27. Kapitel


Am Donnerstag hatten wir gleich drei Spiele. Zuerst ging es gegen Serbien, welches Spiel wir auch gleich gewannen. Die nächsten Spiele würden schwieriger werden, da wir gegen Portugal und Frankreich antreten mussten. Gegen Portugal ging es ins Achtelfinale. 

Mein altes Team tauchte auf und wollte mich anfeuern. „Danke, Mädels", freute ich mich und umarmte Neele. „Unsere ehemalige Kapitänen unterstützen wir doch gerne", sagte sie und lächelte. „Was machen die denn hier?", fragte mich Freya misstrauisch. „Sie wollen mich anfeuern", erwiderte ich, doch Freya sah nicht glücklich aus. Wir taten uns schwer im ersten Satz, doch wir gewannen ihn. „Diese kreischenden Mädels lenken mich total ab", beschwerte sich Megan über Neele und die anderen. Freya und ein paar andere stimmten ihr zu. „Könntest du ihnen sagen, dass sie leise sein sollen? Oder am besten noch, verschwinden", fragte mich Freya wütend. „Warum sollte ich? Sie sind meine Freunde und schauen nur zu. Wäre es ein anderes Team, wäre es dir doch egal", sagte ich, ein wenig überrascht, was ich gerade gesagt hatte. Vor Freya war ich sonst eher kleinlaut. „Wenn wir verlieren, ist das deine Schuld", sagte sie bissig und wandte sich ab. Im Spiel hatte Freya Probleme mit meinen Pässen. „Das machst du doch mit Absicht! Du möchtest doch, dass wir verlieren!", meinte sie uns sah mich wütend an, als wir eine Auszeit hatten. „Warum sollte ich?", fragte ich, ebenso wütend wie sie. „Du bist doch heimlich noch für Deutschland, gib es zu! Du möchtest, dass sie gewinnen", sagte sie und sah mir ohne zu blinzeln in die Augen. „Rede keinen Schwachsinn. Du kannst nur nicht akzeptieren, dass wir den Satz verlieren und du nicht alle Pässe bekommst!", rief ich nun schon. Freya lachte bitter: „Wir verlieren den Satz doch nur wegen dir!". Sie schubste mich leicht, was ich mir jedoch nicht gefallen ließ. Ich schubste sie zurück und provozierte sie noch mehr. „Gehe doch zurück zu deinem alten Team! Wir brauchen dich hier nicht", rief sie und schubste mich noch einmal. „Ich habe einen anderen Eindruck. Ihr braucht mich sehr wohl. Im Gegensatz zu dir. Du bist doch nur mittelmäßig", sagte ich und stieß sie zu Boden. „Du arrogante Schlampe", murmelte sie und wir rangelten uns auf dem Boden. „Was ist denn hier los!", rief Maxe entsetzt und trennte uns mithilfe der anderen Mädchen. „Elsa! Du bleibst draußen. Ich dulde so ein Verhalten nicht", sagte er, bemüht ruhig zu bleiben. „Aber ich habe doch gar nicht angefangen", protestierte ich, doch Maxe wandte sich ab. Das war so unfair! Ich setzte mich wütend auf die Bank, während die anderen wieder aufs Spielfeld gingen. Wir verloren trotzdem den 2. Satz und mussten darauf hoffen, dass wir den 3. Satz holen könnten. „Elsa. Du bleibst draußen. Chloe wird für dich weiterspielen", sagte Maxe und sagte die weitere Aufstellung an. „Alles in Ordnung?", fragte mich Charlotte und ich schüttelte den Kopf. „ Freya ist einfach angespannt, weil sie sich Gedanken um das Spiel macht. Nehme ihr das nicht übel", sagte Charlotte. „Warum verteidigt ihr sie? Sie hat mich beleidigt und zwar ohne Grund", meinte ich sauer. Nach dem Spiel, welches wir gewannen, ging ich mit zu meinem alten Team. Ich musste einfach mal reden. Ich erklärte ihnen die Situation und war froh, endlich mal all dem Ärger freie Luft zu machen. „Diese Freya schaut ja schon unsympathisch aus", sagte Neele. „Sie kann auch nett sein, aber sie hat was gegen mich", verteidigte ich sie ein bisschen.

