26. Kapitel
Müde betrat Agnes die große Halle für das Frühstück. Dorothy saß auf ihren Schultern und beobachtete gespannt das Treiben in der Halle. Am Ravenclawtisch saßen ihre Freunde, zu denen Agnes ging. Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen und legte den Kopf auf die Tischplatte. Sofort stolzierte Dorothy wie über einen Steg über ihren Kopf auf den Frühstückstisch und begann sich hier und da etwas von dem Buffet zu nehmen aber so ordentlich, dass nichts Anderes beschmutzt wurde. Ab und zu nahm sie sich ein Stück Schinken, dann bekam sie von einem Erstklässler einen Speck und sogar den Fisch ließ sie nicht unberührt.
Dorothy kam eher selten mit in die große Halle, aber wenn sie es tat, benahm sie sich, als würde der Tisch ihr gehören und das waren die Ravenclawschüler schon gewohnt.
„Agnes, Sie wissen, dass Katzen nicht auf dem Tisch erlaubt sind", tadelte Flitwick sie halbherzig, denn auch er mochte Dorothy gerne.
„Sagen Sie das Dorothy", riet Agnes ihm ohne den Kopf von ihren Armen zu nehmen, sie war zu müde, „Vielleicht hört sie auf Sie, Professor."
„Wohl kaum, eine rebellischere Katze wird es nicht geben", meinte der kleine Professor und wandte sich wieder seinem Thema zu, „Ich habe hier Ihre Stundenpläne."
Er reichte Randy, Grant, Roger und Duncan die ihren, die sie besahen.
„Wow", staunte Grant und strahlte von einem Ohr zum anderen, „So wenige Stunden habe ich noch nie auf meinem Stundenplan gesehen!"
„Das ist kein Grund zu Freude, Grant!", quickte Flitwick leicht aufgebracht, „Sie hätten bessere Leistungen in ihren ZAGs damals haben können!"
„Meiner ist ziemlich voll", bemerkte Randy und verzog das Gesicht, „Kann ich eventuell mit Wahrsagen aufhören? Nach zwei Jahren habe ich eigentlich genug davon und ich brauche es nicht unbedingt."
Agnes sah ihren Freund verwundert an. Bis jetzt war es immer Randy gewesen, der gerne lernte, immer seine Hausaufgaben machte, im Unterricht aufpasste und eine ordentliche Mitschrift hatte, aber nun wollte er sogar ein Fach ausfallen lassen?
„Natürlich, ich habe nichts Anderes von Ihnen erwartet, Randy", stimmte Flitwick ihm zu und mit seinem Zauberstab änderte er den Plan, „Roger, ich vermute, Sie wollen auch Wahrsagen lassen?"
„Ja und Pflege magischer Geschöpfe", nickte Roger und auch sein Stundenplan änderte sich.
„Bei Ihnen stimmt alles so, oder Agnes?", fragte der Hauslehrer sie, aber schnell – vielleicht etwas zu schnell widersprach sie: „Nein! Natürlich nicht! Ich will kein weiteres Jahr in Pflege magischer Geschöpfe und Geschichte verschwenden! Ich habe diese Fächer sogar vor den ZAGs geschwänzt!"
„Sind Sie sicher, Agnes? Es kann nie schaden, zusätzliches Wissen zu sammeln", vergewisserte Flitwick sich, aber Agnes sah ihm direkt in die Augen – die ihren waren blutunterlaufen und sie konnte sie kaum offenhalten.
„Ja, Professor – ich bin mir so sicher wie Weihnachten im Winter ist", bestätigte sie ernst und Flitwick löschte die Stunden wortlos von ihrem Stundenplan.
Mit einem Blick auf ihren doch recht leer aussehenden Plan bemerkte sie, dass ihr Zaubertränke fehlen würde.
„Ist jetzt alles in Ordnung?", fragte Flitwick in die Runde und alle nickten, „Sehr gut, ich soll Ihnen auch ein Lob von Professor McGonagall aussprechen, Agnes, dass sie ihr Fach mit einem „Erwartungen übertroffen" bestanden haben, aber das wird sie Ihnen noch persönlich sagen – heute in der Stunde."
