43. Kapitel
Wie Agnes erfuhr, war das ehrenwerte Haus der Blacks nicht nur mehr ein verlassenes Haus, sondern war auch noch das Hauptquartier des Ordens des Phönix geworden, einer von Dumbledore gegründeten Organisation gegen Voldemort.
Nach der ersten Versammlung, in der es mehr oder weniger um ihre Zukunft gegangen war, war auch ihr es nicht mehr gestattet, die Zusammenkünfte der anderen erwachsenen Mitglieder zu besuchen. Es war ihr nicht ganz recht, immerhin war sie eigentlich volljährig und konnte auf sich selbst aufpassen, auf der anderen Seite fühlte sie sich erleichtert, dass sie außer ihren eigenen Problemen nicht auch noch die der restlichen Welt auf ihren Schultern tragen musste und wiegte sich sicher in ihrer Unwissenheit.
Fred und George waren da zwar anderer Meinung und schienen alles ihnen mögliche zu tun, damit sie wenigstens hören konnten, um was es ging, während Agnes versuchte, ihre Gedanken zu ordnet. Sie war Stunden vor einem Spiegel gestanden und hatte ihre Narben betrachtet. Sie waren auffällig und sie wusste, jedem würden sie sofort auffallen, also versuchte sie sie mit ihren gelockten Haaren so gut es ging zu verbergen, aber es gelang ihr nicht wirklich und die Haare störten ihre Sicht. Neben den Fluchnarben an ihrem rechten Arm kamen dann noch die Narben des Angriffs hinzu und sie entdeckte die Spuren auf ihrem Rücken. Sie fühlte sich wie Moody mit all den Narben und wusste nicht, wie andere auf ihr Aussehen reagieren würden, aber auch sorgte sie sich um ihre Verwandlung, die immer näher rückte.
Jeden Morgen fühlte sie sich nicht ausgeruht, sondern genauso müde, wie am Tag zuvor. Dunkle Augenringe waren unter ihren Augen zu sehen, aber sie gewöhnte sich an die ständige Erschöpfung.
Es war ein physischer und psychischer Kraftakt, aufzustehen und müde schlich sie sich die Treppen hinunter. Sie konnte das Frühstück schon riechen und wie immer fühlte sie sich hungrig – noch eine Veränderung, die mit dem Biss kam.
Erwartungsvoll öffnete sie die Tür und sah am Küchentisch schon beinahe alle anderen sitzen, die im Haus übernachteten.
Sirius war stirnrunzelnd in einer Zeitung vertieft und bewegte aufgebracht die Lippen zu den Worten, die er las, während er gedankenverloren an seinem Tee nippte.
Etwas abseits mit einem Skizzenblock in der Hand und eifrig zeichnend saß Tia Fuego, ein Mädchen, mit dem Agnes noch nie so viel zu tun gehabt hatte, nachdem sie weder Quidditch spielte, noch in ihrem Haus war noch in ihrem Jahrgang, aber sie hatte erfahren, dass sie Remus Lupins Tochter war.
Fred und George arbeiteten an einer neuen Erfindung für ihren Scherzartikelladen und waren wispernd in ein Gespräch vertieft, aber Fred konnte nicht anders, als aufzusehen, als Agnes den Raum betrat. Er fand, sie sah so wunderhübsch aus, obwohl sie wahrscheinlich erst aufgestanden war, denn sie trug noch ihr Schlafgewand – eine bequeme Hose und ein T-Shirt mit einer Aufschrift einer Muggel-Band. Die kurzen Ärmel entblößten ihre Narben, die Fred schon immer aufgefallen waren. Die dunkleren Blitznarben wurden nun teilweise von hässlichen, bleichen Narben überdeckte und sie überschnitten sich zu einem grauen Wühlst. Auch an ihrem anderen Arm bedeckten nun Narben ihre bleiche Haut, aber sie hatten nie erfahren, woher sie die hatte. Ihre Mutter hatte ihnen strikt verboten sie zu fragen und Agnes selbst schien so zu tun, als wären sie nicht hier.
Molly war gerade dabei, Remus Speck und Eier auf seinen Teller zu tun, als sie Agnes bemerkte.
