73. Kapitel

Der Winter kam viel zu schnell und die Werwölfe von Greybacks Rudel zogen sich immer weiter in die große Höhle zurück. Es waren bei weitem nicht alle, die zu dem Rudel gehörten hier zusammen mit Agnes. Die meisten lebten in kleinen Gruppen oder allein woanders, aber sie hatten Greyback Ehre geschworen und nahmen ohne Widerworte von ihm Befehle an. Agnes hingegen lebte mit dem größten Teil des Rudels zusammen mitten im Nirgendwo in den Bergen in einer großen Höhle.

Es wurde auch kalt genug, dass selbst Werwölfe die Kälte spürten, aber Decken für die Nacht waren eine rare Ware – viele würden morden für eine Decke – wortwörtlich. Agnes besaß zwei.

„Geh mir aus dem Weg!", schnauzte eine andere Werwölfin sie an, aber sofort richtete Agnes sich bedrohlich auf und machte sich so groß, wie sie konnte, überragte aber die riesige Frau trotzdem nicht.

„Geh du aus meinem Licht! Ich bin jetzt hier!", blaffte Agnes zurück – sie hatte früh gemerkt, dass sie hier nur überleben konnte, wenn sie so oft ihre Stelle verteidigte, wie sie konnte, egal, ob der Streit unnötig war oder nicht. Jedes Mal, wenn jemand Streit suchte, sollte dieser ihn auch bekommen, sondern würde sie bald schon als Futter enden – Agnes war sich sicher, Greyback hatte nichts dagegen, wenn sie anfangen würden, sich gegenseitig zu essen. Greyback war für Agnes Geschmack viel zu oft in ihrer Nähe. Beim Essen – es bestand meistens aus rohen Kaninchen und anderen Tiere, die sich hierher in die Einöde verirrt hatten – schien er immer hinter ihr zu sein, wenn sie Futter suchte, war er ebenfalls dabei und er hatte sie sogar einmal verteidigt, als sie beinahe umgebracht wurde. Ein weiterer Grund, warum Agnes keine Ruhe fand und selbst beim Schlafen immer ein Auge offenhielt, damit sie alles mitbekam, was um sie herum geschah. Sie musste sich Respekt verdienen und sie würde es sich verdienen – mit Gewalt.

„Tripe!", rief jemand und die Frau, die sie angemotzt hatte funkelte sie immer noch böse und bedrohlich an, „Greyback verlangt nach dir!"

„Geh schon, Hure", lockte die Frau fies grinsend, „Geh zu deinem Herrchen!"

Agnes kniff die Augen zusammen und zeigte ihre spitzen Eckzähne, die mit der Verwandlung zum Werwolf ein wenig spitzer geworden waren, als sie früher waren, aber nicht wirklich auffällig waren.

„Nimm das zurück, du kleines Stück Scheiße", drohte Agnes.

„Was willst du sonst machen, Hure?", reizte die Werwölfin sie feixend, „So klein und zerbrechlich – wäre Greyback nicht, wärst du schon lange tot. Geh doch zu ihm und heul dich aus!"

Agnes platzte der Kragen und mit einem lauten Schrei warf sie sich auf die Frau und kratzte ihr in der Nähe ihres Halses auf, aber sie traf keine tödliche Stelle. Sie rächte sich, indem sie aggressiv Agnes die Augen auskratzen wollte, aber Agnes wich aus und sie traf stattdessen ihre Schulter und riss eine große Fleischwunde hinein, aber Agnes ignorierte den Schmerz und biss der Frau in den Hals. Sie schmeckte Blut und hörte sie schreien und kreischen, Agnes ließ aber nicht los und zerfetzte ihre Kehle. Blut ausspuckend warf Agnes die Leiche von sich und wischte sie über das Gesicht, damit sie das Blut entfernen konnte.

Es war nicht das erste Mal, dass sie so gewalttätig getötet hatte. Sie musste hier irgendwie überleben und Dumbledore und der Orden zählten auf sie – sie tötete nur Feinde des Ordens. Das redete sie sich zumindest ein, um ihr letztes bisschen Verstand zu behalten.

„Bist du jetzt fertig? Greyback hat erwähnt, dass es dringend ist", hetzte der Mann, der sie holen sollte gereizt.

„Ich komme ja schon", winkte Agnes ab und funkelte ihn böse an.

