Und dann noch mit Taehyung.

„Alles gut Yoongels? Dein Gesicht ist rot und dein linkes Auge zuckt leicht", fragt mich Hobi.

Ich winke nur ab, aber als er dann erzählt, dass er heute noch ein Date mit diesem Typen hat, ist es mir zu viel. Wie kann mein Bruder nur so blind sein? Der arme Kookie hat offensichtliche Gefühle für Hobi und er hat nur Augen für diese Nervensäge. Mit meiner flachen Hand haue ich auf dem Tisch. Aber ich kann mich auch nicht in sein Liebesleben einmischen. Er ist alt genug um zu wissen was er tut.

„Ich gehe raus spazieren, du blindes Huhn."

Ich muss dringend meinen Kopf freikriegen, ansonsten explodiere ich gleich. Am besten laufe ich zu meinem Geschäft, denn Kookie kümmert sich dort um die Pflanzen. Eventuell kriege ich bei der Arbeit, etwas meinen Kopf frei. Vorsichtig laufe ich von der Küche, in den Flur und ertaste die Garderobe. Meine Jacke hängt immer am selben Platz, genauso wie mein Blindenstock immer an einer Schlaufe hinter meiner Jacke ist.

Draußen an der frischen Luft geht es mir sofort besser. Das Zwitschern der Vögel, der Wind, der zart mein Gesicht streift. Einfach die Natur zu riechen, zu spüren, dass ist einer der wenigen Dinge die mich herunterfahren lässt. In meinem Kopf kommen mir mehrere Strecken in den Sinn die ich gehen könnte. Lange muss ich nicht überlegen welchen ich gehen werde. Eine kleine Runde durch den Park mit dem Ententeich und anschließend gehe ich von dort aus zum Paradies de Fleurs. Der Spaziergang und die Arbeit lenken mich hoffentlich etwas von der Situation ab. Ich hoffe auch, dass mir eine Idee kommt bezüglich des Kekses und meinem Sonnenblümchen. Die Sache mit Taehyung stinkt mir gewaltig. Wenn ich doch nur sehen könnte, dann hätte ich eventuell mehrere Möglichkeiten etwas dagegen zu machen.

Das quaken einer Ente unterbricht meinen negativen Gedankenfluss. Bin ich etwa schon im Park? Kurz bleibe ich stehen und lausche den Geräuschen der Natur. Enten die schnattern, Wasser das plätschert, das Rauschen der Bäume vom Wind, joggende Menschen die an mir vorbeiziehen, das Bellen eines Hundes, einfach wunderschön. Ich gehe weiter den Kiesweg entlang und laufe ein Stückchen nach links, so lange bis ich das Kies nicht mehr höre. Hier ist nämlich vor dem Teich eine riesige Wiese, wenn es wärmer wird picknicken Hobi und ich oft hier und dass ein oder andere Mal stibitzt eine gierige Ente etwas Brot. Als ich daran denken muss wie mein Bruder mit einer Ente fast um ein Laib Brot gekämpft hatte, musste ich kichern. Ich konnte zu der Zeit noch etwas sehen und habe diesen Erpel genau beobachtet. Das Federvieh war schneller und hat den Zipfel der Plastiktüte geschnappt und ist weggerannt, Hobi direkt hinterher.

Ich gehe langsam in die Hocke und berühre das kalte, feuchte Gras. Der Morgentau ist so wunderschön. Die Luft ist beim Einatmen auch schwerer, vermutlich ist es gerade etwas nebelig. Ich genieße noch etwas die Ruhe bevor ich mich entschließe, Richtung meines Ladens zu gehen. Ich muss dafür einmal durch die Stadt gehen und ich kriege bei diesem Gedanken schon schwitzige Hände. Ich schicke Stoßgebete in gegen Himmel, das wenige Menschen unterwegs sind, damit ich sicher im Laden ankomme.

Wenig später...

Kookie hat mich anscheinend schon gesehen und hat mir die Tür aufgehalten. Wir unterhalten uns noch, über ein paar Dinge und Aufträge, bevor wir uns beide an die Arbeit machen. Der Keks begleitet mich noch zu meinem Platz und bereitet ein paar Sachen darauf vor.

Beim Strauß zusammenbinden, kann ich meine Gedanken herunterschrauben und meine Sorgen vergessen. Der Duft verschiedener wunderbare Gerüche umspielt meine Nase. Das was man eigentlich als Rosenduft bezeichnet wird meist von roten und rosafarbenen Rosen ausgeströmt, während weiße und gelbe Rosen eher wie Veilchen oder Zitronen riechen. Orangenfarbene Rosen riechen dafür mehr wie Früchte und Gewürznelken.

Eine perfekte Mischung aus all diesen Düften verrät mir, dass ich verschieden farbende Rosen vor mir liegen habe. Bei der Auswahl habe ich mich auf den Geruch verlassen. Gerade möchte ich mit der Arbeit fortfahren, als das Glöckchen von der Eingangstür klingelt. Ich spüre, dass die Person nervös ist. Seine Atmung ist schnell und ich höre sogar wie sie stolpert und wie meine Vasen bedrohlich wackeln. Schnelle Schritte und ein „Pass doch mal auf!", verraten mir das Kookie gerade möglicherweise noch ein Unheil verhindern konnte. Ein neuer Geruch erfüllt den Raum, dieser wird sogar intensiver und lässt mich den Geruch der Rosen vergessen. Ich nehme gerade nur noch diesen einen wahr. Einen Hauch von Zigaretten und Erdbeeren. Ich weite kurz meine Augen. Moment, das ist doch dieser eine Geruch der mich die ganze Zeit verfolgt hat. Dieser, der sich so vertraut und warm anfühlt.

