88. Kapitel

Agnes wusste nicht mehr genau, was passiert war, als ihr Verstand langsam wieder ihr gehörte und sie aus einem schlafähnlichen Zustand wieder erwachte.

Sie lag am Boden – unter sich spürte sie Erde und Gras. Außerdem war sie nackt – wann war es normal für sie geworden, nackt aufzuwachen? Es war ihr nicht einmal mehr peinlich, wie bei ihrer ersten Verwandlung. Sie fand es nur noch ermüdend.

Ihr Körper schmerzte, aber ihr Verstand war für den Moment geheilt. Sich in einen Werwolf zu verwandeln, ließ für einen Moment die Unruhe in ihr verschwinden und dann der Werwolf zum ersten Mal seit Ewigkeiten wieder einmal die Möglichkeit gehabt hatte, frei zu sein, wirkte sich positiv auf sie aus. Es war beinahe schon ein euphorisches Gefühl, das Agnes verspürte, als sie sich zum ersten Mal seit langem einmal nicht fremd in ihrem eigenen Körper fühlte.

Ihre Haut klebte – irgendetwas flüssiges, klebriges schien sie beinahe zu überdecken – war sie in einen dreckigen Fluss gelaufen?

In ihrem Mund war ein seltsamer Geschmack. Es war nicht der Geschmack, den man normalerweise nach dem Aufwachen schmeckte – es war...

Agnes riss die Augen auf, als sie ein Würgreiz überkam und sie übergab sich neben sich im Gras. Sie hätte lieber nicht gesehen, was da aus ihrem Magen kam – blutige Fleischklümpchen und... waren das Haare?

Schnell sah Agnes weg und wich von ihrem eigenen Erbrochen zurück, als wäre es giftig.

Was war passiert? Was hatte sie getan, als sie ein Werwolf gewesen war? Sie hasste es, dass sie sich nicht daran erinnern konnte – dann hätte sie wenigstens einen Einblick in das, was passiert war. So fühlte sie sich nur verraten von sich selbst – warum hatte das Monster in ihr das getan? Warum konnte es nicht einfach friedlich bleiben und die Nacht schlafend verbringen, damit Agnes sich am nächsten Morgen nicht so müde fühlte? Weil der Werwolf dieseleben Jagdinstinkte fühlte, wie Agnes, wenn sie sich bedroht fühlte. Sie wusste es und diese Jagdinstinkte ließen sich selbst mit Wolfsbanntrank kaum bändigen – warum sollte ein Werwolf das schon tun?

Wen hatte sie verletzt oder umgebracht? Sie wollte wenigstens wissen, wer es gewesen war.

Wage konnte sie sich noch an die Gruppe Männer erinnern, die sie gefunden hatten, kurz bevor sie sich verwandelt hatten. Sie konnte sich daran erinnern, dass sie gesprochen hatten, aber sie wusste nicht mehr wirklich, was gesagt worden war. Es würde bestimmt im Laufe des Tages zu ihr zurückkommen, aber im Moment war sie zu benommen und müde, um einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn sich an die Nacht zuvor zu erinnern.

Aber sie hatte aus den vorhandenen Indizien geschlossen, dass sie wohl jemanden umgebracht hatte. Das Fleisch und das Blut in ihrem Erbrochenem sagten ihr, dass sie wohl gegessen hatte und Werwölfe jagten in Vollmondnächten nur Menschen – darauf waren sie gedrillt. Tiere ließen sie in Ruhe und wenn sie doch einmal ein Tier angriffen, dann aßen sie nicht davon. Das wusste Agnes alles – immerhin stand das alles in ihrem netten, kleinen Ratgeber für Werwölfe.

Agnes hatte schon einmal getötet. Sie hatte andere Werwölfe umgebracht, aber da war sie ein Mensch gewesen. Als Werwolf jemanden umzubringen, ohne sich daran erinnern zu können, war um einiges verstörender und Agnes hatte Mitleid mit jenen, die sie umgebracht hatte, obwohl diese sie vermutlich ebenfalls ohne zu Zögern umgebracht hätten.

Agnes blickte an sich hinunter. Ihre Haut klebte vor Blut und Schmutz, der an ihr klebte. Sie konnte kaum einen Fleck entdecken, an dem ihre helle Haut durchschien und es war wie ein bizarres, modernes Gemälde, das mit roter und brauner Farbe gemalt worden war.