Sie folgte ihm hinaus aus der Höhle einen kleinen Weg entlang. Der Schnee lag schon hoch und Agnes kämpfte sich durch den hüfthohen Schnee, während der Mann sicher einen Kopf größer war und keine Probleme hatte. Greybacks Höhle war etwas abgelegener zu der des restlichen Rudels, aber trotzdem war sie die beste Höhle in der Umgebung. Sie war vollkommen windgeschützt und wehrte den kalten, beißenden Wind ab und hielt sogar die Kälte draußen.

Ohne zu Zögern schritt Agnes hinein – sie durfte nicht einmal annähernd Schwäche zeigen und sie hörte schon Greyback mit jemanden reden, aber sie wusste nicht, mit wem. Es war kein Werwolf, wie sie roch, denn diese rochen nicht nach Schweiß, Dreck und Blut, sondern sauber und gewaschen.

Agnes trat mit erhobenem Kopf in die Höhle und erblickte als erstes Greyback, aber als sie die Besucher sah, zuckte sie beinahe zurück, konnte sich aber zusammenreißen und behielt ihre provozierende Pose.

„Agnes, Schätzchen", begrüßte Agnolia Tripe sie lächelnd, hinter ihr stand Bellatrix Lestrange, ihre Schwester, „Ich würde gerne sagen, es ist schön, dich wieder zu sehen, Schätzchen, aber dein Anblick ist fürchterlich! Nie hätte ich gedacht, dass sich meine Tochter so erniedrigen lässt und sich einem Rudel anschließt! Was hast du dir dabei gedacht – das ist unter deiner Würde."

Im Augenwinkel sah Agnes, wie Greyback das Gesicht verzog, als sie sein Rudel beleidigte.

„Nach der Schule habe ich gesehen, dass Werwölfe in der Gesellschaft nicht akzeptiert werden – ich habe mich einfach der Gesellschaft angeschlossen, die mich akzeptiert", sprach Agnes mit erhobenem Kopf.

„Ist das Blut?", fragte Bellatrix belustigt.

„Es hat Komplikationen vor diesem Treffen gegeben", erklärte Agnes ruhig und Greyback grinste breit, während ihre Mutter weniger beeindruckt schien, aber Bellatrix sich hingegen zu freuen schien.

„Hast du das gehört, Nolia? Sie ist nicht mehr schwach – sie kann töten und dem Dunklen Lord dienen, wie er es verlangt hat! Du hast sie gut erzogen!", kreischte Bellatrix vor Freude.

„Ich habe sie auch zu einer Dame erzogen", Agnolia rümpfte die Nase, „Nicht zu einem wilden Tier."

„Nein, zu einem „wilden Tier" wie du es ausdrückst, hat Tristus mich gemacht – du könntest dich ja bei ihm bedanken, aber ich hörte, es sei tot", zeigte Agnes auf.

„Ich weiß, dass er tot ist", rief Agnolia entrüstet, „Als ich gehört habe, was er getan hat, habe ich ihn überredet, sich umzubringen. Er hat das Leben nicht mehr verdient, nachdem er dir das angetan hat!"

„Er hat seinen hässlichen, leeren Kopf so lange gegen die Wand geschlagen, bis es vorbei war", grinste Bellatrix, „Ich habe ihn gehört – seine Schreie, aber er hat nicht aufgehört."

„Warum seid ihr hier?", wechselte Agnes das Thema und Bellatrix antwortete gackernd: „Sie ist neugierig! Noch immer neugierig! Der Dunkle Lord persönlich schickt uns – um dich zu holen! Lebendig, wie er bedauerlicher Weise befohlen hat."

„Ha!", lachte Greyback belustigt auf, „Bevor Agnes mit euch gehen kann, steht ein Jahr lang der Vollmond am Himmel! Sie hat mir Treue geschworen – sie bleibt hier!"

„Ich bleibe hier", bestimmte Agnes ebenfalls, „Hier ist der Ort, an dem ich hingehöre."

„Sie ist mir absolut treu", grinste Greyback, als er das hörte und ging die wenigen Schritte zu Agnes, um sich neben sie zu stellen. Am liebsten wäre Agnes einen Schritt zur Seite gegangen, um sich etwas von ihm zu entfernen, aber sie blieb, wo sie war, obwohl Agnolia überhaupt nicht zufrieden damit aussah und selbst das Grinsen aus Bellatrix' Gesicht war verschwunden. „Ihr könnt dem Dunklen Lord ausrichten, dass sie bei mir in guten Händen ist", versprach Greyback und legte einen Arm um Agnes, aber das brachte das Fass wohl zum Überlaufen.

