78. Kapitel

Bei Mittagessen saßen alle zusammen und trugen neue Pullover, alle bis auf Fleur, die Molly eindeutig nicht leiden konnte, denn sie hatte keinen geschenkt bekommen. Agnes' Pullover war wieder ravenclawblau mit einem großen, silbernen Mond vorne, der wohl einen Vollmond darstellen sollte. Molly selbst trug Fred und Georges Geschenke, einen nachtblauen Hexenhut mit sternförmigen Brillanten und ein wirklich hübsches goldenes Halsband.

„Die hab ich von Fred und George bekommen! Wunderschön, nicht wahr?", schwärmte Molly zufrieden.

„Na ja, wir wissen dich eben immer mehr zu schätzen, Mum, jetzt, wo wir unsere Socken selber waschen", erklärte George mit einer lässigen Handbewegung und fragte Remus, „Pastinaken, Remus?"

„Harry, du hast eine Made im Haar", bemerkte Ginny fröhlich und beugte sich über den Tisch, um sie herauszufischen. Fred warf Agnes einen vielsagenden Blick zu und sie erwiderte ihn mit einem wissenden Lächeln.

„Wie schrecklisch", rief Fleur mit einem gekünstelten kleinen Schaudern.

„Ja, nicht wahr?", stimmte Ron ihr zu und wollte wohl genauso cool erscheinen, wie George und fügte noch hinzu, „Soße, Fleur?"

Aber statt wie George ebenso cool das Essen weiter zu reichen, stieß er die Soßenschüssel um, aber Bill rettete den Tag und schwang seinen Zauberstab, die Soße rauschte in die Luft und kehrte brav in ihre Schüssel zurück und Fleur bedankte sich bei ihm mit einige Küsschen.

„Du bist so furschtbar wie diese Tonks", sagte Fleur zu Ron, „immer wirft sie –"

„Ich habe die liebeTonks für heute eingeladen", unterbrach Molly sie, und stellte die Karotten unnötig heftig auf den Tisch und funkelte Fleur an, „Aber sie wollte nicht kommen. Hast du in letzter Zeit mal mit ihr gesprochen, Remus?"

„Nein, ich hatte mit niemanden viel Kontakt", gab Remus zu und nicht nur Molly sah ihn leicht vorwurfsvoll an, sondern auch Tia, seine Tochter, während Agnes nicht wirklich wusste, warum Molly genau Remus darauf ansprach, „Aber Tonks hat doch ihre eigene Familie, da kann sie hingehen, oder nicht?"

„Hmm...", machte Molly wenig beeindruckt, „Vielleicht. Ich hatte eher den Eindruck, dass sie vorhatte, Weihnachten allein zu feiern."

Nun war Mollys Blick an Remus eindeutig verärgert, als wäre es seine Schuld, dass Agnes' Cousine Weihnachten nicht hier verbringen wollte.

„Tonks' Patronus hat seine Gestalt verändert", wechselte Harry das Thema, „Jedenfalls hat Snape das behauptet. Ich wusste nicht, dass so etwas vorkommen kann. Warum verändert sich ein Patronus?"

Remus sah nicht so aus, als würde er es gerne erklären, er kaute langsam und schluckte gemütlich, bevor er langsam antwortete: „Manchmal... ein schwerer Schock... ein seelischer Umbruch..."

„Er sah groß aus und hatte vier Beine", erinnerte sich Harry, als er sich plötzlich an etwas erinnern zu schien und fragte, „Hey – könnte es nicht sein, dass –"

„Arthur!", unterbrach Molly ihn auf einmal. Sie war von ihrem Stuhl aufgestanden, die Hand fest über dem Herzen starrte sie aus dem Küchenfenster. „Arthur, da ist Percy!"

Was?"

Arthur blickte sich um. Alle schauten rasch zum Fenster, Ginny stand auf, um besser sehen zu können und verdeckte damit Agnes die Sicht, aber diese stand auch einfach auf und konnte tatsächlich den verlorenen Weasley, Percy Weasley quer über den verschneiten Hof schreiten sehen, doch er war nicht allein.

„Arthur er – er kommt mit dem Minister!"

Rufus Scrimgeour war bei Agnes kein freudiger Anblick, als sie ihn leicht humpelnd, seiner angegrauten Haarmähne und seinem schwarzen Umhang neben Percy sah. Molly und Arthur wechselten kaum verblüffte Blicke, als auch schon die Hintertür aufging und Percy vor ihnen stand.

