39. Kapitel

Die Prüfungen waren die Hölle auf Erden. Agnes quälte sich durch jedes einzelne Fach, sie lernte sich beinahe zu Tode und obwohl sie sich in Zauberkunst etwas leichter tat, so waren die anderen Fächer als ZAG-Fächer anspruchsvoller, als je zuvor. Sie schlief kaum noch und als sie dann endlich ihre letzte Prüfung hinter sich hatte, fühlte sie sich so frei und erfüllt, wie sie es erst nach den ZAGs gespürt hatte.

Am selben Tag, an dem sie ihre letzte Prüfung – Verwandlung schrieb, fand die letzte Aufgabe statt und Agnes freute sich, dass es dann endlich vorbei war.

Duncan und Grant hatten ihre NEWTs geschrieben und sahen sich beinahe melancholisch immer wieder in der Schule um, erzählten sich alte Geschichten und taten so, als wäre es Jahre her, seit sie das letzte Mal den Gemeinschaftsraum betreten hatten.

Agnes fand es schade, dass zwei so talentierte Quidditch-Spieler die Schule verlassen würden, aber sie freute sich auch für die beiden. Grant und Duncan würden ihre Träume ausleben und als Ersatzspieler bei den Liverpool-Lizards spielen. Sie waren nicht die beste Quidditch-Mannschaft auf der Welt, aber Duncan war positiv, dass er sich, wenn er sich nur bemühte, schnell verbessern würde und bald schon für England in der nächsten Weltmeisterschaft spielte. Wichtig war nur, dass sie genug bezahlt bekommen würden, dass er von Quidditch leben konnte.

„Glückspilze", grummelte Roger missmutig, als Duncan und Grant ihnen davon erzählten, „Hätte nie gedacht, dass sie es schaffen. Und ich habe gedacht, gute Noten sind das Um und Auf für einen Traumjob, stattdessen ist es nur eine Menge Glück und Schamlosigkeit!"

„Freu dich für ihn", lächelte Agnes, „Nächstes Jahr bist du der, der allen stolz erzählen wird, dass er in einem Quidditch-Team spielt!"

„Das will ich doch hoffen!", rief Roger und sah stolz auf sich aus, „Immerhin trainiere ich heimlich schon das ganze Jahr über und nächstes Jahr stampfen wir die anderen Teams in den Rasen ein, wenn wir wieder Matches gegeneinander spielen!"

„Darauf hoffe ich!", grinste Agnes ebenfalls.

„Hey, Agnes!", rief Fred und Roger verzog leicht angeekelt das Gesicht, als Fred und George zu ihnen kamen.

„Wir reden später weiter", versprach Roger und verabschiedete sich. Er war kein Fan der Zwillinge und verstand nicht wirklich, wie Agnes mit ihnen reden konnte, aber er verstand, dass sie mit ihnen befreundet war und akzeptierte es.

„Was ist?", fragte Agnes Fred.

„Du bist doch eine kluge Hexe", begann George grinsend und Agnes hob eine Augenbraue.

„Du schmeichelst mir!", winkte sie ab, „Bist du nur hier, um mir Honig ums Maul zu schmieren oder willst du mit dem Gespräch auch etwas erreichen?"

„Wir planen schon das ganze Jahr über nach der Schule einen Scherzartikelladen zu eröffnen und wir wollten dich fragen, ob du dir eventuell eines unserer Rezepte ansehen kannst", bat Fred sie.

„Rezepte? Wofür?", fragte Agnes misstrauisch.

„In diesem Fall für Windbeutel gefüllt mit Kanariencreme", überlegte George.

Einen Moment musterte Agnes die beiden, als ihr Blick auf eine rothaarige, etwas dickere Frau fiel. In ihrer Begleitung war Bill, der nicht zu übersehen war.

„Ist das nicht eure Mom?", fragte sie die beiden und sie wandten sich synchron um, sahen sich an und Fred bemerkte: „Tatsächlich. Was macht sie hier? Haben wir wieder aus Versehen eine Toilette gesprengt?"

