64. Kapitel

Als Agnes am nächsten Morgen wie immer früh aufstand und ihren Zauber, der ihre Narben verdeckte erneuerte, während ihre Zimmergenossinnen noch tief schliefen, dachte sie sich noch nicht viel.

Sie ging hinunter zum Frühstück und aß ordentlich, denn für den letzten Schultag brauchte sie die Kräfte.

Ihr fiel erst auf, dass etwas anders war, als Hermine völlig aufgelöst zu ihr kam und sich neben sie setzte.

„Weißt du, wo Harry und Ron sind?", fragte sie Agnes, aber sie konnte nur den Kopf schütteln.

„Nein, warum? Du bist doch in ihrem Haus – solltest du das nicht wissen?", hinterfragte Agnes.

„Eigentlich schon, aber gestern Nacht hat Harry einen seltsamen Traum gehabt – Neville hat nur erzählt, dass McGonagall mit ihren weg ist und danach sind sie nicht mehr wiedergekommen. Was ist, wenn es Harry nicht gut geht und er ins St. Mungo eingeliefert worden ist – im Krankenflügel ist er nicht, da habe ich schon nachgesehen! Was ist, wenn sie auf dem Weg zurück in den Turm angegriffen worden sind und nun gelähmt in einer Besenkammer sind? Was ist, wenn –", Agnes unterbrach Hermine, bevor sie sich noch schrecklichere Szenarien ausmalen konnte und fragte ruhig: „Hast du McGonagall schon gefragt?"

Hermine verstummte, schüttelte den Kopf und sprang auf. McGonagall unterhielt sich gerade mit Snape am Lehrertisch, als Agnes dabei zusah, wie Hermine sie wahrscheinlich dieselbe Frage stellte, wie ihr.

McGonagall redete ruhig auf sie ein und Hermine regte sich über irgendetwas auf, bevor sie mit einem unzufriedenem aber beruhigtem Gesicht zurück.

„Ich muss auf Dumbledore warten", grummelte sie und verschränkte die Arme vor ihrer Brust, „Aber sie hat gesagt, Harry und Ron geht es gut – und auch Ginny, Fred und George, die sind auch nicht mehr hier."

Agnes sah sich um und tatsächlich war die große Halle Ginger-frei.

Hermine setzte sich wieder an den Gryffindortisch, obwohl Agnes ihr anbot, sitzen zu bleiben, aber sie hatte gemeint, sie würde gern allein darüber nachdenken und Agnes hatte ihr die Freiheit gegeben. Wenig später war Roger gekommen und als sie beide ihr Frühstück aufgegessen hatten, gingen sie in ihre Stunden.

Sie waren alle ziemlich frei und kein Professor machte noch wirklich Stoff mit ihnen, nachdem es der letzte Tag vor Weihnachten war und die meiste Zeit durften sie sich leise selbst beschäftigen, aber natürlich musste ein Professor eine Ausnahme sein.

Als Agnes und Roger zu Verteidigung gegen die dunklen Künste in ihre Klasse kamen, stand sie schon vorne und wartete darauf, bis alle saßen, bis sie sie begrüßte: „Guten Tag, Klasse!"

„Guten Tag, Professor Umbridge", der Chor klang genervt und nicht so laut, wie sonst – Agnes begrüßte Umbridge nie, aber Umbridge ließ es wohl durchgehen und begann ihre Stunde.

„Bitte nehmen Sie ihr Buch heraus und beginnen Sie mit dem nächsten Kapitel – wo sind Mr Weasley und Mr Weasley?", ihr schien erst jetzt aufgefallen zu sein, dass die beiden fehlten und einige in der Klasse kicherten.

Als Umbridge keine Antwort bekam, wandte sie sich an Agnes und fragte sie direkt: „Miss Tripe, wissen Sie, wo die beiden sind? Die Stunde hat schon begonnen!"

„Vielleicht haben sie das Kapitel schon gelesen und haben es nicht als nötig empfunden, Ihre Stunde zu besuchen – vielleicht sind sie auf die Idee gekommen, dass sie in ihrem Bett besser schlafen können, als auf diesen Tischen", vermutete Agnes unschuldig und Umbridge sah sie wieder mit ihrem gespielten Lächeln an.

„Zehn Punkte Abzug für Ravenclaw", die Ravenclaws stöhnten auf, „weil Sie mir keine ehrliche Antwort gegeben haben, Miss Tripe. Am besten, wir versuchen es wieder. Wo sind Mr und Mr Weasley?"

