45. Kapitel
Sie apparierte direkt vor Grimmaultplatz Nummer 12 und sah das Haus hoch, aber sie war sich sicher. Sie hatte sich sogar die Zeit genommen, und über das nachgedacht, was Greyback ihr gesagt hatte. Woher sollte sie sich das Recht nehmen, zum Orden zurück zu kehren, wenn sie sich nicht einmal sicher war, wo ihre Loyalität lag. Aber ihre Loyalität lag noch immer bei ihr selbst und sie selbst wusste, dass ihre beste Chance der Orden und Hogwarts war. Da war sie sich ganz sicher, also hatte sie auch den Mut gefunden, wieder zurück zu kehren, wenn auch etwas verspätet.
Unsicher schwebte ihre Finger über der Klingel, die sie schließlich betätigte und sie hörte das Geschrei von Mrs Black, die sich über die Blutsverräter und den Abschaum in ihrem Haus lauthals aufregte, bevor sie Sirius laut fluchen hörte, der es schließlich zu schaffen schien, seine Mutter zum Schweigen zu bringen.
Er stampfte zur Tür und riss sie auf.
„Wie oft soll ich euch noch sagen – läutet nicht, sondern –", schimpfte er laut, aber sobald er Agnes sah, schloss er den Mund und zog sie in eine Umarmung. Agnes streckte ihre Hände weg, sodass sie die Scherben in der Umarmung nicht noch tiefer in ihr Fleisch stieß und wimmerte leise, als Sirius ihre blauen Flecken drückte. Er hörte es und wich sofort zurück, die Augen erschrocken weit aufgerissen und er stammelte entschuldigend: „Entschuldigung! Ich habe vergessen, dass... Deine Hände! Deine Füße! Komm rein, es gibt gerade Essen!"
„Danke", lächelte Agnes und folgte ihm ins Haus.
„Sirius, wer war es?", rief Molly laut, aber statt einer Antwort schickte Sirius Agnes hinein.
„Agnes ist zurück!", bemerkte er unnötigerweise und Remus stand auf.
„Agnes, schön, dass du zurückgefunden hast!", seufzte Remus erleichtert und Molly fragte: „Hast du Hunger?"
„Ja, schon", meinte Agnes unsicher und spürte den Blick jeden einzelnen auf sich, „Aber ich hätte gerne zuerst... ähm..."
Sie hob ihre Hände als Antwort, in der noch Scherben steckten.
„Aja... natürlich! Komm mit, wir kümmern uns darum!", bot Remus an und führte sie aus dem Raum in einen anderen.
Er setzte sie auf ein Sofa und begann magisch die Scherben vorsichtig zu entfernen und jedes Mal zuckte Agnes leicht zusammen, sie beschwerte sich aber nicht.
„Ich habe Greyback getroffen", wisperte sie und Remus sah von seiner Arbeit auf und hob eine Augenbraue.
„Greyback?", fragte er sie leise und sie nickte. „Was hat er getan?"
Agnes überlegte, was sie ihm anvertrauen sollte und was nicht. „Nichts... er hat mir nur einen Platz im Rudel angeboten", sagte sie schließlich.
„Sonst nichts?", hinterfragte Remus und Agnes schüttelte den Kopf. Tatsächlich hatte er im Grunde nicht mehr gesagt, alles, was Agnes ihm nicht erzählte, war ihre Unsicherheit und ihre Überlegung, ihm beizutreten, weil es bestimmt einfacher für sie wäre.
Stumm zog Remus die letzte Glasscherbe aus ihrer Fußsohle und verband Hände und Füße, bevor er ihr auch noch Socken reichte, bei denen er erklärte, dass Molly sie gestrickt hatte und sie bestimmt im Moment bequemer wären mit den Schnitten auf ihren Fußsohlen, als ihre Schuhe, die oben in ihrem Zimmer waren.
So angezogen ging sie ins Esszimmer, in dem die meisten schon fertig gegessen hatten, aber sie setzte sich trotzdem stumm hin und nahm dankend von Molly einen Teller entgegen.
Erst jetzt fiel ihr Blick auf Harry und sie schenkte ihm ein Lächeln, das er unsicher entgegnete, aber sein Blick war einen Moment auf ihre Narben fixiert wie der von allen, wenn sie sie das erste Mal sahen.
„Was ist mit Agnes passiert?", fragte Harry Ron leise, sodass niemand sonst am Tisch es hören konnte.
„Niemand weiß es", antwortete Ron ebenso flüsternd, „Sie ist irgendwann einfach da gewesen. Niemand spricht über ihre Narben. Sogar sie selbst tut so, als wären sie nicht hier."
