48. Kapitel
Immer tiefer drang sie in die Tiefe und Agnes verspannte sich, als ihr Fluchtinstinkt einsetzte und auch Remus schien etwas nervös und gestresst zu werden, als um sie herum nur Dunkelheit war, aber nach etwa einer Minute war es zum Glück vorbei und die beiden stolperten erleichtert aus der Zelle.
„Das Zauberministerium wünscht Ihnen einen angenehmen Tag", sagte die Frauenstimme noch, aber die beiden Werwölfe sahen sich schon im Ministerium um.
Die Halle, an deren Ende sie standen, war prachtvoll und reich verziert. Es war so, als wäre das der wichtigste Raum überhaupt, denn alles schien darauf ausgelegt zu sein, zu zeigen, wie wichtig man als Ministerium war. Der Holzboden war glänzend poliert, sodass Agnes sich wunderte, dass sie sich nicht darin spiegelte, obwohl sie tatsächlich ihre Umrisse sehen konnte. Die pfauenblaue Decke war mit wertvollen, goldenen Symbolen verziert und an den Seitenwänden waren die edelsten Kamine, die Agnes in ihrem Leben gesehen hatte, aus denen in regelmäßigen Abständen Zauberer stiegen.
In der Mitte, dieser riesigen Halle stand der wohl grässlichste Brunnen, den Agnes jemals gesehen hatte. Er war aus Gold und die Statuen, die ihr zierten waren überlebensgroß inmitten eines runden Wasserbeckens, aber sie zeigten zwei Zauberer, die ihre Zauberstäbe in die Höhe reckten und ihnen offensichtlich unterstellt waren ein Zentaur, ein Kobold und ein Hauself, die allesamt mit ehrfürchtigen Mienen zu den Zauberern aufsahen.
„Dieser Brunnen beschreibt die Ideologie eines Zauberers besonders gut", erklärte Remus und Agnes hörte einen Hauch von Ironie in seiner Stimme, „Sie sind über allem – über all den Halbwesen, die natürlich weniger wert sind, als sie. Ein Wunder, dass keine Leiche von einem Werwolf vor ihnen liegt, das würde das Bild so ziemlich vervollständigen."
„Der männliche Zauberer könnte seinen Fuß auf den Leichnam stellen und gerade eine blutige Lanze aus der Brust des schrecklichen Unwesens ziehen", schlug Agnes sarkastisch vor und der sonst ernste Remus lachte tatsächlich leise auf und bemerkte: „Man merkt doch irgendwie, dass Sirius und du verwandt sind."
„Ich nehme das einmal als Kompliment", beschloss Agnes.
Remus führte sie zu einem Pult unter einer Tafel mit der Aufschrift Sicherheit und er räusperte sich laut. Der schlecht rasierte Zauberer, der wie viele Ministeriumsangestellte einen pfauenblauen Umhang trug, sah von einer Zeitschrift auf und musterte beide.
Remus wies stumm auf seine Plakette, die an seinem Umhang befestigt war und der Zauberer warf einen Blick auf die von Remus und auch Agnes'. Als er ihre Aufschrift las, zuckte er leicht zusammen, sagte aber nichts gegen sie, sondern verlangte nur: „Kommen Sie näher – alle beide."
Sie traten näher ans Pult und mit einer langen, goldenen Rute durchsuchte er sie etwas länger, als wahrscheinlich nötig und verlangte von beiden zwei Mal sich umzudrehen, damit er ja keinen Fleck unbeobachtet ließ. Als er nichts fand, brummte er: „Zauberstäbe."
Remus legte seinen zuerst auf das Messinginstrument, das vor dem Zauberer stand und es fing an zu vibrieren. Ein schmaler Pergamentstreifen kam heraus und der Ministeriumsangestellte riss ihn ab.
Er hob eine Augenbraue und las vor: „10¼ Zoll, Kern Einhornhaar, seit 35 Jahren in Gebrauch. Ist das korrekt?"