„Danke Professor und ich freue mich auch, dass ich weiterhin Verwandlung lernen darf", tatsächlich war Agnes stolz auf sich.
Flitwick ging weiter um den restlichen Schülern ihre Stundenpläne zu geben und Agnes besah sich ihren eigenen Plan genauer.
Dort, wo Randy und Roger Zaubertränke hatten, hatte sie zwei Freistunden am Vormittag.
Danach hatte sie eine Stunde Verwandlung und am Nachmittag Verteidigung gegen die dunklen Künste – ein Fach, das auch Roger und Randy bestanden hatten und auch weiterhin besuchen würde.
„Wie Moody wohl im Unterrichten ist", überlegte Roger grinsend, „Glaubt ihr, er bringt uns vielleicht bei, wie man am besten in der Wildnis überlebt?"
„Wohl kaum, wahrscheinlich schreit er die halbe Zeit nur durch die Gegend und beschwert sich über Todesser", bemerkte Grant.
Plötzlich schob jemand Roger zur Seite und zur beiden Seiten von Agnes setzten sich die beiden rothaarigen Weasley-Zwillinge.
„Guten Morgen, Agnes!", begrüßte George sie gut gelaunt, „Hast du deine Nacht wieder mit backen verbracht?"
„Natürlich", gähnte sie und legte ihren Kopf wieder auf ihre Arme und schloss die Augen, „Aber ich hätte noch zwei Stunden schlafen können. Ich habe jetzt zwei Freistunden."
Fred schnappte sich ihren Stundenplan und verglich ihn mit seinem.
„Wir haben Verteidigung gegen die dunklen Künste, Verwandlung und Zauberkunst gemeinsam – Zaubertränke hast du ja nicht bestanden."
Sofort sah Agnes auf und schnappte sich aus seinen Händen die beiden Pläne und verglich sie.
Er – sowie auch sein Zwilling, hatten dort nur vier Fächer stehen – Zauberkunst, Verteidigung gegen die dunklen Künste, Verwandlung und Zaubertränke – die Pläne waren sogar noch leerer, als die von Duncan und Grant.
„Sogar ihr habt Zaubertränke bestanden? Das kann doch nicht wahr sein!", rief sie aus und warf die Pergamentstücke auf den Tisch.
„So ist das Leben, Sonnenschein", grinste Fred, „aber sei nicht allzu traurig, dass du Snape wunderschöne Visage nicht mehr sehen musst."
„Wie auch immer", Agnes fischte Dorothy geschickt vom Tisch und setzte sie sich auf die Schultern, „ich werde noch zwei Stunden schlafen – wir sehen uns in Verwandlung", verabschiedete sie sich von ihren Freunden und ging zurück in ihr Bett.
Verschlafen, aber nicht direkt müde betrat Agnes die Klasse und sah sich um. Sie war die einzige Ravenclaw im Raum, da die anderen Zaubertränke bestanden hatten und auch Slytherins waren kaum hier. Am meisten fand man Gryffindors und Hufflepuffs, aber auch nicht zu viele, da diese wohl Verwandlung eher nicht bestanden hatten. Die Klassen würden dieses Jahr wohl ziemlich leer sein – in den letzten Jahren hatte es genug Schüler gegeben, dass mit zwei Häusern die Klassen schon voll waren, aber nun waren alle vier Häuser zusammen.
Langsam kamen die Zaubertrankschüler in die Klasse und Roger setzte sich sofort zu ihr.
„Gut geschlafen?", fragte er sie grinsend und fuhr ihr durch ihre Locken, die noch ziemlich unordentlich und wild abstehend waren.
„Besser, als in der Nacht", bemerkte sie humorvoll, „Wie war Zaubertränke?"
„Ganz toll", antwortete Roger, „Die Tränke, die wir jetzt durchmachen, haben schon ein ganz anderes Kaliber."
„Dann ist es ja gut, dass ich nicht mehr gehe", lachte Agnes, „Sonst verbrenne ich womöglich noch die ganze Schule!"
