8. Kapitel

Vermutlich hätte Agnes das erste Quidditchspiel Ravenclaw gegen Hufflepuff einfach verschlafen, hätte Roger sie nicht wie so häufig von Dorothy wecken lassen.

Müde und verschlafen kroch Agnes die Treppen in den Gemeinschaftsraum hinunter, der dort war Roger nicht mehr. Er musste schon vor in die Große Halle gegangen sein, um noch etwas zu frühstücken.

Agnes zog sich sofort ihre Quidditch-Montur an und ging immer noch leicht verschlafen in die Große Halle, wo sie sofort vom Jubel der Ravenclaws begrüßt wurde. Sie lächelte und suchte schnell Roger am Tisch, der schon über einem vollgeschriebenen Pergament gebeugt saß und mit Grant, Duncan und Randy Strategien besprach, während Cho Chang wie immer bei ihrer eigenen Freundin saß und Jeremy Stretton ziemlich bleich und nervös wirkte.

„Guten Morgen", begrüßte Agnes sie und gähnte kräftig, bevor sie sich ihre Tasse mit Tee füllte.

„Guten Morgen, Agnes", Rogers Stimme klang leicht sarkastisch, „Wir haben doch ausgemacht, dass wir uns vor einer halben Stunde treffen!"

„Ich schlafe doch lieber, als zum zehnten Mal deinen Vortrag über unsere heutige Strategie zu hören", gab Agnes ehrlich zu und streckte sich. Genüsslich nahm sie einen Schluck von ihrem Tee und fühlte sich sofort wacher.

„Irgendwann verschläfst du noch deinen Tod", rief Roger aus, „Du endest wie Binns!"

„Sollte das passieren, sorge ich dafür, dass ich dich jeden Tag sehr früh wecke", warnte Agnes, „Als Geist brauche ich dann keinen Schlaf mehr!"

„Wie auch immer", winkte Roger ab, „Ich vermute, du spielst heute nicht allzu brutal?"

„Nein", Agnes lächelte finster, „Meine brutale Spielweise ist für die Slytherins reserviert. Gegen die Hufflepuff habe ich nichts und sie spielen selbst fair, also haben sie es verdient."

„Sehr charmant", bemerkte Roger stumpf, „Dann solltet ihr dafür sorgen, dass Cedric Diggory heute dem Schnatz fernbleibt. Cho ist zwar nicht die schlechteste, aber Diggory hat Potter den Schnatz weggefangen."

„Potter ist bei diesem Spiel in Ohnmacht gefallen und hat es nicht einmal beenden können", warf Duncan ein, „Diggory hat nur Glück gehabt. Wären diese Dementoren nicht aufs Feld gekommen, wäre das nicht passiert!"

„Wie auch immer", unterbrach Roger ihn, „Auf jeden Fall ist Diggory gut und ich habe kein Interesse daran, dass er den Schnatz fängt. Ansonsten habe ich beobachtet, dass die Hufflepuffs dieses Jahr wieder wie immer spielen – sie spielen sehr gut miteinander und geben den Quaffel gerne weiter, aber sie tricksen nicht besonders viel oder setzten spezielle Züge ein. Sie sind sogar beim Quidditchspielen freundlich."

„Hast du gehört, Jeremy?", fragte Agnes, „Es sollte nicht sonderlich schwer sein, sie auszutricksen. Kein Grund, nervös zu sein."

„Es ist mein erstes Spiel", lachte Jeremy nervös und kratzte sich am Nacken, „Ich glaube, ich habe das Recht, nervös zu sein."

„Wir waren alle bei unserem ersten Spiel nervös", beruhigte Grant ihn.

„Ja, Roger ist es immer noch bei jedem einzelnen", scherzte Duncan und knuffte seinem Freund leicht in die Seite.

Roger funkelte ihn böse an, sagte aber keine Widerworte, immerhin sprach Duncan ausnahmsweise die Wahrheit – er war tatsächlich bei jedem Spiel nervös und fragte sich, wie es ausgehen würde.

