83. Kapitel
Müde apparierte Agnes in Fred und Georges Wohnung, aber sie war allein – natürlich war sie allein, bestimmt hatte Fred alle ausgeschickt, um sie zu suchen, aber Agnes wollte noch nicht gefunden werden. Der Vollmond in dieser Nacht hatte sie verletzt und geschunden zurückgelassen, ihre Muskeln schmerzten und sie hatte eine neue Narbe an ihrer Schulter, die sie selbst versorgt hatte. Eigentlich hätte Fred sie abholen sollen, aber als sie sich am Morgen zurückverwandelt hatte, wollte sie lieber etwas Zeit für sich allein verbringen. Irgendwie tat es ihr leid – Fred hatte sich bestimmt große Sorgen gemacht und sofort George und Tia geholt um ihm bei der Suche zu helfen, nachdem sie nicht beim Treffpunkt gewesen war, aber Agnes brauchte diese Zeit für sich und bestimmt würden sie schon bald zurückkommen.
Seufzend ging sie in das Schlafzimmer, das sie sich mit Fred teilte, um sich frische Kleidung zu holen, als sie etwas hörte – Atmen...
Einen Moment blieb sie stocksteif stehen, dann tat sie so, als hätte sie nichts gehört und versuchte so unscheinbar wie möglich ihrer Arbeit weiterzugehen, während ihre Hand zu ihrem Zauberstab zuckte, der in ihrer Jackentasche war.
Sie sah niemanden, aber das musste nicht bedeuten, dass niemand hier war.
Plötzlich hörte sie etwas direkt hinter sich und sie wirbelte herum, während sie ihren Zauberstab zückte. Ihr Angreifer wurde von einem stummen Spruch zurückgeworfen und klatschte wie eine Fliege gegen die Wand, aber er war nicht allein.
Während Agnes mit dem ersten abgelenkt war, hatte sich hinter ihr jemand an sie herangeschlichen. Als Agnes denjenigen bemerkte, war es schon zu spät und ein Arm legte sich um ihren Hals, während ein Zauberstab ihr schmerzvoll in den Hals bohrte. Ihr Zauberstab fiel ihr aus der Hand und kullerte auf den Boden, aber sie kam nicht an ihn heran.
„Agnes, Schätzchen, du wirst doch nicht deine Mama verletzen, oder?", fragte die Person hinter ihr und Agnes stockte.
„Agnolia", brachte sie heraus, „Was willst du?"
„Dich!", war ihre Antwort und ihr gackerndes Lachen war genauso wie früher. Agnes zuckte bei dem lauten Geräusch so dicht an ihrem Ohr zusammen und versuchte sich zu befreien, aber Agnolia legte ihren Arm nur noch fester um ihren Hals.
„Sie ist eine Kämpferin", bemerkte die Person, die Agnes gegen die Wand geschleudert hatte und zu ihrem Schrecken war es Bellatrix Lestrange, der Partner-in-crime ihrer Mutter.
„Natürlich ist sie eine Kämpferin!", rief Agnolia laut und klang entrüstet, aber auch stolz, „Sie ist immerhin meine Tochter! Sie muss eine Kämpferin sein!"
„Schade, dass Greyback ihr Gesicht zerfleischt hat, sonst wäre sie ganz hübsch", grinste Bellatrix und ging auf sie zu.
„Was wollt ihr?", wiederholte Agnes ihre Frage und versuchte nicht ängstlich zu klingen, aber es gelang ihr nicht ganz.
„Das habe ich dir doch schon gesagt, Liebling! Ich bin hier um dich abzuholen!", erklärte Agnolia.
„Warum bringst du mich nicht einfach sofort um, dann hätten wir es hinter uns", spuckte Agnes aus und die beiden Frauen lachten wieder gackernd schrill im Chor, aber Agnes wollte nur, dass sie verschwanden, bevor Fred, George und Tia zurückkamen, damit ihnen nichts passierte – und wenn sie dafür sterben musste, dann war das eben so.
„Sie denkt, wir würden sie umbringen!", lachte Bellatrix.