„Vielleicht hat sie auch von den Geschäften erfahren", befürchtete George.

„Dann würde ich um mein Leben rennen, aber sie sieht nicht wütend aus. Harry ist bei ihr, oder? Vielleicht ist sie sein Familienersatz für die letzte Aufgabe", überlegte Agnes.

„Wäre möglich", stimmte Fred ihr zu. Zum Schluss beschlossen die drei einfach einmal zu ihr zu gehen und sie zu fragen.

„Hey Mom, was machst du hier?", fragte Fred sie unsicher.

„Ich sehe mir Harrys letzte Aufgabe an, ist das nicht aufregend? Ich kann es immer noch nicht fassen, dass sie es erlaubt haben, aber du bist doch so weit gekommen!", schwärmte Mrs Weasley, „Und da ist ja auch Agnes! Wie geht es dir? Du siehst so mager und müde aus, schläfst du nicht genug?"

„Die Prüfungen haben mich schon wach gehalten", gab Agnes zu. Mrs Weasley warf den Zwillingen einen mahnenden Blick zu und erinnerte sich: „Meine beiden hier haben sich nie die Mühe gemacht, lange wach zu bleiben, um zu lernen – nur wenn es um Scherze geht scheinen sie keine Müdigkeit zu kennen."

„Ich will nur das letzte Jahr auch noch hinter mich bekommen und endlich nicht mehr lernen müssen", gab Agnes lachend zu.

„Dabei lernt man nie im Leben aus", erinnerte Mrs Weasley sie.

„Ja, aber man kann noch träumen", lächelte Agnes, „Aber jetzt muss ich Roger finden, ich habe ihm versprochen mit ihm zusammen die Aufgabe anzuschauen und lange kann es nicht mehr dauern, oder? Bis später dann – ich werde natürlich Harry und Cedric anfeuern!"

Sie drückte sie Daumen und verschwand aus der großen Halle.

„Freddie, Schatz, ist dieser Roger ihr Freund?", fragte Mrs Weasley ihren Sohn.

„Nein, nur ihr bester Freund seit Jahr zwei", erklärte Fred locker und er sah nicht, wie Molly und Bill beide erleichtert ausatmeten – Fred hatte also doch noch eine Chance bei ihr.

„Quidditch-Kapitän der Ravenclawmannschaft", informierte George sie.

„Kapitän? Das ist doch nett, wenn sie so gut befreundet sind und in einem Team spielen!", bemerkte Molly glücklich.

Später fanden sich alle in der Quidditch-Arena wieder auf deren Rasen statt der Wiese ein riesiges Labyrinth gepflanzt war. Die Hecken reichten sieben Meter in die Höhe und thronten bedrohlich über den Champions, die schon unten standen und bereit waren, in die all-verschluckende Finsternis zu gehen, um den Pokal zu holen.

Agnes saß schon neben Roger und dem restlichen Quidditch-Team auf den Tribünen und Fred setzte sich neben sie zusammen mit George und dessen Freundin und auch Molly, Bill, Ron und Hermine.

„Ich hoffe Harry passiert nichts", wisperte Agnes, aber nur Fred hörte es und bemerkte, wie angespannt die kleine Hexe war. Unsicher nahm er ihre Hand in die seine und drückte sie. Sie war kühl und zitterte leicht, aber tatsächlich fühlte Agnes sich sicherer, als sie seine warme, große Hand spürte.

Bagman verzauberte seine Stimme magisch und sie schallte über die Tribünen hallend: „Meine Damen und Herren, gleich beginnt die dritte und letzte Runde des Trimagischen Turniers! Zu Ihrer Erinnerung noch einmal der gegenwärtige Punktestand! Mit jeweils fünfundachtzig Punkten zusammen auf dem ersten Platz – Mr Cedric Diggory und Mr Harry Potter, beide von der Hogwarts-Schule!"

Jubelschreie donnerten laut und alle Hogwartsschüler jubelten laut – sogar die sonst miesepetrigen Slytherins und auch Agnes ließ Freds Hand los und klatschte laut. Nachdem der Applaus verklang, faltete sie ihre Hände auf ihrem Schoß und Fred traute sich nicht mehr, ihre Hand zu nehmen, also beließ er es dabei.