Ein kurzes, peinliches Schweigen trat ein. Dann begrüßte Percy sie ziemlich steif: „Frohe Weihnachten, Mutter."

„Oh, Percy!", rief Molly und warf sich in seine Arme. Scrimgeour blieb auf seinen Gehstock gestützt in der Tür stehen und lächelte, während er diese ergreifende Szene beobachtete.

„Verzeihen Sie die Störung", meinte er, als Molly sich strahlend zu ihm umdrehte und sich die Tränen abwischte, „Percy und ich hatten in der Nähe – zu tun, wissen Sie – und er konnte einfach nicht widerstehen, bei Ihnen vorbeizuschauen und allen hallo zu sagen."

Es wäre keine schlechte Lüge gewesen, wie Agnes fand, wenn Percy nicht stocksteif mit offensichtlichem Unbehagen herumstehen würde und keinen ansah.

Arthur, Fred und George musterten ihn mit steinernen Mienen, während Agnes ihn mit Mitleid beachtete.

„Bitte, kommen Sie herein und setzen Sie sich, Minister!", sagte Molly mit zittriger Stimme und rückte ihren Hut zurecht, „Vielleicht möchten Sie ein wenig Pruthahn oder etwas Tudding... ich meine –"

„Nein, nein, meine liebe Molly", erwiderte Scrimgeour, „Ich will nicht stören, ich wäre ja gar nicht hier, wenn Percy Sie alle nicht so gern besucht hätte..."

„Oh, Perce!", sagte Molly unter Tränen und reckte sich, um ihn zu küssen.

„... wir wollen nur fünf Minuten vorbeischauen, also werde ich ein wenig über den Hof spazieren, denn Sie und Percy haben sich gewiss viel zu erzählen. Nein, nein, ganz sicher, da will ich mich nicht einmischen! Nun ja, wenn jemand Lust hätte, mir Ihren bezaubernden Garten zu zeigen... Ah, dieser junge Mann ist mit dem Essen fertig, wie wär's, wenn er einen kleinen Spaziergang mit mir macht?"

Natürlich wählte er Harry. Plötzlich machte alles für Agnes einen Sinn und sie sah von Scrimgeour zu Harry, der dessen Namen anscheinend nicht kannte und die Stimmung änderte sich am Tisch spürbar. Ginny, Fleur und Georges Teller wären genauso leer gewesen.

„Jaah, in Ordnung", sagte Harry in die Stille hinein.

Als er an Remus vorbeikam, wollte dieser sich schon erheben, aber Harry sagte etwas zu ihm und Arthur und die beiden blieben sitzen.

„Wunderbar", freute sich Scrimgeour und trat zurück, um Harry vor sich durch die Tür zu lassen, „Wir drehen nur eine Runde durch den Garten, dann verschwinden Percy und ich wieder. Feiern Sie einfach alle weiter!"
Der Minister und Harry verließen das Haus, aber die Stille blieb.

„Setz dich doch, Percy", bot Molly an, aber der einzige freie Stuhl war zwischen Remus und Agnes, die ihn beide mit eher finsteren Blicken beachteten, weswegen er sich eher zögerlich an den Tisch setzte und wieder kam die Stille.

„Was lockt dich und den Minister wirklich hierher?", fragte Fred plötzlich verbittert, „Wirklich die Familie, oder doch eher ein Gespräch mit Harry? Ich denke, ich sehe das richtig, wenn ich vermute, dass du gerade deine Familie an den Minister verkauft hast, Percy."

„Nichts dergleichen habe ich getan!", verteidigte Percy sich heftig, „Es ist Weihnachten, ich habe Mutter schon lange nicht mehr gesehen und –"

„Wessen verdienst ist es, dass du deiner Familie den Rücken zugekehrt hast?", unterbrach George ihn, „Unserer, oder deiner?"

„Vielleicht hatte Fudge nicht Recht, was Ihr-Wisst-Schon-Wen angeht, aber das bedeutet noch lange nicht, dass man sich gegen das Ministerium stellen muss, einer Einrichtung, die für das Wohl aller – und zwar wirklich aller Zauberer arbeitet!", erklärte Percy sich aufgebracht.

