7. Kapitel

Eine leise, eindringliche Stimme weckte mich am nächsten Morgen. Ich murrte und zog die Decke über meinen Kopf. Die Stimme lachte. Hörte dann aber glücklicherweise auf. Ich kuschelte mich wieder an das weiche Kissen neben mir. Nur irgendwie schien es sich zu bewegen. „Kleiner Klammeraffe, aufwachen", klang die Stimme erneut an mein Ohr. Ich riss die Augen auf, als ich realisierte, dass die Stimme von Jayden kam. Und dass es kein weiches Kissen war, sondern sein Körper. Ich lag auf der Seite, mein eines Bein und mein einer Arm um ihn geschlungen. Schnell schreckte ich zurück. „Sorry", murmelte ich und wurde rot. Das war so eigentlich nicht geplant. „Irgendwie bist du sehr weich und kuschelig", fügte ich mit etwas Verzögerung hinzu. „Dieses Kompliment habe ich tatsächlich noch nie bekommen, daher fühle ich mich sehr geehrt", entgegnete er und grinste. Ihm schien es schon jetzt zu Kopf zu steigen. „Aber keine Sorge, du bist nicht der einzige Junge. Also musst du dich jetzt nicht wie der King fühlen". „Du musst es ja wissen", meinte er schnippisch, stand auf, schnappte sich seine Klamotten und verließ das Zimmer. Ich seufzte genervt auf. Wann würde Jayden endlich aus seiner pubertären Phase herauswachsen? Diese Stimmungsschwankungen waren doch echt nicht normal! Auch wenn ich noch gerne weiter im Bett geblieben wäre, stand ich auf und machte mich auf den Weg in mein Zimmer um mich umzuziehen. Jayden und ich wollten schließlich laufen gehen. 

Unten traf ich zuerst auf seine Mutter, die heute frei hatte. „Guten Morgen, Elsa. Wie hast du geschlafen?", fragte sie mich und lächelte. „Sehr gut, und sehr tief", antwortete ich und lächelte zurück. Jayden saß schon am Tisch, eine Schüssel Müsli vor sich. Er starrte auf sein Handy, mir schenkte er keine Beachtung. „Was möchtest du zum Frühstück haben? Ich könnte dir Waffeln machen", fragte seine Mutter und ich winkte ab. „Cornflakes reichen vollkommen". „Willst du mich jetzt vollkommen ignorieren?", wandte ich mich Jayden zu. „Ignorieren? Ich frühstücke, Elsa." Ich schnaubte. Abrupt wandte er sich mir zu und funkelte mich an. „Ist was?", zischte er. „Ich weiß ja nicht wo du in den letzten 10 Minuten warst, aber ich wurde von dir sozusagen als Schlampe beschimpft und du bist dann einfach aus dem Raum gestürmt", erwiderte ich und hob eine Augenbraue. Er schwieg kurz, schien zu überlegen. „Ich habe dich nicht als Schlampe beschimpft, jedenfalls sollte es so nicht rüberkommen und ja ich habe den Raum verlassen. Tut mir leid, dass ich manchmal so ein Arsch bin". „Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung", ich zwinkerte ihm zu. Er wollte etwas erwidern, doch da kam ihm seine Mutter dazwischen, die mir mein Frühstück und einen Orangensaft auf den Tisch stellte. Ich bedankte mich bei ihr und setzte mich. Jayden und ich aßen schweigend und so begann auch unser Lauf. Jayden führte mich an der Promenade entlang, wodurch wir einen guten Blick aufs Meer hatten. Jayden lief etwas voraus, natürlich viel trainierter als ich. Doch davon ließ ich mich nicht stören, dafür genoss ich die frische Brise und den Ausblick zu sehr. Ausblick natürlich auf das Meer, nicht auf Jayden. Ist ja klar. Auch wenn er so in Trainingsklamotten nicht schlecht aussah. Diesen Gedanken schüttelte ich aber schnell wieder ab. „Beeile dich mal, du lahme Schnecke", rief mir Jayden irgendwann zu. „Pff. Ich bin nicht lahm, sondern teile einfach meine Kräfte ein", entgegnete ich und schloss zu ihm auf. Er begann etwas langsamer zu joggen, damit ich mithalten konnte. „Wenn die Schule anfängt musst du dich gleich von Anfang an ranhalten, Elsa. Nicht dass dich die anderen abhängen". Und mit diesen Worten legte er einen Sprint ein und ich war schon bald weit hinten. 