„Wenn ihr mich nicht umbringen wollt – was wollt ihr dann?", langsam stahl sich Panik in Agnes' Knochen und sie wünschte, sie würden einfach endlich verschwinden, damit Fred nichts passierte.
„Das wirst du schon noch sehen, Liebling", meinte Agnolia, „Wir brauchen deine Hilfe!"
„Darauf könnt ihr lange warten! Ich helfe euch nicht!", schrie Agnes panisch und es fühlte sich gut an, ihre Wut herauszuschreien.
„Bist du dir sicher? Vielleicht hast du keine Wahl? Und jetzt sei ein braves Mädchen und hör auf dich zu wehren!", grinste Bellatrix und als wäre es ein Zeichen gewesen kam aus der Küche der Mann, den Agnes nie wiedersehen wollte.
Greyback stand hier in ihrer Wohnung, hässlich wie immer, und er hielt einen Mann grob an den Armen, während er ihn nach vorne stieß.
„Roger!", schrie Agnes panisch, als sie ihn erkannte.
„Hey, Darling." Roger sah ziemlich zerschunden aus. Er wirkte schwach und aus seiner Nase ran Blut. Ein fieser Kratzer in seinem Gesicht ließ Agnes erkennen, dass er wohl von Greyback angegriffen worden war – aber wohl nicht zu Vollmond, sondern erst danach, wie Agnes feststellte. Wenn Roger gebissen worden wäre, wäre er jetzt nicht bei Bewusstsein, da das Gift sich durch seinen Körper arbeiten würde.
Agnes hoffte nur, dass es Ivy gut ging. Sie war schwanger – was war, wenn Roger in ihrer Wohnung angegriffen worden war und Ivy tot war?
„Du kennst unseren kleinen Freund hier also? Ein Goldjunge, oder? Ist er nicht wunderbar?", fragte Bellatrix mit einer hohen Stimme, als würde sie versuchen, eine Babystimme nachzumachen.
„Lasst ihn gehen!", verlangte Agnes und versuchte, ihre Stimme selbstsicher klingen zu lassen, aber sie konnte nicht verhindern, dass sie zitterte und ihr Blick lag besorgt auf Roger, der mutig lächelte, aber selbst das schien ihm weh zu tun. „Bitte!"
„Bitte!", wiederholte Bellatrix und lachte wieder auf, „Das war aber schnell. Ich habe nicht erwartet, dass du so schnell bettelst."
„Wir werden ihm nichts tun", versprach Agnolia sanft, aber Agnes wusste, dass sie log. Sie kannte ihre Mutter schon lange genug, dass sie eine Lüge sofort erkannte. Sie würden Roger etwas antun – so oder so.
„Agnes", Roger hustete schwach, aber er sah sie mit einem durchdringenden Blick an, „Mir ist eine neue nicht aufgeschriebene und inoffizielle Regel der Freundschaft eingefallen."
Für Agnolia, Bellatrix und Greyback musste Roger in diesem Moment verrückt klingen, aber Agnes verstand sofort. Vielleicht hatte er Agnolias Lüge auch durchschaut.
„Lass hören", Agnes versuchte zu lächeln, aber es gelang ihr nicht wirklich. Aber der Versuch allein zählte.
„Sollte ein Individuum in die missliche Lage kommen, dass die Abberufung von der Existenz bevorsteht, ist das andere Individuum dazu verpflichtet, sich um die nachfolgenden Generationen des ersten Individuums zu kümmern."
Etwas zerbrach in Agnes. Sie sollte sich um seine Familie kümmern, wenn er tot war. Aber wie konnte sie das, wenn sie wusste, dass sie an seinem Tod schuld war? Wie sollte sie generell weitermachen, sollte er sterben?
„Die Formulierung ist nicht kompliziert genug", meinte Agnes tonlos, „Ich denke, du musst deine Abberufung von der Existenz noch ein bisschen verschieben."
„Wir wissen beide, dass das nicht funktioniert", murmelte Roger leise, aber Agnes hörte ihn trotzdem.
„Genug geplappert!", befahl Agnolia streng, „Was ist jetzt, Schätzchen? Wirst du dich noch immer wehren?"