„Auf dem zweiten Platz", fuhr Bagman fort, „mit achtzig Punkten – Mr Viktor Krum vom Durmstrang-Institut!" Wieder wurde applaudiert wenn auch nicht ganz so laut, wie bei den Hogwarts-Champions.

„Und auf dem dritten Platz – Miss Fleur Delacour von der Beauxbatons-Akademie!", lauter aber zurückhaltender Applaus kam von den Beauxbatons-Schülern und höflicher Applaus von den restlichen Schülern und auch von Agnes.

Harry winkte in ihre Richtung und die Weasleys winkten zurück wie auch Hermine, aber Agnes starrte ihn nur weiterhin besorgt an.

„Nun... auf meinen Pfiff, Harry und Cedric!", sagte Bagman, „Drei – zwei – eins –"

Bagmans Pfiff war schrill und laut, als er kräftig in die Trillerpfeife blies und die beiden Hogwarts-Champions verschwanden im Irrgarten.

Kurz darauf wurde Krum in den Garten geschickt und als letzte Fleur, die mehr als nur ängstlich aussah, aber trotzdem mit erhobenem Kopf das Labyrinth betrat.

Dann wurde es still. Totenstill und langweilig. Man wusste nicht, was im Garten passierte und es gab auch keine Möglichkeiten, es herauszufinden. Keine magischen Bildschirme waren aufgestellt worden und es gab keinen Kommentar von Bagman.

Sobald sich die erste Spannung gelegt hatte, begannen die Gespräche, die bald nicht mehr nur vom Trimagischen Turnier handelten.

Agnes merkte, wie sie langsam weg döste. Sie hatte seit Wochen nicht mehr richtig geschlafen und konnte nun in der Ruhe kaum noch ihre Augen offenhalten.

Ihr Kopf kippte zur Seite und sie legte sich auf Freds Schulter, der sie zuerst erschrocken ansah, sie dann aber schlafen ließ. Roger bemerkte das und lächelte bei dem Anblick seiner besten Freundin, die endlich Ruhe gefunden hatte – wenn auch auf der Schulter von Fred Weasley, aber wenigstens schlief sie endlich.

Minuten und Stunden vergingen und schon bald nickte auch Fred ein. Er und Agnes lagen nun aufeinander gekuschelt und schliefen friedlich.

Molly warf den beiden einen entzückten Blick zu und bemühte sich nicht vor Entzücken zu quietschen, ließ die beiden aber in Ruhe und unterhielt sich mit Ron und Hermine.

Geweckt wurden sie erst wieder von dem kurzen, enttäuschten Applaus, als zwei Mitarbeiter Krum und Fleur aus dem Labyrinth brachen, die beide bewusstlos waren, also war es nicht sonderlich interessant, außer die Tatsache, dass nur noch Hogwarts im Rennen war und die anderen beiden von irgendetwas angegriffen worden waren. Dann wieder Stille und nur wenige tuschelten, sodass Agnes wieder eindämmerte und ihren Kopf wieder gegen Freds Schulter legte.

Sie wachte später wieder halbwegs ausgeschlafen auf und kurz darauf kamen Harry und Cedric.

Man konnte den Pokal sehen und großer Jubel brach aus – sie hatten es geschafft. Keiner wusste, wie oder warum, aber irgendwie waren beide hier und der Pokal also musste einer von ihnen gewonnen haben.

Um Agnes herum sprangen Leute auf und auch wenn sie ebenfalls aufsprang, sah sie nicht über die Menge, als hörte sie erst durch die erschrockenen Aufschreie, was passiert war: „Cedric ist tot!"

Die Freudenschreie wurden zu panischen Kreischen und eine kleine Hysterie brach aus. Es herrschte Chaos und Agnes war geschockt. Sie hatte sich solche Sorgen um Harry gemacht, sie hatte nie daran gedacht, dass es Cedric erwischen würde.

