3. Kapitel

Über die Jahre hinweg hatte Agnes in Hogwarts diverse Angewohnheiten entwickelt, wie zum Beispiel Backen und ihre Leidenschaft für Süßigkeiten. Begonnen hatte es in der ersten Nacht in Hogwarts. Agnes war noch ein kleines, schüchternes Mädchen gewesen, ohne Freunde, Bekannte und mit nur einem geringen Wissen über die magische Welt – meistens eher dunkles und böses Wissen, das sie von ihrer Mutter gelernt hatte.

Agnes war in einem Waisenhaus aufgewachsen, in dem sie ihr Zimmer nur selten hatte verlassen dürfen. Sie hatte ihre Magie nie wirklich unter Kontrolle gehabt und als sie dann nach einem Streit mit ihrer Erzieherin aus Versehen den Teppich in ihrem Zimmer in Brand steckte, war sie nur mehr als „die Hexe" bekannt. Natürlich konnte sie niemanden sagen, dass sie tatsächlich eine Hexe war und so lebte sie allein und weggesperrt für viele Jahre. Nicht, dass es sie groß gestört hatte – sie hatte die Ruhe genossen und sie wollte am liebsten nichts mit diesen grauenvollen Muggeln zu tun haben, aber ab und zu wünschte sie sich sogar, dass ihre Mutter noch bei ihr wäre, damit sie wenigstens jemanden zum Anschreien hatte.

Es war wohl der schönste Tag in ihrem Leben gewesen, als Professor McGonagall mit ihrem Brief aus Hogwarts durch ihre Zimmertür kam und seitdem hatte sich ihr Leben nur noch verbessert.

Trotzdem, als sie dann das erste Mal unter anderen Hexen und Zauberer war – und dann auch noch so vielen und so vielen auf einmal, hatte sie sich schon ein wenig eingeschüchtert gefühlt.

Besonders schlimm waren die Nächte, als sie so viel hörte. Das Atmen der anderen Mädchen in ihrem Zimmer, der Wind, der gegen die massiven Mauern des Turmes peitschte, in der Ferne Gelächter, das wohl von älteren Schüler kommen musste.

Es war ein Lärm, an den Agnes sich erst einmal gewöhnen musste und das funktionierte nicht nach einer Nacht.

Als der Mond also schon hochstand und sie wusste, dass sie kaum Schlaf bekommen würde, stand die kleine Agnes vorsichtig aus ihrem Bett auf und passte dabei auf Dorothy nicht zu wecken, die zu dieser Zeit schon einer von ihren treuesten Gefährten geworden war.

Sie hatte gehört, wie jemand über die Küche gesprochen hatte, in der die Hauselfen von Hogwarts die Gerichte anrichteten. Sie hatte keine Hauselfen mehr gesehen, seit sie in die leblosen Augen ihrer ehemaligen Hauselfe Winnie geblickt hatte. Es interessierte sie, ob alle Hauselfen so gewesen waren, wie Winnie, oder ob Winnie ein Sonderfall gewesen war – ein schlechtes Beispiel ihrer Art, wie Agnes' Mutter sie immer beschrieben hatte.

Agnes bemühte sich extra leise zu sein. Sie hatte schon viel Übung darin, denn schon seit ihrer sehr frühen Kindheit musste sie sich häufig aus ihrem Zimmer schleichen, um etwas zu Essen zu klauen.

Sie huschte die Treppen hinunter und bemerkte zu ihrem Glück, dass niemand mehr im Gemeinschaftsraum der Ravenclaws war, also konnte sie problemlos wenigstens den Ravenclawturm verlassen, ohne gesehen zu werden.

Es lief erstaunlich gut, für das erste Mal, in dem sie Hogwarts in der Nacht erkundete und sie eigentlich nicht mehr auf den Gängen sein durfte, aber plötzlich sah sie einen grellen Lichtschein, der bestimmt von einem Zauberstab kam.

Schnell versteckte sie sich hinter einer Rüstung und versuchte so leise wir möglich zu sein, aber während sie eilig in ihrem Versteck verschwand, streifte sie an einer anderen Rüstung, die ein wenig klapperte.

Die Person mit dem Zauberstab, aus dem das Licht kam, blieb misstrauisch stehen und Agnes sah nur seine Beine.