„Nimm sofort die Hände von meiner Tochter", drohte Agnolia ihm und sie sah tatsächlich wütend aus, „Du dreckiges Biest."

„Sonst was?", provozierte Greyback sie grinsend.

Aber Agnolia sprach nie leere Drohungen aus. Sie richtete ihren Zauberstab gegen Greyback. „Avada Kadavra!"

Agnes wünschte sich, sie hätte die Möglichkeit, Greyback sterben zu lassen, aber dann wäre ihre Tarnung aufgeflogen. Also zog sie Greyback im letzten Moment zur Seite und der Zauber verfehlte ihn nur um Haaresbreite.

„Du greifst mich an!", schrie Greyback aus, „In meinem eigenen Territorium? Als Gäste?"

„Sag mir nicht, was ich zu tun habe!", zischte Agnolia, „Du vergreifst dich nicht an meiner Tochter!"

„Ob der Abschaum wohl weiß, dass unsere liebe, kleine Agnes wahrscheinlich ein Mitglied des Ordens des Phönix ist – ein Spion hier um ihn zu überwachen?", fragte Bellatrix Agnolia und wandte sich nicht einmal an Greyback persönlich, als wäre er es nicht würdig, mit ihr zu sprechen.

„Was?", fragte Greyback und warf Agnes einen misstrauischen Blick zu, aber ihr Gesicht verriet nichts und war kühl, wie das ihrer Mutter.

„Ob er weiß, dass die liebe, kleine Agnes für Dumbledore kämpft? Ganz zu schweigen zusammen mit Remus Lupin – wirklich ein Vorzeige-Werwolf vom Feinsten!", schwärmte Bellatrix ironisch und lachte wieder gackernd.

Man sah Greyback eindeutig an, dass er der Hexe wohl am liebsten an die Kehle gesprungen wäre, aber er hatte einen Pakt mit dem Dunklen Lord und durfte keinen seiner wichtigsten Todesser umbringen, also riss er sich wohl genauso zusammen, wie Agnes es tat.

„Dann nehmt sie eben mit", Greyback wandte sich von ihnen ab, „Lasst sie leiden – Spione sind Verräter und Verräter gehören zerfetzt."

„Keine Sorge, wir kümmern uns gut um sie", versprach Agnolia und sie und Bellatrix zogen ihre Zauberstäbe, aber gleichzeitig holte auch Agnes den ihren hervor, den sie seit Monaten in ihrem Ausschnitt versteckte.

„Das könnte interessant werden", freute sich Greyback, „Ich habe mich schon gefragt, wo du den die ganze Zeit über versteckt hast."

Agnes war vermutlich ein wenig aus der Übung, aber die Panik schwang natürlich auch ein wenig mit, als Bellatrix und Agnolia ihre Zauberstäbe auf sie richtete, aber Agnes disapparierte mit einem Knacken und entkam wieder einmal.



„Verdammt!", zischte Agnes, als sie wieder in der Winkelgasse landete und stechender Schmerz schoss in ihren Bauch.

„Mist, Mist, Mist!", fluchte sie, als sie ihr Leinenoberteil etwas hochzog und die Wunde sah, die sie vom Zersplintern erlitten hatte. Sie blutetet stark – also musste sie sich beeilen. Sie hatte ihr Ziel noch nie gesehen, aber sie kannte die Adresse – das musste reichen.

Fred wurde von einem Klopfen an der Tür geweckt und sofort war er hellwach. Der Krieg forderte von jedem einen kleinen Teil des Verstands und Fred hatte sich schon lange angewöhnt, immer aufmerksam und wachsam zu sein, wie Moody es ihnen allen immer geraten hatte. Vielleicht war er nicht ganz so paranoid, wie andere Hexen und Zauberer, aber wenn jemand mitten in der Nacht an der Tür klopfte, bedeutete das selten etwas Gutes.