„Setz dich, hast du Hunger?", fragte sie sie sofort und Agnes nickte. Sie setzte sich neben Tonks, einer jungen Aurorin mit pinken Haare und hübschem Gesicht.
„Guten Morgen", wünschte Agnes allen.
„Guten Morgen, antwortete Remus, „Hast du gut geschlafen?"
Agnes überlegte einen Moment, denn besonders gut hatte sie nicht geschlafen, also antwortete sie: „Nein, nicht wirklich."
„Das ist das Haus", bestimmte Sirius und sah von der Zeitung auf, „Es sendet negative Strahlung aus!"
„Was auch immer du sagst, Sirius", murmelte Agnes.
„Hier bitte, Liebes", Molly stellte einen vollgefüllten Teller vor Agnes, die sofort zu essen begann. Agnes war schon von Anfang an überrascht gewesen, welche Leute anwesend waren. Leute, von denen man gar nicht vermutet hatte, dass sie irgendwie zum Orden gehören könnten, aber auch, dass Hermine Granger da war, hatte sie verwundert. Immerhin war sie eine Muggelgeborene und hatte Eltern und eine Familie, aber trotzdem war sie, wie Agnes erfahren hatte, schon von Anfang an ebenfalls in diesem Haus eingesperrt.
Noch überraschender war, dass Harry Potter nicht da war. Immerhin war er doch eine Schlüsselfigur in all dem und es gab wenige Gründe, warum er nicht hier sein sollte.
„Was ist mit Harry?", fragte Agnes und alle sahen auf, als hätte sie etwas Falsches gesagt.
„Dumbledore findet, wir sollten Harry so lange wie möglich bei den Muggeln lassen, wo er laut ihm sicher ist", man hörte aus Sirius' Ton heraus, dass er nicht einer Meinung mit Dumbledore war, aber er musste sich wohl oder übel dem Machtwort ergeben.
„Es wird die Zeit kommen, in der Harry auch hierherkommt, aber im Moment ist er besser bei seiner Familie aufgehoben", erklärte Remus beschwichtigend, aber auch er sah nicht ganz überzeugt aus.
Nach dem Frühstück ging es an Aufräumarbeiten. Agnes hatte schnell gelernt, dass das Haus in einem schlimmeren Zustand war, als erwartet. Jedes Zimmer musste aufgeräumt, entstaubt und am wichtigsten – entgiftet werden. Allerlei magische Wesen hatten sich angesiedelt und dazu gehörten nicht nur Irrwichte, mit denen Agnes lieber nichts zu tun haben wollte, sondern auch Doxys und andere Wesen.
Es war außerordentlich anstrengend für alle, die Räume zu säubern, besonders da es so schien, als hätte sich Agnes' Geruchsinn ein wenig verbessert und der Staub stach ihr noch mehr in der Nase, als früher.
Schlecht gelaunt kam sie von einer Entgiftungsaktion zurück, bei der sie das Gefühl hatte, als wäre sie die gewesen, die vergiftet worden wäre. Sie fand sich in der leeren Küche wieder und bemerkte, wie lange es schon her war, seit sie das letzte Mal etwas gebacken hatte.
Nicht lange und die Zutaten, die sie brauchte lagen auf der Theke und mit dem Zauberstab ließ sie alles schweben und dosierte alles nach Gefühl, wie sie es immer machte.
Als Remus etwas in der Küche klappernd hörte, sah er nach und sah, wie Agnes mit funkelnden Augen den Teig in der Luft mixte und in eine Kuchenform goss.
Lächelnd bemerkte er, wie sie schon langsam wieder sie selbst wurde, auch wenn man die ständige Erschöpfung und Müdigkeit von ihr nicht übersehen konnte.
Agnes heizte den Ofen an und stellte den rohen Kuchen in das heiße Rohr.
Während der Teig backte, sah sie sich um, ob sie etwas finden konnte, mit dem sie den Kuchen verzieren konnte, aber anders als in der Küche von Hogwarts, gab es hier nicht immer Süßigkeiten und Schokolade.
Stattdessen musste sie wohl oder übel mit etwas Zucker auskommen, den sie über den Kuchen streute.
