Kapitel 4.1
Ich starrte den jungen Mann durch die gläserne Fensterscheibe hin durch an. Er stand an der Brüstung gelehnt und mit einer dampfenden Tasse Tee in der Hand auf unserer Terrasse in der Kälte. Unter ihm erstreckte sich die verschneite Innenstadt Torontos.
Sein Blick war starr auf die Straßen gerichtet, auf denen Menschen in ihren Autos vorbeibrausten und versuchten so schnell wie möglich nach Hause zu kommen, um noch die restlichen Stunden des Tages mit ihren Lieben zu verbringen. Wir hatten den 16. Dezember und es waren nur noch wenige Tage bis Weihnachten.
Für mich war es immer ein Fest der Familie und Freude gewesen. Alle waren am Abend des 24. Dezembers zusammen gekommen und verbrachten einige schöne Stunden zusammen, ehe am Morgen darauf die Geschenke ausgepackt wurden. Und eigentlich hatte ich mir Weihnachten auch dieses Jahr so vorgestellt, aber daraus würde wohl nichts werden. Denn seit Shawns Tabletten Überdosis und seinem Zusammenbruch vor einigen Wochen herrschte das reinste Chaos in unseren Familien. Zwar hatte sich der Schock bei allen wieder gelegt, doch nun verbreitete sich eine Welle von Enttäuschung. Besonders mein Vater konnte Shawns Konsum nicht nachvollziehen und machte ihm Vorwürfe wie verantwortungslos er gehandelt habe. Er hätte sich und vor allem auch mich in Gefahr gebracht. Darüber hinaus wusste immer noch keiner von unserer Verlobung und unseren Hochzeitsplänen, es herrschte immer noch Eiszeit zwischen Finn und unserem Vater. Sie wollten einfach nicht mehr miteinander reden und ignorierten sich. Es war einfach schrecklich.
Für mich war diese Lage beinahe unaushaltbar. Seit beinahe zwei Wochen war es so, und ich hatte das Gefühl ich würde bald durchdrehen. Shawn ging es zwar körperlich wieder besser, aber psychisch war er total am Ende. Er wirkte auf einmal total verändert. Er sprach kaum noch, zog sich zurück und verbrachte oft Stunden alleine in seinem Musikzimmer oder auf der Terrasse. Ich verstand, dass die Situation für ihn nicht leicht war, aber ich fühlte mich in den letzten Tagen oft einsam und mit allem alleine gelassen.
Gerade wie jetzt auch.
Umringt von Zeitschriften, Mustervorlagen und anderen Krimskrams saß unsere Hochzeitsplanerin Charlie und ich an dem riesigen Tisch im Wohnzimmer. Während sie alles organisierte und wirklich unglaublich gute Vorschlage einbrachte, schaute ich einfach nur aus dem Fenster. Ich war mit meinen Gedanken ganz woanders und umso mehr tat die junge Frau mir leid. Sie gab sich so viel Mühe, stellte keine Fragen warum Shawn nicht bei uns saß und ich alles alleine entschied. Sie war für ihr junges Alter äußert diskret und engagiert, gerade deshalb war ich froh ihr kleines Unternehmen unterstützen zu können. Und ich konnte mich nicht einmal für zwei Stunden konzentrieren, obwohl es hierbei um meine eigene Hochzeit ging.
Verzweifelt seufzte ich auf und vergrub mein Gesicht in meinen Händen und schloss für eine Weile meine Augen. "June?", riss mich Charlies Stimme aus meinen Gedanken, "ist alles okay?" Zaghaft nickend richtete ich mich wieder auf und fuhr mir durch meine offenen Haare. "Klar doch", räusperte ich mich und griff nach dem Stapel mit den Vorlagen verschiedenster Einladungskarten. Mehrere wunderschöne Karten in den verschiedensten Farben und Mustern lagen vor mir. Der Blick der Blondine schweifte kurz zu mir hinüber, ehe sie sich wieder ihren Unterlagen widmete und sich einige Notizen machte. Meine Augen wanderten über die Vorlagen und ich schaute sie mir genau an. Von schlicht und einfarbig, über Verschnörkelungen, Blumenmustern und Glitzer war alles dabei. Ich spürte wie meine Laune augenblicklich sank, weil ich jetzt schon wusste wie schwer mir die Entscheidung fallen würde. Auf Shawn konnte ich im Moment einfach nicht zählen denn ihm schien alles, was unsere Hochzeit anging gleichgültig zu sein.
