Zweisamkeit

MENSCHENEWELT - FREYAS SICHT!

Anfangs konnte ich nichts außergewöhnliches entdecken. Ich wollte gerade zu den anderen zurückkehren, da viel mein Blick abermals auf einen riesigen, runden Stein. Natürlich hatte ich diesen schon wahrgenommen. Jedoch war mir bis jetzt nichts merkwürdiges daran aufgefallen. Nun trat ich näher an ihn heran. Irgendetwas sagte mir, dass da mehr sein musste. Leider konnte man aufgrund der Größe nicht über den Stein hinüber sehen. Genauso wenig konnte man von der Seite einen Blick auf das werfen, was dahinter verborgen lag. Denn links und rechts neben dem Stein erstreckten sich steile Felswände. Somit wusste ich nicht, ob es sich lohnen würde, hier weiter zu suchen. Mit der rechten Hand strich ich langsam über das weiche Moos, das den Stein fast zur Gänze bedeckte. Ui, wie das kitzelte. Ruckartig zog ich meine Hand wieder zurück. Gleichzeitig bewegte sich der Stein leicht, für das Auge beinahe unmöglich wahrzunehmen. Verdutzt begann ich zu blinzeln. Wie war es möglich, dass ein Stein dieser Größe nur aufgrund einer solch einfachen Handbewegung hin und her schwanken konnte? Auf jeden Fall wäre es einem Menschen nicht möglich, die Bewegung des Steines, bei der es sich nur um Millimeter handelte, zu sehen. Vielleicht war dies auch einer dieser Fähigkeiten, die eine Nava besaß?

Neugierig versuchte ich den Stein wegzuschieben. Siehe da! Er rollte sogar ein Stück zur Seite. Jedoch war ich zu schwach, um den riesigen Stein ganz Beiseite zu schaffen. Hastig rannte ich zum Abgrund und streckte den Kopf zu meinen Freunden hinunter. Flynn, entdeckte mich als erster. Mit Hilfe ein paar weniger Sätze informierte ich die anderen über die aktuelle Lage. "Könnte einer von euch bitte zu mir hochkommen?", fragte ich in die Runde, "Zu zweit schaffen wir es bestimmt den schweren Klotz von dort wegzurollen." Sofort erklärte sich Flynn bereit für diese Aufgabe. Solosh packte seinen Freund am Bein und half ihm, den Felsvorsprung zu erreichen. Ab da war es für Flynn ein Leichtes sich zu mir hinaufzuziehen.

MENSCHENWELT - FLYNNS SICHT!

Mit etwas zu viel Schwung zog ich mich über den Rand. Beinahe hätte ich Freya umgeworfen. Schnell richtete ich mich auf. Nun stand ich direkt vor ihr. Es fehlte nicht viel und meine Stirn würde ihre berühren. Allmählich merkte ich, wie ich mich in ihren Augen verlor. Schon wieder konnte ich an nichts anderes als an ihre Schönheit denken. Nun konnte ich es nicht mehr leugnen. Ich hatte mich in sie verliebt. Schon damals, als ich sie das erste Mal sah. Für kurze Zeit schwelgte ich in Erinnerungen, wie wir uns kennenlernten.

Eine leichte Bewegung ihrerseits holte mich zurück in die Gegenwart. Unwillkürlich machte ich noch einen kleinen Schritt auf sie zu. Somit schloss ich die Lücke zwischen uns und bevor ich mich versah, lagen meine Lippen auf ihren. Vorsichtig hob ich meine Hände und legte sie sachte an ihre Hüften. Ich schloss die Augen und genoss einfach den Moment. Ich genoss ihren Geruch, der mich Umgab. Ich genoss das Gefühl ihrer Lippen auf meinen. Ich genoss die Wärme und das Kribbeln, das ich empfand.

Viel zu schnell war der Kuss auch schon wieder vorbei. Langsam lösten wir uns voneinander. Freyas Wangen waren leicht rosa. Ihre Augen strahlten. Für mich war es einfach das Schönste, Freya lachen zu sehen. Mein Herz machte noch einmal einen kleinen Sprung.

Verlegen drehte sich Freya zur Seite. "Komm, lass uns den Stein von dort wegrollen!", brachte sie mit piepsiger Stimme hervor. Gemeinsam packten wir den Koloss und schoben ihn mit vereinten Kräften beiseite.

Tatsächlich! Hinter dem Stein lag ein Trampelpfad verborgen. Zwischen den Felswänden hindurch schlängelte sich der Weg immer höher den Berg hinauf. Ohne zu zögern begann Freya den Pfad entlang zu schreiten. Schnell folgte ich ihr.

"Darf ich dich etwas fragen?", begann ich ein sensibles Thema anzusprechen. "Das war doch schon eine Frage!", schoss sie zurück. Damit hätte ich rechnen müssen. Diese Antwort hatte ich jedoch verdient. Lächelnd erwiderte ich: "Du hast dich kein bisschen verändert." "Warum sollte ich auch?" Stimmt, warum sollte sie auch.

