72. Kapitel
Das Geschäft für Fred und George lief gut. Zauberer kauften nicht nur gerne Scherzartikel, sondern sie bekamen auch für ihre genialen Erfindungen Daueraufträge und Großbestellungen, mit denen sie sehr viel Geld machten und nach nicht einmal einem Monat außerhalb der Schule waren die Zwillinge im Gegensatz zu früher reich, aber Fred war nicht glücklich.
Seit dem Kuss mit Agnes hatte er nichts mehr von ihr gehört und er hatte gehofft, dass sie ihm eine Eule senden würde, aber nichts dergleichen geschah.
George bemerkte natürlich, dass Fred nicht so glücklich war, wie er vorgab es zu sein. Natürlich grinste er den ganzen Tag im Scherzartikelladen, scherzte und lachte mit den Kunden, aber sobald die Türen geschlossen waren und es still wurde, bevorzugte er eine Tasse Tee und die Einsamkeit.
Sie hörten nicht direkt viel vom Orden – schon bald nach ihrem Abgang von Hogwarts hatten sie sich die Wohnung über dem Laden geleistet und zogen aus, bevor ihre Mutter sie daran irgendwie hindern konnte, aber seit Dumbledore untergetaucht war, so erzählte Arthur ihnen, war der Orden zerstreut. Wer bis jetzt keine Befehle von Dumbledore bekommen hatte, wartete und war bereit.
Sie wurden erst von einem Patronus nach Hogwarts geholt, nachdem sie erfuhren, dass Harry, Hermine, Ron, Ginny, Luna, Neville und auch Georges Freundin Tia ins Zaubereiministerium eingebrochen waren und dort verletzt worden waren.
Dumbledore kehrte zurück, das Ministerium wusste endlich, dass Voldemort zurück war und Sirius war tot.
Am Tag danach wurden alle erwachsenen Mitglieder des Ordens in den Fuchsbau gerufen und George trennte sich nur ungern von Tia, aber nachdem diese sowieso aus dem Krankenflügel entlassen wurde, zerrte Fred ihn mit sich mit.
Die Zwillinge apparierten zusammen und kamen zum Fuchsbau – ihrem alten zu Hause, wo sich schon viele versammelt hatten. In der Küche wurde laut gesprochen, gestritten, geschrien, geschimpft und jemand weinte sogar leise, als Fred und George sie vorsichtig betraten.
Sofort sah Fred sich um, aber jeder vom Orden – sogar Charlie schien hier zu sein, aber von Agnes fehlte jede Spur.
„Ruhe!", befahl Dumbledore schließlich und nur wenige Momente, nachdem die Zwillinge angekommen waren, herrschte absolute Stille, bis auf ein zurückhaltendes Schluchzen, das von Tonks zu kommen schien, während Molly sie beruhigte.
„Sirius Black ist tot", begann Dumbledore, aber Fred und George hatten das schon gewusst, im Gegensatz zu andere Mitgliedern, die erschrocken aussahen, „Er ist gestern im Ministerium von seiner Cousine Bellatrix Lestrange ermordet worden. Eine Leiche wurde nicht gefunden, da er durch ein seltenes magisches Phänomen gestolpert ist."
Bevor Dumbledore fortfahren konnte, apparierte jemand draußen und viele Anwesende zückte ihre Zauberstäbe, aber schon bald stellte sich heraus, wer es war, als Agnes laut schrie: „Lass mich los, Remus, ich will den Verantwortlichen sehen!"
„Beruhige dich erst einmal", versuchte Remus sie zu beschwichtigen, aber es gelang ihm wohl nicht, denn kurz darauf stürmte Agnes in die volle Küche.
Sie sah so verändert aus. Ihre wilden Locken hatte sie unordentlich hochgesteckt und geflochten, damit ihr die Haare nicht im Weg waren. Sie trug weder Muggelkleidung noch ihre Schuluniform, sondern seltsame, zerschlissene Umhänge und Leinenkleidung, die voller Dreck waren. Auch ihr Gesicht war voller Staub und Erde und ihre Arme, aber ihre Augen glänzten blutdurstig und klug.
„Agnes", begrüßte Dumbledore sie ruhig, obwohl sie wie ein Vagabund aussah, „du hast die Neuigkeiten also schon von Remus erfahren?"
„Sirius ist tot", zischte Agnes, „Ich habe von manchen schon gehört, dass Todesser festgenommen wurden und dass jemand vom Orden gestorben ist, aber ich hätte nicht gedacht, dass... dass..."