„Wie auch immer – trink deinen Tee aus, Agnes, wir gehen da jetzt hinaus und bringen ein paar Hufflepuffs zum Weinen!", bestimmte er laut, sodass ein paar Ravenclaws und sogar einige Gryffindors verstört in seine Richtung sahen, aber er ignorierte es und stürmte schon voraus aus der Großen Halle.

„Manchmal glaube ich, er kann die Uhr nicht richtig lesen", seufzte Duncan und schaute auf seine Armbanduhr, „Ob er weiß, dass wir noch zwei Stunden Zeit haben?"

„Ist doch auch egal", Agnes trank ihren Tee komplett aus und stand sicher auf, „Es ist sein erstes Spiel als Kapitän und wir werden ihn nicht enttäuschen!"

„Ich werde ihn wahrscheinlich enttäuschen", gab Randy unsicher zu, stand aber ebenfalls auf, „Aber das sollte keine Überraschung mehr sein."

„Genug mit dem Selbstmitleid!", unterbrach Grant ihn, „Jetzt wird gespielt!"

In den Umkleidekabinen trafen sich endgültig alle Spieler und auch Cho war nun bei ihnen. Roger schien die Zeit genutzt zu haben, um eine Rede zusammenzustellen und schien bald zu platzen, sollte er sie nicht bald loswerden.

„Okay Leute. Cedric hat den Schnatz vor Harry gefangen, aber der ist ja auch wegen der Dementoren vom Besen gefallen-", begann er, wurde aber von Grant unterbrochen: „Tolle Rede! Sehr ermutigend!"

„Jedenfalls...", nahm Roger wieder den Faden auf, „wir brauchen uns keine Sorgen zu machen, weil wir haben Cho! Sie ist mindestens so gut, wie Cedric, wenn nicht besser!"

Alle stimmten ihm zu, auch, wenn ihm keiner so richtig zustimmen konnte. Ja, Cho war sehr gut auf dem Besen unterwegs, aber viel zu selten entdeckte sie den Schnatz. Sie stand lieber allen im Weg und bemerkte es meistens gar nicht.

„Außerdem haben wir ein wundervolles, restliches Team! Wir haben Jeremy und Randy, die besten Jäger, die wir seit langem haben! Wir haben Duncan und Agnes, die jeden Klatscher unbarmherzig gegen die Schädel unserer Gegner krachen lassen und wir haben natürlich Grant, der kaum einen Quaffel an sich vorbeilässt!"

„Und wir haben Roger, den besten Kapitän, den es gibt!", rief Agnes laut und das Team jubelte begeistert.

„Dann gehen wir jetzt hinauf aufs Feld und zeigen diesen kanariengelben Kakadus, wer hier besser fliegen kann!", schrie Roger.

„Sowohl Kanarienvögel, als auch Kakadus sind Vögel – die können eigentlich ziemlich gut fliegen", bemerkte Randy, aber niemand hörte auf ihn – jeder war motiviert und selbstsicher, dass sie gewinnen würden.

Sie stellten sich auf und stolz – in einer Reihe – schritten sie auf das Feld. Die Schüler jubelten und einen kurzem Moment meinte Agnes zwei rothaarige inzwischen der blau-gekleideten Ravenclaws zu sehen, aber es konnte nicht sein, dass die Zwillinge hier waren.

Roger schüttelte mit Cedric die Hände und Roger schaute ihn sehr finster an, was aber nichts an der glücklichen Miene des gelben Kapitäns änderte.

Sie setzten sich auf ihre Besen und Madam Hooch blies in ihre Pfeife.

Sobald Agnes in der Luft war, achtete sie schon darauf, dass sie die Aufgaben erledigte, die Roger ihr und Duncan aufgetragen hatte – Cedric ablenken und Cho beschützen, während sie gleichzeitig die Jäger ihrer Gegner aus der Fassung bringen sollten.