Mit erhobenen Zauberstäben schlich er sich aus seinem Zimmer, als im selben Moment auch die Tür am Zimmer seines Zwillings geöffnet wurde und George aus seinem Zimmer kam. Einen Moment richteten sie ihre Zauberstäbe auf den jeweiligen Zwilling, bevor sie sich erkannten, sich stumm zunickten und zusammen den Weg fortsetzten.

An der Tür nickte Fred George noch einmal zu, bevor er sie aufriss und ihm fiel jemand entgegen, der sich wohl gegen die Tür gelehnt hatte. Er schrie auf und hätte beinahe einen Zauber auf denjenigen abgefeuert, als George fragte: „Agnes? Bist du das?"

In diesem Moment erst erkannte auch Fred sie und er spürte, wie die Kälte in seinem Inneren wieder warm wurde und sein Bauch kribbelte, als er sie aufstellte.

„Agnes? Was ist passiert?", fragte Fred besorgt, als er realisierte, dass sie gar nicht hier sein sollte, sondern bei Greybacks Rudel.

„Ich bin wohl aufgeflogen – ich weiß nicht, wo die anderen sind und ich habe nur eure Adresse gekannt, also... tut mir leid, dass ich einfach so hineinplatze", entschuldigte sie sich und hustete. Sie stand gekrümmt und Fred stützte sie – sie hielt sich kaum selbst auf den Beinen.

„Du blutest", bemerkte Fred erschrocken, „Was ist passiert? Komm schnell hinein!"

Fred half Agnes in ihre Wohnung und leitete sie zu einem Sofa, auf das sie sich legte.

„Ich habe mich zersplintet – ich bin wohl etwas aus der Übung beim Apparieren und ich war wohl auch unkonzentriert", keuchte Agnes, als sie sich falsch bewegte, „Ich glaube, ich habe meinen halben Bauch zerschreddert."

Fred sah, dass ein Stück ihres Bauches fehlte, aber nicht nur das – sie hatte dort auch eine große, unsauber verwachsene Narbe, die so aussah, als hätte wirklich ein wildes Tier einfach ein Stück aus ihr herausgerissen. Fred konnte sich zusammenreimen, dass es wohl von dem Werwolfangriff war und er wollte gar nicht daran denken, welchen Schmerzen sie ausgesetzt gewesen sein musste.

„Das sieht wirklich nicht gesund aus", merkte George unsicher an, „Vielleicht solltet du ins Krankenhaus – das ist eine Menge Blut auf deiner Kleidung."

„Das ist nicht alles meins", winkte Agnes ab, aber die Zwillinge wurden dadurch nicht wirklich beruhigt, „Gebt mir nur einen Moment Ruhe."

„Ich glaube, Tia hat noch ein Fläschchen mit Diptam hier irgendwo herumstehen lassen", vermutete George, „Ich hole es dir."

„Das wäre nett", murmelte Agnes und sie war so müde und wollte nur noch schlafen, aber Fred rüttelte sie unsanft wieder wach.

„Nicht einschlafen!", bat er sie mit panischer Stimme, „Bleib wach."

George eilte davon, um das Diptam zu holen und kurz darauf kam er damit zurück. Es brannte, als Fred die Wunde versorgte, aber Agnes biss die Zähne zusammen. Und langsam schloss sich die große Wunde – natürlich nicht vollständig, aber genug, um nicht mehr lebensgefährlich zu sein. Fred verband sie vorsichtig und half Agnes dabei, sich aufzusetzen, damit Agnes sich auch um ihre anderen Verletzungen kümmern konnte. Sie krempelte ihre Ärmel hoch und untersuchte die Kratzer, die sie von ihrem letzten Kampf mit der Werwölfin erhalten hatte.

„Verdammtes Biest", fluchte sie leise, „Das gibt eine neue Narbe."

„Was zur Hölle ist passiert, Agnes?", fragte Fred aufgebracht, „Du kommst hierher – mitten in der Nacht, blutend, verletzt und voller Blut von jemand anderem! Wir haben eine Erklärung verdient!"

„Habe ich es nicht schon gesagt? Ich bin aufgeflogen. Alles lief super und plötzlich sind Bellatrix Lestrange und Agnolia bei Greyback und verraten ihm, dass ich im Orden bin. Sie zücken ihre Zauberstäbe – ich disappariere, zersplinte und komme in die Winkelgasse und dann zu euch", erklärte Agnes schnell, „Ihr habt nicht zufällig frische Kleidung? Und eine Dusche? Ich bin voller Blut."

