26. Kapitel
„Denkst du, wir gewinnen gegen Norwegen?", fragte mich Charlie und ich nickte. „Ich habe sie gestern kurz gesehen und da waren sie nicht sonderlich gut", sagte ich und lehnte meinen Kopf an ihre Schulter. Unser 1. Spiel gegen Norwegen würden wir erst um 13 Uhr haben und bis dahin waren es noch zwei Stunden. Am Morgen wurden wir schon um 8 Uhr geweckt und mussten wieder laufen. Danach hatten wir Freizeit und ich hatte mich wieder ins Bett gelegt und geschlafen. Jetzt saßen wir in der Turnhalle und sahen uns die anderen Spiele an. „Schade, dass Norwegen und Litauen erst nach unseren Spielen gegen sie gegeneinander spielen", beschwerte sich Lena, die sich ihre braunen langen Haare von Mira flechten ließ. „Wo sind eigentlich Megan und Chloe?", fragte ich und sah mich nach den beiden um, jedoch konnte ich sie nicht entdecken. „Sie sind mit ein paar spanischen Jungs verschwunden und werden wahrscheinlich erst zum Mittagessen wieder auftauchen", informierte mich Marlene und rollte mit den Augen. „Wenn überhaupt", schnaubte Freya, die plötzlich auftauchte. „Hey", begrüßte sie Ella erfreut. „Und wie läuft es bei den Jungs?", fragte Mira. „Gut, Rumänien hat keine Chance gegen sie", sagte sie und lächelte. Zuerst hatten wir den Jungs bei ihrem ersten Spiel zugeschaut, doch zum zweiten Spiel, welches sie direkt danach hatten, waren wir nicht geblieben, weil Maxe wollte, dass wir uns einspielten. Da wir davon nicht viel gehalten haben, hatten wir uns einen gemütlichen Sitzplatz gesucht und so unsere Zeit vertrödelt. Maxe war verschwunden, weshalb er nicht sehen konnte, dass wir seinen Anweisungen nicht folgten. Wir hatten schließlich noch fast 2 Stunden Zeit, wer dachte da schon daran, sich auf sein Spiel vorzubereiten. „Ihr seid unmöglich!", sagte Freya, die die ganze Zeit bei den Jungs geblieben war und sie unterstützte.
Als es Zeit für Mittagessen war, gingen wir zur Mensa, die noch relativ leer war. „Mal schauen, was es heute gibt. Hoffentlich so etwas wie Lasagne, oder so", sagte Mira. „Das ist sehr unwahrscheinlich", sagte Freya und zeigte auf das Menü. Heute gab es Frikassee. „Das sieht aus wie Schleim", meckerte Audrey und rührte mit ihrem Löffel im Frikassee herum. „Ich finde es lecker", sagte Charlie. „Du isst aber auch alles", erwiderte Audrey und holte sich einen Joghurt. „Na, Mädels?", ertönte eine Stimme und Megan und Chloe setzten sich kichernd an den Tisch. „Und was habt ihr gemacht?", fragte Ella. „ Mit ein paar Jungs geflirtet. Die Spanier sind ja so heiß. Ich glaube ich ziehe dahin, wenn ich erwachsen bin", schwärmte Chloe und fächelte sich Luft zu. „ Wir haben uns heute Abend verabredet und werden ein bisschen herumhängen, oder auch anderes tun, wenn ihr wisst, was ich meine", fügte Megan hinzu. „Jedes Jahr dasselbe", sagte Charlie und schüttelte den Kopf. „Wir können nichts dafür, dass Volleyballer so heiß sind", sagte Megan. „Ich habe gehört, dass hier jemand heiß ist", sagte Theo und er und die Jungs setzten sich zu uns. „Nicht du", blaffte Megan und Theo sah sie verwirrt an. „War ja nur Spaß", murmelte er. Irgendetwas war zwischen Theo und Megan vorgefallen, ich wusste jedoch nicht was.