Sie konnten ihr Gespräch nicht mehr fortsetzen, da McGonagall kam.
„Willkommen im fortgeschrittenen Kurs Verwandlung. Wie Sie wissen, sind die Level, die wir nun erreichen höher, als die, der früheren Klassen, also bitte ich Sie alle aufmerksam zu sein. Im sechsten Jahr ist der Schwerpunkt auf ungesagter Magie und ich bitte Sie alle, nicht zu schummeln und den Zauber vor sich hinzumurmeln. Seien Sie fair zu sich und probieren sie es wenigstens."
Als nächstes ging sie die Klassenliste durch und sah auf, als sie Agnes' Name vorlas.
„Herzlichen Glückwunsch zur bestandenen Prüfung, ich wusste, Sie können mehr, als sie zeigen", lächelte die Professorin zu aller Überraschung und fuhr fort.
Nach der Stunde hatten sie alle eine Freistunde und nach dem Essen ging Agnes zu Alte Runen, während ihre Freunde noch eine Freistunde hatten. Nach zwei ermüdeten Stunden Kräuterkunde, in denen sie relativ viel Hausaufgaben bekamen, gingen Randy, Grant, Roger und Agnes zurück zum Schloss.
Erst danach kam die Stunde, vor der sie sich gleichzeitig fürchtete und freute – Verteidigung gegen die Dunklen Künste.
Roger und Randy warteten schon vor der Klasse zusammen mit einigen anderen Schülern, die eine Freistunde gehabt hatten unter anderem auch Fred und George.
„Sollte ich diese Stunde nicht überleben, sagt meinen Eltern, dass ich Brokkoli noch nie mochte", bat Roger sie.
Agnes verdrehte die Augen und fragte ihn: „Warum sollte er dich umbringen?"
Roger zuckte mit den Schultern und wisperte dramatisch: „Man kann nie wissen."
Die Tür der Klasse wurde aufgerissen und alle zuckten zusammen, fassten sich aber schon bald wieder und betraten sie.
Alle suchten sich einen Platz, wobei Agnes darauf achtete, einen eher weiter hinten zu wählen.
Moody stand vorne und beobachtete sie wie ein Falke, während sie sich setzten und begann schon bald mit seiner Stunde, indem er die Namen vorlas, die er auf einem Stück Pergament vor sich liegen hatte.
„Roger Davies?", er sah auf und fügte noch hinzu: „Dein Vater ist ein Auror im Ministerium gewesen?"
Roger nickte und sah bei der Erwähnung seines Vaters sind sonderlich zufrieden aus und Moody fuhr fort, als er zu Agnes' Name kam.
„Agnes Tripe", wiederholte er und sein Auge suchte das Mädchen, „Dein Vater hat sich schon bald ergeben, aber deine Mutter hat fünf Auroren umgebracht, bevor man sie lähmen konnte. Sie hat auch schon im Namen den Dunklen Lord viel gemordet."
Leises Getuschel war in der Klasse zu hören und Agnes verspürte nichts als Hass für den Lehrer. Seit fünf Jahren hatte sie allen verheimlicht, wer ihre Eltern wirklich waren. Niemand wusste es wirklich, außer den Lehrern. Bis jetzt hatte sie nur Roger und Fred davon erzählt, aber Moody hatte gerade einer ganzen Klasse verraten, dass ihre Eltern Todesser waren.
„Irgendwie Schade, dass es Ihnen nicht früher gelungen ist, sie aufzuspüren", brachte Agnes abschätzig heraus, „Immerhin hat es – wie lange? Drei Jahre gedauert, bevor man sie auch nur gefunden hat? Eine erbärmlich lange Zeit für ebenso erbärmliche Auroren."
Roger sog scharf Luft ein.
Moody funkelte Agnes nur an, bevor er auf der Liste weiter Namen vorlas und nur bei Fred und George noch einmal stockte, nachdem deren Vater ihm vor kurzem geholfen hatte. Erst dann begann er wirklich mit der Stunde.