„Agnes, geht es dir gut?", fragte Fred sie, als er sah, wie bleich sie war.

„Cedric ist tot?", wisperte sie ungläubig und im nächsten Moment umarmte sie Fred fest. Sie hatte gegen Cedric Quidditch gespielt, hatte gegen ihn verloren und gewonnen und nun war er tot. Sie konnte es nicht glauben.

„Alles wird gut", beruhigte Fred sie und strich ihr behutsam über den Rücken. Sie schluchzte in seine Roben und stand einfach nur da und umarmte ihn, während um sie herum Panik ausbrach.



Agnes wartete vor Dumbledores Büro. Sie hatte nicht geschlafen, nicht gegessen, aber doch hatte sie nicht das Bedürfnis, eines von beiden nachzuholen. Sie wartete auf Dumbledore und als sie seine Schritte hörte, blickte sie erleichtert aber doch leicht paranoid auf.

Dumbledore kam in Begleitung von McGonagall um die Ecke und sie kam ihnen entgegen.

„Professor Dumbledore", zischte sie leise und stellte sich ihnen schon beinahe aggressiv in den Weg, aber während McGonagall von dem Anblick ein wenig perplex wirkte, war Dumbledore weiterhin ruhig.

„Miss Tripe, ich habe Sie schon erwartet", begrüßte Dumbledore sie freundlich, obwohl sie vermutlich vollkommen übergeschnappt und schrecklich aussah, „Allerdings hätte ich erwartet, Sie würden mich in meinem Büro aufsuchen und mich nicht mitten im Gang überfallen."

„Ich werde sterben, oder nicht?", fragte Agnes geradeheraus, „Ich werde noch diesen Sommer sterben – ich weiß es!"

„Miss Tripe, es gibt keinerlei Gründe, dass Sie sich Sorgen machen sollten", beruhigte Dumbledore sie.

„Oh doch, Professor", zischte Agnes, „Die gibt es! Er wird jagt auf jene machen, die ihn verraten haben! Vielleicht trage ich kein Dunkles Mal, aber es gibt genug Todesser da draußen, die mich umbringen wollen! Ich weiß es! Er wird meine Eltern befreien, meine Mutter wird mich aufspüren, sie wird mich quälen, mich vernichten, bevor ich sie anbettle, dass sie mich endlich umbringt, wie ich schon einmal getan habe! Ich weiß es ganz genau!"

„Miss Tripe, beruhigen Sie sich", versuchte es auch McGonagall.

„Ich kann mich nicht beruhigen, verstehen Sie das nicht?", schrie Agnes aufgebracht und vollkommen verzweifelt, „Er hat Ihnen nicht ins Gesicht gesehen und Ihnen gesagt, dass Sie schwach sind! Er hat Ihre Mutter nicht dazu aufgefordert, Sie zu stärken, damit Sie ein guter Todesser werden! Er hat Sie nicht schon als Kind darauf gedrillt, ein Todesser zu werden!"

„Ich versichere Ihnen, Miss Tripe, dass nichts dergleichen passieren wird. Sie sind sicher für diesen Sommer und Sie bekommen alle Hilfe, die Ihnen zusteht", versprach Dumbledore und Agnes starrte ihm einen Moment direkt in die Augen.

„Wenn Sie das wirklich denken, Professor, dann habe ich Sie wohl überschätzt", bemerkte Agnes patzig und McGonagall holte zischend Luft, als sie diese empörende Bemerkung hörte, aber Agnes drängte sich an ihnen vorbei und rannte in den Ravenclawturm. Warum hatte sie auch erwartet, dass Dumbledore ihr helfen würde? Als ob er einem Kind von Todessern wirklich helfen. Agnes hatte schon von Anfang an gewusst, dass sie wieder auf sich alleingestellt sein würde, aber ein klein bisschen hatte sie gehofft – gehofft, dass Dumbledore doch verstehen würde, wie wahnsinnig ihre Eltern wirklich waren und in welcher Gefahr sie wirklich schwebte, aber nun war es zu spät. 

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