43. Kapitel

Am nächsten Tag fasste ich mir ein Herz und schaute bei Jayden vorbei. 

Cole öffnete mir die Tür, eingepackt in eine Regenjacke und Regenstiefel. Auf dem Kopf trug er eine weinrote Fischermütze. „Elsa, ich habe keine Zeit. Bin schon fast zu spät", begrüßte er mich gehetzt und schnappte sich seinen Rucksack. „Ich will zu Jayden", erwiderte ich ebenfalls statt einer Begrüßungsformel. Cole erstarrte kurz in seiner Bewegung. 

„Jayden ist nicht da." 

„Wann kommt er denn wieder?" 

„Keine Ahnung. Du kannst gerne auf ihn warten." 

Er rauschte an mir vorbei, ließ die Tür aber offen. Ich trat ein und sah mich kurz um. Es war niemand zu sehen. Kurz schaute ich in Jayden's Zimmer nach und musste kurz schmunzeln, als ich die beiden Betten sah. Während Coles Bett durchwühlt war und mehrere Kleidungsstücke darauf verteilt waren, war Jayden's Bett ordentlich gemacht. Keine Falte war zu sehen. Ich drehte mich und bekam den Schreck meines Lebens. Ein Junge stand nur einen Meter entfernt von mir und sah mich genauso erschrocken an, wie ich ihn. Er trug eine Jogger und ein Shirt, was ihm vielleicht eine Nummer zu klein war. Zumindest spannte es über seine Bizepsmuskeln. Seite roten Haare waren leicht verwuschelt und ein paar Strähnen hingen in sein Gesicht.

 Niemand von uns beiden traute sich, sich zu bewegen. Ich hatte diesen Typen vorher noch nie in meinem Leben gesehen. Und das war an dieser Schule schon fast unmöglich. „Was machst du in unserer Wohnung?", fing er schließlich an. Seine zögerliche Stimme hatte nur einen leichten britischen Akzent, wenn fast gar keinen. Eher klang er...nordisch? 

„Ich suche Jayden", erwiderte ich auf Schwedisch. Er riss die Augen auf, dann grinste er leicht. „Er ist nicht da", entgegnete er auf Norwegisch. Auch auf meinem Gesicht zeigte sich ein kleines Lächeln. Auch wenn wir nicht die gleiche Sprache sprachen ließ die Ähnlichkeit dieser eine Verständigung dennoch zu. „Wer bist du?", fragte ich ihn wieder auf Englisch. Auch wenn er ganz symphytisch und ungefährlich schien so war er trotzdem fremd. Und in einer Wohnung, in die er ganz sicher nicht hingehörte. 

„Ich bin Erik", sagte der Rothaarige jedoch nur. Ich rollte mit den Augen. „Und was machst du hier, Erik?", bohrte ich weiter nach. „Zur Schule gehen...und Handball spielen", entgegnete er nun und sah mich trotzig an. Er wusste genau, dass ich genau das nicht wissen wollte. Auch wenn mir nun bewusst wurde, warum ich ihn nicht kannte. Außer mit Lynn hatte ich tatsächlich nur mit wenigen Handballern Kontakt. Auch vom Namen war mir Erik unbekannt. Es gab nur einen Eric an dieser Schule, den ich kannte, und der war mit Leif befreundet. „Und was machst du hier in dieser Wohnung?", fragte ich weiter. „Das kann ich dich genauso gut fragen", bekam ich als Antwort. Erik verschränkte die Arme vor seinem Körper. 

„Touché. Ich warte auf Jayden. Und du?" 

„Hier wohnen." 

Geschockt sah ich ihn an. Hätte ich es nicht schon längst mitbekommen müssen, dass jemand neues hier eingezogen war? Und warum hatten es Jayden und Cole nie erwähnt? Oder hatten sie es vielleicht, und ich hatte es einfach nur nicht mitbekommen? „Seit wann wohnst du hier?", fragte ich und verschränkte die Arme vor meinem Körper. Er richtete seine Körper und überlegte kurz. „Ein paar Wochen vielleicht? Mein alter Mitbewohner war die Hölle." 

