43. Kapitel
Es war mittlerweile Mai und die Temperaturen wurden wärmer. Wir verbrachten die Zeit oft draußen, wenn es denn nicht regnete. Dadurch dass ich nicht mehr beachte, hatte ich wieder mehr Zeit. Diese verbrachte ich jedoch oft mit Lernen in der Bibliothek. Laufen ging ich am Wochenende, dann jedoch alleine, auch wenn ich Jayden oft dabei sah. Wenn ich nicht grade am Wochenende ein Spiel hatte, traf ich mich mit Grayson. Wir verstanden uns echt gut und ich mochte ihn sehr. Freya schien zwar nicht ganz so erfreut darüber, aber ich sah sie auch oft sich mit meinem Bruder zu unterhalten. An einem Sonntag kam sie im Flur auf mich zu. Ich war grade in der Waschküche im Keller gewesen um meine Wäsche zu waschen. „Hast du Lust etwas Beachvolleyball zu spielen?", fragte sie mich und ich blieb stehen. „Mit wem denn?", hakte ich nach, denn auf Jayden hatte ich keine Lust. „Mit Alex, Cole und mir", antwortete sie und ich stimmte zu. Schnell zog ich mich um und folgte ihr dann zu den Beachfeldern. Dort erwartete mich aber nicht Cole, sondern Jayden. Er unterhielt sich grade mit Alex und sie lachten über irgendetwas. Ich wollte gleich wieder umdrehen. „Gehe nicht, Elsa. Es ist nur ein Spiel, mehr nicht. Es tut mir leid, dass ich dich angelogen habe, aber sonst wärst du nicht mitgekommen", bettelte sie und hatte mit ihrer Aussage recht. Ich war mir unschlüssig. Sollte ich gehen, oder lieber doch bleiben. Alex, der mir den Ball zuwarf, nahm mir die Entscheidung ab. Ich knickte ein. Ein Spiel mit Jayden konnte ja nicht so schlimm sein. Und tatsächlich lief es gar nicht schlecht. Freya überzeugte zwar in der Halle, aber im Sand war sie eingerostet. Und das konnte auch Alex nicht wettmachen, obwohl er sehr gut war. Und auch nicht schlecht aussah. Doch das sah Jayden auch nicht, der noch braun gebrannter war. Die Jungs trugen beide Tank Tops und weite Shorts. Ich hatte mich, da es doch recht kühl war, für eine lange Leggings, einen Überzieher und ein Beachtop entschieden. Mit der Zeit kam ich jedoch echt ins Schwitzen, denn wir jagten uns über das ganze Feld. Trotzdem kommunizierten Jayden und ich überraschend gut. Wir sprachen uns ab und suchten die Schwächen der Gegner gemeinsam. Meistens klappte es mit sehr kurzen Bällen sehr gut, denn Freya war relativ lauf faul. Nach drei Spielen kapitulierte Freya, da sie nicht mehr konnte. Als Mittelblocker brauchte sie nicht ganz so viel Ausdauer wie wir auf den anderen Positionen, da sie hinten für die Libera ausgewechselt wurde. Ich hatte dieses Vergnügen leider nicht. Freya ließ sich erschöpft auf die Wiese fallen und trank einen großen Schluck. Auch ich griff zu meiner Flasche. Wir setzten uns ins Gras und Alex reichte Kekse herum. Ich griff dankend zu, denn das Mittagessen lag schon etwas zurück. Da ich schon früh laufen gegangen war, hatte ich auch das Mittag vorgeschoben. Freya legte ihren Kopf in Alex Schoß und streckte ihre Beine aus. „Tat es gut endlich wieder zu beachen, Jay?", fragte Alex Jayden, der ihm gegenübersaß. „Warum endlich?", fragte ich dazwischen. Beachtraining war doch erst am Dienstag gewesen. „Ach, weißt du es noch nicht? Holly beacht jetzt mit einem Mädchen aus ihrem Jahrgang. Und Jayden ist jetzt erst mal ohne Beachpartner", erklärte Freya und Alex nickte zustimmend. „Ist das wahr?", richtete ich mich nun an Jayden. Er schaute auf den Boden und riss ein paar Grashalme aus. „Joar", sagte er nur und ging nicht weiter darauf ein. Für ihn war die Sache damit erledigt. Warum hatte er mir das noch nicht gesagt? Beim Training diese Woche hatte er eigentlich oft genug Gelegenheit dazu gehabt. Ich sah ihn weiter an, doch er