Sie hatte sich nur leicht verletzt – ein paar Kratzer hier und dort, weil sie als Werwolf im Wald herumgetollt war, aber sie hatte sich nicht selbst mit ihren Krallen verletzt. Eine angenehme Abwechslung – wenn ein Werwolf während des Vollmondes eingesperrt war, neigte er dazu, sich selbst zu verletzen. Aber diese Nacht war der Werwolf wohl damit befriedigt worden, ein paar Menschen zu jagen und umzubringen.

„Agnes!"

Agnes zuckte zusammen, als jemand sie rief und sie kauerte sich sofort instinktiv in Kampfstellung, aber dann erkannte sie den Geruch. Es war ein Geruch, den sie schon lange für verloren geglaubt hatte.

Sirius Black war doch tot gewesen – wie kam es also, dass er bei ihr war. Er musste eine Einbildung sein – da war Agnes sich sicher.

„Agnes!", rief Sirius wieder.

Agnes entspannte sich ein bisschen. Es war nur Sirius. Es gab keinen Grund, sich Sorgen zu machen.

Sirius war bestimmt da, weil sie sich die Freiheit nur einbildete. Das war alles nur ein Traum, wie sie ihn schon oft zuvor gehabt hatte. Sie hatte diese Nacht nicht wirklich jemanden als Werwolf umgebracht. Sie war nicht wirklich mit Sirius und Tonky aus dem Keller entkommen. Sie war nicht wirklich frei. Es war alles nur eine Illusion – ihr Leben war eine Illusion geworden.

Aber das bedeutete noch lange nicht, dass sie nicht einfach in dieser Illusion weiterleben konnte. Vielleicht war sie ja schon tot und das war das Leben danach, aber das änderte nicht daran, dass sie noch einiges zu erledigen hatte. Eine eingebildete Freiheit war schon einmal mehr wert, als gar keine.

„Agnes!", schrie Sirius und er klang beinahe schon verzweifelt.

Agnes kam auf die Idee, dass sie ihm vielleicht antworten konnte. „Ich bin hier!", rief sie zurück und kurz verstummte Sirius.

Agnes hörte, wie Schritte sich ihr näherten und Sirius tauchte hinter einigen Bäumen des Sherwood Forest auf. Er selbst schien eine anstrengende Nacht hinter sich zu haben, denn auch unter seinen Augen waren dunkle Ringe, aber er wirkte erleichtert Agnes zu sehen... jedenfalls einen Moment lang, bevor er schnell seine Augen mit seinen Händen verdeckte, wie ein kleines Kind und er schrie auch schrill auf, wie ein kleines Kind.

Agnes war verwirrt und blickte alarmiert hinter sich, aber da war niemand.

„Was bei Merlins pastellblauen Unterhosen ist los mit dir?", fauchte Agnes gereizt, „Ich habe mich wegen dir erschreckt – was hast du gesehen?"

„Du bist nackt", presst Sirius heraus und unter seinen Händen färbte sich sein Gesicht purpurrot.

Agnes blickte an sich herunter. Da war ja noch etwas gewesen. Agnes sollte sich abgewöhnen, es für selbstverständlich zu finden, nach der Verwandlung nackt zu sein. Andere Menschen verstörte das.

„Du tust beinahe so, als wäre das das erste Mal, dass du mit einem Werwolf zusammenarbeitest", schnaubte Agnes belustigt, „Noch nie einen Werwolf nackt nach der Verwandlung gesehen? Ich bin mir sicher, Remus trägt nach seinen Verwandlungen immer seine besten Umhänge und sieht so aus, als wäre er bereit, zu einem Ball zu gehen."

„Reden wir lieber nicht über Remus nach der Verwandlung", bat Sirius sie und wurde noch roter – Agnes hatte nicht gedacht, dass das möglich war.

„Du hast recht", überlegte Agnes amüsiert, „Da scheint es so einige sexuelle Spannungen zwischen euch zu geben – weiß Remus davon?"