Roger schnappte sich sofort den Quaffel und zischte damit vor zu den Ringen. Maxine O'Flaherty, einer der beiden Treiber der Hufflepuff schoss einen Klatscher in seine Richtung, aber Agnes wehrte ihn ab und schickte ihn zurück, sodass O'Flaherty eine Rolle in der Luft machen musste und kurz abgelenkt war. Inzwischen hatte Roger den Quaffel an Randy weitergegeben, der nun überhaupt nicht mehr unsicher war, sondern ohne zu Zögern an den Jägern der Hufflepuffs vorbeiflog und schon beinahe bei den Ringen in Wurfweite war, aber in diesem Moment erwischte der andere Treiber, Anthony Rickett ihn mit einem Klatscher am vorderen Ende des Besens, den Duncan nicht mehr erwischen konnte, weil er damit beschäftigt war, Cho vor einem anderen Klatscher zu beschützen und Agnes war zu weit weg.

Der Quaffel fiel Randy aus der Hand und beinahe konnte ihn eine Jägerin von Hufflepuff erwischen, aber da stahl Jeremy ihn ihr vor ihrer Nase weg und schoss nun endgültig zu den Ringen. Herbert Fleet, der Hüter wollte ihn noch fangen, aber seine Fingerspitzen streiften ihn nur und er ging glatt durch.

Die Ravenclaws jubelten schallend und Roger klopfte Jeremy, der sein erstes Tor geschossen hatte auf die Schulter, aber für Feierlichkeiten war nicht lange Zeit, denn nun war Hufflepuff im Ballbesitz.

Heidi Macavoy, die Jägerin aus Hufflepuff preschte mit dem Quaffel in den Armen vor, aber Agnes schickte geschickt einen Klatscher in ihre Richtung, den sie übersah und er traf sie direkt am Kopf, sodass sie beinahe vom Besen fiel, wenn Malcolm Preece ihr nicht wieder hinaufgeholfen hätte, aber nun hatte Roger wieder den Quaffel und zischte wieder vor.

Heidi und Malcolm waren ihm auf die Fersen und sie würden ihn bald eingeholt haben. Mit einem Blick zu Duncan nickte Agnes und beinahe synchron erreichten sie einen Klatscher und schossen beide auf einmal in die Richtung der beiden Jäger.

Agnes pfiff zur Warnung und Roger verstand es zum Glück und rollte sich geschickt ab, bevor die Klatscher ihn treffen konnten und stattdessen zielten sie auf die Hufflepuff-Jäger, die ihnen ausweichen mussten und deswegen abbremsten.

Anthony Rickett zielte nun mit einem Klatscher auf Roger, der noch immer den Quaffel in den Armen hielt, aber Agnes stellte sich vor ihn und wehrte ihn schnell ab.

Roger nickte ihr zum Dank zu, bevor er weiter nach vorne flog und er schoss wieder auf die Ringe und – Treffer! Zwanzig zu null für Ravenclaw!

Roger jubelte laut und flog eine Siegesrunde, aber nun hatte Hufflepuff den Quaffel und weder Agnes noch Duncan kamen an einen Klatscher, mit denen sie die Spieler hätten aufhalten können. Tamsin Applebee flog nach vorne, gab an Malcolm ab, wieder zurück zu Tamsin und zu Heidi, bevor Heidi einen Versuch startete, ein Tor zu schießen, aber Grant wehrte den Quaffel geschickt mit den Handballen ab, aber Malcolm griff ihn sich wieder aus der Luft und schoss wieder, aber dieses Mal aus einem anderen Winkel – unmöglich für Grant diesen zu halten.

Die Hufflepuffs jubelten, aber schon hatte Roger den Quaffel wieder in seinen Händen und raste vor – eiserner Willen war in sein Gesicht geschrieben.

Er wich einem Klatscher aus, Duncan wehrte einen anderen für ihn ab und Roger schoss. Herbert Fleet konnte ihn abwehren und Heidi erwischte den Quaffel, aber Jeremy fischte ihn ihr aus der Hand und warf ihn zu Randy, der einen weiteren Versuch startete und dieses Mal traf er.

In diesem Moment sah Agnes, wie ein Klatscher direkt auf Randy zusteuerte und diesen ihn bestimmt noch nicht gesehen hatte. Schnell flog sie vor ihn und holte aus, aber die Wucht ließ ihren Arm erzittern und ein stechender Schmerz schoss ihren Arm hoch bis zu ihrer Schulter, aber Agnes ließ sich nicht davon abhalten, sondern wechselte nur die Hand, mit der sie den Schläger hielt und spielte weiter.

