III

Das Sonnenlicht schimmerte auf dem steinernen Boden der Kirche. Es fiel schräg durch die Fenster und erzeugte fantastische Bilder auf den Fliesen, die wie Portale in eine andere Welt schienen, eine Kristallwelt voller Schönheit, voller Wunder und Vollkommenheit, in der es weder Schatten noch Dunkelheit gab. Hier und dort sah man die lebensspendende Wärme und das  verheißungsvolle Licht, von den Sonnenstrahlen mitgebracht, sich in dem Rauch einer Kerze oder dem feinen Nebel eines Atemzuges brechen. Die Bilder in den Fenstern der Kirche wurden lebendig, die Heiligenschein begannen zu strahlen, als sei das Licht vom Herrn der Kirche selbst geschickt worden, um sie und alle heilig zu sprechen und vom ewigen Paradies zu künden.

Das Ewige Licht konnte darüber nur staunen. Noch nie hatte es solch eine Schönheit gesehen, und langsam begann es zu verstehen, was Magie bedeuten musste und was die Menschen zum Glauben an Gott brachte.

»Hallo.«

Das Licht zuckte zusammen. Aber das war doch nicht möglich! Dieses Lächeln... Die Stimme war tatsächlich zurückgekehrt.

»Hallo!« Die Bemühungen des Lichts, den Körper der warmen, vertrauten und doch so fremdartig anmutenden Stimme zu erblicken, waren auch diesmal nicht von Erfolg gekrönt.

»Wo warst du? Warum bist du letztes Mal so plötzlich verschwunden?« Es lagen weder Ärger noch Angst in seiner Stimme, da war nur eine kindliche Neugier und vielleicht ein klein wenig Aufregung.

»Ich fürchte, ich kann dir darauf keine Antwort geben. Du musst wissen: Manchmal kommt ein Luftzug und nimmt mich einfach mit.« Die Stimme klang verschwörerisch und beinahe besorgt, aber dennoch nicht sonderlich ernst.

Das Licht hätte nun wirklich gern eine Stirn gerunzelt.

»Aber wie kann das denn sein? Du hast doch keinen Körper und nichts, was weggeweht werden könnte. Oder?«

»Nun,« antwortete die Stimme leise, »es gibt Dinge, die ich zwar weiß, aber dennoch nicht verstehe. Und es gibt Dinge, die ich glaube, ohne irgendeinen Grund dafür zu haben.«

Die Stille, die darauf folgte, war beachtlich. Sie schien sich immer weiter auszudehnen und zu wachsen, bis sie irgendwann die ganze Kirche erfüllte. Aus Angst, sie könnte sich auch nach draußen erstrecken und die ganze Welt begraben und auch aus Neugier beschloss das Licht, die Erkenntnisse der letzten Zeit mit der geheimnisvollen Stimme zu teilen.

»Ich habe darüber nachgedacht. Über das, was du letztes Mal gesagt hast, meine ich. Bevor du... verschwunden bist.«

»Ja?« Das klang neugierig. Als die Stimme keine Antwort bekam, fuhr sie scheinbar vorsichtig lockend fort.
»Na los, erzähl schon. Nicht so schüchtern. Es gibt kein falsch.«

»Na schön.« Das klang zwar nicht sehr überzeugt, schien der Stimme aber zu reichen. »Also, ich habe die Wolken beobachtet, und mir gedacht: vielleicht bin ich wichtig, weil ich mich die ganze Zeit verändere. Aber das tun wir Kerzenflammen alle, nicht wahr?«

»Das ist richtig, ja. Ich wollte ja auch nicht andeuten, die anderen seien nicht wichtig. Es ist nur-«

»Falsch.« Das Licht ärgerte sich über sich selbst.

»Nein. Es ist nur nicht das, was ich meinte.« Die Worte der Stimme klangen ehrlich und aufmunternd, und das half.
Mit mehr Selbstvertrauen und gerade in die Höhe gestreckt, bereit für eine notfalls auch enttäuschende Antwort, fragte das Licht deshalb: »Und was meintest du dann?«

Aber die Stimme war schon wieder fort.

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