„Fred, George?", fragte eine männliche Stimme laut und genervt, „Wenn ihr das seid, dann sorge ich dafür, dass Mom euch jetzt schon nach Hause schickt!"

Er musste Vertrauensschüler sein, wie Agnes vermutete, denn auch die kontrollierten manchmal in der Nacht die Gänge und achteten darauf, dass niemand außerhalb seines Bettes war. Wer Fred und George waren, das wusste Agnes nicht und sie kannte auch den Namen des Vertrauensschülers nicht.

Auf jeden Fall kam er immer näher an Agnes' Versteck und sie hielt die Luft an und bereitete sich darauf vor loszurennen, um einer Strafe an ihrem ersten Tag in Hogwarts zu entkommen, als plötzlich ein paar Gänge weiter eine ganze Rüstung umzufallen schien gefolgt von zwei Paar Füße, die durch die Gänge rannten.

„Verdammt!", fluchte der Vertrauensschüler und wirbelte herum, bevor er eine Frauenstimme zu imitieren schien: „Pass auf deine Brüder auf, Charlie. Sie sind noch so klein, Charlie. Pass auf, dass sie Hogwarts nicht zerstören, Charlie! Bei Fred und George muss man einen Klebefluch anbringen, damit sie in der Nacht in ihren Betten bleiben!"

Der Vertrauensschüler, von dem Agnes vermutete, dass er Charlie hieß, rannte um die Ecke, aber sie erblickte noch einen roten Haarschopf und das Futter seines Umhanges war rot – Gryffindorrot.

Der restliche Weg in die Kerker bis zu dem Gemälde mit der Obstschale verlief ohne weitere Probleme, aber ab da wusste Agnes nicht mehr weiter. Sie hatte nur gehört, dass sie die Küche hinter dem Gemälde befand, aber sie wusste nicht, wie man hineinkam. Sie war sich nicht einmal sicher, ob ihre Quelle seriös genug war, dass sie ihm vertrauen konnte – es war ein Gryffindor gewesen und die beiden Vertrauensschüler aus Ravenclaw hatten sie vor Gryffindor gewarnt.

„Solltest du nicht schon im Bett sein, junge Dame?", fragte plötzlich jemand direkt hinter ihr und Agnes schrie erschrocken auf und schlug aus, aber ihre Hand glitt einfach durch den dicken Körper desjenigen, der hinter ihr stand.

„Nicht so eilig, junge Dame, du könntest dir und anderen noch wehtun", warnte der Mann, der wie ein Mönch gekleidet war und irgendwie transparent schien. Erst da bemerkte Agnes, dass es ein Geist war – der Hausgeist von Hufflepuff, wenn sie sich richtig erinnerte – der Fette Mönch.

„Entschuldigen Sie", meinte Agnes beschämt, „Ich habe mich nur erschreckt. Ich habe gedacht, Sie wären jemand, der mich bestrafen würde."

„Keine Ursache", winkte der Fette Mönch ab, „Als Geist ist das Berufsrisiko. Leute erschrecken sich eben vor Gespenster. Aber, junge Dame, sag mir doch, was du zu dieser Zeit hier zu suchen hast. Ich habe dich nicht unter den Hufflepuffs gesehen, also vermute ich, du gehörst nicht zu meinem Haus?"

„Oh, nein", Agnes schüttelte den Kopf, „Ich bin in Ravenclaw!"

„Ravenclaw", der Fette Mönch nickte bedächtig, „Kein Wunder, dass du schon in der ersten Nacht die Küche in Hogwarts findest."

„Sie zu finden war nicht schwer", seufzte Agnes frustriert, „Aber hineinzukommen ist ein Rätsel, das ich noch nicht gelöst habe."

„Was willst du in der Küche?", fragte der Fette Mönch neugierig, „Wenn du Süßigkeiten stehlen willst, muss ich dich leider bei deinem Hauslehrer melden."

„Eigentlich wollte ich nur die Hauselfen sehen", meinte Agnes ehrlich und ein wenig nervös, weil der Geist ihr damit gedroht hatte, Flitwick zu informieren, „Aber wenn das nicht gewünscht ist, dann gehe ich lieber wieder ins Bett – nur, bitte sagen Sie niemanden, dass ich hier war!"