„Wir vermuten, sie ist angegriffen worden", wisperte Fred, der das Gespräch trotz der leisen Lautstärke gehört hatte.
Agnes hörte jedes Wort. Ihr Gehör hatte sich etwas verbessert und das, was für andere wie ein leises Wispern klang, klang für sie wie ein normales, ruhiges Gespräch. Es machte sie wütend, traurig und enttäuscht, andere über sie tuscheln zu hören und sie warf ihnen einen bösen Blick zu.
„Hey, Leute", warnte Tia sie, „sie kann euch hören! Beredet das bitte nicht vor ihr!"
„Und hört auf über mich zu sprechen, als wäre ich nicht hier", blaffte Agnes schlecht gelaunt und sie zuckten alle zusammen.
„Entschuldigung", meinten sie leise und es wurde wieder still.
„Bald Zeit fürs Bett", gähnte Molly, aber Sirius widersprach ihr: „Noch nicht ganz, Molly!"
Er schob seinen leeren Teller weg und wandte sich Harry zu: „Ehrlich gesagt, du überraschst mich. Ich hätte gedacht, sobald du hier ankommst, stellst du Fragen über Voldemort."
Agnes zuckte bei dem Namen wie andere auch zusammen und die Stimmung kippte. Eine eisige Atmosphäre entstand und jeder hörte auf, das zu tun oder zu denken, was er gerade getan oder gedacht hatte. Keiner war mehr schläfrig oder müde, sondern wachsam und angespannt. Agnes fühlte sich immer noch erschöpft, aber auch sie hatte irgendwie das Bedürfnis zu hören, was bis jetzt so passiert ist.
„Hab ich doch!", sagte Harry entrüstet, „Ich hab Ron und Hermine gefragt, aber die sagen, wir seien im Orden nicht zugelassen, also –"
„Und sie haben vollkommen Recht!", unterbrach Molly ihn, „Ihr seid zu jung!"
Molly schien mit der Wendung des Abends nicht zufrieden zu sein. Sie hatte noch erleichtert und glücklich ausgesehen, als Agnes gekommen war, aber nun saß sie stocksteif in ihrem Stuhl und hatte die Fäuste auf den Armlehnen geballt.
„Seit wann muss man im Orden des Phönix sein, um Fragen zu stellen?", fragte Sirius, „Harry saß einen Monat lang in diesem Muggelhaus fest. Er hat das Recht zu erfahren, was pass –"
„Wart mal!", unterbrach George ihn laut.
„Wieso kriegt eigentlich Harry Antworten auf seine Fragen?", fügte Fred wütend hinzu.
„Wir versuchen seit einem Monat, die was aus der Nase zu ziehen, und du hast uns kein einziges stinkendes Wort gesagt!", rief George.
„Ihr seid zu jung, ihr seid nicht im Orden", imitierte Fred mit schriller Stimme die seiner Mutter, „Harry ist noch nicht mal volljährig!"
Agnes seufzte und bereute schon, hier zu sein. Sie hatte Streitereien satt und wollte nur in Ruhe essen und dann sich ausruhen, obwohl sie wusste, dass es wieder eine schlaflose Nacht werden würde.
„Es ist nicht meine Schuld, dass man euch nicht gesagt hat, was der Orden unternimmt", erklärte Sirius ruhig, „das war die Entscheidung eurer Eltern. Harry jedoch –"
„Es ist nicht deine Sache, zu entscheiden, was für Harry gut ist", sagte Molly scharf. Die wirkte nun nicht mehr freundlich, sondern gefährlich. Einen ähnlichen Gesichtsausdruck hatte Agnes gesehen, als Molly sie versehentlich für ihre Mutter gehalten hatte.
„Du hast nicht vergessen, was Dumbledore gesagt hat, nehm ich an?", erinnerte Molly Sirius.
„Was meinst du speziell?", fragte Sirius höflich, aber er sah so aus, als wäre er kampfbereit und hatte seine Waffen schon auf Molly gerichtet.
„Dass Harry nicht mehr erfahren darf, als er wissen muss", zischte Molly und betonte die letzten beiden Wörter nachdrücklich.
Agnes ignorierte die Unterhaltung weitgehend, obwohl sie schon zuhörte. Sie hatte noch nicht Partei ergriffen, sondern wollte nur, dass sie es nicht wie Kleinkinder lösten, sondern wie erwachsene Leute.