Unsicher blieb ich stehen und drehte mich zu ihr. Unbewusst nahm ich Freyas Hand. Ihr Lächeln erblasste etwas. "Was ist denn los?" "Na gut!", setzte ich an, "Ich würde mit dir gerne über etwas sprechen." Neugierig blickte sie zu mir auf. "Wegen dem Kuss!", fuhr ich dort, "Es tut mir leid. Du hast bestimmt einen Freund." Freya sah verwirrt aus. Daraufhin ging mein Blick wieder einmal zu dem Ring an ihrem Finger. Augenblicklich gefror ihr Lächeln zu Eis. Aufmunternd streichelte ich ihre Hand, die ich immer noch in meiner hielt. Ich sah wie sich Tränen in ihren Augen sammelten. Blitzschnell senkte sie den Kopf. Sanft legte ich Freya meine Hände auf den Rücken und zog sie in eine tröstende Umarmung. Vorsichtig flüsterte ich: "Möchtest du darüber reden?" Stumm schüttelte sie ihren Kopf, der mittlerweile an meiner Brust ruhte. Beruhigend strich ich über ihr kastanienbraunes Haar.

Das Schniefen ließ langsam nach. "Nein, keine Sorgen. Ich habe keinen Freund. Der Ring, das ist etwas anderes. Lass uns bitte einfach weitergehen." Mit diesen Worten drehte sie sich auch schon wieder dem Berg zu und marschierte den Weg entlang. Stumm folgte ich ihr.

MENSCHENWELT - SISILIAS SICHT!

"Wo bleiben die beiden den nur?", beschwerte sich Solosh zum tausendsten Mal. Genervt verdrehte ich die Augen. "Sie sind doch erst seit 10 Minuten weg. Gib ihnen doch etwas Zeit." Diesmal war mein Bruder mit Augen rollen dran. Er war eindeutig mein Zwilling. "Komm, lass uns einstweilen herausfinden, was die Zeichen in der Höhle bedeuten." Erneut holte ich mein Navalophon heraus, um das Foto der Höhlenmalerei zu betrachten. "Du hast Flynn ja gehört. Seine Visionen helfen uns an alle Informationen zu gelangen.
"Ehrlich gesagt glaube ich auch nicht, dass wir die Übersetzung unbedingt benötigen werden." Gelangweilt starrte Solosh weiter Löcher in die Luft. Sein Verhalten jedoch beirrte mich kein bisschen. "Brauchbar oder nicht. Es ist auf jeden Fall sinnvoller als weiterhin als Stinkstiefel in der Gegend herum zu sitzen!", entgegnete ich ihm genervt.
Das Gesicht zur Grimasse verzogen begab sich Solosh nun doch zu mir und warf abermals einen Blick auf den Display.

Plötzlich fiel ihm etwas ein. Seine gemurmelten Worte klangen wie "Mhm, irgendwie kommt mir das irgendwoher bekannt vor!". Verblüfft sah ich ihn an. Denn mir sagten die merkwürdigen Zeichen überhaupt nichts. "Achtung, Gefahr!", rief Solosh auf einmal. Vor Schreck hätte ich beinahe mein Navalophon fallen lassen.
Was hatte er den jetzt schon wieder?

MENSCHENWELT - FLYNNS SICHT!

Es erschien mir, als erstreckte sich der Trampelpfad unendlich weit die Felswände entlang. Immer noch wanderten wir bergauf. Nahm denn der Weg gar kein Ende mehr? Plötzlich begann Freya zu laufen. Was war denn jetzt los? Eilig beschleunigte auch ich mein Tempo. Jedoch war sie so schnell, dass ich kaum mit ihr Schritt halten konnte. Was war denn nur in sie gefahren?

Einen Moment später war sie verschwunden. Wie angewurzelt blieb ich stehen. Was ging hier vor sich? Wie ein Verrückter drehte ich mich in alle Richtungen und hielt Ausschau nach Freya. Sie war jedoch nirgends zu sehen. Panik stieg in mir hoch. "Freya!", rief ich verzweifelt, "Freya, wo bist du?" Keine Antwort. Natürlich. Sie war auch nicht mehr hier. "Verdammt!", fluchte ich. Wie konnte das denn passieren?! Ratlos lehnte ich mich an eine Felswand und ließ mich hinabgleiten, bis ich am Boden saß. Ergeben legte ich meinen Kopf auf die Knie und verweilte in dieser Position. Für wie lange wusste ich nicht. Ich wusste nur, dass ich nichts mehr wahrnahm. Keine Gerüche. Keine Geräusche. Keine Geschehnisse. Meine Sinne waren verschlossen, abgekapselt von der Außenwelt.

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