„E-entschuldigung? S-sind Sie H-Herr Min?"

Kurz zucke ich zusammen. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass er bei mir angekommen ist. Diese Stimme ist so sanft und lieblich. Sie passt definitiv zu dem Geruch. Es ist einfach eine perfekte Komposition. Meine Finger kribbeln, der Drang sein Gesicht anzufassen ist sehr stark. Die Neugier war noch nie so groß, das Gesicht eines Menschen zu ertasten.

„J-Ja, der bin ich."

Etwas verlegen gebe ich ihm eine Antwort. Das Verlangen brennt immer stärker in mir. Nervös spiele ich mit meinen Fingern. Normalerweise bin ich nie so unruhig, aber er löst in mir ein Wechselbad der Gefühle aus.

Ich höre wie jemand näherkommt und mir sanft am Hoodie zupft. Es ist vermutlich Kookie der mir sicherlich helfen möchte.

„M-Meine Oma kommt jeden Montag in deinen Laden und hat mir erzählt, dass Sie eventuell mal Aushilfe bräuchten. Ich habe die Uni geschmissen und arbeite momentan in so einem Club. Ich bräuchte nun dringend einen zweiten Job, da die Miete hier in Seoul ziemlich hoch ist."

„Bist du der Enkel von Frau Park?", frage ich um meine Vermutung zu bestätigen, die sich nach seiner Erklärung in mir ausgebreitet hat.

„Ja ich bin Park Jimin!" Er stellt sich höflich vor.

Jimin... Park Jimin... Ist er etwa...? Nein, das ist unmöglich. Er würde nie wieder meine Nähe suchen wollen.

„Ok Jimin, komm morgen früh um neun Uhr in den Laden. Mein anderer Angestellter Jungkook wird dich einarbeiten."

„Ich bin Jungkook! Kannst mich aber auch Kookie nennen"

Kurz zucke ich zusammen, als Kookie seine Stimme erhebt, die weiter entfernt erklingt. Jimin hat mir also am Hoodie gezupft und nicht Kookie? Jimin bedankt sich aufrichtig und dann greifen zwei kleine Hände nach meinen. Anhand seiner Bewegung merke ich, dass er sich verbeugt. Habe ich mich so auf den Geruch konzentriert, dass ich gar nicht mitbekommen habe, dass er hinter meinem Tresen gekommen ist? Ich stehe aber wie angewurzelt da, dieser Mann hat mich in kurzer Zeit in seinen Bann gezogen. Sein Geruch, diese Stimme, seine Ausstrahlung, er hat etwas Magisches an sich. Wie ein Schmetterling, filigran, leicht zerbrechlich, genau so wirkt Jimin auf mich und dass nur nach ein paar gewechselten Worten. Und trotzdem erinnert er mich an meinen Jiminie.

„Hyung... Mach den Mund zu sonst fliegen dir gleich die Fliegen rein. Es wäre auch romantischer, wenn du deinen Kopf etwas nach rechts drehst. Du starrst nämlich ins nichts."

Oh Gott wie peinlich.

„Dieser Jimin sah schon knuffig aus. Er hatte Wangen, die so aussahen wie Mochis und Haare, die so fluffig waren wie eine Wolke. Seine Haare sind übrigens blond, aber was am süßesten war, war seine Stupsnase. Der wäre doch was für dich!" Ich höre deutlich das Grinsen vom Keks und kurze Zeit später bekomme ich einen sanften Schlag auf meinem Rücken.

„KOOKIE!!!", schreie ich kurz und merke wie meine Wangen vermutlich rot glühen. Er durchwuschelt meine Haare und ich versuche ihn mit meiner Hand zu vertreiben.

„Oh Yoongi Hyung entwickelt sich zu grumpy cat!", lacht Kookie herzhaft.

Später am Abend...

Ich sitze auf dem Sofa mit meinem Bruder und der penetrante Geruch seines Minz- Schokoeis bereitet mir Kopfschmerzen. Der Tag war eh schon anstrengend und zu allem Überfluss blubbert er mir die Ohren voll von dem Date mit Taehyung. Ist es zu viel verlangt, dass ich einfach nur dem Anime Demon Slayer lauschen möchte? Gerade ist die Stelle wo Tanjiro gegen Rui kämpft. Außerdem kommt mir Kookie in den Gedanken, wie traurig er ist, dass mein Bruder unerreichbar ist. Kookie ist wie ein Bruder für mich und es bricht mir das Herz.

„Und weißt du wie toll er singen kann? Er hat sogar ein paar Songs geschrieben. Er hat mir sein Lied Winter Bear vorgesungen. Yoongi er ist so talentiert."

„Ui toll... Kookie hat aber auch gute Talente", murmle ich vor mich hin.

Entweder mein Bruder hat meinen Kommentar nicht gehört oder ignoriert dies gekonnt. Jedenfalls er hört nicht auf ohne Punkt und Komma zu brabbeln.

„Weißt du... Vielleicht sollte- „

„Jetzt pass mal auf! Denkst du eigentlich einmal an Kookie? Ist dir nicht aufgefallen wie er sich dir gegenüber verhält, wenn du in seiner Nähe bist!?" Mir ist der Kragen erneut geplatzt.

Hoppla. Ich schlage mir die Hand auf den Mund.

„Yoongi? Von was redest du da?"

Fuck.

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