81. Kapitel

„Ich hasse Magenta."

„Tja, Agnes", seufzte Fred mit einem amüsierten Grinsen im Gesicht, „Dagegen können wir wohl nichts machen."

„Ich mag Magenta nicht", maulte Agnes und zupfte an ihrer magentafarbenen Uniform herum. Die Uniformfarbe, die Fred und George sich für ihren Laden überlegt hatten war grell, schrecklich und auffällig – genauso, wie die Zwillinge es mochten.

Agnes hatte nicht damit gerechnet, dass sie auch irgendwann so eine Jacke anziehen musste. Ja, sie half den Zwillingen häufig im Laden und kassierte, aber das bedeutete noch lange nicht, dass sie wirklich ein Teil dieses Wahnsinns werden wollte. Sie hätte es niemals vor Fred gesagt, aber diese Uniform machte alles so... fix. Als würde sie ihre Träume wirklich begraben und ein Haus darüber bauen.

„Magenta steht mir nicht", versicherte Agnes Fred und schaute ihn streng an.

„Also", Fred schaute sie von oben bis unten an, „ich finde, die Jacke stimmt dir da nicht zu."

„Halt die Klappe, Fred", schnaubte Agnes unbeeindruckt.

„Agnes", Fred nahm ihre Hände in die seinen und schaute ihr in die Augen, „Ich weiß, es ist nicht deins. Dieser ganze Laden hier ist deine Idee gewesen, aber es ist nicht deins, oder?"

Damit hatte Fred absolut Recht, aber Agnes war trotzdem überrascht, dass er das durchschaut hatte.

„Es tut mir ja wirklich leid, Fred", seufzte Agnes, „Aber... ich will nicht einfach nur ein Teil von dem Ganzen sein, nur, weil ich mit dir zusammen bin. Da fühle ich mich, als hättet ihr nur Mitleid mit mir."

„Wir haben nicht nur Mitleid mit dir", versicherte Fred ihr, „Aber hey, ich will dich nicht anlügen... wenn wir nicht zusammen wären, wärst du nicht hier, nein. Aber wenn wir nicht zusammen wären, dann würde so einiges anders aussehen, oder nicht? Du wärst generell nicht hier... in einer Beziehung geht es nicht immer nur ums Küssen und um Zuneigung... man unterstützt sich gegenseitig – das habe ich von meinen Eltern gelernt und ich werde es mit Stolz weiterführen."

„Das ist süß von dir, Fred, aber ich hasse es trotzdem", seufzte Agnes, „Ich hasse die ganze Situation. So habe ich mir mein Leben nicht vorgestellt... und ich habe mir nicht viele Hoffnungen gemacht."

„Ich bin ganz froh, dass es so gelaufen ist", gab Fred zu und sofort sah Agnes ihn irritiert an, sodass er sich schnell verbesserte, „Äh... also... Greyback hätte nicht sein müssen... aber... alles andere... also... natürlich nicht alles... aber... ich hasse das, jetzt hast du mich verwirrt."

„Das habe ich so an mir", Agnes grinste, „Weißt du, ich finde die Jacke gar nicht so schlimm."

„Wirklich nicht?"

„Doch, ich finde sie schrecklich", zerstörte Agnes jede Hoffnung in Fred, „Aber ich werde sie tragen... immerhin ist sie von euch."

„Das ist zu gütigvon dir, Agnes", Fred verdrehte die Augen, „Wenigstens erkennen dich die Leute dann als Mitarbeiterin."

„Das war schon immer ein Traum von mir", schnaubte Agnes, „Dann... also... ab ins Getümmel?"

„Mit Vergnügen." Fred grinste und hielt seiner Freundin einen Arm hin, in den Agnes ihren Arm einhackte und zusammen verließen sie den Lagerraum, um zurück in den ziemlich vollen Laden zu gehen. Die Schüler von Hogwarts waren zwar in der Schule, aber das bedeutete nicht, dass nicht trotzdem genug Kundschaft kam. Auch jüngere und ältere waren interessiert.

„Was habt ihr denn so lange im Lagerraum gemacht?", fragte George sie grinsend, als er die beiden zusammen wieder in den Laden kommen sah, „Das hat länger gedauert, als gedacht. Hat Fred dir etwa noch beim Anziehen geholfen?"

„Bist du eifersüchtig, weil Tia nicht hier ist, um dir beim Anziehen zu helfen?", konterte Agnes.

„Okay, Leute", ging Fred dazwischen, „Es sind Kinder anwesend!"

„Gut, dass ihr jetzt wieder zurück seid", bemerkte George und verließ seinen Platz hinter der Kassa, „Agnes, übernimm du doch bitte einmal. Ich habe etwas zu erledigen. An einem stillen Örtchen."