„Die Hauselfen?", der Mönch schien ehrlich überrascht, „Über die Hauselfen macht man sich nicht lustig! Sie sind ehrliche Arbeiter und ohne ihnen würden wir nur Dumbledores Süßigkeiten essen!"

„Das weiß ich", verteidigte sich Agnes leicht beleidigt, weil das Gespenst dachte, sie würde sich über die kleinen Wesen lustig machen wollen, „Vielleicht wollte ich nur mit ihnen sprechen?"

Der Fette Mönch musterte sie misstrauisch, obwohl er immer noch freundlich aussah: „Du bist nicht aus Hufflepuff oder Gryffindor. Ich habe gehört, letztendlich kann man dem Wort eines Ravenclaws genauso gut trauen, wie dem eines Slytherin – das erzählt zumindest Sir Nicholas. Ich hingegen habe beschlossen, dir zu glauben. Ich hoffe, du nutzt meine Gutmütigkeit nicht aus."

„Niemals", versprach die junge Agnes schnell.

„Na gut", murmelte der Fette Mönch, „Alles, was du tun musst, ist die Birne zu kitzeln. Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen."

Bevor Agnes noch etwas fragen konnte oder sich bedanken konnte, verschwand der Fette Mönch durch eine Wand.

„Danke", murmelte Agnes sarkastisch in die Dunkelheit, „Das ist wohl einer der dämlichsten Tipps gewesen, die man mir in meinem ganzen Leben jemals gegeben hat – ich soll die Birne kitzeln?"

Versuchshalber berührte sie das Gemälde, aber nichts tat sich.

„Ich fühle mich dämlich", zischte Agnes, als sie auch noch die Birne suchte und tatsächlich sah sie dort eine Birne. Wenigstens das stimmte. Vielleicht war es ein Rätsel, wie sie es auch lösen musste, wenn sie in den Ravenclawturm wollte.

„Die Birne kitzeln?", murmelte sie nachdenklich, „Vielleicht muss ich sie berühren?"

Sie stupste die Birne versuchshalber an und nichts geschah, obwohl Agnes meinte, dass die Frucht leicht zuckte.

Zuerst schob sie es auf ihren Schlafmangel, aber dann probierte sie es wieder und sie schien wieder zu zucken.

„Das ist dämlich", murmelte Agnes wieder, aber sie kitzelte die Birne, bis sie leise kicherte und plötzlich war an ihrer Stelle ein Türknopf.

„Dieses Schloss ist wie ein Irrenhaus", schnaubte Agnes, aber sie drückte trotzdem die Tür auf.

Sie bemühte sich, leise zu sein und im ersten Moment bemerkte sie niemand. Hauselfen rannten in der riesigen Küche herum und erledigten Arbeiten, säuberten magisch Geschirr, stellten Reste weg und bereiten schon Kleinigkeiten für das Frühstück am nächsten Morgen vor.

Agnes war erstaunt von den vielen Hauselfen, die alle mit sauberen Geschirrtüchern bedeckt durch die Küche wuselten und wie auch damals Winnie alles erledigten, für das Hexen und Zauberer sich zu hoch fühlten.

Plötzlich fiel der Blick einer Hauselfe auf Agnes und sofort stockte sie in ihrer Arbeit und Agnes befürchtete schon, sie würde sie hinauswerfen oder sie verpetzen, aber stattdessen verbeugte sich das kleine Wesen tief, wie es auch Winnie immer getan hatte.

„Junge Schülerin, sind Sie auf der Suche nach etwas, Miss?", fragte die Hauselfe höflich, den Kopf immer noch gesenkt.

„Ich wollte nur die Küche sehen", gestand Agnes unsicher, „Du kannst dich ruhig erheben."

„Danke, Herrin", die Hauselfe verbeugte sich noch einmal, aber weniger tief und richtete sich dann wieder auf, „Sie wollen die Küche sehen, Miss?"

„Oh, ja", Agnes nickte, „Das Festessen heute hat mir wundervoll geschmeckt, da wollte ich mich bei euch Hauselfen bedanken."

„Kein Grund zu danken, junge Herrin", winkte die Hauselfe schnell ab, sah aber trotzdem stolz und berührt aus, „Aber wir bedanken uns bei der junge Herrin, für das großzügige Lob."