Es war ein aufregendes Spiel, aber dennoch irgendwie langweilig. Zum Schluss stand es 240 zu 30 für Ravenclaw, nachdem Cho den Schnatz gefangen hatte.

Das Team jubelte und Agnes ließ sich von der Begeisterung anstecken, obwohl ihr Arm ziemlich schmerzte. Es war eine verheerende Niederlage für Hufflepuff und ein Sieg, den Ravenclaw näher an den Pokal brachte.

„Gut gespielt", hörte Agnes jemanden hinter ihr und sie drehte sich um. Zu ihrer Überraschung stand dort Fred – nur Fred und lächelte sie an.

„Du hast zugesehen?", fragte sie fassungslos und positiv überrascht.

„Natürlich! Warum nicht?", er klang so, als wäre es selbstverständlich, aber sie hatte ihn noch nie bei einem Spiel gesehen, bei dem er nicht selbst gespielt hatte, aber sie ließ sich nicht davon beirren und grinste ihn an: „Warte nur, bis wir gegen euch spielen! Dann machen wir euch fertig!"

„Wohl kaum", scherzte Fred, „Wood hat uns gezwungen dieses Spiel anzusehen, um eure Taktik herauszufinden. Wir haben jeden eurer Züge genau studiert und wissen nun, wie ihr spielt!"

„Das bezweifle ich", bemerkte Agnes, „Wir Ravenclaws sitzen manchmal Stunden an unserer Taktik und wir ändern sie jedes Spiel, um kein Muster entstehen zu lassen. Wir analysieren unsere Gegner und stampfen sie so mit ihren eigenen Waffen in die Erde."

„Ich glaube, ich überschätzt euch selbst – wie es für hochnäsige Ravenclaws üblich ist", neckte Fred, „Wenn ich kurz zusammenfassen darf – ihr spielt ziemlich egoistisch, ihr behaltet den Quaffel bei euch, sobald ihr ihn habt und ihr spielt schnell und weitläufig. Ihr gebt ihn nicht häufig ab und fliegt manchmal über das ganze Feld mit ihm in den Armen."

Agnes musterte Fred amüsiert, während er ihre anscheinenden Angewohnheiten und Taktiken aufzählte.

„Du und der andere Treiber – Inglebee. Ihr beide bewacht hauptsächlich die Sucherin und achtet darauf, dass der gegnerische Sucher nicht den Schnatz findet. Wenn nicht gerade eure Jäger angegriffen werden, dann attackiert ihr den Sucher der Gegner. Sollten die Jäger angegriffen werden, habt ihr die Angewohnheit euch direkt vor eure Teamkollegen zu stellen. So trefft ihr sicherer und könnt mehr Kraft anwenden. Euer Hüter achtet besonders auf das mittlere Tor – die zwei Nebenringe sind eher unwichtig. Er fliegt während dem Spiel nicht hin und her, sondern beobachtet die Jäger genauestens", beendete Fred grinsend, „Habe ich Recht oder habe ich Recht?"

„Herzlichen Glückwunsch, ich hätte nicht gedacht, dass eure Gehirne genug Aufmerksamkeit aufbringen, damit ihr das ganze Spiel hindurch uns analysieren könnt, aber ich muss dich wohl oder übel enttäuschen", Agnes zuckte mit den Schultern und begann selbst aufzuzählen: „Hufflepuffs geben den Quaffel gerne weiter. Sie sind gut darin, den Ball aus der Luft zu fangen, aber ihn abnehmen können sie nicht so gut – dafür sind sie zu freundlich und schüchtern, also behalten unsere Jäger ihn lieber in den Armen und vermeiden es ihn herumzuwerfen, damit die Hufflepuffs nicht einmal die Chance haben ihn zu bekommen", Freds Grinsend wurde schon zu einer nachdenklichen, leicht enttäuschten Miene, als er realisierte, was Agnes sagte, „Es war Chos erstes Spiel, also waren wir uns nicht so sicher, ob sie gut mit Klatscher umgehen kann, also sollten wir sie eher beschützen und sie abwehren, während Cedric am besten den Schnatz findet, wenn er Ruhe hat, also geben wir ihm keine Ruhe. Außerdem haben die Treiber der Hufflepuffs die Angewohnheit die Klatscher nicht so fest zu schießen, wie die von anderen Häusern, also müssen wir uns eigentlich keine Sorgen darübermachen, dass wir unsere Arme von dem Aufprall brechen. Bei anderen Häusern wären die Bälle, die frontal auf uns zukommen zu stark, um sie ohne Verletzungen abzuwehren."