„Ich zeige dir das Bad", bot George sofort an, „Fred bringt dir sicher Kleidung. Du kannst ruhig über Nacht hierbleiben und morgen in der Früh informieren wir den Orden."

„Danke, das bedeutet mir wirklich viel", seufzte Agnes erleichtert, „Und es tut mir wirklich leid – ich wollte niemanden im Fuchsbau in Gefahr bringen und ihr bietet mir vorläufig ein Versteck, das meine Mutter nicht erwarten wird."

„Bei uns bist du immer willkommen", versprach Fred, „Selbst, wenn du voller Blut bist und stinkst."

„Hey!", beschwerte Agnes sich, „Lebe du erst einmal monatelang ohne Dusche nur mit Werwölfen zusammen!"

Fred ging und holte etwas aus seinem Schrank – ein einfaches T-Shirt und Hosen, die Agnes bestimmt zu groß waren, aber es war nur für eine Nacht. Mit der Kleidung im Arm ging er zum Bad – George musste wohl schon wieder in seinem Zimmer sein, aber die Tür stand noch offen. Fred ging hinein, als er sah, dass Agnes sich im Spiegel ihre Schulterwunde untersuchte.

„Soll ich dir helfen?", fragte Fred sie besorgt.

„Nur ein Kratzer", winkte Agnes ab, „Aber sie ist von einem Werwolf, also ist sie verflucht – dämliches Biest... Eine weitere Narbe, die ich meiner Sammlung hinzufügen kann."

„Ich finde dich trotz all deiner Narben wunderschön", bemerkte Fred ehrlich, „Vielleicht finde ich dich genau wegen deiner Narben wunderschön."

„Du hast da einen seltsamen Fetisch, Fred Weasley", lachte Agnes, aber ihr Blick war sanft, als sie etwas leiser hinzufügte, „Ich habe dich vermisst."

„Ich dich auch", gestand Fred, „Es ist irgendwie so einsam ohne dich, obwohl ich nie allein war. Wirst du wieder gehen?"

„Geplant habe ich es nicht", versprach Agnes, „Aber ich sollte auch nicht hierbleiben. Meine Mutter ist hinter mir her und sie wird jeden umbringen, der in meiner Nähe ist, sollte sie mich finden."

„Du bleibst", bestimmte Fred ernst und in seinem Gesicht war kein Fünkchen Humor zu sehen, „Du bleibst – ich lasse dich nicht schon wieder gehen!"

„Besprechen wir das morgen", bestimmte Agnes.

„Ausnahmsweise", grinste Fred, „Ich lasse dich jetzt allein. Solltest du noch irgendetwas brauchen, ich bin wieder drüben und bereite das Sofa vor."

Agnes nickte und Fred verließ das Bad. Kurz darauf hörte er auch schon die Dusche rauschen, während er wieder zurück zum Sofa ging. Agnes hatte es ein wenig vollgeblutet, aber mit einem einfachen Zauber war es schnell wieder sauber und wie neu. Während Fred Decken und Polster bereitlegte, zog Agnes sich um, nachdem sie wieder sauber war. Es war schon lange her, dass sie sich wirklich geduscht hatte. Als Waschmöglichkeit hatte es bei den Werwölfen nur einen nahegelegenen Bach gegeben und der war so kalt, dass Agnes ihn vermieden hatte. Freds Kleidung war ihr natürlich viel zu groß, aber sie freute sich, endlich wieder sauberes Gewand zu tragen und nicht mit der von Dreck stehenden Mänteln herumlaufen zu müssen.

Sie bürstete sich mit ihren Fingern durch ihre verfilzten Haare und spülte sich ein paar Mal den Mund aus, bis sie nicht mehr das Blut ihrer Konkurrentin schmeckte. Erst dann verließ sie das Bad und fand ihren Weg zurück zum Sofa.

Fred legte gerade eine Decke zusammen und legte sie ordentlich auf das Sofa, aber als er hörte, dass sie das Zimmer betrat, sah er auf und grinste.

„Bist du fertig?", fragte er sie.

„Jetzt stinke ich wenigstens nicht mehr", lachte Agnes, „Und man sieht wieder meine Haut!"

„Kein Dreck mehr und kein Blut", stimmte Fred ihr zu, „Ich habe mein Bett auch überzogen – du schläfst in meinem Zimmer, aber sollte irgendetwas in der Nacht sein, liege ich gleich hier draußen."