„Davon merke ich nicht viel", widersprach Agnes ihm kühl, „Ich bin die Beste in Zauberkunst und Verteidigung gegen die Dunklen Künste der Ravenclaws gewesen, ich habe als Treiberin im Quidditch-Team viel erreicht, ich habe mich mit allen Lehrern gut verstanden, aber doch habe ich nicht nur frühzeitig Hogwarts verlassen müssen, bevor ich meine UTZs hätte schreiben können, sondern ich bin nun auch gezwungener Maßen arbeitslos, weil ein dämliches Gesetz mir so ziemlich jede Arbeit verbietet!"

„Es gelten eben Sonderregelungen für Tier-", Percy unterbrach sich selbst, aber Remus vollendete seinen Satz: „Tierwesen... das wolltest du doch sagen, oder? Werwölfe sind nicht mehr als wilde Tiere, selbst, wenn nicht Vollmond ist."

„Hörst du dich selber reden?", fragte Fred ihn aufgebracht und hielt unter dem Tisch fest Agnes' Hand, „Hörst du, wie dämlich du klingst?"

„Ich breite nur die Fakten aus und arbeite damit", erklärte Percy gefasst, „Ich bin neutral und objektiv, wenn es um solche Themen geht."

„Und doch vertraust du deiner Familie nicht, wenn sie dir sagt, dass gewisse Werwölfe keine Gefahr für Zauberer oder sonst jemanden darstellen", bemerkte Arthur schließlich leicht

enttäuscht, während Molly die Hände vor den Mund schlug und leise schluchzte.

„Ich bin nicht hier, um mit euch über Werwölfe zu streiten", wechselte Percy das Thema.

„Da hast du Recht", stimmte Fred ihm zu, „Du bist hier, weil du ein Schoßhund des Ministers bist und sofort angerannt kommst, wenn er pfeift. Du scheinst doch ein schlaues Bürschchen zu sein – warum benutzt du deinen Verstand nicht einmal für einfache Logik?"

Percy stand auf und warf seinen Stuhl dabei zurück, während er seine Familie wütend anfunkelte.

„Dem Ministerium sollte man vertrauen, denn sie sind verantwortlich und man sollte nicht immer gegen den Strom schwimmen", prophezeite Percy, „Nur, weil es der einfache Weg ist, muss das nicht bedeuten, dass es der falsche ist und das Ministerium ist eben der richtige Weg – ihr werdet das noch alle verstehen!"

Plötzlich landete auf Percys Hornbrille ein Klumpen Pastinakenpüree. Einen Moment blieb Percy stocksteif stehen und lief knallrot an, bevor er sich umdrehte und aus der Tür stürmte. Molly rief ihm noch hinterher, aber es half alles nichts und kurz darauf kam auch Harry zurück – ohne den Minister, der zusammen mit Percy disappariert war und sicher nicht mehr so schnell kommen würde.



„Kannst du mir nicht einfach aus dem Weg gehen?", schnauzte Agnes Fred genervt an und stieß ihn leicht zur Seite, aber Fred tat nicht wie geheißen, sondern lächelte sie nur leicht an.

„Und plötzlich macht alles Sinn", murmelte er leise zu sich selbst, „Deine Stimmungsschwankungen sind ja wirklich extrem!"

„Ich kann dich hören, du Vollidiot!", zischte Agnes wütend.

„Ich weiß, du meinst es nicht so", redete Fred sich ein, „Du hast du schlechte Laune."

„Meine Laune wäre um einiges besser, wenn du mich endlich in Ruhe lassen würdest und mir aus dem Weg gehen könntest!", schimpfte Agnes laut.

„Auch das meinst du nicht so."

„Und ob ich das so meine!", rief Agnes mit den Nerven am Ende, „Wann geht das endlich in dein kleines Hirn?"

„Gar nicht – ich liebe dich nämlich", grinste Fred breit und Agnes verdrehte nur die Augen und schnappte sich ihre Jacke und ihren Zauberstab.

„Bist du sicher, dass du mich begleiten willst?", fragte Agnes unsicher mit zusammengezogenen Augenbrauen, „Ich kann auch allein apparieren!"

„Ich habe dir doch gesagt, dass ich dich hinbringe und wieder abhole – ich lüge dich doch nicht an!", versprach Fred ernst.