„Halt die Klappe, Agnes!", zischte Sirius gereizt. Einen Moment war er in nachdenklicher Stille versunken. „Aber jetzt einmal ganz im Ernst – hast du Remus schon einmal gesehen? Dieser Typ ist nicht ohne – eigentlich ziemlich attraktiv und –"

„Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hat er seine Hochzeit mit Tonks geplant", unterbrach Agnes ihn tonlos.

Sirius verstummte. „Wie bitte?", fragte er.

„Oh, du weißt schon", Agnes begann zu grinsen, „Dumbledore ist gestorben, die beiden haben sich endlich zusammengerauft und haben angefangen, wieder zusammen zu sein... dann sind sie wohl auf die Idee gekommen, dass Krieg herrscht und ihnen wohl nicht viel Zeit bleibt, also haben sie es mit heiraten ziemlich eilig gehabt – und das alles an einem Tag."

„Das klingt so verrückt, ich traue Moony das sogar zu", meinte Sirius nachdenklich. Er hatte noch immer seine Hände über seine Augen gelegt, um Agnes nicht ansehen zu müssen, die noch immer nackt vor ihm stand. „Wie ist die Hochzeit gewesen? Klein und nett, oder? Genauso, wie Moony es mag."

„Keine Ahnung", Agnes zuckte mit den Schulter, was Sirius natürlich nicht sehen konnte, „Ein paar Tage vor der Hochzeit haben Agnolia, Bellatrix und Greyback mir einen Besuch abgestattet, mich überwältigt, nachdem sie vor meinen Augen meinen besten Freund umgebracht haben und mich entführt – und das alles an einem Tag."

„Könntest du dir vielleicht etwas anziehen?", fragte Sirius seufzend, „Du bist nackt und ich würde dich gerne umarmen – ich weiß, wie es ist, wenn man seinen besten Freund verliert."

„Klar doch", schnaubte Agnes sarkastisch, „Ich suche mir gerade noch ein großes Blatt aus dem Wald – warte inzwischen hier. Ich bastle mir einfach ein Kleid aus Blätter und Gräser."

„Du kannst meine Jacke haben", bot Sirius genervt an.

Agnes stand nicht wirklich gerne splitterfasernackt im Wald herum, also nahm sie das Angebot an und nachdem Sirius sich mit geschlossenen Augen seine Jacke ausgezogen und sie an Agnes weitergereicht hatte, trug diese zum ersten Mal seit sicher einem Monat wieder Kleidung, die keine Löcher hatte.

Die Jacke war gerade so groß genug, um die wichtigsten Stellen zu verdecken. Sirius selbst war nicht wirklich sehr viel größer, als Agnes, aber er selbst schien auch gerne zu große Jacken zu tragen, also war sie perfekt für Agnes' Bedürfnisse. Jetzt, wo Agnes so darüber nachdachte, roch diese Jacke eigentlich ziemlich nach Konstantin Gregorovich, der ebenfalls nicht sonderlich groß war, aber seine Jacken und Umhänge waren immer etwas länger, als nötig, um seiner Figur zu schmeicheln.

„Du solltest einen Bach suchen, oder so...", schlug Sirius vor, als er endlich die Augen wieder öffnen konnte und Agnes begutachtete, wie sie nur in seiner Jacke vor ihm stand.

Sie wirkte auf den ersten Blick vielleicht etwas verletzlich, so entblößt und beinahe nackt, aber auf dem zweiten Blick sah man die Narben, das Blut auf ihrer Haut, das Feuer in ihren Augen und den selbstsicheren Blick. Eigentlich würde man nicht einmal in ihrem beinahe nackten Zustand von ihr sagen können, dass Agnes Tripe verletzlich aussah.

Wer auch nur auf die Idee kam, zu denken, Agnes wäre hilflos, hatte bestimmt das Bedürfnis von einer wütenden Agnes zusammen geschlagen zu werden.

„Das klingt nicht schlecht", stimmte Agnes ihm zu und blickte angeekelt an sich herunter, „Rot war noch nie meine Lieblingsfarbe – außerdem stinkt Blut."

„Du wirst einen Zauberstab brauchen", Sirius hielt Agnes einen Zauberstab hin, der aber nicht der ihre war. Sie kannte den Zauberstab nicht und sie konnte sich auch nicht wirklich erklären, wie Sirius zu so einem Besitz gekommen war.