Nach dem Essen gingen wir wieder zurück in die Turnhalle und machten uns warm. „Wir schaffen das", sagte Freya und wir stellten uns auf. Die Jungs saßen am Rand und klatschten mit uns im Takt. Als ich während des Spiels ein perfektes Zuspiel machte, pfiff Cole anerkennend und ich sah ihn wütend an. „Cole ist so ein Depp", sagte ich zu Charlie. „Aber ein süßer Depp", meinte sie augenzwinkernd. Als ich durch Chloe ausgewechselt wurde, stellte ich mich neben Cole. „Du musst mich nicht anfeuern, dass ist peinlich", sagte ich. „Ich möchte aber". Cole war ein hoffnungsloser Fall. Wir gewannen und kamen am Ende des Spiels zu einem Kreis in der Mitte des Spielfeldes zusammen. Auch das zweite Spiel gewannen wir, wobei ich nur kurz auf dem Feld stand. „Die richtig schweren Gegner kommen noch. Wenn du dich jetzt verausgabst, hast du keine Kraft mehr für diese", erklärte mir Maxe als Grund dafür.
Danach ging ich zu Neele und den anderen Mädchen aus dem deutschen Team. „Wenn du in den Sommerferien Zuhause bist, können wir ja was zusammen machen", sagte Neele. „Oh ja, gerne. Vielleicht findet sich ja ein Beachturnier, woran wir teilnehmen können", meinte ich. Ehrlich gesagt hatte ich wenig Lust mich mit Neele zu treffen. Ich wusste gar nicht warum, weil wir in Berlin auf dem Sportgymnasium eigentlich beste Freunde gewesen waren. Erst wenn man seine Freunde eine Zeit lang nicht sieht, weiß man, ob man nur mit ihnen befreundet ist, weil man in derselben Klasse oder im selben Sportverein ist, oder weil man die Person wirklich mag. Neele gehörte wohl zur ersten Sorte.
Am Abend hatten wir wieder Training und wir übten Angriffe. Jedenfalls die anderen, ich musste Zuspielen. Manchmal vermisste ich es Außenangreiferin zu sein. „Mir tun die Hände weh! Kann bitte jemand anderes zuspielen?", jammerte ich, nachdem ich um die 100 Bälle zugespielt hatte. „Na schön. Alex, löse sie bitte ab", sagte Maxe und ich hatte endlich eine kurze Pause. Am nächsten Tag hatten wir nach dem Spiel gegen Tschechien Freizeit und wir beschlossen in die Stadt zu gehen.
Zürich war wunderschön und die Altstadt gefiel mir am meisten. „Denkst du, mir könnte dieses Kleid stehen?", fragte Cole und hielt sich ein Kleid an den Körper. „Quatschkopf", sagte ich und verdrehte die Augen. „Du bist echt eine Spaßbremse, Elsa", meinte er und hing das Kleid wieder weg. „Bin ich nicht, ich habe einfach nur einen anderen Humor", erwiderte ich. „Dann ist der deutsche Humor echt komisch", sagte er. Wir schlenderten weiter durch die Straßen, von einem Laden zu einem anderen. „Habt ihr auch Hunger?", fragte uns Mira. „Du denkst immer an Essen", sagte Audrey und stupste sie in die Seite. Da wir anderen auch Hunger hatten, suchten wir uns einen Imbiss, an dem wir essen konnten. Letztendlich entschieden wir uns für einen kleinen Burgerladen. Zum Glück war noch ein langer Tisch frei, an den wir uns alle setzten. Notgedrungen saß ich zwischen Cole und Jayden, der dieselbe ausdruckslose Miene wie immer hatte. Ich bestellte mir einen Cheeseburger und einen Eistee. „Das sieht so lecker aus", sagte ich und mir lief das Wasser im Mund zusammen. Die Jungs fingen sich an über irgendeinen Film zu unterhalten, von dem ich noch nie etwas gehört hatte. „Und Elsa, welche Filme magst du so?", fragte mich Jayden. „Ich habe keinen bestimmten Lieblingsfilm, aber ich mag Liebesfilme oder manchmal auch Dramen", antwortete ich. „Liebesfilme sind so ätzend", sagte Jayden. „Meine Mutter schaut die andauernd". „Ich mag sie, natürlich sind sie manchmal etwas kitschig und würden nie in echt passieren, aber jeder wünscht sich doch, dass sein Leben manchmal wie in einem Liebesfilm ist", erklärte ich. „ Ganz sicher nicht! Diese Filme verzehren nur die Realität und die wahre Liebe gibt es doch eh nicht", meinte Jayden und schnaubte abfällig. „Sei nicht immer so fies, Jayden!", verteidigte mich Cole. „Stolz und Vorurteil ist echt gut und handelt auch um Liebe", sagte er und ich stimmte ihm zu. Jayden sah ihn kurz finster an und wandte sich dann wieder ab. Schon bald mussten wir wieder zurück, da wir noch ein Spiel hatten gegen Albanien.