„Ich habe nicht die Absicht, ihm mehr zu sagen, als er wissen muss, Molly", erwiderte Sirius und unterstrich wie auch Molly die letzten beiden Wörter, „Aber als derjenige, der Voldemort zurückkommen sah, hat er eher ein Recht als die meisten –"
„Er ist kein Mitglied des Phönixordens!", erinnerte Molly, „Er ist erst fünfzehn und –"
„Und er ist mit ebenso viel fertig geworden wie die meisten im Orden", sagte Sirius, „und mit mehr, als manche von sich behaupten können."
„Keiner bestreitet, was er getan hat!", rief Molly mit erhobener Stimme und ihre Fäuste auf den Armlehnen bebten, „Aber er ist immer noch –"
„Er ist kein Kind mehr!", sagte Sirius unwirsch und Agnes zuckte zusammen. Diese Aussage bedeutet ihr persönlich mehr, als es wahrscheinlich beabsichtigt war. Harry war kein Kind mehr? Hatten sie ihm die Kindheit gestohlen? Hatten sie das Recht dazu, zu behaupten, er sei kein Kind mehr?
„Ein Erwachsener ist er auch nicht!", erwiderte Molly und ihre Wangen färbten sich, „Er ist nicht James, Sirius!"
„Mir ist vollkommen klar, wer er ist, danke, Molly", sagte Sirius kühl. War Sirius sich sicher, wer Harry war, denn er behandelte ihn gerade viel zu sehr wie seinen besten Freund, als sein Kind, das in seiner Obhut ist. Er sollte dafür sorgen, dass so viel Dunkelheit von ihm wegbleibt und so wenig der unschönen Informationen nie an sein Ohr dringen. Es klang zwar unfair, aber das war die Aufgabe eines Elternteils und Sirius benahm sich gerade außerordentlich sehr so, als wäre Harry ihm anvertraut, obwohl Molly ihn schon länger kannte und ihn schon von Anfang an wie einer der ihren behandelt hatte.
„Da bin ich mir nicht so sicher!", bezweifelte Molly, „Manchmal redest du über ihn, als würdest du glauben, du hättest deinen besten Freund wieder!"
„Was soll daran falsch sein?", fragte Harry.
„Falsch daran ist, Harry, dass du nicht dein Vater bist, wie ähnlich du ihm auch sein magst!", stellte Molly klar und durchbohrte Sirius mit ihrem bösen Blick, als würde sie auch von ihm erwarten, dass er etwas sagte, „Du gehst noch immer zur Schule, und Erwachsene, die für dich verantwortlich sind, sollten das nicht vergessen!"
„Soll das heißen, ich bin ein verantwortungsloser Pate?", fragte Sirius und fuhr auf.
„Das soll heißen, dass du bekannt dafür bist, unüberlegt zu handeln, Sirius, weshalb Dumbledore dich dauernd ermahnt, zu Hause zu bleiben und –"
„Dumbledores Anweisungen für mich tun hier nichts zur Sache, wenn ich bitten darf!", unterbrach Sirius sie laut.
„Arthur!", wandte Molly sich nun an ihren Mann, „Arthur, sag doch was!"
Arthur sagte nichts, dann nahm er seine Brille ab und putzte sie langsam an seinem Umhang, als würde er eine Ausrede suchen, die ihn von einer Antwort abhielt. Dann setzte er sie wieder langsam auf und antwortete: „Dumbledore weiß, dass die Lage sich geändert hat, Molly. Er ist dafür, dass Harry jetzt, da er sich im Hauptquartier aufhält, bis zu einem gewissen Punkt unterrichtet wird."
„Ja, aber das heißt noch lange nicht, dass man ihn auffordert zu fragen, was immer er wissen will!", widerlegte Molly.
„Ich persönlich", meldete sich Remus das erste Mal und Molly wandte sich zu ihm um in der Hoffnung, endlich einen Verbündeten gefunden zu haben, „Ich persönlich halte es für besser, wenn Harry die Tatsachen erfährt – nicht alle Tatsachen, Molly, aber er sollte einen groben Überblick bekommen – von uns, und nicht eine entstellte Variante ... von anderen."
„Molly", meldete Agnes sich leise neben ihr, „Es wäre Harry nicht fair gegenüber, ihn ohne jegliche Informationen zu lassen. Gewisse Auskünfte sind wichtig für ihn, sie würden aber nur an dem kratzen, was wirklich vermutet oder bekannt ist."