„Wenn das so ist, dann nimm meine Hand", verlangte Agnes und Fred tat wie geheißen, als er auch schon spürte, wie sie apparierten und Agnes brachte sie mitten in einen Wald, in dem sie zusammen mit Remus ihre erste Verwandlung überstanden hatte, aber seit sie Hogwarts verlassen hatte, hatte sie auf den Wolfsbanntrank verzichtet und lebte ihre Verwandlung lieber so aus, nachdem sie beim Werwolfsrudel es ebenfalls so machen musste und sich daran gewöhnt hatte.

„Es ist schön hier", bemerkte Fred mit einem Blick auf die Umgebung, „So ruhig."

„Remus hat es mir gezeigt – hier habe ich mich das erste Mal verwandelt", erzählte Agnes ruhig und von der vorherigen Wut war nichts mehr zu hören.

„Wirklich?", Fred sah sich noch genauer um, sah aber nicht einmal Anzeichen dafür, dass sich hier schon einmal zwei Werwölfe verwandelt hatten.

„Warte, bis du das Haus siehst", warnte Agnes, „Ich habe es komplett zerstört."

Sie zog ihn mit sich ins Haus und sofort fiel ihm das zerbrochene Fenster auf, durch das Agnes bei ihrer ersten Verwandlung gesprungen war, aber es war repariert worden und magisch verbessert, damit sie es nicht mehr durchbrechen konnte.

„Ich habe es zerbrochen und mich an den Scherben geschnitten", Agnes verzog bei der Erinnerung das Gesicht, „Dann bin ich als Werwolf mehrere Kilometer weit gerannt und habe dann als Mensch nackt wieder zurückfinden dürfen."

„Das hätte ich gerne gesehen", grinste Fred und Agnes schlug ihm spaßeshalber auf die Schulter.

„Halt die Klappe, das war wirklich schmerzvoll – ich glaube, das einzige, was mich an diesem Tag auf den Beinen gehalten hat, war noch das restliche Adrenalin von der Verwandlung, ansonsten hätte ich nie mit Scherben in den Füßen so weit gehen können!"

„Soll ich dir noch etwas bringen? Kleidung? Ein gutes Buch für die lange Nacht?", fragte Fred neckisch.

„Nein, du verschwindest jetzt und bleibst weg von hier bis nach Sonnenaufgang – ich will auf keinen Fall, dass dir etwas passiert und ich habe als Werwolf keine Kontrolle über mich", verlangte Agnes ernst und sah ihm direkt in die Augen.

„Keine Sorge, ich bin nicht so dumm, wie du immer sagst", winkte Fred ab, „aber ich komme morgen wieder – versprochen."

Er gab ihr noch einen Abschiedskuss und disapparierte und plötzlich merkte Agnes, wie einsam es geworden war und sie setzte sich allein auf den Boden und wartete auf die Verwandlung, während Fred ebenfalls allein in die Wohnung zurückkehrte, aber nicht ins Bett ging – er konnte dort auf gar keinen Fall die Nacht verbringen mit dem Wissen, dass Agnes leiden würde.

Fred blieb beinahe die ganze Nacht wach und kauerte auf dem Sofa. George versuchte ihn zwar zu überreden, doch noch ins Bett zu gehen, aber er weigerte sich vehement und schließlich gab sein Zwilling es auf. Als die Sonne aufging, konnte Fred zwar kaum noch die Augen offenhalten, aber er konnte gleichzeitig nicht schlafen. Es war wohl ein Wunder, dass er einfach so disapparieren konnte, ohne zu zersplinten und als er wieder zu dem Waldstück kam, in dem er Agnes zurückgelassen hatte, sah er sie schon vorne vor der Tür auf ihn warten, das Gesicht in die Sonne gestreckt, die gerade aufging und die Augen geschlossen, die kalte Morgenluft genießend. Sie trug andere Kleidung – sie musste ihre alte in der Nacht zerrissen haben.

„Agnes!", begrüßte Fred sie sanft und sie sah auf.

„Du siehst müde aus", bemerkte sie, aber auch sie hatte dunkle Augenringe unter ihren eisblauen, müden Augen und ihre Haut war etwas bleicher, als sonst.

„Du siehst auch nicht wirklich atemberaubend aus", scherzte Fred, „Wir passen wohl gut zusammen."

„Auf jeden Fall bist du wohl wahnsinnig genug, um zurück zu kommen", bemerkte Agnes, aber Fred sah sie ernst an und versprach feierlich: „Ich werde immer zurückkommen, solange ich noch lebe, das verspreche ich."

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