Agnes hatte von Winnie gelernt, dass Hauselfen sich am meisten über ein Lob freuten. Nicht über Geschenke, die Freiheit oder Arbeitsabnahme, sondern über Lob und ehrlich gemeinte Komplimente.

„Mir hat besonders der Schokoladenkuchen geschmeckt", meinte Agnes ehrlich, „Er war der beste, den ich in meinem ganzen Leben gegessen habe."

„Das freut uns, junge Herrin", bedankte sich die Hauselfe, „Tinky kann der jungen Herrin zeigen, wie er gebacken wird. Tinky hat ihn auch für das Festessen gebacken."

„Dein Name ist Tinky?", fragte Agnes nach und die Hauselfe nickte, „Mein Name ist Agnes. Ich würde mich freuen, wenn du es mir zeigen könntest und du sonst nichts zu tun hast. Ich will dich nicht von deiner Arbeit abhalten, Tinky."

„Tinky würde es sehr freuen, der jungen Herrin Agnes zu zeigen, wie man backt. Tinky freut sich immer, wenn sie anderen zeigen kann, wie es funktioniert!", versicherte Tinky und Agnes grinste glücklich.

„Dann würde es mich freuen", sagte Agnes zu.

Es war der erste Kuchen gewesen, den Agnes gebacken hatte. Er war ein wenig zu lange im Ofen gewesen und am Boden ein wenig angebrannt, aber er hatte trotzdem sehr schokoladig und saftig geschmeckt.


Seit dieser ersten Nacht in Hogwarts hatte Agnes die Tradition, immer die erste Nacht in Hogwarts in die Küche zu schleichen und Tinky zu besuchen.

Den Weg in die Küche kannte sie mittlerweile auswendig und sie hatte auch die Runden gelernt, die Filch und die Vertrauensschüler in der Nacht gingen.

Es war Gewohnheit geworden, die Birne zu kitzeln und als sie die Küche betrat, wurde sie schon von vielen Hauselfen begrüßt, die sich schnell verbeugten, aber wussten, dass sie nicht in dieser Haltung vor ihr stehenbleiben musste.

„Miss Agnes!", begrüßte Tinky sie, „Wie jedes Jahr pünktlich, junge Herrin!"

„Natürlich, Tinky!", versprach Agnes, „Ich habe euch etwas mitgebracht!"

Sie holte die Box mit den schokoladenüberzogenen Blätterteigrollen hervor und zeigte sie stolz Tinky. Mit einem fragenden Blick vergewisserte sich die Hauselfe, dass sie eines nehmen konnte und Agnes nickte. Tinky nahm sich eine kleine Rolle und biss ab.

„Sehr gut, junge Herrin", schmatzte Tinky mit vollem Mund, „Sie werden immer besser!"

„Ich habe auch über die Ferien einige Ideen gesammelt – wie wäre es mit Schokopralinen, die wir mit flüssigem Kuchen füllen?"
„Flüssiger Kuchen, Herrin?", fragte Tinky verwirrt, „Davon habe ich noch nie gehört."

„Ich habe in der Bibliothek einmal etwas von einem Zauber gelesen, der alle Gerichte zu einem Saft umwandelt, der aber immer noch nach dem Gericht schmeckt", erzählte Agnes begeistert, „Zauberer können ganze Festmahle einfach in eine Flasche füllen, und trotzdem jeden Geschmack einzeln erleben."

„Eine sehr gute Idee, junge Herrin, ich bin gespannt auf das Ergebnis", gestand Tinky begeistert, „Mit was werden Sie es als erstes versuchen, junge Herrin?"

Agnes buk schon seit ihrem dritten Jahr alleine, nachdem Tinky ihr alles beigebracht hatte, was sie wusste, aber die Hauselfe fungierte immer noch gerne als Vorkosterin, zusammen mit anderen Hauselfen.

„Ich brauche viele, kleine Gebäcke, damit ich den Zauber üben kann", überlegte Agnes, „Am besten eignen sich da wohl Cookies!"

„Meine Liebsten!", freute sich Tinky und klatschte fröhlich in die Hände, „Ich hoffe, der jungen Herrin gelingt, was sie versucht!"