„Normalerweise", zeigte Fred auf und spielte damit auf ihren Arm an, den Agnes leicht beschützend dicht an ihren Körper presste.

„Es ist nichts", winkte sie ab, „Wahrscheinlich nur eine Prellung. Ich gehe danach in den Krankenflügel."

„Du solltest sofort gehen", schlug Fred vor, „Ich begleite dich."

„Nicht nötig", winkte Agnes ab, „Ich bin schon groß, ich kann allein dorthin gehen. Ich werde mich schon nicht im Schloss verlaufen."

„Ein Wunder, dass du mit diesem Arm noch spielen hast können", bemerkte Fred, „Ich könnte mit einem gebrochenen Arm einen Klatscher nicht einmal einen Meter weit schießen."

„Man benutzt einfach die andere Hand", bemerkte Agnes, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Sie lächelte Fred noch einmal frech an, bevor sie an ihm vorbei in das Schloss ging.

Dort wartete schon Roger, der besorgt aufsah, als sie kam.

„Ich habe schon gedacht, du wärst auf dem Weg hierher entführt worden", begrüßte er sie, „Dein Arm sieht nicht gut aus. Wir sollten in den Krankenflügel damit."

„Das habe ich sowieso vorgehabt", stimmte Agnes zu, „Ich brauchte ein paar starke Schmerzmittel."




„Liebes, das muss ja höllisch schmerzen! Warum sind Sie nicht früher gekommen?", fragte Pomfrey, während sie aus einem Schrank ein paar Zutaten holte und diese in einer Schüssel mischte.

„Es tut gar nicht so weh – ich hatte Schlimmeres", winkte Agnes ab.

„Das ist nur der Schock – seien Sie froh, dass Mr Davies Sie hierhergebracht hat – spätestens heute Nacht wäre es schlimmer geworden", informierte sie Madam Pomfrey und begann die Paste auf ihrem Arm zu verteilen.

„Ich habe mich selbst hergebracht", bemerkte Agnes, „Ich wollte eigentlich nur etwas gegen die Schmerzen und dann Mittagessen."

„Mr Davies wird Ihnen etwas bringen – Sie bleiben heute zur Beobachtung lieber hier im Krankenflügel. Unzählige Splitter haben sich von ihren Knochen abgetrennt, das ist komplizierter, als ein normaler Bruch", widersprach Madam Pomfrey

„Ich werde sofort gehen – wir sehen uns später", verabschiedete Roger sich schnell und ging los, um ihnen beiden Essen zu besorgen.

Nach dem Essen gab Madam Pomfrey Agnes ein Schlafmittel und Roger ließ sie allein. Es war erst Abend, also kam Fred in den Krankenflügel mit der Erwartung, Agnes dort zu finden, aber als er sah, dass sie schlief, wollte er schon fast wieder gehen, als er sah, dass sie schlecht zu träumen schien. Sie murmelte leise und hatte die Stirn gerunzelt, während ihre Augenlider zuckten.




Schrilles Lachen war zu hören. Dunkelheit umringte Agnes und sie sah nicht einmal ihre Hand vor Augen, als plötzlich ein Lichtstrahl auf eine Person vor ihr fiel, die sie nicht sehen wollte. Ihre weißblonden Haare waren wild verfilzt und dreckig, ihre Haut kränklich bleich – leicht gelblich und ihre Augen wild und wahnsinnig. Sie trug nur ein weißes Hemd und eine weiße Hose, die ihr viel zu groß waren und von ihrem mageren Körper herunterhingen wie Kartoffelsäcke und ihre Füße waren nackt. Ihr Finger waren mit Fetzen ihrer Kleidung verbunden um die Brüche, die sie sich selbst zugefügt hatte ein wenig zu schienen.