Schweigen. Betreten schaute ich auf meine Füße. „Vielleicht sollte ich gehen. Wer weiß, wann Jayden wiederkommt." „Ja, besser ist es." Ich drehte mich um und ging.

***

„Wer zur Hölle ist Eric?!". 

Lynn drehte sich erschrocken zu mir um. Sie war in ein Handtuch gewickelt und ihre nassen Haare hinterließen Tropfen auf den alten Dielen in unserem Zimmer. „Waff?", nuschelte sie, einen Schokoriegel in der Hand. Ich brach in Gelächter aus. Doch das führte nur dazu, dass Lynn noch verwirrter aussah. Ich setzte mich auf mein Bett und wiederholte meine Frage. „Erik?" 

Lynn überlegte kurz. „Warum sollte ich wissen, wer Erik ist?" Auch sie hatte sich auf ihr Bett gesetzt und sah mich kritisch an. 

„Weil", ich machte eine ausufernde Handbewegung, „er Jayden's neuer Mitbewohner ist. Und Handball spielt." 

„Neuer Mitbewohner? Was ist mit Cole passiert?" 

Ich seufzte. „Der ist immer noch mit im Zimmer. Erik teilt sich das Zimmer mit Alex." 

Lynn hob eine Augenbraue hoch. „Seit wann?", fragte sie überrascht. Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Wüsste ich auch gerne. Aber jetzt sag: Kennst du ihn?" Ungeduldig tippte ich mit meinen Fußballen auf den Boden. 

„Keine Ahnung. Beschreib ihn mal etwas genauer!" Ich versuchte mir Erik wieder ins Gedächtnis zu rufen. „Rothaarig. Blass. Nur ein wenig größer als ich vielleicht. Brille. Norweger." Lynn sah mich mit einem leuchten in den Augen an. „Warte. Ich habe eine Idee." Sie nahm ihr Handy vom Nachttisch, tippte darauf herum und zeigte mir dann eine Instagramseite. Ich nahm das Handy entgegen und scrollte durch das Profil. Es waren wenig Fotos, die ihn zeigten. Die meisten waren Memes und der Rest Schnappschüsse von Handballspielen auf denen er nur im Seitenprofil und in Bewegung zu sehen war. Doch trotzdem war ich mir sicher, dass das Erik war. 

„Ja, das müsste er sein." „Ich kenne ihn nur vom Sehen, weil er ein Jahrgang über uns ist. Aber was ich weiß, ist, dass er ziemlich gut ist. Also echt krass. Tasnim hatte einmal einen richtigen Crush auf ihn, daher mussten wir ihnen ab und zu bei Handballspielen zuschauen. Glaube aber nicht, dass er groß an Mädchen interessiert ist. Tasnim hat richtig stark mit ihm geflirtet und von ihm kam nichts. Aber nicht so wie Jayden, der einfach übel abgefuckt wäre, sondern er wirkte eher verwirrt", erklärte Lynn und machte dann eine kurze Pause. „Tasnim denkt, dass er schwul ist, aber ich glaube, sie verkraftet den Korb einfach nicht." Selbst wenn er schwul wäre, würde er es wohl kaum öffentlich kundtun. Doch was nahmen wir uns heraus, über seine Sexualität zu diskutieren? Das ging uns definitiv nichts an. 

„Hast du eigentlich schon mit Jayden geredet?", wechselte Lynn das Thema. Beschämt sah ich nach oben. „Elsa! Du Angsthase!", rief Lynn tadelnd und schon in der nächsten Sekunde landete ein Kissen auf meiner Brust. Es dauerte nicht lange und eine kleine Kissenschlacht war entbrannt. 

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