Plötzlich verschwand all der Blutdurst und die Wut aus Agnes' Gesicht und sie nur noch müde aus – so furchtbar müde, wie sie es schon das ganze Jahr über tat. Dauerhaft erschöpft, an ihre Grenzen gebracht, fertig und doch nicht zu schwach, um wieder aufzustehen und weiterzumachen.
„Sirius ist tot, aber dafür haben wir gesiegt. Die Welt weiß nun, dass Voldemort zurück ist und die Leute werden es erfahren", wollte Dumbledore allen beibringen.
„Das hätten Sie davor schon geschafft, wenn das Ministerium Ihnen geglaubt hätte", bemerkte Agnes patzig.
„Voldemort wird nun nicht mehr nur im Geheimen agieren, also müssen wir noch härter arbeiten und noch mehr von uns überzeugen", bestimmte Dumbledore.
„Mit den Riesen hatten wir nicht so viel Glück", begann Remus, „Und auch die Werwölfe sind nur allzu gerne bereit, sich Voldemort anzuschließen. Langsam gehen uns die Allianzen aus, Professor."
„Es mögen ja ein paar Todesser in Askaban sein, aber wie lange?", fragte auch Bill, „Die Dementoren sind sicher auch schon auf der Seite von Voldemort und die restlichen Todesser werden sie bestimmt einfach wieder abholen und zurückbringen, als wäre nichts passiert."
„Es mag zurzeit nicht wirklich glücklich aussehen", gab Dumbledore immer noch ruhig zu, „Vielleicht scheint alles dunkel und finster, aber es werden bessere Zeiten kommen. Voldemort hat seinen bisher größten Vorteil verloren – er kann nicht mehr im Geheimen agieren, denn alle wissen nun von ihm!"
„Ja, genau!", stimmte Agnes erstaunlich zynisch zu, „Lasst uns doch alle einmal vergessen, dass ein Rudel Werwölfe auf seiner ist, sowie ein Haufen riesiger Riesen. Das dämliche Ministerium ist jetzt auf unserer Seite – noch, denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Dunkle Lord auch das an sich reißt und uns wie Ratten zusammendrängt und nacheinander auslöscht."
„Unsere größte Waffe", erinnerte Dumbledore sie alle, „Ist doch, dass wir uns vertrauen können!"
Es wurde wieder still und sogar Agnes sah ein wenig unsicher zu Boden.
„Voldemort mag Anhänger haben, aber die folgen ihm nicht aus Überzeugung, sondern aus Gier, Machthunger und Angst. Der Orden des Phönix ist eine Vereinigung aus Hexen und Zauberer, die für das kämpfen, das sie für richtig halten. Nicht aus Hass, sondern aus Überzeugung! Also sollten wir uns nicht von dieser Welle aus Hass, Angst und Grauen überschwemmen lassen, sondern und stabil auf den Boden stellen und warten, bis die erste Welle vorbei ist, damit wir wieder angreifen können!"
Keiner sagte etwas, aber das reichte Dumbledore wohl als Antwort, denn er wandte sich nun an einzelne und gab ihnen diverse Befehle.
Fred sah, wie Agnes sich ein wenig zurückzog und sich weiter hinten hinstellte. Sie kannte schon ihre Befehle und sie wartete eigentlich nur noch darauf, dass sie das Okay bekam, dass sie wieder zurück apparieren konnte.
Fred schob sich durch die Leute und bahnte sich seinen Weg zu ihr. Agnes bemerkte ihn lange nicht – es waren so viele Rothaarige in dem Raum, dass sie Fred zu spät bemerkte. Natürlich wollte sie ihm aus dem Weg gehen, aber jetzt konnte sie ein Gespräch wohl nicht mehr verhindern.
„Lange nicht gesehen, hu?", begann Fred und sah sie vorwurfsvoll an, aber ihr Blick blieb kühl und sie starrte weiterhin geradeaus und vermied Augenkontakt.
„Ich würde gerne sagen, es tut mir leid, aber ich lüge dich nicht gerne an, Fred" gestand Agnes.
Dumbledore entließ alle und Agnes war die erste, die durch die Tür nach draußen stürmte, aber Fred sprang ihr hinterher und im Garten erwischte er ihre rechte Hand.
Sie zuckte von der Berührung zusammen und schnell ließ Fred los, aber Agnes gab sich geschlagen und blieb stehen. Sie schaute ihn jetzt direkt an, aber Fred wünschte sich, sie würde wieder an ihm vorbeisehen, damit nicht ihm dieser kühle Blick galt.
„Hör mal, Agnes, ich weiß nicht, was ich getan habe, aber wenn ich nicht weiß, was es ist, kann ich mich auch nicht dafür entschuldigen!", seufzte er und Agnes' Blick wurde etwas sanfter.