Sie summte leise vor sich hin und ihr glasiger Blick sah ins Leere irgendwo neben Agnes, als sich ihre Augen plötzlich auf sie richteten.

„Agnes, Schätzchen, hallo!", begrüßte die Frau sie mit einer kratzigen, kaputten Stimme. Sie schrie häufig, wenn die schlimmen Gedanken zu viel wurden – ihr zu viel Freude entzogen wurde. Dann kreischte sie und riss sich ihre Haare aus, kratze sich und brach sich ihre Finger.

„Hallo, Agnolia", wisperte Agnes angsterfüllt und wollte sich am liebsten irgendwo verkriechen – außerhalb des Blickes dieser wahnsinnigen Frau.

„Nenn mich ruhig Mutter. Das tun alle Töchter so, oder nicht?", fragte Agnolia unschuldig und grinste ihre Tochter an. Dabei zeigte sie ihre schwarzen Zahnstummel, die nach all den Jahren noch übrig waren.

Agnes antwortete nicht. Sie wollte sie nicht Mutter nennen – das wollte sie noch nie.

Plötzlich zückte Agnolia ihren Zauberstab und Agnes wich zurück. Sie sollte gar keinen Zauberstab haben, sie sollte ihn nie wiederhaben!

„Komm schon, Agnes, Liebes! Sag "Mutter"! So schwer ist das auch wieder nicht, oder?", Agnolia klang unschuldig und nett, aber etwas in ihrer Stimme war verrückt und bösartig.

Agnes sagte weiterhin nichts – ihre Kehle war wie zugeschnürt und sie wollte niemals zu dieser Frau Mutter sagen.

Agnolia seufzte und ging ein paar Schritte auf Agnes zu, die sie wieder zurückwich, sodass der Abstand zwischen ihnen gleichblieb.

„Du kannst nicht ewig vor mir oder deiner Bestimmung davonrennen!", seufzte Agnolia enttäuscht und schüttelte den Kopf, „Bald bin ich frei und dann können wir wieder eine Familie sein! Du, ich, ... dein Vater, ... der Dunkle Lord."

Agnolia grinste, aber Agnes spürte, wie sie wütend wurde. Sie wollte keine Familie mehr sein – sie wollte, dass sie in Askaban starb.

„Niemals!", zischte Agnes und spuckte vor ihr auf den Boden.

„Agnes, Schätzchen", Agnolia klang enttäuscht, grinste aber weiterhin, „ich habe dich wirklich gern – ich liebe doch meine Tochter, aber trotzdem kann ich ein solches Verhalten nicht dulden!"

Agnolia hob ihren Zauberstab und sprach den unverzeihliches Fluch: „Cruc-"




„Nein!", schrie Agnes und schreckte plötzlich auf. Ihr Arm schmerzte von der plötzlichen Bewegung und sie zuckte zusammen, bevor sie sich panisch umsah, aber sie war nicht mehr von Dunkelheit umschlungen, sondern im Krankenflügel. Niemand war hier außer ihr und jemand, den sie nicht erwartet hatte.

„Fred?", fragte sie müde, „Oder bist du George?"

„Fred", er bemerkte, dass sie ihn ausnahmsweise nicht auseinanderhalten konnte. Vielleicht war sie zu aufgeregt von ihrem Traum, um seine Merkmale genau zu untersuchen, „Hast du schlecht geträumt."

„Nur von meiner Mutter", Agnes fuhr sich mit der unverletzten Hand über ihr Gesicht und bemühte sich, ihre schnelle Atmung und ihr kräftig klopfendes Herz unter Kontrolle zu bringen, aber noch immer sah sie ihre Mutter vor ihrem inneren Auge.

„Deine Mutter? Was ist mit ihr?", fragte Fred. Er konnte sich keine Situation vorstellen, in der man von seiner Mutter einen Albtraum haben konnte, aber dann erinnerte er sich, dass wohl nicht jede Mutter wie die seine war.

