47. Kapitel

Wie immer stand Agnes früh auf und ging in die Küche hinunter, war aber überrascht, als sie mehr Leute schon wach sah, als gewöhnlich, bis sie sich daran erinnerte, dass heute Harrys Anhörung war. Molly stand am Herd und machte Frühstück, während Arthur, Sirius, Lupin und Tonks am Tisch saßen und leise miteinander sprachen. Lupin fuhr sich gestresst über sein Gesicht und nickte über etwas, das Arthur gesagt hatte. Tonks sah so aus, als würde sie bald auf dem Tisch einschlafen und tatsächlich stand vor ihr eine Tasse mit etwas, das wie Kaffee aussah, obwohl die Weasleys eigentlich Tee-Trinker waren.

„Guten Morgen", begrüßte Agnes sie alle und alle sahen auf.

„Agnes, gut, dass du schon so früh wach bist", bemerkte Lupin und Agnes hob fragend eine Augenbraue und bemerkte: „Ja... so wie jeden Tag... Warum?"

„Arthur begleitet Harry heute zu seiner Anhörung im Ministerium", berichtete Molly.

„Und deswegen haben wir gedacht, es wäre ein guter Tag, um dich als Werwolf zu melden", fügte Remus hinzu und Agnes schluckte schwer. Das würde alles verändern – dann war es offiziell. Dann war sie offiziell ein Werwolf für das Ministerium und wurde registriert, überwacht und im Zweifelsfall nach Askaban gebracht, wenn sie in verwandelter Form zu viel Ärger machen sollte. Agnes hatte schon von solchen Fällen gehört, bei denen Werwölfe ins Zauberergefängnis gebracht wurden, weil zu viele Angriffe von ihnen verzeichnet wurden – manchmal reichte schon einer und man saß hinter Gitter.

„Warum genau heute?", fragte Agnes unsicher, „Kann das nicht warten?" Sie wusste, dass es früher oder später erledigt werden musste, und dass das Ministerium nicht gnädig war, wenn ein Werwolf sich nicht registrierte, aber trotzdem wollte sie das nicht machen.

„Wir haben uns gedacht, es wäre sicherer. Im Zweifelsfall, sollte dich jemand erkennen, können wir immer noch sagen, wir wären zur Unterstützung von Harry im Ministerium. Wir haben uns gedacht, so können wir die Sachen vor so vielen wie möglich vertuschen und Dumbledore erledigt den Rest, wenn es darum geht, ungebetene nicht wissen zu lassen, was mit dir passiert ist", erklärte Remus geduldig.

„Klingt plausibel", bemerkte Agnes trocken und setzte sich an den Tisch neben Remus.

„Kaum jemand wird erfahren, dass du ein Werwolf bist", versprach Sirius, „Dumbledore hat schon Vorbereitungen getroffen, sodass nur vertrauenswürdige Personen deine Akten in die Hände bekommen können und wir werden dich natürlich so gut es geht unterstützen – das haben wir mit Remus auch schon gemacht, als wir so alt waren, wie du."

Agnes brachte ein unsicheres Lächeln zustande und nickte nur, aber eigentlich war sie noch nicht ganz überzeugt.

„Ach, Liebes", seufzte Molly und setzte sich neben sie an den Tisch, „Es ist nicht das Ende der Welt."

„Das ist mir schon klar", Agnes klang müde und sie spürte auch, wie müde sie wirklich war. Nicht nur körperlich – ihre Augen brannten durchgehend, sie blinzelte öfter, als nötig und ihre Muskeln schmerzten bei jeder Bewegung, an das sie sich aber schon gewöhnt hatte, obwohl es immer noch eine Last auf ihren Schultern war – sondern auch psychisch fühlte sie, dass es schon anstrengend war, aufzustehen. Sie schlief kaum noch und sie fühlte sich in ihrer Haut nicht mehr ganz wohl, hatte aber gelernt, damit zu leben.

Die Tür öffnete sich und Harry kam herein. Sofort sprang Molly auf und rief: „Frühstück!"

Sie zückte ihren Zauberstab und eilte wieder zu den Gerichten, die sie wie jeden Morgen vorbereitete.

„M-M-Morgen, Harry", gähnte Tonks, „Gut geschlafen?"

„Ja", meinte Harry kurz und knapp. Er sah auch nervös aus und schien überrascht, so viele in der Küche vorzufinden.

„Ich b-b-bin die ganze Nacht auf gewesen", erklärte Tonks und gähnte wieder, erschauderte und zog einen Stuhl neben sich hervor und warf dabei einen benachbarten um, „Komm und setz dich..."

„Was möchtest du, Harry?", rief Molly fragend, „Haferbrei? Muffins? Räucherheringe? Speck und Eier? Toast?"

„Nur – nur Toast, danke", bemerkte Harry und sah bleich um die Nase aus.