Unser letztes Spiel hatten wir gegen Frankreich. Die Stimmung war eisig und Freya murmelte mir zu: „Du hättest bei deinem alten Team bleiben sollen!" Maxe ließ mich wieder aufs Spielfeld, ich wusste jedoch nicht, ob das gut oder schlecht war. Frankreich war ein harter Gegner, gegen den wir ganz schön zu kämpfen hatten. Zum Glück war Freya draußen, sodass ich einen Konflikt zwischen uns beiden vermeiden konnte. Wir gewannen das Spiel, doch es heiterte mich nicht auf. „Du solltest mal mit Freya reden", sagte Charlotte am Abend, doch ich schüttelte entscheidend den Kopf. „Wir haben morgen das Halbfinale und vielleicht schaffen wir es sogar ins Finale, da können wir keinen Zickenkrieg gebrauchen", sagte sie entschieden. „Ich habe wohl keine Wahl, oder?", fragte ich. „Nö. Und jetzt finde Freya", sagte Charlie und ich machte mich auf die Suche nach ihr. Ich fand sie auf der Dachterrasse, wo sie in eine Decke eingekuschelt saß. 

„Hey", sagte ich zögernd und ging zu ihr. „Was willst du hier?", fragte sie. „Ich denke wir müssen reden. Wir sind ein Team und sollten an einem Strang ziehen". Ich setzte mich zu ihr. „Es tut mir leid, dass ich dich so angegangen bin. Ich bleibe in Stresssituationen sonst immer ruhig", entschuldigte sie sich bei mir. „Ich trage ziemlich viel Verantwortung und versuche immer, dass alles reibungslos funktioniert. Manchmal verliere ich dabei die Nerven". „Ich möchte mich auch entschuldigen. Du bist der Kapitän und ich muss auf dich hören", sagte ich mit schwacher Stimme. „Volleyball ist mein Leben und mir soll nichts dazwischen kommen. Du musst mir versprechen, 100 % immer bei uns zu sein. Wir brauchen niemanden, der noch mit einem halben Fuß woanders steht", erklärt Freya. „Volleyball ist auch mein Leben. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, nach England zu gehen und bereue es nicht". „Nein, du verstehst es nicht, Elsa. Bei mir hängt alles vom Volleyball ab. Ohne es, bin ich nichts. Ich spiele schon Volleyball seit ich laufen kann und kenne nichts anderes. Ich muss immer mein Bestes geben. Sonst sehe ich keinen Sinn im Leben", sagte sie mit Nachdruck und sie hatte Tränen in den Augen. „Bist du deshalb so ausgerastet? Weil du unbedingt gewinnen wolltest?", fragte ich leise. „Nein. Ein bisschen vielleicht. Es ist eine lange Geschichte", sagte Freya. „Kann ich sie hören? Ich habe Zeit". „Hast du dich mal gefragt, warum ich nicht beache?", fragte sie mich plötzlich. „Ja". „Ich habe mal gebeacht und war richtig gut. Sehr gut sogar. Meine Beachpartnerin hieß Sofia. Sie kam in der 6. Klasse zu uns und wir wurden sofort beste Freundinnen. Die Trainer sahen, dass wir ein gutes Team waren und wir nahmen schnell an Turnieren teil, die wir auch fast alle gewannen. Wir wurden als Nachwuchs für Olympia in Zeitschriften beschrieben, doch für Sofia spielte es keine Rolle. Als sie nach der 8. Klasse für die Sommerferien nach Hause nach Italien flog, merkte sie, wie sie ihr altes Team vermisste. Sie entschied sich dort zu bleiben. Für mich brach eine Welt zusammen. Nach den Sommerferien, fühlte ich mich ganz allein gelassen und wusste nicht was ich mit mir anfangen sollte. Nur ein paar Wochen, nachdem die Schule angefangen hatte, bekam ich eine schreckliche Nachricht. Sofia war gerade auf dem Weg zu einem Wettkampf gewesen, als ihr Auto einem Bus ausgewichen war und sie gegen einen Baum knallten. Sofia war auf der Stelle tot", erzählte Freya und ich lauschte gebannt. „Ich war bei ihrer Beerdigung. Und andauernd hatte ich die Frage im Kopf, ob sie noch gelebt hätte, wenn sie weiter bei uns geblieben wäre. Die Trainer versuchten mir eine neue Beachpartnerin zu suchen, doch niemand passte". „Hast du es mit einem Jungen versucht?", fragte ich. „Mit einem Jungen kann ich nicht bei Olympia antreten", sagte Freya. „Es tut mir so leid, was passiert ist". „Du kannst es nicht ändern. Aber das ist auf jeden Fall der Grund, weshalb ich bei dir so überreagiert habe, als du dein altes Team getroffen hast. Du hast riesiges Potenzial und wir brauchen dich in unserem Team", sagte Freya. „Diese Schule war mein Traum und ich werde es nicht aufgeben. Zwar vermisse ich auch mein altes Team, schließlich war es wie Familie für mich, aber ich denke, hier gehöre ich hin", erklärte ich. „Merke dir das! Denn morgen früh spielen wir gegen Deutschland im Halbfinale", sagte Freya, stand auf und ließ mich alleine auf der Dachterrasse zurück. 