„Ich habe sie den Zauberern von gestern abgenommen", erklärte Sirius leise, aber Agnes verstand sofort. „Ich... ich habe auch einen für mich."

Zwei Personen. Es waren wohl zwei Personen gewesen, die nicht schnell genug gewesen waren, um ihr zu entkommen. Agnes fühlte sich schrecklich. Sie hatte unwissentlich zwei Menschen umgebracht, die keine Todesser gewesen waren.

Aber für solche Gedanken hatte sie keine Zeit und nur noch zu wenig von ihrem Verstand übrig – diese beiden Zauberer waren genau das gewesen – zu langsam. Sie nannte es natürlich Selektion und wenn sie zu dumm waren, um vor einem Werwolf zu fliehen, musste sie mit den Konsequenzen leben... oder auch nicht mehr leben.

Sie hatte es auch so gelernt – sie hatte auch gedacht, sie könnte gegen einen Werwolf kämpfen, um ihre Katze, Dorothy zu retten, aber stattdessen war sie nur ebenfalls ein Werwolf geworden. Wahrscheinlich sollten die beiden Männer froh sein, dass Agnes sie umgebracht hatte und sie nicht sterben liegen gelassen hatte. Der Fluch, als Werwolf zu leben war bei weitem nicht so angenehm, wie man annehmen konnte. Vielleicht war der Tod in diesem Fall süßer.

Sirius beobachtete Agnes genau und sah, dass sie zuerst sogar schuldbewusst aussah, dann wurde ihre Miene aber kühl. Sie sah so sehr wie ihre Mutter aus – sie war wie ein Ebenbild von ihr. Sirius sah kein bisschen von ihrem Vater, Tristus Tripe in dem Mädchen vor ihm. Vor ihm stand ein Duplikat von Agnolia Tripe. Egal, wie sehr Sirius Todesser und Agnolia hasste, so verstand er doch nicht, wie diese ihre Tochter so sehr hassen konnte. Wie konnte man jemanden hassen, der doch so viele Ähnlichkeiten zu einem hatte? Wie konnte man jemanden hassen, der einem selbst doch in so vielen Lebenslagen ähnlich war?

Sirius fragte sich auch, was hätte passieren müssen, damit Agnes genauso wie ihre Mutter aufgewachsen wäre und letztendlich auch eine Todesserin geworden wäre. Agnes war kalt; Agnes war begabt; Agnes war mächtig. Bestimmt wäre sie eine gute Todesserin geworden.

Aber daran wollte Sirius nicht denken. Agnes war auf der Seite des Ordens – auch, wenn ihre Methoden manchmal nicht ganz den ihren entsprachen.

Sie war ein Mitglied vom Phönixorden und auch, wenn sie anders war, als die anderen, so kämpfte sie doch gegen Voldemort und seine Todesser. Darauf konnte Sirius vertrauen.

Agnes führte sie durch den Wald – ihr Gehör führte sie zu einem kleinen Bach, in dem sie sich schnell das gröbste Blut abwusch, damit sie wenigstens wieder unter Leute treten konnte, ohne sofort als wahnsinnige Serienmörderin erkannt zu werden. Sie war zwar wahnsinnig und eine Serienmörderin, aber das bedeutete nicht, dann man sie sofort als eine solche erkennen sollte.

Plötzlich apparierte jemand in ihrer Nähe und Agnes und Sirius erhoben beide ihre Zauberstäbe, aber Agnes erkannte schnell, dass es nur Tonky war.

Die kleine Hauselfe hatte einen Korb in der Hand und Agnes roch sofort, dass sich darin wohl Essen befand – damit war hoffentlich eine weitere Priorität von Agnes gedeckt.

„Herrin", rief Tonky erfreut, „Tonky hat Euch gesucht, aber Tonky hat Euch gefunden."

„Das hast du gut gemacht, Tonky", lobte Agnes die Hauselfe und Tonky sah so aus, als würde sie bald vor Freude zu weinen beginnen, „Hast du deine Nacht sicher verbracht?"

„Das habe ich, Herrin", bestätigte Tonky stolz, „Tonky hat aber kein Auge zu bekommen. Tonky ist die ganze Nacht aus Sorge um die Herrin wach gewesen."

„Das hättest du nicht müssen, Tonky", sagte Agnes sanft, „Aber ich weiß deine Loyalität zu schätzen."

