41. Kapitel
Jayden p.o.v.
„Ich könnt dich...", fing Freya an, als sie zurück in die Wohnung kam, brach dann aber ab. Sie schüttelte verständnislos den Kopf. „Jayden hat es offiziell verkackt, Jungs", sagte sie nun an Cole und Alex gewandt. Nachdem Elsa gegangen war, war auch Freya ohne Worte verschwunden. Dass sie bei Elsa gewesen war, hatte ich schon vermutet, doch jetzt war es Gewissheit.
Alex und Freya sahen sich kurz vielsagend an, dann legte Alex eine Hand auf meinen Rücken. „Das wird wieder", versuchte er mich aufzumuntern. „Hier wird gar nichts wieder", fuhr Freya dazwischen, „Jayden ist metertief in der Scheiße. Und ehrlich? Würde dich Elsa jetzt umbringen...ich würde sie decken." „Wow. Danke, Frey. Ich hab dich auch lieb", stöhnte ich verzweifelt und stützte den Kopf auf meinen Händen ab. Es war eine Katastrophe! „Ich würde auch Elsa decken", mischte sich nun Cole ein. Ich sah ihn mit einem wütenden Blick an. „Was denn, Bro? Elsa hat nichts falsch gemacht", wehrte er sich und hob abwehrend die Hände hoch.
„Da hat Cole Recht. Wie konntest du ihr nicht erzählen, dass du mit Holly geschlafen hast?!", fuhr Freya fort. Wenn man Freya erst einmal gegen sich aufgebracht hatte, gab es kein zurück. Und ich wusste, dass ich mich dem stellen musste. „Warum sollte ich ihr erzählen, dass ich es getan habe? Das ist Vergangenheit...und war eine Erfahrung, die ich ganz sicher nicht wieder erleben möchte. Elsa und ich sind im Hier und Jetzt. Und nur das sollte zählen". „Natürlich sollte nur das Zählen. Trotzdem sollte man seiner Partnerin davon erzählen, vor allem wenn sie fragt. Ich weiß nicht, ob du es weißt, aber Elsa ist eine sehr unsichere Person, und das, was du hier gerade abziehst, macht es nicht besser", entgegnete Freya. „Ja, Mann. Freya und ich haben darüber auch von Anfang kommuniziert. Das ist wichtig", warf auch Alex ein. Freya nickte zustimmend. „Mit wie vielen hattet ihr denn schon Sex vor eurer Beziehung?", fragte ich zögernd. Freya und Alex sahen sich an und antworteten dann synchron: „Mit keinem." Ich klatschte sarkastisch und sagte: „Dann könnt ihr hier gar nicht mitreden. Das ist eine komplett andere Ausgangssituation!"
Freya und Alex redeten weiter auf mich ein, doch ich ertrug es nicht mehr. Davon bekam ich Kopfschmerzen. Ich stand auf und fing an im Raum umherzustreifen. Doch dann fing Freya an von Sofia zu reden. „Jay, ich weiß, wie viel sie dir bedeutet hat. Uns allen. Aber ein Shirt von ihr und die Fotos in deinem Nachtschrank aufzubewahren? Ist es nicht Zeit, sie loszulassen?" Mein Kopf fuhr zu ihr herum. Meine Hände ballten sich zu Fäusten.
„Niemals!"
„Jay, bitte! Möchtest du wirklich deine Beziehung mit Elsa wegen ihr aufs Spiel setzen?"
„Sofia und Elsa sind zwei total verschiedene Sachen! Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun!"
„Bist du dir da sicher? Denn Elsa sieht das wahrscheinlich anders. Wie kannst du dich je ganz auf sie einlassen, wenn du in Gedanken bei Sofia bist?"
„Wenn ich bei Elsa bin, dann zählt nur sie. Seit mittlerweile einem halben Jahr ist nur sie in meinem Kopf. Ich weiß, dass Sofia tot ist, ich bin nicht krank!"