„Nichts. Gar nichts", winkte Agnes ab, aber Fred sah, dass es doch mehr, als nichts war, „Nur ein schlechter Traum."

Fred starrte sie einen Moment stumm an und versuchte sie zu durchschauen, aber es schien unmöglich zu sein. Plötzlich fiel ihm wieder ein, warum er hier war und er holte ein kleines Säckchen hervor, aus dem der Geruch von verbrannten Keksen kam.

„Ich habe versucht zu backen – es ist mir nicht sonderlich gelungen", stellte er fest und war leicht enttäuscht von sich.

„Du hast gebacken?", fragte Agnes ungläubig, „Fred Weasley versucht zu backen? Für welchen Anlass?"

„Ich habe mir gedacht, dass man Verletzten wohl Süßigkeiten schenkt, also habe ich mir gedacht, ich könnte dir ausnahmsweise einmal etwas backen, aber ich muss wohl oder übel einsehen, dass es schwerer ist, als es scheint.

„Du hast für mich gebacken?", fragte Agnes misstrauisch und hob eine Augenbraue, „Hast du irgendeinen Scherzartikel hineingegeben? Versuchst du gerade, mir einen Streich zu spielen?"

„Tatsächlich ist mir das nicht in den Sinn gekommen", gab Fred zu, „Aber ich merke es mir für die Zukunft, so kann ich bestimmt jedem einen Streich spielen, danke!"

„Du hast du nicht hineingespuckt?", stellte Agnes sicher.

„Ich mag gerne Unfug treiben", Fred griff sich künstlich verletzt an seine Brust, als würde sein Herz schmerzen, „aber ich bin doch kein Barbar und spucke anderen Leuten ins Essen! Das mache ich nur mit Ron!"

„Irgendwie klingt das wirklich seltsam, wenn du das sagst, aber diese Kekse sehen wirklich gut aus, also werde ich dir einfach einmal glauben und dich wissen lassen, dass ich dir gerne deinen Arm ausreiße und dich damit zu Tode prügele, sollte mir irgendetwas passieren, das nicht passieren sollte", warnte Agnes lächelnd und nahm einen Keks heraus, aber Fred schien von der Drohung überhaupt nicht beeindruckt, sondern eher davon, dass sie seine Kekse gelobt hatte. Unsicher sah er ihr nicht mehr ins Gesicht und sein Blick fiel auf ihren verbundenen Arm, der unter einer dicken Schicht aus Leinen und Pasten verschwunden war, aber am Rand des Verbands konnte Fred dunkle Male von einer unnatürlichen Struktur und Farbe auf ihrer Haut sehen, wie schwarze Narben, die sich wie Adern oder Blitze über ihren ganzen Arm erstreckten und irgendwo unter ihrer verbundenen Hand – vielleicht an der Hand begannen und immer dünner wurden, bis sie an den Spitzen, die noch zu sehen waren nur noch ganz schmal und kaum zu sehen waren. Er hatte noch nie solche Narben gesehen und fragte sich, ob es eine Art Krankheit war, aber er wollte sie auch nicht einfach so danach fragen – vielleicht sprach sie nicht gerne darüber.

Agnes biss ab und er schmeckte ein wenig abgebrannt und leicht verkohlt, aber nicht allzu sehr und sie erkannte sofort den Geschmack von Keksen, den sie leider viel zu selten schmeckte.

„Der ist wirklich gut", lobte sie und Fred zog seine Augenbrauen zusammen.

„Du kannst mir gerne die Wahrheit sagen, ich weiß, dass sie verbrannt sind, aber ich habe mir gedacht, ich zeige dir, dass ich mir die Mühe gemacht habe und...", stammelte Fred leicht beschämt, aber Agnes unterbrach ihn: „Nein, wirklich! Ich finde ihn wirklich gut."

„Nicht so gut, wie deine, wie ich glaube", erinnerte Fred sie und dieses Mal war es Agnes, die die Augenbrauen zusammenzog und meinte: „Ich esse meine eigenen Kekse nicht. Ich esse generell nichts, was ich gemacht habe."