Ich blieb dort eine Weile, bis es mir zu kalt wurde. Ich kehrte ins Zimmer zurück, in dem meine Mitbewohnerinnen schon schliefen. Ich versuchte leise zu sein und schlich mich zu meinem Bett. Obwohl ich mir große Mühe gab, konnte ich nicht einschlafen. Es war doch irrwitzig gegen sein altes Team anzutreten! Letztendlich konnte ich doch noch einschlafen. Am nächsten Morgen war es still beim Frühstück. Jeder hing seinen Gedanken nach und dachte an das bevorstehende Halbfinale gegen Deutschland. 

Pünktlich um 11 Uhr begannen wir mit dem Einspielen. Ich sah immer wieder zu Neele, die jedoch ganz auf ihr Team konzentriert war. „Viel Glück", wünschte mir Neele kurz vor dem Spiel. „Dir auch. Möge das bessere Team gewinnen", erwiderte ich. „Schaffst du das?", fragte mich Maxe, der verstand, wie schwer es mir fiel, gegen mein ehemaliges Team anzutreten. „Ja, ich denke schon", antwortete ich und versuchte zu lächeln. Ich ging mit einem mulmigen Gefühl aufs Spielfeld. Jetzt durfte ich mich nur noch auf mein jetziges Team konzentrieren. „Wehe, du vergeigst es", sagte Freya zu mir. Jetzt wurde es ernst. Der 1. Satz wurde zu einem Ausdauertest. Wir gönnten uns keinen Punkt. Der 1. Satz ging an Deutschland, doch wir hatten noch nicht verloren! Im 2. Satz taten wir uns leichter und gewannen ihn 25: 22. Der 3. Satz würde jetzt alles entscheiden. Maxe gab uns neue Anweisungen und zeichnete auf sein Spielbrett ein paar Spielzüge. „Wir dürfen das Spiel nicht verlieren!", sagte Freya und wir stimmten ihr zu. Ich gab mir große Mühe gute Pässe zu spielen. Es stand 12:12. Wir brauchten nur noch drei Punkte zum Sieg. Als wir 14:12 in Führung waren, war Audrey beim Aufschlag. Bei ihr war das immer eine 50/50 Chance. Mal machte sie richtig gute Aufschläge, mal aber hatte sie zu viel Kraft und schlug sie ins Aus. „Denke daran, wenn du jetzt verschlägst, musst du Gummibärchen ausgeben", sagte Ella und zwinkerte ihr zu. „Mache mir ruhig noch mehr Druck, Elli!", sagte Audrey und sah sie wütend an. Jetzt ging es um alles oder nichts. Sie warf den Ball an und traf ihn perfekt. Ein perfekter Flatteraufschlag. Neele versuchte den Ball anzunehmen, doch er änderte plötzlich seine Richtung und landete ein Stück neben ihr. Wir hatten gewonnen! Wir stürmten zu einem Kreis zusammen und jubelten. Jetzt waren wir im Finale! Neele und die anderen schauten zerknirscht und ich ging zu ihr. „Beim nächsten Mal", sagte ich, doch Neele sah mich nur sauer an. „Glückwunsch", sagte sie, doch es klang nicht so, als ob sie mir den Sieg gönnte. 