„Gehst du schon wieder in den Keller weinen?", fragte Agnes ihn trocken, aber bald schon konnte sie keine ernste Miene mehr aufrecht erhalten und musste grinsen.

„Heute bist du aber wieder witzig", schnaubte George, „Ich gehe natürlich in den Keller lachen. Immerhin gehört es sich für einen Inhaber eines Scherzartikelladens nicht, in der Öffentlichkeit zu lachen."

Agnes stellte sich statt George hinter die Kassa und die Leute kamen zu ihr, um ihre Einkäufe zu bezahlen und Agnes musste zugeben, dass diese Jacke vielleicht doch nicht so schlimm war.

Natürlich war die Farbe schrecklich, aber diese Jacke zeichnete sie als eine Mitarbeiterin aus und die Leute schienen nicht mehr ganz so abgeneigt zu sein, auch sie um Hilfe zu bitten.

Um die Mittagszeit herum ging Agnes in die Wohnung der Zwillinge, um das Mittagessen vorzubereiten.

Es war praktischer, wenn einer von ihnen kochte – meistens Agnes – und sie dann zusammen während der Arbeit im Laden aßen. So mussten sie den Laden nicht für eine Mittagspause schließen und Agnes nutzte diese Zeit immer, um etwas Abstand zu dem Chaos im Laden zu bekommen.

Sie kochte nichts allzu aufwändiges, aber es gab immer Fleisch und auch etwas Selbstgebackenes als Nachspeise dazu und die Zwillinge genossen es, dass es jeden Tag etwas Warmes zum Essen gab.

Mit drei vollen Tellern, die Agnes auf ihren Armen balancierte ging Agnes zurück in den Laden, der etwas leerer war, aber noch nicht vollkommen ausgestorben. Die meisten Kunden stöberten im Moment nur durch die Regale, während Fred und George zusammen hinter dem Tresen bei der Kassa standen und wohl schon aufs Essen warteten.

„Essenszeit!", rief Agnes gut gelaunt und die Zwillinge schauten in ihre Richtung und Agnes konnte regelrecht beobachten, wie die beiden die Augen vor Entzücken aufrissen, als sie das Essen sahen und rochen.

„Genau im richtigen Moment", freute sich Fred, „Wir haben richtig Hunger."

„Wie jeden Tag", erinnerte ihn Agnes.

„Ja", George grinste, als er seinen Teller und Besteck entgegennahm, „Einen richtigen „Wolfshunger."

„Noch einmal so einen dämlichen Witz, George, und ich fresse dich auf, wie der Böse Wolf in jedem Märchen."

George schmunzelte noch verschmitzt, aber er sagte nichts mehr. Das konnte er auch nicht mehr, denn die drei aßen in Ruhe und Stille zusammen und sagten ausnahmsweise nichts zueinander. Alle drei genossen die Ruhe.

Die Glocke über der Tür klingelte, als zwei Kunden den Laden betraten.

Es waren zwei Frauen, die Agnes nicht kannte, obwohl sie in ihrem Alter zu sein schienen. Agnes konnte sich vorstellen, dass sie vielleicht ein oder zwei Jahre älter waren, aber Agnes kannte ihre Gesichter nicht, also waren sie wohl nicht in Hogwarts gewesen, was nicht so abwegig war, denn manche Zaubererfamilien unterrichteten ihre Kinder dann doch lieber zu Hause, wenn die Möglichkeit bestand.

Auf jeden Fall erkannte Agnes sofort, dass die beiden größer waren, als sie, aber das war nichts Neues für Agnes und sie hatte sich noch nie davon einschüchtern lassen. Sie hatte schon größere als die beiden umgebracht.

Fred, George und Agnes beobachteten die drei und seufzten beinahe synchron, als sie sahen, dass die beiden sich wohl nicht auszukennen schienen. Sie hatten diesen suchenden Blick, der den drei immer verriet, dass ein Kunde sich nicht auskannte und einer von ihnen eine Privatführung geben musste. Normalerweise störte sie das nicht, aber Fred und George aßen noch.

Agnes war schon fertig – sie war die schnellste Esserin unter ihnen und hatte ihren Teller und Besteck schon zur Seite gestellt.

„Ich kann sie übernehmen", bot sie an, „Macht euch keinen Stress."

„Du bist ein Schatz, Agnes", Fred lächelte und aß noch eine Kartoffel, „Dankeschön."

Agnes richtete sich ihre Jacke und untersuchte sie, ob sie sich ja nicht beim Essen angepatzt hatte. Nicht, dass sie sich häufig dreckig machen würde, aber sie ging, wenn sie es mit Kunden zu tun hatte, doch lieber sicher.

Zuversichtlich näherte sie sich den beiden Frauen – die eine war blond, die andere braunhaarig. Beide hatten sie lange Haare.