Die drei sahen mich bedrückt an. Anscheinend waren sie anderer Meinung. „Weißt du, Jay?", fing Freya wieder an, „Ich glaube du bist genau das. Krank. Wir alle haben mitbekommen, wie dich Sofias Tod zerrissen hat. Wie sehr du dich danach verändert hast." „Und euch hat der Tod kaltgelassen? Ihr wart damals genauso am Boden wie ich." Ich wurde wieder wütender. Mein Puls beschleunigte sich. „Natürlich waren wir damals am Boden", erklärte Alex, „aber im Gegensatz zu dir haben wir gelernt damit zu leben. Weiterzumachen. Ohne Sofia. So hätte sie es gewollt."
„Ihr wisst doch gar nicht was sie gewollt hätte! Ihr seid alle solche Heuchler!", rief ich und strebte zu meinem Zimmer. Die anderen hatten doch gar keine Ahnung! Ich war gerade an der Tür, als mich jemand am Handgelenk packte. Es war Freya. Sie zog mich wieder zurück. Und dann in eine Umarmung. „Es ist okay zu trauern. Es ist okay, die Wut raus zu lassen. Wir haben sie alle geliebt, bis zu ihrem letzten Atemzug. Du kannst es rauslassen." Und so fest an sie gedrückt, fingen die Tränen an zu fließen. Ich schluchzte. Langsam tätschelte sie mir den Rücken. Und es fühlte sich gut an. Freya strahlte etwas aus, eine Geborgenheit und Sicherheit, die man auf den ersten Blick nicht vermutet hätte.
Bald löste sie sich von mir und führte mich an der Hand zum Sofa. Dort zog ich meine Beine an meine Brust und stützte meinen Kopf auf meinen Knien ab. „Kurz bevor Sofia...", fing ich mit brüchiger Stimme an, „Kurz bevor sie starb, hat sie mir eine Nachricht geschrieben. Dass es ihr Leid tut und sie sich wünschte, dass ich sie besuchen komme. Doch ich war so sauer. So sauer, dass sie uns verlassen hat. Dass sie mich erst küsst und dann beichtet, dass sie zurück nach Italien geht und mir sagt, dass sie mich vorher zumindest einmal küssen wollte...Ich habe mich so betrogen gefühlt, vielleicht auch benutzt. Ich habe ihr gesagt, dass sie zur Hölle fahren soll. Das hat sie so verletzt. Und bis heute habe ich es mir nicht verziehen, wie ich damals gehandelt habe. Wie ich sie behandelt habe, bevor sie starb. Ich war so ein Arschloch." Ich schloss meine Augen. Ich konnte mich noch ganz genau daran erinnern. Ihre großen blauen Augen, die so verletzt gewirkt haben. Ihre Nachricht, die so hoffnungsvoll klang. Und der Tag, an dem unser Rektor uns sagte, dass sie tot sei.
„Ich glaube, in dem Moment, in dem sie uns sagte, dass sie gehen würde, haben wir sie alle ein wenig gehasst", flüsterte Freya. Alex nickte. „Unsere Gefühle zu dem damaligen Zeitpunkt waren vollkommen berechtigt. Keiner von uns hat sie aber dadurch weniger liebgehabt. Und Sofia hat uns verstanden". „Sie hatte mir geschrieben, dass du ihr nicht antwortest. Und dass sie enttäuscht ist. Aber sie wusste, dass du Zeit brauchst. Sie hat es dir nicht Böse genommen", fügte Freya hinzu. Ich sah sie an. „Wirklich?" Sie nickte. Kurzes Schweigen. Dann schlug sie vor: „Warum gehst du morgen nicht einmal zur Schulpsychologin? Wenn es dir dort nicht gefällt, kannst du immer noch gehen. Aber ich denke, es ist wichtig, dass du es aufarbeitest. Damit du ohne Schuldgefühle leben kannst. Und damit du für Elsa ein besserer Freund sein kannst." Als sie Elsa erwähnte, wurde mir wieder bewusst, wie sehr ich es heute vermasselt habe. „Ob sie mich überhaupt als Freund haben möchte?" „Lass ihr Zeit. Aber so wie ich Elsa kenne, wird sie Verständnis haben. So wie es immer hat", antwortete Cole und brach damit sein Schweigen. Die anderen beiden nickten im Einverständnis. Ich wollte Elsa nicht verlieren. Dafür war sie mir viel zu wichtig.
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