„Ja", beantwortete Remus die Frage und Agnes war an der Reihe, ihren Zauberstab auf das Instrument zu legen und das Prozedere wiederholte sich.
„12¾ Zoll, Kern Drachenherzfaser, seit sieben Jahren in Gebrauch. Ist das korrekt?", fragte der Ministeriumsangestellte und Agnes machte: „Jop."
Die Pergamentstreifen spieß der Angestellte auf einen Messingdorn, die Zauberstäbe gab er zurück.
„Auf Wiedersehen", verabschiedete sich der Zauberer, aber er klang nicht so, als würde er die beiden gern wiedersehen.
Weiter ging es zu den Aufzügen, die so voll waren, dass Agnes gegen die Wand gepresst wurde, aber als der Zauberer, der sie gegen die Wand presste ihre Plakette zu Gesicht bekam, wich er lieber einen Schritt zurück und verließ im nächsten Stockwerk den Lift lieber, obwohl Agnes sich sicher war, dass es noch nicht das richtige für ihn war.
Der Aufzug klapperte jedes Stockwerk ab und langsam wurde er leerer und eine Frauenstimme sagte immer die Stockwerknummer und deren Nutzen, bis sie schließlich sagte: „Vierter Stock, Abteilung zur Führung und Aufsicht Magischer Geschöpfte, mit der Tierwesen-, der Zauberwesen- und der Geisterbehörde, dem Koboldverbindungsbüro und dem Seuchenberatungsbüro."
„Hier müssen wir raus", meinte Remus leise und sie entkamen dem Aufzug schnell.
Remus führte Agnes zielstrebig an den verschiedensten Büros vorbei, bis er schließlich nach ganz hinten kam. Dort stand auf einem kleinen Schild: Werwolfregistrierung und Werwolfstrafsverfolgung.
Remus klopfte höflich, bevor er eintrat und sie kamen in ein helles, freundliches Büro mit drei Schreibtischen, an denen schwer beschäftigt aussehende Zauberer in pfauenblauen Umhängen saßen.
Der, der seinen Schreibtisch in der Mitte des Raumes platziert hatte, sah auf und sah über seine Lesebrille hinweg zu den Besuchern, schien Remus zu erkennen und setzte die Brille ab.
„Mr Lupin!", begrüßte er ihn mit falscher Fröhlichkeit und faltete seine Hände zusammen, „Ich habe gedacht, der nächste Termin wäre erst in ein paar Monaten?"
„Ich bin nicht direkt wegen mir hier, Mr Trippet", erklärte Remus und zeigte mit einer ausladenden Handbewegung auf Agnes.
Mr Trippet stand auf und winkte die beiden zu sich herüber.
„Lycinder Trippet", stellte er sich vor und schüttelte energisch Agnes' Hand, während er einen genaueren Blick auf ihre Narben im Gesicht warf, „Ich vermute, Sie wollen einen Werwolfangriff melden? Das ist aber nicht Ihr Werk, oder Mr Lupin?"
„Eigentlich melden wir eine Verwandlung", bemerkte Agnes steif, „Und ich bezweifle, dass es viel nützt, wenn ich Greyback melde."
Trippet stockte mitten in der Bewegung und musterte Agnes einen Moment lang wie ein Geier seine Beute, dann wies er auf die beiden Stühle, die vor seinem Schreibtisch standen und bat sie: „Setzen Sie sich."
Die beiden taten wie geheißen und Trippet kramte in seiner Schreibtischschublade herum, bis er fand, was er suchte. Es war eine lange Pergamentrolle, die schon beschrieben war und wie ein Fragebogen aussah.
Er suchte sich Feder und Tinte, testete die Feder an einem vollgekritzeltem Stück Pergament und fragte dann: „Name? Vollständig bitte."
„Agnes Bellatrix Tripe", murmelte Agnes, damit die anderen beiden Mitarbeiter sie nicht hören konnten.
Trippet sah bei dem Namen zwar überrascht aus, sagte dazu aber nichts, sondern füllte nur das erste Feld aus.
„Ungefährer Zeitpunkt der Verwandlung?"