„Nun", sagte Molly schwer atmend und sah vergeblich Hilfe suchend in die Runde, „nun ... ich sehe schon, ich werde überstimmt. Ich will nur eines sagen: Wenn Dumbledore nicht wollte, dass Harry zu viel erfährt, dann muss er seine Gründe dafür gehabt haben, und als jemand, dem Harrys ureigenes Wohl am Herzen liegt –"
„Er ist nicht dein Sohn", sagte Sirius leise und Agnes warf ihm einen bösen Blick zu.
„Aber so gut wie", meinte Molly heftig, „Wen hat er denn sonst noch?"
„Er hat mich!", meldete sich Sirius sofort.
„Ja", sagte Molly und ihre Lippen kräuselten sich, „die Sache ist nur die, dass es für dich recht schwierig war, sich um ihr zu kümmern, während du in Askaban eingesperrt warst, oder?"
Sirius machte Anstalten, sich zu erheben.
„Molly, du bist nicht der einzige Mensch hier am Tisch, der sich um Harry sorgt", sagte Lupin scharf, „Sirius, setz dich hin!"
Mollys Unterlippe bebte. Sirius sank langsam auf seinen Stuhl zurück. Er war weiß im Gesicht.
„Ich denke, Harry sollte dabei ein Wort mitreden dürfen", fuhr Lupin fort, „er ist alt genug, um selbst zu entscheiden."
„Ich will wissen, was inzwischen alles passiert ist", sagte Harry sofort.
„Also gut", sagte Molly mit brüchiger Stimme, „Ginny – Ron – Hermine – Tia – Fred – George – Agnes – ich will, dass ihr aus der Küche verschwindet und zwar sofort."
Augenblicklich kam es zum Tumult, bei dem Agnes nicht teilnahm. Sie kaute noch an ihren Kartoffeln und ihr Nachtisch wartete auch noch auf sie.
„Wir sind volljährig!", brüllten Fred und George im Chor.
„Wenn Harry darf, warum dann nicht ich?", rief Ron.
„Mum, ich will das hören!", klagte Ginny.
„NEIN!", schrie Molly ein Machtwort und erhob sich, „Ich verbiete euch abso–"
„Molly, Fred und George kannst du es nicht verbieten und Agnes auch nicht", erinnerte Arthur sie matt, „Sie sind volljährig."
„Sie gehen immer noch zur Schule."
„Aber dem Gesetz nach sind sie jetzt Erwachsene", sagte Arthur mit unveränderter müder Stimme. Molly war nun scharlachrot im Gesicht und sah noch wütender aus.
„Ich – oh, von mir aus, die drei können bleiben, aber Ron –"
„Harry erzählt mir und Hermine sowieso alles, was ihr sagt!", rief Ron aufgebracht, „Oder – oder nicht?"
Einen winzigen Moment sah Harry so aus, als würde er verneinen, aber dann sagte er doch: „Klar werd ich das!"
Ron und Hermine strahlten, während Agnes ihren Rhabarberauflauf mit Vanillesoße genoss.
„Schön!", rief Molly geschlagen, „Schön! Ginny, Tia – INS BETT!"
Ginny ging nicht leise und sie trampelte so laut die Treppen hoch, dass sie das Portrait von Mrs Black aufscheuchte und Remus musste schnell aus dem Raum, um die Vorhänge wieder vorzuziehen, damit das Geschrei verstummte, während Tia eher ruhig und gefasst nach oben ging und kein Theater daraus machte.
Erst, als Lupin wiederkam und seinen Platz gegenüber von Agnes wieder einnahm, begann Sirius zu sprechen: „Gut, Harry... was willst du wissen?"
Harry holte tief Luft und fragte sofort: „Wo ist Voldemort?"
Ein Schaudern lief durch den Raum und Agnes verschluckte sich fast an ihrem Auflauf, trank aber einen Schluck Wasser und hörte weiter zu.
„Was hat er unternommen?", fügte Harry hinzu, „Ich hab versucht die Muggelnachrichten zu sehen, und es gab noch nichts, was nach ihm aussah, keine merkwürdigen Todesfälle und dergleichen."
„Weil es bislang noch keine merkwürdigen Todesfälle gegeben hat", sagte Sirius, „jedenfalls soweit wir wissen ... und wir wissen eine ganze Menge."
„Auf jeden Fall mehr, als er glaubt", fügte Lupin hinzu.
„Wie kommt es, dass er aufgehört hat, Menschen zu töten?", fragte Harry.
„Weil er keine Aufmerksamkeit auf sich lenken will", erklärte Sirius, „Das wäre gefährlich für ihn. Seine Rückkehr ist ihm nicht ganz so gelungen, wie er sich das vorgestellt hat, verstehst du. Er hat sie vermasselt."