Stolz betrachtete sie ihr einfaches Werk und stellte es einfach in das Esszimmer, damit sich jeder nehmen konnte. Sie hatte backen vermisst und sie vermisste auch die gewisse Freiheit, die sie genossen hatte, als sich noch niemand um sie gekümmert hatte, aber damit war es wohl vorbei, denn auch sie musste zugeben, dass es nie mehr so sein wird, wie früher.
Heftige Kopfschmerzen begrüßten Agnes am frühen Morgen und noch müder als sonst verließ sie ihr Bett. Sie fühlte sich grauenvoll und krank. Ihr war abwechselnd zu heiß oder zu kalt, sie zitterte die ganze Zeit, ihre Augen fühlten sich schwer an und brannten, als hätte sie seit Tagen nichts mehr geschlafen und ihre Muskeln fühlten sich so lahm und schwach an, als hätte sie die ganze Nacht trainiert, anstatt zu schlafen.
Als sie an diesem Tag nach unten zum Frühstück ging, wurde sie zwar von allen freundlich begrüßt, aber sie wollte einfach nur etwas zu essen und ihre Ruhe.
„Du siehst krank aus, bist du sicher, dir geht es gut?", fragte Fred sie besorgt und meinte es nur nett, aber Agnes fuhr ihn wütend an: „Hast du keine eigenen Probleme oder warum hackst du auf meinen herum?"
Erschrocken von ihrer Reaktion wich er zurück und ließ sie lieber sein. Auch Hermine, die schon länger hier war, sah Agnes besorgt an, verstand aber, dass sie wohl nicht mit ihr sprechen wollte. Sie war neugierig, was passiert war, dass Agnes so zugerichtet war und sie sah schrecklich aus. Es war ein Geheimnis, das Hermine lösen wollte.
Wenig später betrat Remus das Esszimmer und er sah beinahe so schlimm aus, wie Agnes, wobei er nach den Jahren als Werwolf schon besser damit zurechtkam, als Agnes, die sich in dieser Nacht vermutlich das erste Mal verwandeln würde.
„Agnes, kann ich mit dir sprechen?", fragte er sie so höflich wie möglich, obwohl sein Kopf schmerzte und er sich einfach wieder bis zum Abend in seinem Bett verkriechen wollte.
Agnes knurrte leise, stand aber dann doch auf und folgte Remus nach draußen, damit sie privat sprechen konnten.
„Ich habe einen Ort, zu dem ich immer gehe, wenn ich mich verwandle", begann er zu erklären und Agnes sah ihn nur finster an, „Dumbledore hat mir aufgetragen, auf dich aufzupassen, wenn du dich das erste Mal verwandelst. Ich nehme den Wolfsbanntrank, aber du nicht, also solltest du dich verwandeln, hast du im Gegensatz zu mir keine Kontrolle mehr über dich, aber ich werde dafür sorgen, dass dir so wenig wie möglich passiert."
Agnes nickte nur stumm.
„Es besteht eine geringe Möglichkeit, dass du dich nicht verwandelst. In diesem Fall kann dir nichts passieren, da ich die Kontrolle über mich habe, also bleibe einfach ruhig und bleibe in meiner Nähe, verstanden?", fragte Remus sie.
„Ich bin doch kein Baby", grummelte Agnes.
„Wir sorgen uns nur um dich", beschwichtigte Remus sie, aber Agnes wollte nicht auf ihn hören.
„War das alles? Sonst würde ich mich jetzt gerne noch einmal hinlegen und ein wenig schlafen, immerhin habe ich das Gefühl, als hätte ich seit Wochen nichts geschlafen", blaffte sie.
„Ich hole dich dann, wenn es soweit ist, dass wir gehen", versprach Remus und sah dabei zu, wie sich Agnes in einen der sauberen Räume legte, in dem es ein Sofa gab und einen Kamin, in dem trotz der warmen Jahreszeit sogar ein Feuer brannte.
Am frühen Abend apparierten die beiden Werwölfe gemeinsam in eine abgelegene Jagdhütte, die seit Jahren verlassen in einem dunklen Wald stand. Die Wände waren voller Kratzer und die wenigen Möbel waren zerstört.