„Deinem kleinen Freund hier könnte doch etwas zustoßen", warnte Bellatrix sie lachend.
„Lasst Roger einfach gehen, dann komme ich mit", versprach Agnes schwach, „Aber... bitte... nicht er."
„Du bist ja doch noch das brave Mädchen, das ich in Erinnerung habe! Mommy ist so stolz auf dich!", Agnes hörte ihr nicht zu, sondern sah nur auf den Boden. Es sah so aus, als wäre sie geschlagen, aber eigentlich suchte sie ihren Zauberstab, der nicht weit gefallen sein dürfte und sie hatte auch nicht bemerkt, dass jemand ihn weiter weggetreten hätte.
Dort lag er – direkt neben den Füßen ihrer Mutter.
„Okay", sagte Agnes mit lauter Stimme, „Ich helfe euch, aber lasst Roger gehen!"
„Das sehen wir noch, Liebling", Agnolias Griff um ihren Hals lockerte sich ein wenig, aber der Zauberstab bohrte sich noch in ihren Hals, trotzdem musste sie es wagen.
Roger schaute sie an und nickte.
In diesem Moment ließ er sich fallen und obwohl Greyback als Werwolf bestimmt stärker war, als er, rutschte er ihm einfach aus dem Griff und Roger konnte sich abrollen.
So fest sie konnte trat Agnes die Beine ihrer Mutter hinter ihr weg, ließ sich auf den Boden fallen und wich einem Zauber von Bellatrix aus, während sie nach ihrem Zauberstab griff.
Ihre Finger schlossen sich um das vertraute Holz und ohne zu zögern richtete sie ihn auf Agnolia und schrie: „Confringo!"
Roger wich einem Angriff von Greyback aus, aber Agnes konnte ihm nicht helfen – sie hatte gerade eigene Probleme. Wenigstens war Greyback so vorerst abgelenkt.
Agnolia sprang zur Seite und an der Stelle, an der sie gerade noch gestanden hatte, explodierte der Boden. Agnes war wütend und ohne jemanden eine Pause zu gönnen sprach sie sofort den nächsten Spruch, der wieder auf ihre Mutter zielte: „Incendio!"
Aus Wut verfehlte sie ihre Mutter und zündete statt ihr nur eine Kommode an, die sie in einen großen Scheiterhaufen verwandelte, der aber nicht lange brannte, dafür waren die Flammen riesig und zündeten auch Agnolias Ärmel an, die sie schnell wieder löschte.
Bellatrix erholte sich aus ihrer Starre und schoss einen Zauber auf Agnes, aber sie blockte ihn und verwirrte Bellatrix damit einen Moment, aber Agnes ließ auch ihr keine Zeit, sondern schrie: „Expulso!"
Bellatrix wurde wieder gegen eine Wand geschleudert, als der Boden vor ihr Explodierte und Agnes wandte sich den anderen beiden Zauberern zu.
Agnes sah im Augenwinkel, wie Roger gegen eine Wand gelehnt in der Falle saß und Greyback auf ihn zukam, als wäre er seine Beute.
Agnes schwang ihren Zauberstab und ein roter Blitz schoss auf Greyback zu, dem er nicht mehr ausweichen konnte und er fiel bewusstlos auf den Boden, sodass Agnes sich keine Sorgen mehr um ihn machen musste und auch Roger nickte ihr dankbar zu.
Sie wandte sich wieder ihrer Mutter zu und schwang ihren Zauberstab, aus dem eine Flamme schoss, direkt auf sie zu, aber sie rollte zur Seite und entkam ihr so, aber Agnes ließ nicht locker, sondern schoss einen weiteren stummen Fluch auf ihre Mutter und traf sie dieses Mal, aber der Zauber ließ sie nur in die Luft schweben und mit einem erschreckend lauten Krachen wieder auf den Boden fallen.
Roger nutzte diese Chance und stürzte sich, obwohl er keinen Zauberstab bei sich trug, auf Agnolias Rücken und drückte sie auf den Boden.
Plötzlich hörte Agnes Bellatrix triumphierend schreien: „Avada Kadavra!"