„Besser gesagt, du hast sie ihm vermasselt", Remus lächelte zufrieden.
„Wie?", fragte Harry perplex.
„Du solltest eigentlich nicht überleben!", sagte Sirius, „Niemand außer seinen Todessern sollte wissen, dass er zurück ist. Aber du hast überlebt und kannst es bezeugen."
„Und das Letzte, der wegen seiner Rückkehr alarmiert werden sollte, war Dumbledore", fügte Remus hinzu, „Und du hast dafür gesorgt, dass es Dumbledore sofort erfahren hat."
„Und was hat das gebracht?", fragte Harry.
„Machst du Witze?", entgegnete Bill ungläubig, „Dumbledore war der Einzige, vor dem Du-weißt-schon-wer jemals Angst hatte!"
„Dank dir konnte Dumbledore schon eine knappe Stunde nach Voldemorts Rückkehr den Orden des Phönix wieder einberufen", erinnerte Sirius.
„Und – was hat der Orden unternommen?", fragte Harry und blickte in die Runde. Agnes unterdrückte ein Schmunzeln und schob den leeren Teller von sich.
„Wir tun alles, was wir können, um dafür zu sorgen, dass Voldemort seine Pläne nicht verwirklichen kann", erwiderte Sirius.
„Woher wisst ihr, was er plant?", fragte Harry rasch.
„Dumbledore hat eine ungefähre Vorstellung", erzählte Remus, „und Dumbledores ungefähre Vorstellungen erweisen sich normalerweise als zutreffend." Er warf Agnes einen kurzen unauffälligen Blick zu, den sie nicht bemerkte.
„Und was vermutet Dumbledore, dass er plant?"
„Nun, zunächst will er seine Armee wiederaufbauen", begann Sirius, „In alten Zeiten standen gewaltige Scharen unter seinem Befehl: Hexen und Zauberer, die er erpresst oder verhext hatte, ihm zu folgen, seine getreuen Todesser, viele verschiedene dunkle Kreaturen. Du hast gehört, dass er vorhat, die Riesen für sich zu gewinnen; nun, das wird nur eine der Gruppen sein, die er für sich einnehmen will. Wir haben auch Kobolde, Inferi und Werwölfe im Visier."
Agnes zuckte zusammen, aber niemand bemerkte es, außer einer aufmerksamen, jungen Hexe, die Agnes einen besorgten Blick zuwarf.
„Mit Sicherheit wird er nicht versuchen, es nur mit einem Dutzend Todessern gegen das Zauberministerium aufzunehmen."
„Also versucht ihr, ihn aufzuhalten, bevor er noch mehr Anhänger bekommt?", vermutete Harry.
„Wir tun unser Bestes", erwiderte Remus.
„Wie?"
„Nun, das Wichtigste ist, dass wir versuchen, möglichst viele davon zu überzeugen, dass Du-weißt-schon-wer zurückgekehrt ist, damit sie sich wappnen", sagte Bill, „Das ist allerdings gar nicht so einfach."
„Warum?"
„Wegen der Haltung des Ministeriums", erklärte Tonks, „Du hast Cornelius Fudge gesehen, nachdem Du-weißt-schon-wer zurückgekommen war, Harry. Nun, er hat seine Position überhaupt nicht verändert. Er weigert sich steif und fest zu glauben, dass es so ist."
„Aber weshalb?", fragte Harry aufgebracht, „Weshalb ist er so dumm? Wenn Dumbledore –"
„Tja, da hast du den Finger auf die Wunde gelegt", unterbrach Arthur ihn mit einem gequälten Lächeln, „Dumbledore."
„Fudge hat Angst vor ihm, verstehst du", sagte Tonks traurig.
„Angst vor Dumbledore?", fragte Harry ungläubig.
„Angst vor dem, was er vorhat", erwiderte Arthur, „Fudge glaubt, Dumbledore heckt eine Verschwörung aus, um ihn zu stürzen. Er glaubt, Dumbledore will Zaubereiminister werden."
„Aber Dumbledore will doch nicht –"
„Natürlich will er nicht", sagte Arthur, „Er wollte nie das Amt des Ministers, obwohl eine Menge Leute ihn dazu gedrängt haben, als Millicent Bagnild in den Ruhestand ging. Stattdessen kam Fudge an die Macht, aber er hat nie vergessen, welch breite Unterstützung Dumbledore genoss, obwohl er sich nie um den Posten beworben hatte."