Wie automatisch wanderte mein Blick erneut in Richtung Fensterfront. Der Braunhaarige stand noch immer an der gleichen Stelle und in der gleichen Position da und starrte in die Ferne. Er war wie weggetreten.
"Wir können für heute auch Schluss machen", murmelte die Hochzeitsplanerin ohne ihre Augen von ihren Zetteln zu lösen. Sie schien bemerkt zu haben wie ich den Sänger beobachtet hatte. "Dann könnt ihr ein wenig Zeit miteinander verbringen, wenn er sich schon nicht herein traut, wenn ich da bin", fügte sie hinzu und legte ihren Kugelschreiber zur Seite. Sie rückte ihre Brille zu Recht und setzte dann wieder ihr strahlendes Lächeln auf.
Charlotte, wie Charlie eigentlich hieß, war eine junge Frau Mitte zwanzig. Sie war nur ein paar Monate älter als ich und trotzdem wirkte sie auf mich viel reifer und erwachsener. Sie hatte einen hervorragenden Style, ihre blonden glatten Haare waren zu einem millimetergenauen kurzen Bob geschnitten und ihre Lippen schimmerten in einem dunklen Rotton. Charlotte wirkte wie eine echte Powerfrau auf mich. Sie war zielstrebig und besaß schon in so jungen Jahren ihr eigenes kleines Unternehmen mit ein paar Mitarbeitern in der Innenstadt von Toronto. Und genau das schien die Männerwelt abzuschrecken. Sie war eine wunderschöne, eigenständige und selbstbewusste junge Frau, die sich durchsetzten konnte. Und damit schienen einige Männer ein Problem zu haben, denn bis jetzt hatte sie noch nicht den Richtigen an ihrer Seite gefunden.
"Nein, schon okay", winkte ich ihren Vorschlag ab und schob meinen Stuhl zurück. Dann stand ich auf. Ich musste meine schlechten Gedanken an Shawn und unsere familiären Probleme aus meinem Kopf verbannen, wenigstens noch für ein paar Stunden. Und das einzige, was mir dabei helfen würde, wäre Arbeit und ein koffeinhaltiges Getränk. In zügigen Schritten durchquerte ich unser weihnachtlich geschmücktes Wohnzimmer in die Küche. "Ich brauche jetzt erst einmal einen Kaffee", verkündete ich laut genug damit es auch Charlie hören konnte. "Möchtest du auch einen?"
. . .
you are
strong enough
to face it all,
even if it doesn't
feel like it
right know.
by unknown
Herzlich willkommen zu Teil 4 von "Vollidioten küsst man nicht". Kurz zur Orientierung die Geschichte geht quasi 2-3 Wochen nach Ende von Buch Drei weiter, also Mitte Dezember 2023.
An alle Leute die auch meine anderen Bücher lesen und sich vielleicht fragen, wann es weiter geht: Ich bin von Donnerstag bis Sonntag in Paris und werde mir da noch ein bisschen Inspiration für "Without You" holen. Bei "Twisted Fate" komme ich aktuell einfach nicht weiter und stecke in einer kleinen Schreibblockade. An "Polaroid Pictures" werde ich mich jetzt langsam wieder herantasten.
Und wer sich jetzt denkt ich bin vollkommen bekloppt, weil ich schon wieder eine neue Idee für ein Buch habe, da habt ihr recht. Ich bin bekloppt. Aber mittlerweile bin ich echt ziemlich überzeugt von der Storyline, aber ich bin mir noch nicht so sicher ob Leute das Buch wirklich lesen würden, weil es in die Richtung Mystery geht (wäre dennoch eine Shawn Fanfiction)
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