Jetzt hatten wir ganze drei Stunden bis zum großen Finale Zeit. Die Jungs hatten zeitgleich mit uns gespielt und gegen Italien verloren. Jetzt würden sie um Platz drei spielen. Wir sahen ihnen nach dem Mittagessen zu und feuerten sie an. Sie spielten gegen Russland und gewannen 2:0. „Super", rief ich und sprang Cole in die Arme, der mich herumwirbelte. „Jetzt müsst ihr nur noch gewinnen für einen perfekten Abschluss", sagte er. Alex und Freya lagen sich in den Armen und redeten miteinander. „Sind die beiden eigentlich zusammen?", fragte ich Cole. „Das weiß niemand so richtig", meinte er. „Sie beide meinen nein, aber trotzdem verhalten sie sich so." Um 15 Uhr war das Finale gegen die Schweiz. Eine große Menge an Leuten saß in den Zuschauerrängen und das Jungsteam hatte sich neben unseren Mädchen postiert. Die Schweiz war wirklich gut und wir versuchten alles um mithalten zu können. Die Jungs grölten und feuerten uns an wie es nur ging, doch es reichte nicht. Wir mussten uns geschlagen geben. Wenigstens wurden wir 2. „Das war eine gelungene Woche Mädels, ich bin stolz auf euch", sagte Maxe. Zwar waren wir alle etwas geknickt, doch trotzdem hatten wir getan, was wir konnten. Wenn wir weiter trainieren würden, konnten wir nächstes Jahr gewinnen. Die Siegerehrung fand direkt danach stand. Wir bekamen jeder eine Medaille und einen Pokal, den wir in der Schule ausstellen würden. „Jetzt noch ein paar Bilder", rief Mathilda und wir stöhnten. „Wir sind völlig verschwitzt", rief Megan. Wir sahen wirklich aus, als ob wir gerade einen Marathon gerannt waren. „Duscht euch und macht euch fertig für die Abschlussfeier heute Abend", sagte Maxe und das ließen wir uns nicht zweimal sagen. Vor der Dusche bildete sich eine lange Schlange. „Beeile dich, Chloe", jammerte Kira. „Ich muss nur noch meine Haare waschen. Bin gleich fertig", sagte Chloe und Kira schüttelte den Kopf. „Sie wird nie fertig", flüsterte sie mir zu und ich musste grinsen. 

Die Abschlussfeier fand in der Turnhalle statt. Es wurde eine Anlage aufgebaut und ein Buffet. „Da sind unsere heißen Spanier", sagte Megan und sie verschwand mit Chloe. „Wollen wir tanzen?", fragte mich Cole und ich nickte. „Ich muss dich aber warnen! Ich kann nämlich nicht tanzen", sagte ich. „Da hast du Glück, dass ich nicht Jayden bin. Ich kann es nämlich auch nicht". „Warum Jayden?", fragte ich. „Jayden hat getanzt bevor er mit Volleyball angefangen hat und ist sehr genervt von Leuten, die nicht so gut sind wie er", erklärte Cole. Die Musik wurde aufgedreht und Cole wirbelte mich herum. Im Augenwinkel sah ich Charlie mit Luke tanzen und musste augenblicklich lächeln. Die beiden waren einfach so süß zusammen! Zwischendurch holte mir Cole etwa zu trinken und ich kam mit einer Österreicherin ins Gespräch. Sie war echt nett und fand Cole attraktiv. Als er wieder kam, sagte ich: „Cole, das ist Natalie". Ich ließ sie alleine und setze mich auf die Tribüne. „Na?", fragte mich Jayden. „Na", erwiderte ich und er setzte sich neben mich. „Spielst du Kupplerin?". „Irgendwer muss es doch tun und die beiden scheinen sich gut zu verstehen", verteidigte ich mich. „Cole darf man unter keinen Umständen verkuppeln! Er ist ein hoffnungsloser Romantiker und kann sich dann auf nichts anderes mehr konzentrieren", erklärte Jayden. „Ohh". Wir unterhielten uns eine Weile, bis sich Mira und Kira dazu gesellten. Auch die anderen kamen bald hinzu und wir gingen hoch in das Zimmer der Jungs. Freddy war so erschöpft, dass er sofort einschlief. Natürlich ließen sich die Mädels die Gelegenheit nicht entgehen und malten ihm einen Schnurbart ins Gesicht. „Das geschieht ihm recht", meinte Kira und malte ihm Schnurrhaare. „Ich hoffe, dass das wasserlöslich ist", sagte Jayden. Kira las die Aufschrift auf dem Marker und sagte: „Ups. Wasserfest. Egal, dann haben morgen die Leute auf dem Flug wenigstens etwas zu schauen". 

Am nächsten Morgen trennten wir uns am Flughafen. Ich würde nach Berlin fliegen, die anderen zurück nach England. Jetzt hatte ich eine Woche Ferien und würde mit meinen Eltern und Leif in den Skiurlaub fahren. Leif würde jedoch nicht selber auf die Piste gehen, weil er der Meinung war, dass das Verletzungsrisiko zu hoch war. So ein Schwachkopf!

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