Wenn Agnes backte, backte sie nicht nur wie ein gewöhnlicher Muggel, sondern sie hatte sich so viele verschiedene Zauber beigebracht, die professionelle Bäcker in der Zaubererwelt verwendeten, die sie alle verwendete, um ihre Kreationen noch besser zu machen.

Dazu kamen noch die verschiedenen, sonderbaren Süßigkeiten, die man nur in der Zaubererwelt fand und von denen Agnes schon immer begeistert gewesen war.

Sie schnitt Schokofrösche klein, zerbröselte einen Pfefferkobold und zerstampfte einige Sirupbonbons. Zusammen mit Zucker, Mehl, Butter, einer Prise Salz und zwei Eiern wurde daraus ein knetbarer Teig, den Agnes zu Kugeln rollte und auf ein Bachblech legte.

Indem sie die Kugeln flach drückte, bekamen diese die typische Form von Keksen. In den Ofen damit für ungefähr zwanzig Minuten und fertig waren Agnes' Spezialkekse.

Sie hatte das Rezept selbst erfunden und dafür beinahe ein Jahr lang verschiedene Süßigkeiten probiert, bis sie sich auf diese geeinigt hatte, aber immer noch variierte sie je nachdem, was gerade an Zutaten in der Nähe war.

Schon bald lag in der Luft ein herrlicher Duft der berühmten Kekse von Agnes. Nicht nur die Hauselfen liebten sie, sondern auch die anderen aus ihrem Haus, an die Agnes ihre Leckereien immer austeilte.

Sie holte das Blech mit einem einfachen Vingardium Liviosa aus dem Ofen und stellte sie zum Abkühlen auf den Tisch, als plötzlich die Tür aufging.

Leicht erschrocken hechtete Agnes hinter einen Stuhl und versteckte sich vor demjenigen, der in die Küche kam mit der Erwartung, es wäre Filch oder ein Lehrer, aber stattdessen schlichen sich zwei rothaarige, identische Schüler in die Küche – die Weasley-Zwillinge. Die Hauselfen beachteten sie eher mit abweisenden Gesten, sie verbeugten sich nicht so tief und freundlich und sie boten den beiden auch nicht sofort einen Tee an, was Agnes denken ließ, dass die beiden rothaarigen Zwillinge irgendetwas getan haben mussten, dass die Hauselfen verärgert waren.

„Kekse!", rief einer von ihnen aus und stürmte schon zu dem Blech, aber der andere hielt ihn zurück.

„Warte, Freddy! Es könnte eine Falle sein. Die Rache der Hauselfen für das letzte Mal, das wir gestohlen haben!", überlegte er – Agnes vermutete, es war George und es erklärte ihr auch, warum die Hauselfen die beiden nicht mochten. Bestimmt hatten sie nicht freundlich gefragt, wie es üblich war, wenn man die Küche fand, sondern die kleinen Wesen ausgetrickst, damit sie an die Leckereien kamen.

„Das sind Hauselfen, das haben sie bestimmt schon vergessen!", winkte Fred ab und nahm sich einen Keks, aber da wurde es Agnes zu viel und sie sprang aus ihrem Versteck.

Ruhig und gelassen zeigte sie mit ihrem Zauberstab auf Fred und sagte ebenso entspannt: „Levicorpus!", einen Zauberspruch, den sie von dem ungeliebten Professor Snape gelernt hatte, als dieser ihn in einer Duellier-Vorführung gegen ihre alten Verteidigung gegen die dunklen Künste Lehrer angewandt hatte und schon bald hatte Agnes sich selbst beigebracht, ihn einzusetzen und er stellte sich als äußerst nützlich heraus.

Mit einem Aufschrei wurde Fred in die Luft gerissen und ließ den Keks und seinen Zauberstab fallen, während George seinen eigenen zückte und damit auf Agnes zeigte, aber ebenfalls entspannt murmelte sie: „Expelliarmus!", und der Zauberstaub flog davon.

„Es ist unhöflich, die Kekse von anderen zu stehlen, hat das eure Mutter euch nicht beigebracht?", fragte sie ganz unschuldig und hob den Keks auf, den Fred fallen gelassen hatte, aber er war nun dreckig und Agnes warf den Zwillingen einen bösen Blick zu.

„Ich kenne dich!", erinnerte sich Fred, „Du bist Agnes Tripe, die Treiberin von Ravenclaw, oder? Was machst du hier?"

