Frühling ohne Herbst
Am nächsten Abend war ich nervös und aufgeregt.
Wir zogen uns zur Tarnung dunkle Klamotten an und große Kapuzen tief in Stirn.
Es hatte etwas Aufregendes an sich.
Wie damals, als Jayden und ich heimlich Parolen an Mauern und Wände gemalt hatten.
Winter, Sommer, Lino und Flo kamen ebenfalls mit, wir teilten uns aber in zweier Teams auf und verließen nacheinander das Haus.
Zuerst die Geschwister.
Zehn Minuten später Lino und Flo.
Ich war ganz ungeduldig, als Jayden und ich nach weiteren zehn Minuten die Haustüre hinter uns zuzogen.
Es war verboten nach 22 Uhr auf der Straße zu sein. Aber wir waren nun einmal Rebellen, also brauchte es uns nicht zu interessieren.
Jayden und ich nutzten jeden Schatten, jeden noch so dunklen Fleck und huschten durch unser Viertel.
Leise kamen wir voran.
Kein Bus fuhr mehr und wir liefen zwei Stunden durch die kalte Nacht.
Ich konnte meinen Atem im schummrigen Mondlicht sehen. Es war kalt geworden. Alles hier war kalt, nicht nur die Temperatur.
Schließlich erreichten wir eine alte, abgesperrte U-Bahn Station.
U-Bahnen gab es schon lange nicht mehr.
Sie war verschlossen.
„Nichts ist wirklich verschlossen" flüsterte Jayden.
Er kannte mich einfach zu gut...
Nach wenigen Handgriffen war das Tor offen und wir liefen eine Treppe hinunter.
Der Untergrund verschluckte uns.
Jayden führte mich sicher durch die Dunkelheit.
Ich vertraute ihm.
Nach keinen zehn Minuten Lauferei durch verwirrend dunkle Schächte und Tunnel waren wir da.
Zuerst nur an einer unauffälligen Türe.
Jayden klopfte an.
Tock,Tock, Tock, Tock,Tock.
Stille.
Die Türe wurde von innen geöffnet und Licht wurde in den dunklen Gang geworfen.
Schnell traten wir ein und Wärme umhüllte uns.
Verblüfft blieb ich stehen.
Wir standen in einer alten U-Bahn Station.
Überall liefen Menschen herum, oder arbeiteten an Tischen, einige starrten auf Computer. Weiter hinten trainierte eine kleine Gruppe Jungen und an einer Stelle war eine Art Fernsehstudio aufgebaut.
Es war wie ein Ameisenbau.
Erstaunt folgte ich Jayden, der Zielstrebig durch die etwas längliche Station lief.
„Das hier könnte man in etwa als unser Hauptquartier bezeichnen." erklärte er.
„Ziemlich cool" staunte ich.
Wir gingen an einer gemütlichen Sitzecke vorbei.
Jayden nickte und lächelte mir zu.
Hier schien er Zuhause zu sein.
„Bist du Tagsüber immer in der U-Bahn Station?"
„Ja genau" bestätigte er.
Er steuerte auf einen großen Konferenztisch, in einem extra Raum aus Glas zu. Sofort erkannte ich Matt wieder, doch die anderen kamen mir wenig bekannt vor. Teilweise waren sie wie ich um die 18, aber auch älter.
„Bis gleich" sagte er und trat durch die Türe. Er schien es echt eilig zu haben.
„Hey, der Tisch ist nur für die Leitung" hielt mich eine junge Frau auf, als ich ebenfalls durch die Türe treten wollte.
„Achso, das wusste ich nicht."
Ein breites Lächeln bildete sich auf ihrem Gesicht aus. „Du bist neu?"
„So einigermaßen. Aber zum ersten Mal hier unten."
„Na dann Herzlich Willkommen" sagte sie und eilte weiter.
Etwas unschlüssig schlenderte ich zur Sitzecke zurück und blickte auf den Boden unter mir.
Jayden gehörte zur Rebellenleitung? Warum hatte er mir das nicht gesagt?
Auf einmal stieß ich mit jemandem zusammen.
Erschreckt blickte ich auf.
Fast weiße Augen. Hohe Wangenknochen. Hervorstehende Nase.
„Frühling?" fragte ich.
Erstaunt blickte mich der vielleicht 20 Jährige an.
„Kennen wir uns?" Verwirrt fuhr er sich durch seine braunen Haare und rückte seine Brille zurecht.
Ich lachte.
Er legte den Kopf schief.
„Noch nicht, aber ich kenne deine Geschwister."
„Sommer und Winter?"
„Genau. Bist du auch...?"
„...Scharfschütze?" fragte er und schob seine Brille zurecht.
„Ja" es war mir unangenehm das zu fragen. Es wunderte mich, dass er sofort darauf gekommen war, dass ich das gemeint hatte.
„Nein, dafür sind meine Augen nie gut genug gewesen."
„Was machst du denn dann?"
„Hacken. Mit Leidenschaft!"
„Wow" entfuhr es mir.
„Komm mit, ich zeig dir etwas."
Ich folgte ihm und wir gingen zu einem der Computer.
Ich schaute mich unauffällig um. Alle hier sitzenden Jugendlichen tippten eifrig auf ihren alten Maschinen rum. Ich erblickte die Vorlage eines Flugblattes und woanders ein Register, dass ergänzt wurde.
„Hol dir einfach den Stuhl dort"
Ich blickte mich in dem Wirrwarr aus Kabeln, Tischen und Computern um und entdeckte einen Stuhl. Der Bereich war, wie alles andere auch, offen gestaltet. Ich bezweifelte, dass das durch Absicht so war, vielmehr war es so entstanden.
Frühling setzte sich an seinen Computer, der deutlich neuer war, als die der anderen und fuhr ihn hoch.
Schnell schnappte ich mir den Stuhl und setzte mich neben ihn.
Der Bildschirm fuhr hoch und zeigte das Bild von vier Jugendlichen. Es waren die etwas jüngeren Versionen der Geschwister. Winter war die älteste, danach folgten Sommer und Frühling und dann war da noch...
„Wer ist das?" fragte ich und zeigte auf einen Jungen mit Mandelbraunen Augen. Ähnliche Augen wir Sommers.
„Was glaubst du denn?" fragte er und öffnete ein Programm.
„Herbst."
„Hmm"
„Wo ist er?"
„Herbst gibt es nicht mehr. Nicht für mich." seine Stimme klang verbittert.
„Ist er...?"
„...Tod?" Frühling lachte bitter. „Nein. Er arbeitet für die Regierung. Und Herbst ist gut in dem, was er tut."
„Oh"
„Erinnerst du dich noch an dem engagierten Major, von dem Winter und Sommer berichtet haben?"
„Woher weißt du...?"
„Ich bin Hacker."
„Ach ja richtig" er hatte uns sicherlich abgehört.
„Nur, damit wir Spione der Regierung schneller kriegen." erklärte er.
Frühling beantwortete meine Fragen, noch bevor ich sie gestellt hatte. Er war schlau, keine Frage. „Und Herbst ist dieser Major, der Jagd auf Vögel macht?"
„Ja"
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