„Du hast gar nichts falsch gemacht und genau das ist das Problem", gab Agnes zu und es traf Fred wie ein Schlag ins Gesicht.
„Also magst du mich nicht? Magst du jemand anderen? Weil, wenn das der Fall ist, muss ich dir in die Augen sehen und dir sagen, dass ich glaube, dass ich dich liebe, damit ich wenigstens mit dem Wissen sterben kann, dass du es gewusst hast", platzte es aus Fred heraus und dieses Mal war Agnes es, die zurückzuckte.
„Was?", ihre Stimme brach und sie sah ihn mit großen Augen an, also wiederholte Fred mit sicherer Stimme: „Ich glaube, ich liebe dich. Wahrscheinlich schon seit unserem fünften Jahr, als du mich mit diesem dämlichen Fluch belegt hast und ich die Welt verkehrt herum gesehen hab, okay? Vielleicht schon davor, als ich gesehen hab, wie du Quidditch spielst, weil du bist wirklich gruselig, wenn du dich erst einmal hineingesteigert hast. Ich liebe dich, und ich werde es so oft wiederholen, bis du es mir glaubst!"
„Ich kann aber dich nicht lieben", gestand Agnes leise, „Ich weiß nicht, wie."
„Das ist nicht wichtig – ich weiß es auch nicht, aber irgendwie schaffe ich es wohl doch, denn dieses wundervolle Gefühl in mir kann nur Liebe sein", winkte Fred ab.
„Ich könnte dir jetzt sagen, dass ich dich auch liebe, Fred Weasley", begann Agnes und etwas in Freds inneren machte wohl einen Salto, aber er wusste noch nicht, ob das, was Agnes sagen würde gut oder schlecht sein würde, „Dass ich schon in der sechsten an dir interessiert war und so glücklich war, als wir beim Weihnachtsball zusammen getanzt haben. Vielleicht habe ich dich davor schon gemocht, als du mir diese verbrannten Kekse ins Krankenzimmer gebracht hast oder als du mich damals getröstet hast, nachdem ich meine Eltern in Askaban getroffen habe. Ich könnte dir sagen, dass ich dich auch liebe, dass ich auch etwas für dich empfinde, dass ich dir nicht nur alles vorgespielt habe, aber tief im Inneren weiß ich, dass ich dich gehen lassen muss, weil ich dich eben liebe."
Fred brauchte einen Moment, bevor er ihre Worte verstand, aber etwas daran klang so falsch und eine Kälte breitete sich in ihm aus.
„Würdest du mich lieben, würdest du nicht nur an dich denken und bei mir bleiben", bemerkte er kühl.
„Würde ich dich wirklich lieben, würde ich sofort gehen", widersprach Agnes ihm aufgebracht, „Ich bin ein verdammter Werwolf, Fred!"
Fred wich erschrocken zurück und auf einmal ergab alles Sinn. Die Narben, die Verletzungen und Krankheiten, ihre Müdigkeit und ihre Gespräche mit Lupin und anderen Professoren – auf einmal ergab alles Sinn.
„Schon seit einem Jahr und ich kann nichts daran ändern", erklärte Agnes, aber ihre Stimme zitterte, „Ich bin ein blutrünstiges Monster, das sich einmal im Monat in eine Mordmaschine verwandelt und in dieser Zeit habe ich nur Blut und Fleisch im Sinn. Wärst du schlau, würdest du so schnell wie möglich gehen, mich vergessen, jemand anderen finden, den du lieben lernen kannst, denn ich bin nicht die richtige dafür"
Einen Moment brachte Fred nichts heraus und er fragte sich, warum sie es ihm nicht schon früher erzählt hatte, aber auf der anderen Seite war es wirklich etwas, das auch er nicht überall herumposaunen würde. „Zum Glück bist du der Ravenclaw unter uns beide – zum Glück bin ich nicht schlau. Und ich werde dich weder vergessen, noch lasse ich dich gehen."
Nun war Agnes diejenige, die seine Worte erst einmal verarbeiten musste.
„Du weißt nicht, worauf du dich einlässt", warnte sie ihn, aber er grinste sie nur breit an und antwortete: „Ich weiß es sehr wohl – ich lasse mich auf eine intelligente, witzige, begabte und wunderschöne Frau ein, der ich schon seit peinlich vielen Jahren hinterherrenne wie ein junger Welpe."