„Ist das nicht offensichtlich?", zischte sie etwas gereizt, dass ihre Ruhe von ihnen unterbrochen wurde, „Ich backe!"

„Backen? Hätte nicht gedacht, dass das jemand macht, du etwa, Freddy?", fragte George, aber Fred schüttelte den Kopf: „Ist das nicht ein Muggel-Hobby?"

Agnes funkelte ihn böse an und zischte: „Nein, offensichtlich bin ich kein Muggel, ihr unterbemittelten Intelligenzallergiker!"

Einen Moment waren die Zwillinge still. Agnes meinte, in ihren Köpfen Zahnräder rattern zu sehen, als sie überlegten, was ihre Worte bedeuteten.

„Hey, George", wisperte Fred leise, aber Agnes hörte ihn trotzdem, „Ich glaube, das war eine Beleidigung."

„Das fürchte ich auch", stimmte George ihm leise zu, schien sich aber nicht so sicher.

Aus ihrem Morgenmantel holte sie ein kleines, selbstgemachtes Säckchen aus Seidenpapier, in das sie seelenruhig ihre Leckereien packte. Einige ließ sie zurück für die Hauselfen. Das tat sie immer als Dank, dass sie ihre Küche hatte verwenden dürfen.

George schlich sich leise – wie er dachte – zu seinem Zauberstab und wollte diesen aufheben, aber ohne hinzusehen zielte Agnes mit ihrem Zauberstab auf ihn und meinte wieder: „Levicorpus!"

Auch er wurde in die Luft neben seinen Bruder gerissen und zappelte dort hilflos herum.

„Das ist unfair!", beschwerte Fred sich jammernd.

„So ist das Leben, Schätzchen", lächelte Agnes, „du solltest dich daran gewöhnen!"

Das Säckchen ließ sie in ihrem Umhang verschwinden, aber bevor sie gehen wollte, wollte sie noch aufräumen.

Sie drehte sich herum und sagte laut und klar: „Ratzeputz!"

Die Küche räumte sich von selbst auf und alle schwebte an seinen Platz zurück – sauber und geordnet. Agnes lächelte und warf den Zwillingen noch einen letzten Blick zu.

„Ich würde die Kekse für die Hauselfen ja in Ruhe lassen, sonst lasse ich euch vielleicht das nächste Mal einfach in der Luft hängen", warnte sie, bevor sie den Gegenzauber: „Liberacorpus" murmelte und die beiden fielen wie Steine auf den Boden.

Als sie ächzend aufstanden, war Agnes schon verschwunden.

„Hätte nicht gedacht, dass sie so gut ist", gab George zu, der sich den schmerzenden Rücken rieb.

„Lass uns einen Keks probieren! Ich habe Hunger!", schlug Fred vor und schnappte sich einen vom Teller. Gegen ihre Erwartungen waren sie nicht verhext und nichts passierte, also biss er auch davon ab und erstarrte.

„Was ist, Freddy? Ist er vergiftet?", fragte George leicht besorgt, aber Fred schüttelte den Kopf.

„Der ist der Hammer! Probier' auch einen!", verlangte er und George schnappte sich einen.

Auch er musste zugeben, dass es der beste Keks war, den sie je gegessen hatten.

„Wir können uns nicht mehr nehmen", bedauerte Fred und sah sehnsüchtig zu dem restlichen Haufen, der noch auf dem Teller lag, „Tripe würde uns köpfen wie Nick."

„Dann müssen wir sie dazu überreden, mehr zu machen. Wir müssen ihre Freunde werden", bestimmte George und sah sogar selbstsicher aus, dass das ihnen gelingen würde, aber Fred war anderer Meinung: „Vor wenigen Minuten haben wir sie noch mehr oder weniger als Muggel bezeichnet und wollten sie bestehlen. Bestimmt will sie nun unsere Freundin werden, das klingt einleuchtend!"

„Einen Versuch ist es wert, oder nicht? Immerhin geht es hier um bessere Kekse, als man sie im Honigtopf findet!", George war zuversichtlich und auch sie verließen die Küche ohne etwas Anderes gestohlen zu haben, als die zwei Kekse, denn nichts wäre so gut gewesen, wie diese.

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