„Tonky hat Essen mitgebracht", erzählte Tonky und hielt Agnes den Korb hin, „Tonky hat auch Kleidung für die Herrin gefunden."

„Das ist mehr, als ich von dir verlangt habe", meinte Agnes glücklich, „Vielen Dank, Tonky."

Aber Agnes kümmerte sich im Moment nicht um Kleidung, sondern genoss zuerst Essen.

Tonky hatte Brot und eine Suppe besorgt, die sie noch im Kessel mit sich mitgeschleppt hatte, zusammen mit Besteck.

Sirius, Agnes und auch Tonky, nachdem Agnes sie mehrmals dazu eingeladen hatte, mitzuessen, aßen alle zusammen einfach aus dem Topf heraus. Sie waren alle zu hungrig, um sich darum zu kümmern, wie seltsam das war.

Erst dann zog Agnes sich um und zu ihrem Missfallen fiel ihr auf, dass Tonky wohl vermutet hatte, dass sie denselben Kleiderstil hatte, wie ihre Mutter. Die Kleider waren schwarz und der lange Rock, der Agnes bis zu den Knöcheln reichte überhaupt nicht praktisch zum Kämpfen oder um sich durch den Wald zu schlagen, aber Agnes wollte sich auch nicht beschweren. Tonky hatte sich so viele Mühen gemacht, da brauchte sie keine Kritik.

Agnes konnte Sirius seine Jacke zurückgeben und zog selbst einen langen, schwarzen Mantel an.

Hätte sie ein Spiegelbild von sich gesehen, hätte sie selbst gedacht, sie wäre ihre Mutter und das sah Sirius wohl genauso, aber er sagte nichts, sondern warf Agnes nur einen unsicheren Blick zu.

„Wo ist unser nächstes Ziel?", fragte Sirius, als sie alle gegessen hatten und Agnes angezogen war.

„Ich muss noch etwas erledigen", erklärte Agnes, „Du musst mich nicht begleiten, wenn du nicht willst."

„Warum melden wir uns nicht zuerst bei einem Ordensmitglied?", fragte Sirius verständnislos, „Irgendjemand ist sicher da draußen, dem wir es sagen können..."

Agnes schaute Sirius ernst an. Ihr Blick war kühl und ohne jegliche Gefühlsregung. Sie dachte vollkommen rational und nicht mit ihren Emotionen.

„Ich halte das für keine gute Idee", gestand sie leise.

„Warum nicht?", Sirius sprang auf und wirkte tatsächlich aufgebracht, „Warum willst du dich verstecken? Ist irgendetwas zwischen dir und dem Orden passiert, das ich nicht weiß?"

„Nein."

„Warum willst du dann nicht, dass sie wissen, dass du lebst? Dass wir leben?", fragte Sirius und ging einen Schritt auf Agnes zu, aber diese wich keinen Zentimeter zurück, „Warum willst du, dass sie sich weiterhin um dich Sorgen machen? Bist du wirklich so selbstsüchtig?"

„Ich wäre tatsächlich beinahe nach Slytherin gekommen."

„Ich verstehe nur nicht, wie du das den anderen antun kannst!", schrie Sirius jetzt und er schien eine Menge aufgestaute Wut hinaus zu lassen, „Denkst du nur an dich selbst? Natürlich wäre es sicherer für dich, wenn du weiterhin versteckt in Sicherheit bleiben könntest, aber denkst du nicht an andere? Was ist mit Remus? Tia? Fred? Bedeuten sie dir gar nichts?"

Agnes musterte Sirius geduldig. „Bist du jetzt fertig oder willst du mich noch länger anschreien?", fragte sie kühl.

Sirius verstummte sofort und sah Agnes verständnislos an. „Ich verstehe es nur nicht", seufzte Sirius, „Ich bin offenbar ein Jahr lang weg gewesen – meine Freunde sollten erfahren, dass ich nicht tot bin, oder?"

„Du verstehst es nicht, weil du nicht nachdenkst", erklärte Agnes vielleicht leicht überheblich.

Sirius wich einen Schritt zurück und sah Agnes beleidigt an. „Ich denke nicht nach?",wiederholte er tonlos, bevor er wieder lauter wurde, „Ich denke eine Menge nach! Ich denke an meine Freunde, die sich Sorgen machen, während du dich verstecken willst wie ein Feigling!"