„Sehr hübsch", bemerkte Agnes schlecht gelaunt. Sie fühlte sich so, als hätte sie enge Kleidung an. Als wäre ihr eigener Körper zu klein für sie, als wäre sie im falschen Körper und alles, das sie wollte, was endlich freikommen. Wie ein Schmetterling, der sich aus seiner Puppe kämpft und endlich seine Flügel aufpumpen konnte.
„Hier sind wir sicher", versprach Remus, „Es hat zwei Räume – falls du dich umziehen willst und für morgen in der Früh sind draußen in einer Kiste Decken."
Agnes hatte extra alte Kleidung angezogen, die sie noch aus dem Kinderheim besaß und ihr viel zu weit waren, aber trotzdem ging sie in den anderen Raum. Sie setzte sich in die Mitte und wartete. Es wurde dunkel und der Mond ging auf, aber nichts passierte, sie hörte aber auch nicht, dass sich bei Remus etwas tat, als sie plötzlich Schmerz spürte. Es fühlte sich so an, als würde sie sich zu sehr strecken und von einer unsichtbaren Macht auseinandergezogen werden mit einer solchen Kraft und Gewalt, dass ihre Knochen brachen und wieder zusammenwuchsen, ihre Gelenke aus ihren Pfannen sprangen und sich wiedereinsetzten. An ihrem ganzen Körper wuchs Haar und ihr Gesicht wurde zu einer Schnauze.
Remus hörte ihre Schmerzensschreie, aber er selbst hatte mit der Verwandlung zu kämpfen. Dank seiner Erfahrung war er schneller verwandelt, als sie und sah noch dabei zu, wie zuletzt ihre Krallen wuchsen und die letzten Haare auf ihrem Körper sprossen.
Der verwandelte, riesige Wolf sank zu Boden und blieb einen Moment reglos stehen, dann richtete er sich auf und heulte. Es war ein grauenvolles Heulen und Remus wusste, dass die Verwandlung vollendet war.
Agnes als Wolf sah sich um und entdeckte, dass er eingesperrt war. Er wollte morden, er wollte jagen, er wollte Blut schmecken, aber stattdessen sah er um sich herum nur Wände.
Wütend rannte er dagegen und kratzte an dem Holz, aber ihm gelang es nicht, sie einzureißen. Frustriert heulte er wieder und warf sich immer wieder gegen die Wände, aber nichts geschah, außer dass er sich mit seinen langen Krallen selbst verletzte.
Remus warf sich zwischen Wolf und Wand und einen Moment blieb Agnes als Wolf verwirrt stehen, aber sie griff ihn wie erwartet nicht an.
Stattdessen ließ sie nur von der Wand ab und suchte einen anderen Ausweg. Die fand den Durchgang zu dem Zimmer, in dem Remus sich verwandelt hatte und kroch hinein, fand aber auch dort nur Wände.
Enttäuscht suchte sie einen anderen Ausweg, fand aber nur ein Fenster, dass zu hoch oben war, als dass sie es erreichen könnte.
Remus folgte ihrem Blick, dachte sich aber nichts dabei, denn er selbst hatte schon probiert, ob es möglich war, durch das Dachfenster nach draußen zu kommen, aber in diesem Moment sprang Agnes nach oben, erreichte das Fenster aber nicht und fiel wieder auf den Boden, sie gab aber nichts auf.
Beim zweiten Versuch spannte sie ihre Hinterbeine an und sprang hoch in die Luft, erwischte das Fenster mit ihrer mächtigen Klaue und zerbrach es.
Nun wurde Remus doch etwas nervös und sah dabei zu, wie Agnes aufheulte, als die scharfen Glasscherben ihre Pfoten aufschnitten, aber sie gab immer noch nicht auf und sprang ein drittes Mal in die Luft, erreichte den Rand des Fensters und zog sich hinauf.
Remus konnte nur dabei zusehen, wie sie aus dem Fenster nach draußen verschwand und in die Nacht rannte.
Wenigstens waren sie weit weg von Zivilisation, aber es war trotzdem nicht gut, dass sie nun frei war und er hoffte, dass ihr nichts passierte.
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