„Und du, Agnes?", fragte Molly nun auch sie und sie sah auf. Sie hatte Hunger, obwohl sie sich nicht danach fühlte, etwas zu essen.

„Irgendetwas mit Fleisch", bemerkte sie trocken und Sirius lachte laut auf, was ihm einen bösen Blick von ihr einbrachte, der ihn sofort verstummen ließ.

Lupin sah Harry besorgt an, bevor er sich an Tonks wandte: „Was wolltest du über Scrimgeour gleich noch einmal sagen?"

„Scrimgeour?", einen Moment fiel Tonks es nicht mehr ein, dann sagte sie aber doch: „Oh... jaah... nun, wir müssen ein wenig vorsichtiger sein, er stellt mit und Kingsley dauernd so komische Fragen..."

Molly stellte vor Harry einen Teller mit ein paar Scheiben Toast und die Marmelade hin, vor Agnes einen Teller mit Speck, den sie kunstvoll zu einem Kreis gelegt hatte.

„Uhh... seht mal", grinste Sirius, „Agnes isst den Vollmond!"

„Sehr witzig, Sirius", bemerkte Agnes, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen.

„Aja...", fiel es Tonks noch ein und sie gähnte wieder herzhaft, „Und ich muss Dumbledore mitteilen, dass ich morgen keine Nachtschicht machen kann, ich bin einfach z-z-zu müde."

„Ich spring für dich ein", versprach Arthur ihr, „Kein Problem für mich, ich muss ohnehin noch einen Bericht abschließen... Wie geht's dir, Harry?"

Harry zuckte nur mit den Schultern.

„Bald ist alles vorbei", wollte Arthur ihn aufmuntern, „In ein paar Stunden bist du freigesprochen."

Harry schwieg.

Agnes warf Harry kurz einen bösen Blick zu, riss sich aber dann wieder zusammen und wandte sich wieder ihrem Speck-Vollmond zu. Harry würde bald wieder frei sein, aber ihr Fluch würde für immer auf ihr liegen. Es gab keine Heilung dafür und sie erinnerte sich mit einem Schaudern an ihre letzte Verwandlung. Sie hatte das Gefühl, als hätte man ihr Stunden ihres Lebens gestohlen und in diesen wenigen Stunden, an die sie sich nicht erinnern konnte, hatte sie sich selbst Schmerzen zugefügt, weil sie sich in ein Monster verwandelte, das so gierig darauf war, zu töten, dass es sich von nichts aufgehalten werden will.

„Die Anhörung ist auf meinem Stockwerk, im Büro von Amelia Bones. Sie ist Leiterin der Abteilung für Magische Strafverfolgung und sie wird dich auch vernehmen", erklärte Arthur Harry.

„Amelia Bones ist in Ordnung, Harry", meinte Tonks ernst, „Sie ist fair, sie wird dich anhören."

Harry nickte nur.

„Fahr nur nicht aus der Haut", warf Sirius unvermittelt ein, „Bleib höflich und halte dich an die Tatsachen."

Harry nickte nur.

„Das Gesetz ist auf deiner Seite", bemerkte Remus leise, „Sogar minderjährige Zauberer dürfen in lebensbedrohlichen Situationen Magie einsetzen."

Molly versuchte Harrys wild aufstehenden Haare mit einem nassen Kamm zu glätten und fragte frustriert, als es nicht funktionierte: „Bleiben die denn nie liegen?"

Harry schüttelte den Kopf.

Arthur warf einen Blick auf die Uhr und stand auf. „Ich meine, wir sollten gehen", beschloss er, „Wir sind ein bisschen früh dran, aber du wartest wohl besser im Ministerium als hier rumzuhängen."

„Okay", entgegnete Harry und legte seinen kaum gegessenen Toast beiseite und stand auf. Zu seiner Überraschung folgten Lupin und Agnes seinem Beispiel und er fragte: „Was macht ihr?"

„Wir begleiten euch ins Ministerium", erklärte Lupin geduldig und warf Agnes einen schnellen Blick zu.

„Remus und Agnes müssen auch etwas erledigen", bemerkte Arthur.

Agnes sah, dass Harry trotz allem noch bleich war und Tonks sagte zum Abschied: „Wird schon alles gut gehen, Harry", und tätschelte ihm den Arm.

„Und wenn nicht", fügte Sirius grinsend hinzu, „werd ich mich mal in deinem Namen um diese Amelia Bones kümmern..."

Molly umarmte Harry und sagte ebenfalls ihre aufmunternden Worte: „Wir drücken dir alle die Daumen."

„Gut", erwiderte Harry, „Tja... bis später dann."

Arthur ging vor und Harry folgte direkt hinter ihm, während Remus und Agnes hinter ihm nebeneinander gingen.

Sie traten durch die Tür hinaus in die kalte, graue Morgendämmerung.

„Sie gehen sonst nicht zu Fuß zur Arbeit, oder?", erkundigte sich Harry, während sie sich zügig auf den Weg um den Platz machten.