„Wer hat gesagt, dass ich mich verstecken will?", fauchte Agnes gereizt, „Wer hat gesagt, dass ich nur an mich selbst denke? Wer hat gesagt, dass ich nicht auch an die Sorgen der anderen denke?"

Sirius wusste darauf keine Antwort und sah Agnes verständnislos an.

Du hast das gesagt", erinnerte Agnes ihn, „Ich nicht – nur du. Du weißt nichts von meinen Gedanken; du weißt nichts von meinen Plänen. Also würde ich mich jetzt hinsetzen und zuhören, bevor du Hals über Kopf in die nächste Falle rennst!"

Sirius funkelte sie wütend an, bevor er sich wieder vor Agnes ins Gras fallenließ und sich brav hinsetzte, wie ein Hund. Agnes setzte sich zu ihm und atmete tief durch, um sich ein bisschen zu beruhigen.

„Wir müssen unsere nächsten Schritte genau überdenken", warnte sie Sirius scharf, „Wir dürfen nichts tun, nichts sagen und nichts denken, das nicht gut durchdacht ist."

„Wie soll ich etwas durchdenken, ohne es zuerst zu denken?", fragte Sirius beleidigt.

„Lerne es!", zischte Agnes, „Da draußen wartet ein Krieg auf uns und es hilft niemanden, wenn wir uns in die nächste Schlacht stürzen und sie uns wieder gefangen nehmen, oder?"

„Es ist besser, im Kampf zu sterben, als wie ein Feigling", widersprach Sirius.

„Hast du dir schon überlegt, warum die Todesser uns nicht sofort umgebracht haben?", fragte Agnes ihn und hob unbeeindruckt eine Augenbraue.

„Das muss ich mir nicht überlegen", konterte Sirius, „Ich weiß es nämlich – sie wollen Harry mit mir... oder uns ködern."

„Korrekt", sagte Agnes, als hätte Sirius eine Frage in der Schule beantwortet, „Sie hätten uns so lange gefangen gehalten, bis sie Harry aus ihrem Versteck locken wollten. Sie hätten uns an einen Ort gebracht und irgendwie Harry eine Nachricht zukommen lassen, dass wir dort sind. Harry wäre gekommen, um uns zu retten, wäre dabei aber direkt in eine Falle getreten und der Krieg wäre verloren gewesen."

„Aber das kann jetzt nicht mehr passieren – wir sind frei", erinnerte Sirius sie.

„Ich war noch nicht fertig", widersprach Agnes, „Was passiert also, wenn wir uns einem Ordensmitglied zeigen? Die Nachricht, dass wir leben – dass du lebst, wird sich verbreiten. Harry wird auch irgendwie mitbekommen, wo du bist und er wird unvorsichtig werden. Er wird zu dir kommen wollen und die Todesser wissen das. Vielleicht finden sie das auch heraus und dann rennt Harry wieder in eine Falle."

„Das ist unwahrscheinlich", schnaubte Sirius.

„Aber es ist in Zeiten wie diesen schon riskant, auch nur die kleine Wahrscheinlichkeit zu ignorieren. Wir müssen damit rechnen, dass wir... dass du der Grund sein wirst, dass Harry in eine Falle tritt. Willst du das wirklich?"

„Nein, natürlich nicht", rief Sirius empört, „Ich will, dass er sicher bleibt."

„Das kann er auch", versprach Agnes, „Aber nur, wenn wir versteckt bleiben. Das bedeutet nicht, dass wir uns verstecken. Das bedeutet nur, dass wir entfernt vom Orden arbeiten müssen. Nur wenige Leute dürfen erfahren, dass wir leben. So lange, wie möglich. Sobald Harry irgendwie erfährt, dass wir leben, wird er dich suchen und die Todesser werden ihn finden."

„Was schlägst du also vor?", fragte Sirius.

„So genau weiß ich das noch nicht", seufzte Agnes, „Aber... ich muss zuerst nach dieser Freundin von mir sehen."

„Warum darf sie erfahren, dass wir leben?", fragte Sirius.

„Weil sie kein Teil des Ordens ist", erklärte Agnes, „Außerdem... ist sie ein Muggel."

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