Mit diesen Worten lehnte Fred sich vor und küsste sie. Es war ihr zweiter Kuss, aber es fühlte sich so an, als wäre es ihr erster. Monate lang hatten sie sich nicht gesehen und endlich hatte Fred seine Liebe gestanden und sie hatte sie erwidert. Als sie sich voneinander lösten, blickte Agnes ihm tief in die Augen und er verlor sich darin, wie bei einem Sturm auf hoher See. Wie zwei Eiszapfen in der Sonne, wie glasklare Seen, auf deren Grund man hunderte Diamanten sieht.
„Ich muss gehen", wisperte Agnes nahe an seinem Gesicht und er spürte ihren Atem, „Ich habe einen Auftrag."
„Was ist es? Ich begleite dich", versprach Fred, aber Agnes lächelte nur traurig und schüttelte leicht den Kopf. „Das geht nicht. Du hast jetzt einen Laden mit George, du hast dir mit ihm ein Leben aufgebaut."
„Er wird es verstehen. Ich werde dich in solchen Zeiten nicht alleinlassen!", bestand er, aber Agnes schüttelte wieder den Kopf.
„Ich habe mich in Dumbledores Auftrag einem Werwolf-Rudel angeschlossen – Greybacks Rudel. Es ist das größte Rudel an Werwölfen in ganz Großbritannien und sie sind nicht wirklich Freunde von Nicht-Werwölfen. Ich will nicht, dass dir etwas passiert – ich will auch auf keinen Fall, dass dir dasselbe passiert, wie mir. Greyback verwandelt viele Menschen in Werwölfe und du sollst nicht dieselben Schmerzen erfahren, wie ich es jeden Vollmond tue."
„Das lässt mich nicht ruhiger schlafen", gab Fred stirnrunzelnd zu, „Das klingt sehr gefährlich."
„Es ist sehr gefährlich, aber ich bin der einzige im Orden, den Zugang zum Rudel hat. Remus haben sie schon verjagt und Dumbledore vertraut darauf, dass ich so lange Informationen liefere, wie möglich. Es wäre so, als würde man im Schach seine Dame fressen lassen."
„Also kann ich nicht verhindern, dass du gehst?", fragte Fred hoffnungsvoll, „Ich muss meine Dame aufs Schlachtfeld schicken?"
„Ich wäre hier nutzlos", gestand Agnes missmutig, „Ich kann mir keine Arbeit suchen, ich könnte kaum Geheimaufträge ausführen, ich wäre nicht nützlich, also mache ich das, was ich wohl kann und bin einfach das, was ich eben bin."
„Dann bitte ich dich wenigstens, kein Risiko einzugehen. Bitte riskiere nichts und verschwinde, wenn es gefährlich wird. Ich will dich nicht verlieren", bat Fred sie und dieses Mal nickte Agnes.
„Versprochen", meinte sie ernst, „Ich weiß nicht, wann wir uns wiedersehen, aber bis dahin denke ich an dich."
Sie lehnte sich wieder vor und küsste Fred kurz, aber bevor er sich aus seiner Paralyse befreien konnte, ließ Agnes ihn los, ging ein paar Schritte und disapparierte. Dort, wo gerade noch ihre kleinen Hände gewesen waren, traf Fred die kühlere Luft wie ein Schlag und er spürte ihre Anwesenheit erst zu spät. Und er wusste nicht einmal, wohin sie verschwunden war.
Hinter sich hörte er Schritte, aber er drehte sich nicht um – er erkannte die Schritte seines Zwillings.
„Sie ist fort", meinte Fred leise und George stelle sich neben ihn.
„Sie wird wiederkommen", versprach George sicher.
„Sie ist ein Werwolf – deswegen war sie dieses Jahr manchmal so komisch und deswegen hat sie diese Narben."
„Wir hätten es uns denken können", überlegte George, „Immerhin kennen wir Remus schon länger und würden theoretisch die Anzeichen von Lykanthropie kennen."
„Und ich hätte sie aufhalten sollen", murmelte Fred, „Jetzt ist sie wieder fort – für immer vielleicht."
George sah seinen Bruder einen Moment nachdenklich an, bevor er ihm eine Hand auf die Schulter legte und vorschlug: „Komm noch einmal mit ins Haus – Mom hat Tee gekocht und Charlie ist auch noch hier!"
Fred blickte noch einen Moment auf die Stelle, an der Agnes verschwunden war, bevor er sich umdrehte und zurück zu den Lichtern ging. Er wollte sich gar nicht vorstellen, wo Agnes gerade war, denn allein die Vorstellung, dass ihr etwas passieren könnte war zu viel für seinen Verstand – er wollte es sich nicht einmal vorstellen.
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