Agnes seufzte genervt auf und erklärte geduldig, als würde sie mit einem kleinen Kind reden: „Sehen Sie, Professor. Das war eine Vermutung. Man stellt Vermutungen auf, wenn man sich nicht zu hundert Prozent sicher bei etwas ist. Deswegen habe ich auch den Term >vielleicht< benutzt, damit es keine Missverständnisse gibt, aber anscheinend war das Ihnen nicht ganz klar, also wiederhole ich es: Ich weiß nicht, wo die beiden sind, ich bin weder ihre Hauslehrerin, noch ihre Mutter, noch bin ich in ihrem Haus. Vielleicht sollten Sie jemanden fragen, der so etwas weiß – zum Beispiel Professor Dumbledore, denn ich bin mir sicher, er weiß im Gegensatz zu anderen, wo sich seine Schüler aufhalten."

Es war mucksmäuschenstill und Agnes war sich sicher, sie würde wieder nachsitzen müssen, aber in diesem Moment klopfte es an der Tür.

McGonagall sah in die Klasse und sah sich naserümpfend um, als wäre es ihr auch lieber, nicht freiwillig in Umbridges Klasse zu gehen, bis ihr Blick auf Agnes fiel.

„Professor Umbridge, ich bin hier, um Miss Tripe zu holen – der Schulleiter benötigt ihre Anwesenheit", meinte McGonagall und Agnes sah sie erleichtert an.

„Wozu?", fragte Umbridge und wollte Agnes wohl noch nicht gehen lassen, aber McGonagall hatte wohl so kurz vor Weihnachten auch keine Geduld mehr mit ihr und schnauzte sie an: „Ich weiß es nicht, das sollten Sie Professor Dumbledore fragen, sobald er mit Miss Tripe gesprochen hat."

Keiner sagte etwas, also stand Agnes auf, packte ihre Sachen in ihre Tasche, lächelte Umbridge breit an und sagte zu ihr: „Auf Wiedersehen, Professor Umbridge und noch wundervolle Weihnachten!"

So schnell sie konnte eilte sie an Professor McGonagall vorbei wartete dann auf sie.

„Miss Tripe, ich sollte Ihnen wohl davon abraten, Professor Umbridge zu reizen", bemerkte sie, als sie nebeneinander zu Dumbledores Büro gingen.

„Sie können mir davon abraten, aber solange Dummheit auf dieser Welt ist, werde ich dagegen kämpfen und diejenigen, die von dieser furchtbaren Krankheit befallen sind, ins Gesicht sagen, dass ihre Gehirnkapazität die einer Schnecke entspricht", widersprach Agnes und sie meinte ein kleines Lächeln auf den Lippen ihrer Professorin zu sehen, aber es war nicht lange genug in ihrem Gesicht, um sich sicher zu sein.

Professor McGonagall sagte das Passwort (Zischende Zauberdrops) und führte Agnes die Treppen hoch. Sie klopfte an der Tür und wartete nicht einmal auf eine Antwort, sondern platzte kurz darauf ins Büro und Agnes folgte ihr.

Sie sah, dass Dumbledore hinter seinem Schreibtisch saß und ihm gegenüber Hermine, die ihr ein kleines Lächeln schenkte, bevor sie sich wieder an Dumbledore wandte: „Können Sie uns jetzt sagen, wo Harry und Ron sind?"

„Setz dich doch, Agnes", bot Dumbledore an und deutete auf einen freien Stuhl. Erst da bemerkte Agnes, dass auch Tia Fuego anwesend war. Sie war ein wenig unscheinbar, obwohl sie, wie Agnes fand, nicht unscheinbar sein sollte. Alles an Tia schien auffällig zu sein – ihre Veela-Schönheit, ihre verschieden farbigen Augen und natürlich nicht zu vergessen ihr Geruch, der für Agnes schon immer seltsam gewesen war, seit sie ein Werwolf war. Tia roch nach einer Mischung aus Werwolf und Hexe, was vermutlich daran lag, dass sie ein halber Werwolf war, aber trotzdem war dieser Geruch so ungewohnt für Agnes, dass er immer auffiel. Nur Tia selbst war unauffällig – ein wenig eingesunken und schüchtern saß sie auf ihrem Stuhl und schien sich nicht sicher zu sein, warum sie überhaupt hier war.

McGonagall hatte das Büro wieder verlassen und Agnes allein mit Hermine und Dumbledore zurückgelassen.