Jayden spielte sich mit mir und dem Zuspielerball, den er Herbert nannte, ein. Ab und zu verbesserte er mich, doch ansonsten lief es eher still ab. „Ich wollte mich für heute Mittag entschuldigen", sagte Jayden nach dem Einspielen und fasste sich verlegen in die Haare. „Oh", sagte ich verwirrt, weil ich nicht erwartet hatte, dass er sich entschuldigen würde. „ Auf jeden Fall", wechselte Jayden schnell das Thema, „du schaffst das. Ich glaube an dich". Er umarmte mich und klopfte mir auf den Rücken. „Danke", sagte ich und ging zum Rest des Teams. Das war gerade echt komisch gewesen. Auch dieses Spiel gewannen wir und ich konnte es gar nicht fassen, dass wir bis jetzt ungeschlagen waren. Daran war aber wahrscheinlich mein Team Schuld, welches echt gut war.
Als ich zu den Umkleiden ging um zu duschen, kam Josh auf mich zu. „Hey", begrüßte ich ihn und wir umarmten uns. „Bist du mit diesem Jungen zusammen?", fragte er mich plötzlich. „Was?", fragte ich, weil ich nicht wusste, was er meinte. „Mit dem Jungen, mit dem du dich eingespielt hast. Ich habe dich schon öfter mit ihm gesehen", sagte er. „Jayden? Nein, wir sind nicht zusammen. Wirklich", antwortete ich. „Warum interessiert es dich?", fragte ich verwirrt. „Ich möchte dich nicht mehr mit diesem Typen sehen". „Wir sind nicht mehr zusammen, Josh. Du kannst mir gar nichts sagen." „Elsa, ich denke, ich liebe dich noch", sagte er und ich sah ihn entgeistert an. „Tust du nicht, Josh! Wir haben Schluss gemacht", sagte ich. Plötzlich beugte er sich zu mir und küsste mich. Ich wich zurück, doch er packte meinen Arm. Wie aus dem nichts kam Jayden und stieß Josh zurück. „Lass sie in Ruhe", zischte Jayden. „Misch dich nicht in fremde Angelegenheiten ein. Elsa und ich haben uns nur unterhalten", sagte Josh wütend. „Ja, klar", schnaubte Jayden. Josh holte aus und wollte Jayden eine verpassen, doch Jayden wich aus. Die anderen Jungs aus meinem Team kamen dazu und Alex fragte was los ist. „Er hat Elsa angefasst", rief Jayden und wandte sich wieder Josh zu: „Hau ab!". Josh war schlau genug, sich nicht mit ihnen anzulegen und hob die Hände. „Ist ja schon gut. Ich bin schon weg", sagte er und ging langsam rückwärts davon. „Lass dich nie wieder in unserer Nähe blicken", rief ihm Jayden hinterher. „Danke", presste ich hervor, noch völlig unter Schock. Als sich die Jungs versichert hatten, das es mir gut ging, gingen sie davon, nur Jayden blieb noch. Ich setzte mich gegen die Wand und Jayden sich neben mich. „Eigentlich ist er nicht so", sagte ich in die Stille hinein. „Jungs tun viel um für ein Mädchen zu kämpfen, welches sie mögen", sagte er. „Ja, aber das ist albern. Ich liebe ihn nicht mehr und das weiß er auch. Er ist einfach nur eifersüchtig". „Auf wen denn?". „Auf dich. Er denkt, dass da etwas zwischen uns ist, was natürlich totaler Quatsch ist", sagte ich und sah ihn an. „Da hast du recht, dass ist totaler Quatsch!", sagte er und lachte. „Na ja, ich sollte mal zu den anderen Mädels. Ich muss noch duschen", meinte ich und stand auf. Auch er stand auf und sagte: „Wenn was ist, kannst du zu mir kommen. Oder zu jemand anderem im Team. Wir sind eine Familie". Er wollte schon gehen, als er noch hinzufügte: „Das habe ich noch gar nicht gesagt, also mache ich es schnell jetzt: Willkommen in unserem Team". Ich musste grinsen und sah ihm hinterher. Vielleicht war jetzt alles gut zwischen mir und ihm, wenn er mich endlich akzeptiert hatte.
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