Wieder am Haus angekommen, musste ich erst einmal ganz viel Luft holen. „Ich glaube wir sollten beide duschen gehen. Du bist ganz verschwitzt", meinte Jayden zu mir. Er lehnte an der Mauer und beobachtete mich. „Du auch", erwiderte ich, „ich dusche übrigens zuerst". „Wir können auch einfach gleichzeitig duschen", schlug er vor und zwinkerte mir zu. Ich versteifte mich. Mein Blick musste schon anscheinend alles gesagt haben, denn Jayden fing an zu lachen. „Natürlich in unterschiedlichen Badezimmern. Was dachtest du denn?". Er machte sich auf den Weg Richtung Haustür. Ich lief rot an und stammelte: „Das dachte ich auch". „Haha, Elsa ich habe deinen Blick gesehen. Es ist keine Schande daran zu denken. Ich finde es sogar ganz süß". Ich funkelte ihn wütend an. „Nie im Leben würde ich zusammen mit dir unter einer Dusche stehen wollen. Noch nicht mal wenn wir angezogen wären." Mit diesen Worten ging ich an ihm vorbei, nicht ohne ihn etwas anzurempeln. Ich ging gleich in die Küche und füllte mir ein Glas mit Wasser auf, welches ich auch sogleich runterstürzte. „Wie war euer Lauf?", erkundigte sich Jaydens Mutter bei uns. Jayden war mir unauffällig in die Küche gefolgt und füllte sich seine Flasche auf. „Aufschlussreich", meinte Jayden geheimtuerisch und schaute mich an. Ich wurde wieder rot und wandte mich schnell ab um einen Schluck Wasser zu trinken. „Hier kann man wirklich sehr gut laufen, auch wenn ich die ungepflasterten Wege auf dem Internatsgelände bevorzuge", erklärte ich. „In anderthalb Wochen seid ihr ja wieder da. Wie die Zeit vergeht. Dann seid ihr schon Oberstufenschüler", seine Mutter umarmte ihren Sohn, der sich aber schnell herauswand. „Ich gehe duschen", murmelte er und verschwand. Seine Mutter seufzte. „Ich hoffe er macht dir nicht zu viele Probleme. Er ist manchmal sehr verschlossen, aber unter seiner errichteten Fassade steckt so viel Gutes, für das es sich lohnt zu warten und auch zu kämpfen. Gebe ihn nicht gleich auf", meinte sie und ich nickte. „Das mache ich nicht, auch wenn er wirklich nicht einfach ist".

Ich ging ebenfalls duschen und ließ das heiße Wasser über meinen Körper prasseln. Meine Gedanken kreisten weiter um Jayden und sein unmögliches Verhalten. In der Schule hätte ich es größtenteils ignorieren können, doch hier? Hier war es unmöglich ihm lange aus dem Weg zu gehen. Und wollte ich das überhaupt? Er ging mir unter die Haut, das konnte ich nicht abstreiten. Ich mochte es nachts neben ihm zu liegen, wenn er mich anfasste, meine Hand nahm oder einfach, wenn er mich zum Lachen brachte. Wenn ich nicht aufpasste, würde ich mich noch in ihn verlieben. Das durfte nicht passieren. Jayden stand nicht auf mich, der Kuss bedeute ihm gar nichts. Er mochte es einfach mit mir zu spielen. Ich stellte den Wasserhahn ab und schnappte mir ein Handtuch. Eine halbe Stunde später stand ich angezogen im Foyer des Hauses. Jayden stand neben mir, fuhr sich immer mal wieder durch seine schwarzen Haare. „Willst du nicht noch einmal zum Friseur bevor du wieder aufs Internat gehst, Schatz? Deine Haare sind echt lang geworden über den Sommer", meinte seine Mutter und schnappte sich ihre Handtasche. Wir hatten für heute einen Ausflug nach London ins British Museum geplant. „Ein bisschen kürzer können sie ruhig werden", Jayden zuckte mit den Schultern. Ich schnappte nach Luft. Er sah mich belustigt an. „Magst du meine längeren Haare etwa?", fragte er mich neckisch. „Tatsächlich ja. Aber deine Haare sind ja jetzt auch nicht super lang. Sie haben einfach die perfekte Länge um mit den Händen durchzufahren und sie zu durch zu wuscheln". Als ich bemerkte, was ich da gerade gesagt hatte, schaute ich schnell weg. „Das muss ich mir merken. Elsa ist vernarrt in meine Haare. So so". Er grinste selbstzufrieden. „Keine Sorge, es werden nur ein paar Zentimeter. Du kannst dann immer noch diese durchwuscheln." „Nein, danke", erwiderte ich patzig und stieg ins Auto ein. 

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