Brave Marin
Er kam aus dem Krieg – der mutige Seemann, der sein Land über viele Jahre so tapfer verteidigt hatte.
Und nun war es endlich soweit. Er konnte wieder nach Hause zurückkehren. Zu seiner Familie. Zu seiner Frau und seinen Kindern.
Mit abgelaufenen Schuhsolen und durchlöcherten Kleidern, lief er die Straßen seiner Heimatstadt entlang und erinnerte sich an die alten Zeiten, vor dem Krieg, als das Leben noch unbeschwert gewesen war... So voller Freude.
Der müde Seemann betrat eine kleine Kneipe.
Das ihm wohlbekannte tiefe Knarren der Tür brachte ein kleines Lächeln auf seine Lippen. Er trat vor, an die Bar, und setzte sich auf einen der Barhocker.
Der Blick der Wirtin fiel auf ihn und sein Lächeln vergrößerte sich. Doch fiel ihm schnell auf, dass sie ihn nicht erkannte. Es fehlte das Funkeln in ihren Augen.
"Armer Seemann, wo kommen Sie denn her?", fragte sie, während sie seine alten Klamotten äugte.
Sein Lächeln verschwand nun ganz und stattdessen legte sich ein erdrückender Schatten über sein Gesicht. Es war, als brannte der eisige Meereswind plötzlich wieder auf seiner nackten Haut.
"Liebe Frau, ich komme aus dem Krieg", antwortete er dann, "Bringen Sie mir bitte den Weißwein, den der Matrose trinkt, wenn er vorbeikommt."
Mit einem einfachen Nicken wandte die Frau sich von ihm ab, um ihm seinen Wunsch zu erfüllen. Wenige Momente später, stellte sie ihm sein Getränk vor, woraufhin der Seemann anfing zu trinken.
Mit einer Idee im Kopf, begann er zu singen. Es war ein bekanntes Lied, jedoch hatte es für ihn eine besondere Bedeutung. Es war das Lied, dass ihn mit seiner geliebten Frau verband. Es war das Lied, das sie oft zusammen gesungen hatten – genau hier. Vielleicht, ja vielleicht, würde sie sich daran erinnern.
Der Seemann beobachtete die Wirtin, welche nun angefangen hatte zu weinen.
"Was haben sie denn, schöne Wirtin? Bedauern sie den Wein, den sie mir serviert haben?"
"Es ist nicht der Wein, den ich bedauere", schluchzte die Wirtin kopfschüttelnd, "aber den Tod meines geliebten Mannes. Werter Herr, sie ähneln ihm so..."
"Liebe Wirtin, sind es nicht drei Kinder, die Sie von ihm haben? Doch jetzt haben Sie vier."
Er nahm einen großen Schluck von seinem Wein – ein jämmerlicher Versuch den Kloß in seinem Hals zusammen mit der Flüssigkeit herunter zu spülen. Denn so sehr er an den Worten auf der Straße zweifeln wollte... es deutete alles nur auf eines hin.
"Wissen Sie, ich habe damals so viele traurige Briefe bekommen. Dort stand, dass mein Mann im Krieg gestorben ist und dort gleich beerdigt wurde..."
Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und setzte wieder ein Lächeln auf.
"Letztendlich habe ich dann noch einmal geheiratet."
Bei diesen Worten, schloss der mutige Seemann seine brennenden Augen. Mit einem Ruck, leerte er sein Glas und stand auf. Er gab der Wirtin ein 'Lebe wohl' und verließ die Bar.
Mit abgelaufenen Schuhsolen und durchlöcherten Kleidern, lief er die Straßen seiner Heimatstadt entlang.
Der gebrochene Seemann irrte umher, durchnässt, aufgrund des starken Regens.
Er taumelte. Er stolperte. Er stürzte auf die steinerne Straße.
Er weinte. Er schluchzte. Er schrie in die Nacht hinein.
Ohne Zuhause und ohne seine Liebste – es blieb ihm nichts anderes übrig, als zur Marine zurückzulaufen.
Zurück zum Hafen.
Zurück zum Schiff.
Zurück zu dem Ort, von dem er jahrelang nur fliehen wollte.
Doch hatte er damals noch nicht gewusst, dass er seinen Zufluchtsort verloren hatte.
"So wäre es vielleicht besser gewesen", dachte er sich, "wenn ich tatsächlich im Krieg gefallen wäre."
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