„Tief im Inneren weiß Fudge, dass Dumbledore weit klüger ist als er, ein viel mächtigerer Zauberer, und in seiner frühen Amtszeit als Minister hat er Dumbledore ständig um Hilfe und Rat gebeten", zeigte Remus auf, „Aber wie es scheint, hat er sich mit der Macht angefreundet und ist viel selbstsicherer geworden. Er genießt es, Zaubereiminister zu sein, und hat es geschafft, sich einzureden, dass er der Klügste ist und dass Dumbledore nur Scherereien um ihrer selbst willen heraufbeschwört."
„Wie kann er so etwas glauben?", fragte Harry zornig, „Wie kann er glauben, dass Dumbledore alles nur erfindet – dass ich alles erfinde?"
„Wenn das Ministerium sich eingestehen würde, dass Voldemort zurück ist, hieße das, sie hätten es mit den größten Schwierigkeiten seit fast vierzehn Jahren zu tun", bemerkte Sirius bitter, „Fudge bringt es einfach nicht fertig, sich dem zu stellen. Es ist ja so viel bequemer, wenn er sich einredet, Dumbledore lüge, um seine Stellung zu untergraben."
„Da liegt das Problem", sagte Remus, „Wenn das Ministerium darauf beharrt, dass es von Voldemort nichts zu befürchten gibt, ist es schwierig, die Leute davon zu überzeugen, dass er zurück ist, besonders da sie es zunächst im Grunde gar nicht glauben wollen. Zudem übt das Ministerium starken Druck auf den Tagespropheten aus, nichts von dem zu berichten, was sie Dumbledores Gerüchteküche nennen, also hat der größte Teil der Zauberergemeinschaft überhaupt keine Ahnung, dass irgendetwas geschehen ist, und das macht sie zu leichter Beute für die Todesser, wenn die den Imperium-Fluch einsetzen."
„Aber ihr erzählt es doch den Leuten, oder nicht?", fragte Harry und blickte reihum, „Ihr lasst die Leute doch wissen, dass er zurück ist?"
Sie lächelten alle gezwungen.
„Nun ja, alle glauben, ich sei ein verrückter Massenmörder, und das Ministerium hat einen Preis von zehntausend Galleonen auf meinen Kopf ausgesetzt. ich kann wohl kaum durch die Straßen ziehen und Flugblätter verteilen, oder?", bemerkte Sirius unruhig.
„Nur zehntausend Galleonen?", fragte Agnes unbeeindruckt, „Ich glaube, in meinem Familienverließ sind zehn Mal so viel."
„Auf meinen wahrscheinlich auch", lächelte Sirius.
„Ich bin bei den meisten in der Gemeinschaft kein sonderlich beliebter Dinnergast", gab Remus zu, „Das gehört zum Berufsrisiko eines Werwolfs." Er lächelte Agnes traurig an und sie verstand die versteckte Nachricht.
„Tonks und Arthur würden ihre Stellen im Ministerium verlieren, wenn sie anfingen, den Mund aufzumachen", zeigte Sirius auf, „und es ist sehr wichtig für uns, Spione im Ministerium zu haben, weil du davon ausgehen kannst, dass Voldemort auch welche hat."
„Immerhin haben wir es geschafft, ein paar Leute zu überzeugen", sagte Arthur, „Tonks hier zum Beispiel – das letzte Mal war sie noch zu jung für den Orden des Phönix, und Auroren auf unserer Seite zu haben ist ein gewaltiger Vorteil – auch Kingsley Shacklebolt ist ein echter Trumpf; er ist verantwortlich für die Jagd nach Sirius, also hat er das Ministerium mit der Information gefüttert, dass Sirius in Tibet sei."
„Aber wenn keiner von euch die Nachricht verbreitet, dass Voldemort zurück ist –", fing Harry an, wurde aber von Sirius unterbrochen: „Wer sagt, dass keiner von uns die Nachricht verbreitet? Warum glaubst du, hat Dumbledore so viel Ärger?"
„Was soll das heißen?", fragte Harry.
„Sie versuchen ihn unglaubwürdig zu machen", erklärte Remus, „Hast du letzte Woche nicht den Tagespropheten gelesen? Sie haben berichtet, dass er aus dem Vorstand der Internationalen Zaubervereinigung rausgewählt wurde, weil er alt werde und nicht mehr alle Tassen im Schrank habe, aber das stimmt nicht; er wurde von Ministeriumszauberern rausgewählt, nachdem er in einer Rede Voldemorts Rückkehr verkündet hatte. Sie haben ihm das Amt des Großmeisters beim Zaubergamot entzogen – das ist das Oberste Gericht der Zauberer – und sie reden davon, ihm auch den Merlinorden erster Klasse abzuerkennen."