„Das geht nicht!", beschwerte Agnes sich sofort, „Ich nehme das Sofa und du schläfst in deinem Bett! Ich bin hier der Gast!"

„Ausgeschlossen, darüber müssen wir erst gar nicht diskutieren!", bestimmte Fred und ging an ihr vorbei und öffnete seine Zimmertür, „Ich nehme auf jeden Fall das Sofa!"

Agnes sah ihn böse an, beschwerte sich aber nicht mehr – dafür war sie dann doch zu müde. Wortlos ging sie in das Zimmer, aber bevor Fred die Tür schließen konnte, lehnte sie sich noch einmal vor und küsste ihn. Fred war von der Geste überrascht, ließ sich aber schon bald mitziehen und vertiefte den Kuss. Er legte seine Hände an die Seiten ihres Gesichts und lehnte sich nach unten, während Agnes auf den Zehenspitzen stand. Fred wollte sie nie wieder loslassen, er wollte für immer so stehenbleiben und sie halten, sie in seiner Nähe wissen und in Sicherheit, aber dieser Moment konnte nicht für immer dauern und Agnes löste sich von ihm, grinste ihn breit an, bevor sie ihn ins Zimmer zog und selbst zum Sofa verschwinden wollte, aber bevor das ihr gelang, erwischte Fred ihr Handgelenk und zog sie in einer Drehung wieder zu sich.

„Kann ich dich wirklich nicht dazu überreden, mir einfach das Sofa zu überlassen? Das Bett wäre viel gemütlicher", bat Fred sie seufzend.

„Niemals!", grinste Agnes frech, „Ich habe die letzten Monate auf dem Boden geschlafen – alles mit Kissen ist gemütlicher, als das!"

„Das lässt mich nicht besserfühlen", bemerkte Fred, „Wie wäre es mit einem Kompromiss?"

Er zog sie mit sich, drehte sie einmal um sie selbst und nun stand er wieder mit dem Rücken zur Tür.

„Das Bett ist groß genug, dass jeder von uns eine Hälfte bekommt, wenn du kein Problem damit hast?", schlug Fred grinsend vor und er sah, wie Agnes' bleiche Haut sich ein wenig rot färbte, aber sie sah ihn herausfordernd an, bevor sie mit den Schultern zuckte.

„Meinetwegen", meinte sie und sprang mit einem Satz auf das Bett und kuschelte sich sofort in die weiche Matratze, „Aber keine miesen Tricks, Mr Weasley!"

„Niemals", versprach Fred und legte sich neben sie. Sie lagen bestimmt einen Fuß auseinander und es war so, als wäre sie gar nicht neben ihm, als er das Licht löschte und Ruhe einkehrte. Sie atmete leise, aber noch nicht tief, also vermutete Fred, dass sie auch noch nicht schlief. So lagen sie minutenlang nebeneinander und keiner sprach ein Wort, bis Agnes sich langsam zu ihm rollte und sich an ihn kuschelte. Zuerst war Fred von der Geste überrascht, aber er nahm es gerne an und legte einen Arm um sie.

„Kannst du nicht schlafen?", fragte Fred sie leise und ruhig.

„Ich weiß nicht... es ist so weich und leise. Ich bin das wohl nicht mehr gewohnt", wisperte sie zurück.

„Soll ich vielleicht ein paar Steine ins Bett werfen?", fragte Fred sie sarkastisch.

„Fred Weasley, sprich mit mir nicht mit Sarkasmus – besonders nicht, wenn ich müde bin!", schimpfte Agnes leise und belustigt.

„Entschuldigen Sie, Miss, wird nicht wieder vorkommen", versprach Fred, „Wenn du müde bist, dann schlaf. Ich bin hier und passe auf dich auf."

„Ich weiß", flüsterte Agnes, „Und ich bin auch hier für dich."

Agnes schloss die Augen und tatsächlich übermannte sie der Schlaf und Fred hörte sie tief atmen. Kurz blieb er auch noch wach und lauschte auf ihren Atem und strich ihr durch die leicht verfilzten Haare. Sie hatte den Kopf auf seine Brust gelegt und er hatte seinen Arm um sie gelegt. Er würde sie beschützen – vor allem, das ihr gefährlich werden konnte, das schwor er sich.

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