„Kann ich Ihnen helfen?", fragte Agnes höflich, als sie bei ihnen angekommen war und die beiden Frauen blickten beinahe schon überrascht zu ihr, als hätten sie diese Frage nicht erwartet. Oder als hätten sie diese Frage nicht von ihr erwartet.

„Arbeitest du hier?", fragte die Blonde misstrauisch. Agnes bemerkte, dass sie geduzt wurde, aber in diesem Moment beschloss sie es einfach zu ignorieren. Es gab eben manche Kunden, die das taten. „Ich kenne dich von irgendwoher..."

„Also... ich habe Sie noch nie gesehen, aber vielleicht haben Sie meine Mutter schon einmal gesehen", schlug Agnes vor, obwohl sie sich sicher war, dass die beiden Agnolia schon mindestens auf einem der Fahndungsbilder gesehen hatten, „Suchen Sie etwas Bestimmtes?"

Die beiden Frauen sahen sich an, wie es Frauen eben taten, wenn sie genau wussten, was die jeweils andere dachte. „Weißt du... wir... wir haben erwartet, dass nur diese beiden Männer hier arbeiten würden", gestand die Braunhaarige kichernd.

„Wir haben von ihnen von einer Freundin gehört", erklärte die Blonde.

Darauf wollten die beiden also hinaus. Jetzt verstand Agnes und sie war sich nicht sicher, ob sie sich angegriffen oder belustigt fühlen sollte. Immerhin wusste sie, dass Fred treu war und die beiden würden gegen sie keine Chance haben. Also war sie wohl eher belustigt.

„Fred und George sind hinten und essen gerade", erklärte Agnes und deutete in die Richtung zu dem Raum, in dem sie sich aufhielten und man konnte durch die offen stehende Tür die beiden am Tisch sitzen sehen und sie lachten wohl gerade über etwas.

Fred musste ihren Blick gespürt haben, denn er blickte in ihre Richtung und winkte ihr. Die beiden mussten wohl gedacht haben, dass dieses Winken ihnen gegolten hatte, denn eine von ihnen winkte zurück, bevor sie aufgeregt aufkreischte, aber leise genug, dass Fred und George sie nicht gehört haben konnten.

„Ihr wisst, dass die beiden vergeben sind, oder?", fragte Agnes belustigt und die beiden Frauen schauten sie an, als hätte Agnes sie gerade zum Tode verurteilt.

„Nein, das haben wir nicht gewusst", gestand die Braunhaarige.

„Woher willst du das wissen?", fragte die Blonde misstrauisch und musterte Agnes, wobei ihr Blick leicht angeekelt bei ihrem vernarbten Gesicht hingen blieb, als hätte sie eine ansteckende Krankheit... was auch irgendwie so war...

„Nun...", Agnes beschloss, mit den beiden noch ein bisschen zu spielen, „Ich kenne die beiden schon ziemlich lange. Wir sind zusammen zur Schule gegangen und ich arbeite jetzt für sie."

„Dann kannst du uns bestimmt etwas über sie erzählen, oder?", fragte die Braunhaarige begierig, „Oder auch über diese Freundinnen, die sie haben? Haben wir gegen sie eine Chance?"

„Also...", Agnes tat so, als würde sie unsicher zu Fred und George blicken, um sicher zu gehen, dass sie nicht zuhörten, bevor sie sich näher zu den beiden Frauen lehnte und ihnen zu wisperte: „Ich kann euch schon etwas über diese Freundinnen erzählen... aber ihr dürft es den beiden nicht erzählen, sonst bin ich meinen Job los." Das war natürlich alles gelogen, aber Agnes genoss es, ausnahmsweise einmal wieder dümmere als sie zu verarschen.

„Versprochen", schwor die Braunhaarige. Die Blonde nickte nur, offenbar nicht so begeistert über das Angebot, wie ihre Freundin. Außerdem musterte die Blonde Agnes noch immer, als würde sie noch immer überlegen, woher sie sie kannte.

„Also", Agnes richtete sich wieder auf und grinste, „Bei George habt ihr keine Chance. Er ist mit einem Mädchen zusammen die zum Teil Veela ist."

„Veela?", wiederholte die Blonde ungläubig, „Das funktioniert?"

„Oh, ja", versicherte Agnes ihnen, „ich kenne ein paar Leute, die zum Teil Veela sind. Der Bruder meines Freundes ist mit einer verlobt, die ist zum Viertel Veela."

„Dann haben wir eben beim Aussehen keine Chance", überlegte die Braunhaarige, „Aber wie sieht es mit ihrem Charakter aus?"

„Ich habe sie kennengelernt", erzählte Agnes und dachte lächelnd an Tia, „Sie ist eigentlich immer freundlich und doch intelligent und hilfsbereit. Ihr müsstet euch schon ziemlich ins Zeug legen, um George sie auszureden. Ich würde sagen, es ist eigentlich unmöglich. Sie sind so etwas wie Seelenverwandte."