„Wirklich nicht? Warum nicht?", fragte Fred verständnislos, aber Agnes konnte nur mit den Schultern zucken.

„Ich weiß nicht. Irgendwie kommt es mir seltsam vor, meine eigenen Kreationen zu bewerten. Ich werde meine Kekse nie so genießen können, wie ich deine hier genieße, weil ich dann immer daran denken muss, was ich besser machen könnte, also lasse ich es lieber und frage andere nach ihrer Meinung", erklärte Agnes und hoffte, dass sie nicht so seltsam und wahnsinnig klang, wie sie es sich selbst ausmalte.

„Klingt irgendwie einleuchtend", stimmte Fred ihr zu und Agnes war ein wenig erstaunt über seine Antwort, dachte sich aber sonst nichts dabei.

„So kommt es, dass dieser Keks hier der erste ist, den ich seit Jahren esse", verkündete Agnes feierlich und hielt ihn in die Höhe, als wäre er ein Heiligtum.

„Wirklich? Ich glaube, ich fühle mich irgendwie gerührt und geehrt, aber ich bin mir noch nicht so sicher dabei", meinte Fred, „Wie bist du überhaupt zum Backen gekommen? Bist du irgendwann einfach in der Küche gewesen und hast dir gedacht, dass Backen sicher lustig wäre?"

„Genauso war es", sagte Agnes geradeheraus und Fred lachte kurz auf, bevor er bemerkte, dass sie es ernst meinte.

„Was? Wirklich?", fragte er nach und Agnes nickte.

„Und du hast es dir selbst beigebracht? Ganz allein?", fragte Fred sie weiter aus, aber dieses Mal schüttelte Agnes den Kopf und erzählte: „Eine Hauselfe in Hogwarts hat mir die Grundlagen beigebracht und ich habe mich nur selbst verbessert."

„Und deine Mutter bäckt nie?", Fred sah, wie Agnes kurz finster blickte, aber der finstere Blick wurde schnell wieder von einer gleichgültigen Miene ersetzt: „Nein, meine Mutter bäckt nicht und wird es wohl auch nie tun. Ganz zu schweigen davon, dass bei mir zu Hause niemand ist, der so backen kann, wie ein Zauberer. Als Hexe habe ich viel mehr Möglichkeiten beim Backen, die nur eine andere Hexe oder eben in meinem Fall eine Hauselfe einem beibringen kann."

„Du lebst also bei Muggel?", fragte Fred und Agnes dachte kurz über ihre Antwort nach, bevor sie nickte und bestätigte: „Ja, bei Muggel." Sie war froh, dass er sie genau so gefragt hatte und nicht anders. Sie wollte ihn nicht wirklich anlügen – es wäre eine unnötige Lüge.

Zwischen den beiden wurde es still und Agnes seufzte und sah sich um.

„Ich werde wohl noch ein wenig schlafen, damit Madam Pomfrey mich morgen entlässt. Ich hoffe, du entschuldigst mich", meinte Agnes und Fred nickte und ging sofort einen Schritt zurück.

„Natürlich! Du musst müde sein! Wir sehen uns hoffentlich morgen beim Frühstück, oder so...", stammelte Fred und ging einen weiteren Schritt Richtung Tür, bevor er ihr zunickte und aus dem Krankenflügel verschwand.

Sobald er außer Sichtweite war und den Krankenflügel hinter sich gelassen hatte, lehnte er sich gegen eine Wand und atmete aus. Das war ein seltsames und gleichzeitig interessantes Gespräch gewesen – irgendwie genoss er so einfache Gespräche mit Agnes. Schnell schüttelte er den Kopf, um die Gedanken loszuwerden und ging zu den Treppen, die zum Gryffindorturm führten.

Agnes Tripe hatte ihm auf gar keinen Fall den Kopf verdreht – er war Fred Weasley, ihm wurde der Kopf nicht einfach so verdreht. Immerhin war er derjenige, der Herzen brechen sollte und nicht umgekehrt, denn er hatte trotz allem das Gefühl, als wäre Agnes in einer ganz anderen Liga.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top