„Aber Dumbledore sagt, ihm ist egal, was sie tun, solange sie ihn nicht aus den Schokofroschkarten rausnehmen", bemerkte Bill grinsend.
„Das ist nicht zum Lachen", tadelte Arthur ihn scharf, „Wenn er dem Ministerium weiterhin auf diese Weise die Stirn bietet, könnte er in Askaban landen, und das Letzte, was wir wollen, ist ein eingesperrter Dumbledore. Solange Du-weißt-schon-wer weiß, das Dumbledore irgendwo da draußen ist und seine Absichten kennt, wird er mit Bedacht vorgehen. Wenn Dumbledore aus dem Weg ist – dann hat Du-weißt-schon-wer freie Bahn."
„Aber wenn Voldemort versucht noch mehr Todesser zu gewinnen, muss doch rauskommen, dass er zurück ist, oder?", fragte Harry verzweifelt.
„Voldemort marschiert nicht zu den Leuten hin und klopft an ihre Türen, Harry", erklärte Sirius geduldig, „Er überlistet, er verhext und erpresst sie. Er handelt im Geheimen, darin hat er viel Übung. Er ist sowieso nicht nur daran interessiert, Gefolgsleute zu sammeln. Er hat noch andere Pläne, Pläne, die er tatsächlich ganz ohne Aufsehen verwirklichen kann, und im Moment konzentriert er sich auf die."
„Was sucht er denn, abgesehen von Gefolgsleuten?", fragte Harry rasch. Sirius und Remus schienen einen schnellen Blick zu tauschen, bevor Sirius antwortete: „Dinge, die er nur absolut heimlich bekommen kann."
Das sagte nicht mehr, als sie schon gesagt hatten, also fügte Sirius hinzu: „Zum Beispiel eine Waffe. Etwas, das er das letzte Mal nicht hatte."
„Als er schon einmal Macht hatte?"
„Ja."
„Was für eine Waffe?", fragte Harry, „Etwas Schlimmeres als Avada Kadavra –?"
„Das reicht jetzt!", unterbrach Molly sie jetzt. Sie hatte Ginny und Tia hochgebracht und war unauffällig zurückgekommen und stand nun im Schatten der Tür.
„Ich möchte, dass ihr zu Bett geht, sofort. Und zwar alle", fügte sie hinzu und ließ den Blick über die jüngeren am Tisch wandern.
„Du kannst uns hier nicht rumkommandieren –", begann Fred.
„Pass auf!", fauchte Molly. Sie zitterte leicht, als sie Sirius ansah, „Ihr habt Harry eine Menge Informationen gegeben. Noch ein wenig mehr, und ihr könnt ihn auch gleich in den Orden aufnehmen!"
„Warum nicht?", warf Harry rasch ein, „Ich werde beitreten, ich will beitreten, ich will kämpfen."
„Nein." Nicht Molly hatte gesprochen, sondern Remus, „Der Orden besteht nur aus volljährigen Zauberern – Zauberern, die mit der Schule fertig sind.", fügte er mit einem Blick auf Fred und George hinzu, die sich schon beschweren wollten, „Es sind Gefahren damit verbunden, von denen ihr nichts ahnen könnt, keiner von euch... Ich glaube, Molly hat Recht, Sirius. Wir haben genug gesagt."
Sirius zuckte mit den Schultern, sagte aber nichts. Molly winkte alle hinaus, aber Agnes blieb zurück und mit einem vielsagenden Blick zu Molly war es ihr erlaubt.
Molly verschwand mit den jüngeren nach oben, während alle ihre Blicke auf Agnes legten, die offensichtlich noch etwas loswerden musste.
„Ich habe Remus schon erzählt, ich habe heute Greyback getroffen", begann sie und sie sahen sie erstaunt an, „Er hat mir unter anderem einen Platz in seinem Rudel angeboten, aber während wir gesprochen haben, sind mir noch mehr Dinge eingefallen. Laut ihm schließen sie sich dem Dunklen Lord an. Seine Worte waren, dass er ihnen die Freiheit geben wird, die sie verdienen."
„Greybacks Rudel ist riesig", bemerkte Remus besorgt, „Beinahe alle wilden Werwölfe sind ein Teil davon. Viele von ihnen sind auch von Greyback selbst gebissen worden. Wenn Greyback zu Voldemort geht, können wir damit rechnen, dass so ziemlich jeder andere Werwolf auch dabei ist."
„Ich bin nicht dabei", meldete sich Agnes scherzhalber und die anderen am Tisch brachten tatsächlich ein Lächeln zustande.