schaute mich nicht an. Freya, die wahrscheinlich genug von der peinlichen Stille hatte, schwenkte auf ein anderes Thema um und erzählte vom Unterricht. Trotzdem ließ mich das Thema nicht los. Als Freya und Alex aufbrechen wollten, standen auch Jayden und ich auf. Doch anstatt auch zu gehen, hielt ich Jayden am Arm fest. „Warte", sagte ich. Jayden drehte sich zu mir um und hob eine Augenbraue. Dann wartete er geduldig, bis ich meine Frage stellte. „Warum hast du mir nicht erzählt, dass Holly mit wem anderen beacht?" „Ich wüsste nicht, was dich das angeht. Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig", erwiderte Jayden, einen Hauch von Zorn in seiner Stimme. „Ja, da magst du recht haben. Trotzdem dachte ich, dass wir Freunde sind und Freunde erzählen sich so etwas. Du beachst nicht mehr, und ich finde das ist eine große Neuigkeit. Oder etwa nicht?", ich sah ihn trotzig an. Er sah auf den Boden. Seine Füße scharrten im Gras. „Ich finde, das ist keine große Sache". „Keine große Sache? Du liebst Beachvolleyball! Ich kann mir nicht vorstellen, dass du das einfach so hinnimmst", meinte ich, leicht aufgeregt. Oder wohl sehr aufgeregt, denn meine Stimme wurde immer lauter. Und das ließ auch Jayden aufhorchen. Endlich schaute er mich an. Seine grauen Augen schienen sich in meine Seele zu brennen. „Vielleicht nehme ich es nicht so einfach hin, ok? Aber im Leben ist nicht alles Sonnenschein, Elsa! Und ich habe es selber verbockt. Es ist meine Schuld, dass ich jetzt ohne Partner dastehe. Ich muss jetzt dafür auch zu recht büßen", rief Jayden wütend und fügte etwas leiser hinzu, „Aber du musst ja überall deine Nase reinstecken. Nicht einmal kannst du einfach deinen Mund halten und mich machen lassen. Lass mich in Ruhe, ja?" Er drehte sich um und ging davon. Ich hatte den Drang ihm nachzurennen, doch ließ es lieber bleiben. Warum fuhr er immer so schnell aus der Haut? Und ich wurde langsam genauso. Wenig später machte ich mich selber auf den Weg zurück zum Internat. Ich hoffte, dass ich Jayden nicht über den Weg lief, denn jetzt konnte ich es echt nicht gebrauchen. Ich brauchte jetzt erst einmal etwas Abstand zu ihm. Deshalb setzte ich mich zurück in der Wohnung an meine Hausaufgaben. Morgen würden wir in Mathe einen großen Test schreiben, weshalb ich noch viel lernen musste. Kurzerhand schrieb ich Grayson an und fragte ihn, ob er mit mir lernen wollte. Er antwortete nur ein paar Minuten später auf meine Nachricht und stand dann auch nur kurz danach vor meiner Tür. In einer Hand hielt er eine Tafel Schokolade, in der anderen ein Mathebuch. „Ich nehme lieber die Schokolade", begrüßte ich ihn grinsend und nahm ihm die Schokolade ab. „Guter Versuch, Johansson", sprach mich Grayson mit meinem Nachnamen an. So redete er oft mit Leif. Beim Fußball schien es wohl üblich, sich mit seinem Nachnamen anzusprechen. Mein Nachname war schwedisch und war der Familienname meiner Mutter. Da mein Vater einen ganz komischen Nachnamen gehabt hatte, entschieden sie sich bei der Hochzeit für den Nachnamen meiner Mutter. Und darüber war ich echt froh. Mit der Schokolade in der Hand rannte ich ins Zimmer, er folgte mir auf schnellem Schritt. Schnell hatte er mich auch eingeholt und hielt mich von hinten fest. „Lass mich los!", rief ich panisch und versuchte mich zu befreien. Sein Griff war jedoch fest. Er nahm mir die Schokolade ab und meinte: „Die gibt es erst nach dem Lernen". Schälmisch grinste er mich an und ich streckte ihm die Zunge raus. Trotzdem gab ich mich geschlagen, setzte mich an den Schreibtisch und zog ihm den Stuhl von Lynn heran. Er setzte sich zu mir und beugte sich über meine