„Einen Monat", Agnes schluckte nervös und Trippet füllte das nächste Feld aus.
„Also haben Sie schon eine vollständige Verwandlung hinter sich? Keine Probleme, keine sonderbaren Vorkommnisse, keine Abweichungen?"
„Sie meinen, außer dass ich mich in einen Wolf verwandelt habe?", fragte Agnes sarkastisch, „Nein, lief alles paletti."
„Sie haben gesagt, der Anstecker ist bekannt – Fenrir Greyback?"
„Sehr wohl."
Trippet fragte sie noch nach weiteren Daten wie ihr Geburtsdatum, besondere Merkmale und noch mehr. Es kam Agnes wie Stunden vor, in denen sie in diesem Büro saß und diese dämlichen Fragen beantwortete.
„So, das wär's", sagte Trippet dann endlich und Agnes wollte schon aufstehen, aber er begann schon wieder zu reden: „Hier haben Sie einen Ratgeber, in denen Ihre Rechte aufgelistet sind. Jedes Vorkommnis wird im Protokoll aufgenommen und individuell ausgearbeitet. Ich bitte Sie, sich während Vollmonden einen abgelegenen Ort zu suchen, bei dem sie nicht drohen, jemanden zu verletzten. In verwandelter Form sind Sie in der Lage in einer Nacht kilometerweit zu rennen, also bedenken Sie auch das. Sollte es zu verheerenden Vorkommnissen kommen, werden sie vor dem Zaubergamot gerichtet und im schlimmsten Fall nach Askaban transportiert. Sie sind dazu verpflichtet, den Ratgeber genau zu lesen. Weiteres sind Sie dazu verpflichtet, einmal im Jahr sich hier zu melden und sich neu registrieren zu lassen."
Agnes nickte und nahm das Buch entgegen, auf dem eine Vereinfachung eines Werwolfs, der den Vollmond anheult dargestellt ist und darüber stand in silberner Schrift: Ratgeber für Werwölfe – Wie bin ich Wolf?
„Danke", bemerkte Agnes trocken.
„Haben Sie noch Fragen, Mitteilungen, Geständnisse oder Bitten? Vielleicht brauchen Sie eine Schulter zum Ausweinen?", Trippet sah so aus, als würde er es ernst meinen, obwohl er so sprach, als würde er einen auswendig gelernten Text aufsagen.
„Nein", bestimmte Agnes und hielt den Ratgeber hoch, „Im Zweifelsfall habe ich ja noch meinen Ratgeber."
Trippet nickte und verabschiedete sich eilig von ihnen, als auch schon der nächste in das Büro kam. Remus und Agnes gingen zurück zum Lift und sprachen miteinander kein Wort. Erst, als sich die Gitter vor ihnen schlossen und sie tatsächlich allein im Aufzug waren, fragte Remus: „Und? Wie war es für dich?"
„Trippet ist seltsam", bemerkte Agnes bestimmt und Remus lächelte.
„Ja, in der Tat, aber er ist vertrauenswürdig. Ich habe mich auch bei ihm das erste Mal registriert und er hat mit mir gesprochen, als wäre ich erwachsen – ich war fünf. Mein Vater hat mir meinen Ratgeber zum Schlafengehen immer vorgelesen und es ewig gebraucht, bis ich alles verstanden habe. Er hat mir jeden Abschnitt erleichtert erklären müssen."
„Klingt so, als müssten sie eine Kinderbuchversion vom Ratgeber einführen", vermutete Agnes und zu ihrer Überraschung sagte Remus: „Soweit ich weiß gibt es schon eine."
Im Gegensatz zur Hinreise apparierten sie einfach in die Nähe vom Grimmaultplatz und gingen eine kurze Strecke zu Fuß, damit sie niemand verdächtigte.
Agnes war froh, das hinter sich zu haben und sie war auch irgendwie froh, dass sie nicht allein war. Remus war ebenfalls ein Werwolf und hatte schon Erfahrung damit er aber war damals als Kind ganz allein gewesen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top