„Danke für die Information", bedankte sich Arthur, „Hat er sonst noch etwas gesagt?"
„Nur, dass sich mein Vater in seiner Zelle erhängt hat", fiel ihr ein und es sofort kippte die Stimmung wieder und Agnes merkte, dass es ihr Zeichen war, ins Bett zu gehen.
„Gute Nacht", meinte sie rasch und verließ das Esszimmer. Auf dem Weg nach oben kam ihr Molly entgegen, der sie ebenfalls noch eine gute Nacht wünschte und Molly zwang sich zu lächeln.
Agnes ging in ihr Zimmer und legte sich ins Bett. Sie dachte an ihren Vater und daran, wie glücklich sie eigentlich darüber war, dass er tot war, aber auf der anderen Seite fragte sie sich, warum er sich selbst umgebracht hatte, immerhin war der Dunkle Lord gerade erst wieder an die Macht gekommen.
Mit diesen dunklen Gedanken schloss sie die Augen und es wurde still.
Kaum hatte Agnes die Augen geschlossen, da hörte sie einen leisen Knall und sofort sprang sie alarmiert auf. Ihr Zauberstab war in Sekundenschnelle in ihrer Hand und stumm wirkte sie den Zauber Lumos.
In dem grellen Licht ihres Zauberstabs sah sie ein bekanntes Gesicht und sie entspannte sich ein wenig.
„Fred, was machst du hier?", fragte sie müde und setzte sich zurück auf ihr Bett.
„Wo bist du heute gewesen?", fragte Fred sie.
„Warum?", Agnes grinste, „Hast du mich etwa vermisst?"
„Vielleicht", erwiderte Fred neckisch und im ersten Moment wusste Agnes nicht, was sie antworten sollte.
„Es ist mir nur nicht so gut gegangen, ich bin in meinem Zimmer gewesen", log sie ohne rot zu werden. Es war ihr egal, wenn sie lügen musste, solange ihr Geheimnis ein Geheimnis blieb.
„Und warum hast du dir dann deine Hände verletzt?", fragte Fred.
„Bist du jetzt etwa auch noch Detektiv? Vielleicht ein paranoider Auror wie Moody?", fragte Agnes leicht gereizt und verschränkte die Arme so, dass man ihre verbundenen Hände nicht mehr sehen konnte.
„Vielleicht mache ich mir nur Sorgen um dich", gestand Fred leise und Agnes sah ihn ungläubig an, klärte aber ihren Kopf und blaffte: „Ich brauche niemanden, der sich um mich Sorgen macht, das übernimmt Remus schon sehr gut allein."
„Warum Lupin? Was hat das mit ihm zu tun?", hinterfragte Fred und Agnes verfluchte sich selbst und hoffte, sie hatte nicht schon genug verraten.
„Er und Sirius machen sich ja solche Sorgen um mich", verbesserte sie sich, „Ich brauche nicht noch jemanden."
„Vielleicht würde ich mir keine Sorgen machen, wenn ich wüsste, was mit dir passiert ist", bemerkte Fred patzig, „Du tauchst auf – Narben am ganzen Körper, aber kein Wort wird darüber gesprochen. Ich habe gehofft, dass wir wenigstens heute ein paar Informationen bekommen, aber nichts – absolut nichts! Was soll ich mir denn schon denken?"
„Wie wäre es mit gar nichts? Solltest du einmal probieren – man hat danach keine Kopfschmerzen mehr", riet sie ihm sarkastisch.
„Vielleicht würde es dir helfen, wenn du jemanden darüber erzählen würdest. Geheimnisse verursachen auch Kopfschmerzen", konterte Fred.
„Ich habe es jemanden erzählt – Sirius weiß es und so ziemlich der restliche Orden. Sogar Dumbledore weiß es – reicht dir das nicht?", fragte sie.
„Ich hätte nur gedacht, du würdest mir mehr vertrauen, als dem Orden", gestand Fred und disapparierte mit einem leisen Knall.
Agnes war wütend auf ihn. Warum sollte sie ihm vertrauen? Hatte sie jemals den Anschein erweckt, als würde sie ihm so sehr vertrauen, dass sie ihm ein solches Geheimnis sagen würde. Natürlich mochte sie Fred, aber manchmal war er so kompliziert und verwirrend, wie jedes andere menschliche Wesen.
In diesen Moment sprang Dorothy auf ihr Bett und kuschelte sich an sie. Mit der schnurrenden Katze an ihrer Seite konnte sie endlich wirklich entspannen und sie schlief ein.
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