35. Kapitel
In der nächsten Woche bekamen wir unsere Prüfungsergebnisse und ich war sehr erleichtert, als ich sah, dass ich fast überall gut abgeschnitten hatte. In Deutschland wäre ich vielleicht unzufrieden mit meinen Ergebnissen gewesen, doch dafür, dass ich erst seit einigen Monaten in England lebte, waren meine Prüfungsnoten sogar besser als erwartet. Freya hatte sich fast eine Woche geweigert, sich ihre Ergebnisse anzuschauen, als dann jedoch ein Lehrer zu ihr gekommen ist und sie für ihre sehr gute Leistung gelobt hat, wurde sie doch neugierig. Sie war sogar unter den besten 10 Schülern unseres Jahrgangs.
Bald schon standen die Osterferien an und das damit verbundene Beachlager. Jayden verließ, so oft er konnte, verläuten, dass er überhaupt keine Lust darauf hatte, mit mir dort zwei Wochen zu verbringen. Seine Haare hatte er wieder kurz schneiden lassen, sodass er keinen Zopf mehr machen konnte. Während die anderen Mädchen sich darüber gefreut hatten, vermisste ich den Wuschelkopf sehr und auch Jaydens nettes Ich. Außerhalb des Trainings hatten wir kaum gesprochen und auch sonst vermied ich es ihn anzuschauen.
Heute war es Sonntag und ich kämpfte darum aufzustehen. Blöderweise hatte ich mir gestern eingeredet, dass es eine gute Idee wäre, heute im Morgengrauen laufen zu gehen. Also hatte ich mir gestern Abend den Wecker gestellt, der vor einer halben Stunde geklingelt hatte. Seitdem lag ich nun wach im Bett. Am liebsten würde ich wieder einschlafen, doch jetzt machte sich meine Blase bemerkbar. Und wenn ich erst einmal aufgestanden bin, kann ich nicht wieder einschlafen. Was für ein Dilemma. Meine Blase gewann, weshalb ich mich aus dem Bett quälte. Natürlich leise um Lynn nicht zu wecken, die gestern ein anstrengendes Spiel gehabt hatte und mich gebeten hatte möglichst leise aufzustehen. Aus dem Schrank nahm ich mir meine enge Laufhose, ein passendes langarmiges Shirt und meine Trainingsjacke. Aus dem Wäschekorb, den ich noch nicht ausgeräumt hatte, stibitzte ich mir Unterwäsche. Im Bad zog ich mich um, band meine dunklen Haare zu einem Zopf und beschloss, dass ich definitiv nach dem Laufen auch meine Haare waschen musste. Gestern hatten wir in unserer WG, ausgenommen von Lynn, einen Gammeltag gemacht, den wir gleichzeitig zum Frühjahrsputz genutzt haben. Also haben wir mehr gearbeitet, als gefaulenzt, aber wenigstens strahlte jetzt der Boden wieder und es lagen keine Sachen mehr von uns überall rum. Aus dem Schuhregal nahm ich mir meine Laufschuhe, die total schlammverschmiert waren. In letzter Zeit lief ich häufiger um meine Ausdauer zu verbessern. Gerade als Zuspieler läuft man andauernd hin und her, was mich auf Dauer ziemlich anstrengt. Am Eingang begrüßte ich Sonja, eine unserer Betreurinnen, die gerade ihren Kaffee trank und den Plan für die Aktivitäten für die Woche aufhängte. „Viel Spaß beim Laufen", rief sie mir noch hinterher, als ich die Tür öffnete. Die Sonne strahlte und ich spürte schon den Frühling, auch wenn es erst Anfang März war. Ich beschloss, erst nach dem Lauf zu frühstücken, weshalb ich mich in Bewegung setzte und den Weg zu meiner üblichen Laufroute nahm. Das Gelände der Schule glich einem Park, weshalb es sehr angenehm war, hier zu laufen. So musste man das Schulgelände auch nicht verlassen. Ich kam an den Fußballfeldern vorbei, von denen mir Grayson fröhlich zuwinkte, bevor er den Ball ins Tor schoss. Neben ihm konnte ich auch meinen Bruder Leif ausmachen. Ich winkte zurück und musste grinsen, als ich mich an die letzten Wochen erinnerte. Wenn wir uns trafen, hatte Grayson von nichts anderem als Fußball gesprochen. Nächster Sonntag war die Sichtung, der er entgegen fieberte. Ich setzte meinen Weg fort, als ich plötzlich an einer Weggabelung fast mit jemandem zusammenstieß. „Pass doch auf!", hörte ich Jayden sagen. Ich schüttelte den Kopf und erwiderte: „Pass du doch selber auf!". Jayden sah mich endlich an und riss seine Augen auf. Die Kopfhörer nahm er aus den Ohren und steckte sie in seine Bauchtasche, in der er auch sein Handy hatte. Ich lief lieber ohne Musik und genoss die Geräusche der Natur. „Oh sorry, Elsa. Ich wusste gar nicht, dass du sonntags hier läufst", meinte er und ging einen Schritt zurück um etwas Raum zu schaffen. „Ich laufe dann, wenn ich Zeit habe. Mal samstags, mal sonntags. Die Uhrzeit variiert auch immer", antworte ich und zuckte mit den Schultern. „Ich habe dich nie als Läuferin eingeschätzt", sagte