Vorsichtig und unsicher setzte Agnes sich auf den freien Stuhl und sah zwischen Dumbledore, Tia und Hermine hin und her, als würde sie darauf warten, dass jemand erklärte, warum sie hier war.

„Wie ihr vielleicht wisst, haben Harry und die Weasley-Kinder gestern Nacht das Schloss verlassen. Der Grund dafür war ein sonderbarer Traum von Harry, der sich leider als wahr herausstellte", begann Dumbledore geduldig.

„Was für ein Traum? Worum ging es darin?", fragte Hermine weniger geduldig, aber Dumbledore ließ sich von ihr nicht beirren, sondern sprach genauso ruhig weiter: „Harry sah in seinem Traum, wie eine Schlange Arthur Weasley angriff und schwer verletzte."

Hermine sog scharf Luft ein, aber Agnes war weniger geschockt, sondern fragte: „Aber es war doch nur ein Traum... oder?"

„Tatsächlich war es mehr als ein Traum", widersprach Dumbledore ihr, „Es war eine Art Vision, wie ich glaube aus dem Blickwinkel von Lord Voldemort."

„Seit wann ist der Dunkle Lord eine Schlange? Ist er ein Animagus?", hinterfragte Agnes, aber Dumbledore verneinte wieder: „Nein, nichts dergleichen ist er, obwohl er schon immer eine Verbindung zu Schlangen hatte."

„Wie schwer ist Mr Weasley verletzt?", fragte Tia ruhig und legte den Kopf schief. Im Gegensatz zu Hermine war sie vollkommen ruhig und entspannt, als hätte sie diese Nachricht kaum beirrt, aber in ihren Augen sah Agnes, dass sie sich doch Sorgen machte.

Hermine war genau das Gegenteil von ihr. Sie war von ihrem Stuhl aufgesprungen und öffnete und schloss den Mund, als wüsste sie nicht ganz, was sie zu dieser Neuigkeit sagen sollte.

„Molly und seine Kinder haben ihn heute besucht – er ist nicht mehr in Lebensgefahr und schon wach", beruhigte Dumbledore Tia und Hermine lehnte sich wieder etwas entspannter zurück, wobei sie immer noch nervös aussah.

„Leider kann ich euch nicht erlauben, sofort abzureisen, wie den anderen – es würde zu viel Aufsehen erregen. Ihr werdet wie alle anderen Schüler morgen Vormittag mit dem Zug zurück nach London fahren und ich schlage vor, ihr nehmt den Fahrenden Ritter zum Grimmaultplatz", schlug Dumbledore ihnen vor und widerwillig nickten Agnes und Hermine.

Am liebsten hätte Agnes angeboten, sie zu apparieren, aber sie wusste nicht, ob sie es zusammen mit Hermine, Tia und ihrem Gepäck schaffen würde, ohne zu splinten, also ließ sie es lieber bleiben.

„Ich befürchte, Sie haben beide Ihre letzte Stunde verpasst, aber verzeiht mir. Diese Informationen waren für euch beide wahrscheinlich wichtig – vielleicht sogar wichtiger, als eine letzte Schulstunde", entschuldigte sich Dumbledore und Agnes schnaubte amüsiert, als sie daran dachte, dass sie eine Stunde mit Umbridge verpasst hatte.

Als sie beide das Büro des Schulleiters verließen, trennten sich ihre Wege. Alle drei gingen in ihre Gemeinschaftsräume um zu packen und Agnes war im ersten Moment etwas überfordert. Sie hatte ja noch nie für Weihnachten gepackt, also wusste sie nicht, was sie alles mitnehmen sollte, aber dann entschloss sie sich einfach die wenige warme Kleidung und persönliche Gegenstände mitzunehmen. Ihre Schulsachen ließ sie natürlich in der Schule, denn sie bezweifelte, dass sie in den Weihnachtsferien viel Lust dazu hätte, Hausaufgaben zu machen.

Die Sachen, die sie mitnehmen würde packte sie in ihren geliebten Rucksack, der magisch präpariert war, sodass er innen größer war, als er aussah und er wurde auch nicht sonderlich schwerer.

So hatte Agnes eine Menge in ihrem Rucksack Platz und er war trotzdem noch beinahe gleich leicht, wie am Anfang.

Bereit für ihre ersten Weihnachten mit der Familie freute sie sich schon auf den nächsten Tag, obwohl Arthur im Krankenhaus lag und die Stimmung immer düsterer wurde.

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