„Nein, normalerweise appariere ich", gab Arthur zu, „aber du kannst das natürlich nicht, und ich halte es für das Beste, wenn wir auf vollkommen unmagische Weise ankommen... macht einen besseren Eindruck, wenn man bedenkt, wofür man dich zur Rechenschaft ziehen will..."

Nicht nur Arthur, sondern auch Remus und Agnes hielten in ihren Jackentaschen ihre Zauberstäbe fest umklammert. Agnes sah sich ein wenig paranoid immer wieder um und wirkte dabei beinahe so nervös, wie Moody.

„Ist alles in Ordnung?", fragte Remus sie leise, sodass nur sie es hören konnte.

„Es ist das erste Mal, dass ich das Haus verlasse, seit...", gestand sie und Remus verstand.

„Hat er dir nicht gesagt, er würde dich in Ruhe lassen?", fragte Remus sie und versuchte dabei, sie zu beruhigen.

„Hat mein Vater mir nicht letztes Jahr noch weismachen wollen, dass er mich liebt?", zischte Agnes und Remus nickte.

„Touché", erwiderte Remus, „aber du solltest trotzdem nicht durch die Straßen gehen, als wärst du Moody. Vielleich solltest du dir dann doch lieber ein magisches Auge zulegen."

„Mad-Eye Agnes klingt wirklich beeindruckend, ich denke über deinen Vorschlag nach", bedankte sich Agnes sarkastisch und Remus grinste.

Bei der U-Bahn-Station tummelten sich schon die frühmorgendlichen Pendler, die auf dem Weg zur Arbeit waren und Arthur war so begeistert von ihnen, dass Remus ihn sogar ermahnen musste, etwas unauffälliger zu sein.

Harry kaufte für sie Fahrkarten und bald darauf stiegen sie in eine U-Bahn in Richtung des Zentrums von London.

Remus und Agnes standen eingequetscht zwischen Muggel in der Bahn und Agnes spürte die neugierigen Blicke, die auf ihr lagen. Sie trug eine langärmlige Jacke, also sah man ihre Narben an den Armen nicht, aber die im Gesicht waren sehr gut sichtbar und auch Remus hatte seine eigenen Male im Gesicht, sodass es für die gelangweilten Muggel wohl nichts Interessanteres gab, als die beiden Werwölfe.

Mit Angst erfüllt fragte sich Agnes, wie es wohl erst in der Schule sein wird. Jeder würde sie anstarren und die, die sich noch an Remus erinnern konnten, würden sie schon bald als Werwolf erkennen und dann wäre alles vorbei.

Zum Glück wurden sie von einer Masse gestresster Muggel aus der Bahn geschwemmt und befanden sich inmitten von London.

„Wo sind wir?", fragte Harry und Arthur sah einen Moment ratlos umher, als es ihm einfiel und er rief: „Ah, ja... hier lang!" Er führte sie in eine Seitenstraße und entschuldigte sich: „Tut mir leid aber ich komme sonst nie mit der Bahn und aus der Muggelperspektive sieht alles ganz anders aus. Ehrlich gesagt habe ich den Besuchereingang noch nie benutzt."

Sie kamen in ein eher heruntergekommenen Viertel, bis Arthur schließlich rief: „Da sind wir!"

Sie standen vor einer alten, roten Telefonzelle, die aber so aussah, als würde sie nicht mehr funktionieren.

„Geht ihr zuerst", beschloss Remus, „Wir kommen nach."

„Nach dir, Harry", bot Arthur an und öffnete die Tür der Telefonzelle.

Agnes sah zu, wie sie in der Erde versanken und an der Stelle der ersten Telefonzelle eine identische auftauchte, in die Remus und sie sich stellten.

Remus nahm den Hörer und gab die Nummer ein.

„Willkommen im Zauberministerium. Bitte nennen Sie Ihren Namen und Ihr Anliegen."

„Remus Lupin begleitet Agnes Tripe, um sie als Werwolf registrieren zu lassen."

„Vielen Dank", sagte die kühle Frauenstimme, „Besucher, bitte nehmen Sie die Plaketten und befestigen Sie sie vorne an Ihrem Umhang."

Es klackerte als würde eine Münze durch den Mechanismus rattern und aus dem Metallschacht, aus dem normalerweise das Restgeld kam, fielen zwei Plaketten.

Die eine sagte: Remus Lupin, Begleitung von Agnes Tripe;und auf der anderen: Agnes Tripe, Registrierung als Werwolf.

„Besucher des Ministeriums, Sie werden aufgefordert, sich einer Durchsuchung zu unterziehen und Ihren Zauberstab zur Registrierung am Sicherheitsschalter vorzulegen, der sich am Ende des Atriums befindet", befahl sie Frauenstimme und auf einmal bebte die Telefonzelle und wie auch schon Harry und Arthur vor ihnen sanken die beiden in die Erde.

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