er und musterte mich. „Ich dich aber auch nicht als Läufer", oke, vielleicht log ich hier ein bisschen, aber meine Gefühle waren leicht verletzt worden, „Ich möchte meine Ausdauer verbessern um im Training und im Spiel immer 100 % geben zu können". „Wenn das so ist, können wir doch jetzt zusammen laufen. Ich habe meine 10 km zwar schon voll, aber ein paar Kilometer machen mir auch nichts aus". Ich starrte ihn entgeistert an. Ich lief meistens zwischen 4 oder 5 km und war danach echt fertig. „Klar können wir gerne, aber ich gebe die Schnelligkeit vor, okay?", sagte ich und Jayden nickte. Wir setzten uns beide in Bewegung. Schweigend liefen wir nebeneinander her. Zwar war ich nach 2 km echt erschöpft, aber ich traute mich nicht eine Pause zu machen. Wir liefen an einem kleinen Teich vorbei, in dem manchmal Enten schwammen, und auch am Fitnessparcours, welcher aus mehreren Geräten bestand, die jeder nutzen konnte. Meine Strecke endete an der Mensa, bei der ich erst einmal stehen blieb und meine Hände auf die Knie stützte und tief einatmete. Ich sah hoch zu Jayden, der kaum außer Puste zu sein schien. „Hast du auch noch nichts gegessen?", fragte er mich und ich brauchte eine Weile um antworten zu können. „J..Jaa", brachte ich keuchend heraus. „Alles in Ordnung, Elsa? Du schaust nicht gut aus", fragte Jayden besorgt. „Nei...Nein. Ah...Alles okay", erwiderte ich , richtete mich auf und stieß die Tür zur Mensa auf. Ich war so erschöpft, dass ich kaum etwas runter bekam. „Isst du das noch?", fragte mich Jayden und zeigte auf mein Spiegelei. „Hier", erwiderte ich und schob ihm meinen Teller hin. Es war mittlerweile fast um 9 Uhr und die Mensa füllte sich. Trotz der anstrengenden Schule und des Trainings waren hier viele auch am Wochenende früh wach. „Komm, wir räumen den Platz", sagte Jayden, als er aufgegessen hatte und erhob sich. Wir stellten unsere Teller weg und ich nahm mir noch einen Apfel mit.
Vor meinem Zimmer verabschiedete ich mich von Jayden und trat in die Wohnung ein. Sofort riss ich mir meine Jacke und mein vollgeschwitztes Laufshirt vom Leibe. „Uhh, sexy", ertönte es von der Couch und ich hörte Tessa lachen. Sie saß in einer Decke eingewickelt auf dem Sofa und sah Fernsehen. Ich schmiss meine Sachen auf sie und sie duckte sich schnell weg. „Ihh", kreischte sie und schmiss die Klamotten zurück. „Ich bin jetzt erst einmal duschen. Sind die anderen schon wach?", fragte ich. „Lynn schläft immer noch tief und fest. Jessy ist schon im Fitnessstudio", erklärte sie kurz und seufzte. Tessa hatte sich die Wade gezerrt und durfte erst einmal kein Sport machen, was sie sehr runter zog. Ansonsten war sie nämlich mit Jessy im Fitnessstudio, wenn nicht gerade ein Spiel anstand. Leise schlich ich in unser Zimmer und schnappte mir meine Klamotten vom Stuhl. Im Bad drehte ich die Musik auf und sprang unter die Dusche. Ich drehte das kalte Wasser auf und fing an meine Haare einzushampoonieren. Nach dem Duschen zog ich mir meine gemütlichen Klamotten an und föhnte mir meine Haare an, die ich danach zu einem Dutt band. „Musst du keine Hausaufgaben machen?", fragte ich Tessa, die den Kopf schüttelte. „Dadurch, dass ich kein Training mitmache, habe ich viel zu viel Freizeit", erläuterte sie. Ich holte mir meine Schulsachen und setzte mich an den Tisch. Gegen Mittag erwachte auch Lynn und auch Jessy kam aus dem Fitnessstudio zurück. Gemeinsam halfen wir uns bei den Schulaufgaben. Gegen Abend schneite noch Cole zu mir rein mit dem ich mir einen Film ansah. „Ich war heute mit Jayden laufen", berichtete ich ihm. „Never. Warum solltest du mit ihm Laufen gehen?", sagte er und schüttelte ungläubig den Kopf. „Wir haben uns beim Laufen zufällig getroffen und er hat mich gefragt, ob wir nicht gemeinsam laufen möchten. Vielleicht möchte er sich vor dem Beachlager ja mit mir versöhnen", überlegte ich laut. Cole schnaubte: „ Jayden und versöhnen, ich bitte dich! Wenn er dazu nicht gerade gezwungen wird, macht er so was nicht. Das ist nicht sein Stil. Irgendetwas hat er im Kopf, die Frage ist nur was". „Vielleicht handelt er dieses Mal wirklich wie ein normaler Mensch. Ach, ich weiß es nicht. Jayden verwirrt mich". „Vielleicht ist das genau sein Ziel, dich verwirren! Lass dich von ihm nicht ablenken, sondern konzentriere dich auf den Rest, wie Schule und Volleyball", riet mir Cole und ich kuschelte mich wieder in seine Arme.
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