Agnes sah nur einen grünen Blitz und schloss die Augen, aber sie spürte keinen Schmerz, also öffnete sie sie schnell wieder und sah, dass der Fluch sie nicht getroffen hatte.
Einen kurzen Moment war sie erleichtert, sie war noch nicht bereit zu sterben, aber dann sah sie, wie Roger noch immer auf Agnolias festgekrallt zusammensackte und Bellatrix, die vor ihm stand und immer noch grinsend mit ihrem Zauberstab auf ihn zeigte.
Agnes konzentrierte sich nicht mehr auf ihre Umgebung. Ihr Blick war auf Roger fixiert und sie dachte an die Worte, die er als letztes zu ihr gesagt hatte. Er wollte doch nur, dass sie auf seine Familie aufpasste. Auf Ivy und auf Mini-Davies, der noch nicht einmal geboren war, aber wohl in eine dunkle, düstere Welt geboren werden würde.
Das wollte Agnes auf gar keinen Fall. Sie wollte, dass der Sohn ihres besten Freundes glücklich aufwuchs und nicht mit derselben Angst leben musste, wie sie.
„Ich verspreche es, Roger", wisperte Agnes, „Ich verspreche es, hörst du?" Roger würde sie nicht wirklich hören, aber Agnes hoffte, dass ihre Worte trotzdem zu ihm kommen würden.
Agnes bemerkte gar nicht mehr, wie ihre Mutter sie lähmte oder wie die Welt dunkel wurde, denn sie wusste nur, dass Roger tot war und sie ihn nicht mehr sehen würde.
Es war schon sehr spät – schon nach Mitternacht, als Fred in die Winkelgasse apparierte. Er hatte den ganzen Tag zusammen mit George und Tia nach Agnes gesucht, aber ohne Erfolg. Natürlich war es ihre erste Verwandlung seit Dumbledores Tod gewesen, also war sie bestimmt sehr aufgewühlt gewesen und hatte eine lange Nacht hinter sich, aber Fred konnte nicht glauben, dass sie einfach einen ganzen Tag verschwunden sein könnte. Vielleicht war sie in die Wohnung zurück appariert, während die anderen Mitbewohner auf der Suche nach ihr waren, aber trotz allem machte Fred sich große Sorgen.
Er bog um die Ecke und erstarrte vor Schreck. Dort – direkt über seinem Laden, über seinem zu Hause, über seinem Zufluchtsort prangte ein hässliches Zeichen – ein Totenschädel mit einer Schlage am Himmel wie eine Gewitterwolke. Einen Moment konnte Fred nicht anders als einfach nur hinzustarren und vor Schreck nicht wissen, was er tun sollte, bevor er realisierte, dass es das Zeichen der Todesser war. Die Todesser, die hinter Agnes her waren und die dieses Zeichen zurückließen, wenn sie mordeten. Dieses böse Omen, das einen schon verriet, was man in seinem zu Hause zu erwarten hatte.
Fred apparierte nicht, sondern rannte so schnell er konnte zu seiner Wohnung, riss die Tür auf, die aber schon offenstand und stand im dunklen Gang. Einen Moment sah er in der Dunkelheit nicht einmal seine Hand vor Augen, bevor er seinen Zauberstab erhellte und von dem schrecklichen Anblick begrüßt wurde. Es hatte einen Kampf gegeben – einige Möbel waren zur Seite geworfen, Stücke vom Boden waren verkohlt und dort – dort in der Ecke lag jemand. Vorsichtig und langsam näherte Fred sich der Person, die entweder bewusstlos war oder... noch schlimmer...
Der Lichtstrahl seines Zauberstabs traf auf die Person auf dem Boden und sofort ließ Fred seinen Zauberstab fallen und das Licht erlosch, schnell bückte er sich und hob ihn wieder auf. Er unterdrückte ein Schluchzen, als er sah, dass es nicht Agnes war, aber Roger Davies, ihr bester Freund, der ihn mit glasigen, toten Augen anstarrte, als würde er in seine Seele starren. Fred wich zurück und begann unkontrolliert zu zittern. Er musste den Orden alarmieren – Agnes war fort und Roger Davies tot, aber er wollte gar nicht wissen, was mit Agnes passiert war.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top