Aufgaben. Gemeinsam gingen wir jede Aufgabe einzeln durch und er erklärte mir diese, wenn ich es nicht verstand. Zwischendurch stibitzte ich mir ein Stück Schokolade. Mmmh, lecker, Nussschokolade. An einer sehr schweren Aufgabe verzweifelte ich. „Ich kann das nicht", jammerte ich, den Kopf in meine Hände gestützt. „Na komm, noch die Aufgabe, dann machen wir eine kleine Pause", versuchte mich Grayson etwas zu motivieren, doch er scheiterte kläglich. „Eine kleine? Ich brauche eine große, so 10 Stunden lang", klagte ich. Ich versuchte einen Hundeblick, doch es musste wohl sehr dämlich ausgesehen haben, denn Grayson lachte laut los. Er ließ nicht locker und drängte mich weiter, die Fragestellung zu bearbeiten. Gerade hatten wir quadratische Funktionen und passende Anwendungsaufgaben dazu. Zwar war ich nicht die schlechteste in Mathe, aber wirklich alles verstand ich auch nicht. Vor allem weil hier auf sehr hohem Niveau unterrichtet wurde...und auf Englisch. Es gab sogar Kurse auf Französisch, von denen ich aber die Finger ließ. „Erde an Elsa. Bist du noch bei mir?", holte mich Grayson aus den Gedanken. „Mhhh, ja", murmelte ich und sah mir wieder die Aufgabe an. 10 Minuten später konnte ich mich endlich zurücklehnen und ausruhen. Grayson legte sich in mein Bett und machte die Augen zu. „Aber du schläfst jetzt nicht, oder?", fragte ich ihn, nicht ohne leichten Spott in der Stimme. Grayson schüttelte nur den Kopf, ansonsten blieb er still. „Wie läuft es eigentlich mit den Anfragen der Vereine?". Dies schien ihn so zu interessieren, dass er die Augen aufmachte. „Ich werde im Sommer beim FC Liverpool trainieren. Von ihnen habe ich erst letzte Woche eine Einladung erhalten. Wenn ich mich gut mache, kann ich dort nächstes Jahr nach dem Abschluss anfangen. Sie sind echt klasse, das wäre also ein Traum, der wahr wird", erzählte er ganz begeistert. Seine Augen leuchteten dabei. Ich konnte es gar nicht fassen, dass er und Leif nur noch ein halbes Jahr vor sich hatten. Grayson würde ich wahrscheinlich etwas mehr vermissen, als Leif. „Hast du eigentlich nächste Woche schon was vor?", fragte ich ihn. Spontan hatte ich eine Idee. „Bis jetzt noch nichts. Wieso?", erwiderte er und richtete sich auf. „Es kommt ein Film, den ich ganz interessant finde. Vielleicht hast du Lust ihn mit mir zu schauen?" Er stimmte zum Glück sofort zu und wir schauten nach um welche Uhrzeit der Film kommen würde. Da ich nur bis um 20 Uhr Ausgang hatte, mussten wir einen Termin am Nachmittag nehmen. Die 12. und 13. Klassen durften dagegen auch länger weg bleiben. Wir lernten noch bis um 21 Uhr, dann kam Lynn nämlich ins Zimmer und meinte: „Alle nicht weiblichen Personen müssen diesen Raum jetzt bitte verlassen". „Woher willst du wissen, dass ich nicht vielleicht auch eine Vagina habe?", entgegnete Grayson. „Ich kann gerne nachschauen, ob du doch keinen Mikropenis hast. Das würde ich uns beiden jedoch gerne ersparen". Lynn hob eine Augenbraue. Grayson verzichtete darauf und verabschiedete sich von mir. „Bis nächste Woche". Er zwinkerte mir zu. Als er weg war fragte Lynn aufgeregt: „Du hast ein Date mit Grayson? WTF!". Lynn schien das echt als eine Sensation zu sehen. „Ich finde da ist nichts dabei. Und ein Date ist das auch nicht". „Na klar, dass ist so was von ein Date. Und dann noch mit dem heißen Fußballer. Ich wette ihr knutscht nächste Woche rum, wenn ihr es nicht schon gemacht habt". Langsam nervte Lynn. Ich verdrehte die Augen und versuchte ihr klar zu machen, dass da nichts lief. Da sie es aber nicht wahrhaben wollte, gab ich irgendwann auf und machte mich bettfertig.
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