„Also haben wir bei George keine Chance", seufzte die Braunhaarige, als würde sie das ernsthaft schade finden.

„Was ist mit der Freundin von Fred?", hinterfragte die Blonde.

„Nun... die Freundin von Fred", Agnes grinste, „Die bin ich."

Einen Moment starrten die beiden Agnes nur ungläubig an, bevor die Blonde laut zu lachen begann und kurz darauf stimmte ihre braunhaarige Freundin mit ein.

„Das ist lächerlich", schnaubte die Blonde, als sie sich wieder beruhigt hatte, „Du?"

„Jepp", Agnes nickte selbstbewusst.

„Also haben wir bei ihm noch eine Chance?", bemerkte die Blonde abwertend und sofort verschwand das Lächeln aus Agnes' Gesicht.

„Nein", meinte sie schlicht und schüttelte den Kopf.

„Aber du bist hässlich", es war wieder die Blonde, die das so ganz offen sagte und deutete mit ihrem Zeigefinger auf Agnes' Gesicht, „Hast du in letzter Zeit einmal im Spiegel gesehen."

„Ich schaue sehr gerne in Spiegel", log Agnes, „Das erinnert mich daran, wie viele Leute darin versagt haben bei dem Versuch, mich umzubringen."

Die Braunhaarige sog erschrocken Luft ein. „Wirklich?"

„Ich weiß jetzt wieder, woher ich dich kenne", fiel es der blonden wieder ein, „Ich habe deine Akte bei der Arbeit gesehen."

Wieder sog die Braunhaarige erschrocken Luft ein. „Aber das würde doch bedeuten, dass–"

„– dass sie ein Werwolf ist", bestätigte die Blonde, „ich arbeite im Büro für Werwolfregistrierung und Werwolfstrafsverfolgung. Ich habe dort einmal die Akten sortiert."

„Ah", machte Agnes und lächelte freundlich, „Dann kennen Sie bestimmt Lycinder Trippet. Er hat mir sehr geholfen, als ich mich das erste Mal registriert habe."

„Also stimmt es?", fragte die Braunhaarige neugierig, „Bist du ein Werwolf."

„Man sieht es mir nicht an, oder?", fragte Agnes sarkastisch, da sie ganz genau wusste, dass ihre Narben im Gesicht sie sofort als Werwolf verrieten, wenn sich jemand auskannte.

„Was sieht man dir nicht an?", fragte Fred, der plötzlich hinter ihnen stand, als wäre er aus dem Nichts aufgetaucht. Die beiden Frauen zuckten zusammen, als er plötzlich so nah vor ihnen stand.

„Man sieht mir nicht an, dass ich ein Werwolf bin", erklärte Agnes ganz sachlich, was die beiden Frauen noch mehr zu verwirren schien.

„Oh", Fred wirkte auch überrascht, „Du hast es den beiden erzählt?"

„Nein, nein", winkte Agnes ab, „Sie arbeitet im Büro für Werwolfregistrierung. Sie hat mich erkannt, weil sie in den Akten dort herumgestöbert hat."

„Verstehe, verstehe", Fred nickte, „Wann hast du eigentlich deinen nächsten Termin dort?"

„Erst im Sommer, Fred", erinnerte Agnes ihn, „Das dauert noch ein paar Monate."

Fred hob abwehrend seine Hände. „Ich wollte nur sichergehen. Diese Gesetze gegen Werwölfe sind lächerlich und wir wollen doch nicht, dass dir etwas passiert, nur weil ein paar Bürokraten meinen, sie können über dein Leben entscheiden, oder?"

„Das würde nicht passieren", winkte Agnes ab.

Die Blonde räusperte sich.

„Oh, entschuldige", Fred wandte sich ihr zu, aber als er sich leicht verbeugte, war diese Verbeugung eindeutig keine freundliche Geste, „Wie kann ich Ihnen helfen? Ich war so beschäftigt, mit meiner Freundin zu sprechen, dass ich Sie ganz vergessen habe."

Die Blonde schnaubte empört aus und öffnete schon den Mund, um etwas zu sagen, aber die Braunhaarige nahm sie am Arm und schob sie langsam aus dem Laden hinaus.

„Ich glaube, wir haben alles", versprach sie, „Danke für die Hilfe."

„Immer gerne", Agnes winkte ihnen und grinste.

Als sie verschwunden waren, standen Agnes und Fred noch für einen Moment nebeneinander da.

„Was hast du zu ihnen gesagt?", fragte Fred seine Freundin neugierig.

„Ich habe ihnen nur erklärt, warum George und du vollkommen zufrieden mit euren Freundinnen seid."

„Oh", machte Fred, „Danke."

„Keine Ursache, immer gern."

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