„Das Thema dieses Jahres sind Flüche", eröffnete Moody, „Nicht nur kindische, simple Flüche, die man schon in der ersten Klasse lernt, sondern die ganze Bandbreite. Verfluchte Gegenstände, verfluchte Menschen und natürlich auch – damit beginnen wir, unverzeihliche Flüche. Kann mir einer hier einen nennen?"
Zuerst meldete sich niemand, dann hoben Fred und George synchron die Hände in die Luft und Moody sah zwischen ihnen hin und her, bevor er George fragte: „George Weasley, oder?"
George nickte und antwortete auf seine Frage: „Der Imperius-Fluch."
Moody nickte und aus einem Glas holte er eine Spinne hervor, die über den Tisch krabbelte.
Aus seinem Mantel holte der Professor seinen Zauberstab und zeigte damit auf das Spinnentier. „Imperio", murmelte er und plötzlich begann die Spinne einen Walzer über den Tisch zu tanzen, sie verrenkte ihre dünnen Beine wie ein Balletttänzer und sie schlug perfekte Räder über die Platte. Die Klasse lachte, aber Agnes konnte nicht lachen. Sie hatte Erfahrungen mit allen drei Flüchen, wobei nicht alle von ihnen an ihr angewendet worden waren, hatte sie bei allen gesehen, wie sie funktionierten und was sie machten.
„Witzig, oder?", fragte Moody in die Klasse und sah beinahe nur lachende Gesichter, aber Agnes Tripe war nur bleich und ein wenig zusammengesunken auf ihrem Platz weiter hinten.
„Ich kann der Spinne nun alles befehlen – sie ist komplett in meiner Gewalt. Ich könnte ihr befehlen, sich zu ertränken, aus dem Fenster zu springen oder sogar sich selbst die Beine auszureißen und dieses kleine Tier könnte nichts dagegen tun", erzählte der Professor der Klasse und sofort hörte das Lachen auf.
„Dieser Fluch hat dem Ministerium in der Zeit nach dem Verschwinden des Dunklen Lords viele Scherereien gebracht. Viele Todesser haben behauptet, sie hätten unter diesem Zauber gestanden und wären nur kontrolliert geworden. Manche Todesser haben vollkommen frei erzählt, wie gern sie ihrem Meister dienten."
Es herrschte Stille und niemand meldete sich, stellte Fragen oder wollte etwas hinzufügen.
„Einen weiteren der drei unverzeihlichen Flüche?", fragte er in die Klasse, aber zunächst zeigte niemand auf. Dann hob zu seiner Überraschung Agnes die Hand und sagte mit einer leicht zitternden Stimme: „Der Cruciatus-Fluch."
„Unbeschreibliche Qualen – ausgelöst durch ein Wort und dem Willen, dem Wort Bedeutung zu geben."
Er zeigte mit dem Zauberstab auf die Spinne und sprach: „Crucio!"
Sofort krümmte sich das Tier unter den unvorstellbaren Qualen, es zitterte und verrenkte sich die Glieder so unnatürlich, dass es schon bizarr aussah.
„Genug!", schrie Agnes und Moody hörte auf. Agnes war aufgesprungen, in ihren Augen waren zur Überraschung aller in der Klasse Tränen und sie zitterte leicht. Ihr Gesicht war noch bleicher, als sonst und ihre dunklen Augenringe traten noch mehr hervor, „Genug! Kein Mensch, und kein Tier sollte solche Qualen erleiden müssen!"
Moody sagte nichts dazu, sondern legte die Spinne zurück in das Glas und holte eine andere hervor, während Agnes sich setzte.
„Ist alles in Ordnung?", fragte Fred, der neben ihr saß und sie schüttelte tatsächlich den Kopf, aber Moody fuhr schon mit der Stunde fort.
„Kann mir jemand den letzten und schrecklichsten Fluch nennen?", er sah in die Klasse, aber niemand meldete sich, also zeigte er mit dem Zauberstab auf die Spinne und sagte: „Avada Kadavra!"
Sofort fiel die Spinne um und jeder wusste, sie war tot.
„Der Todes-Fluch. Kein Schutzschild, kein Zauber kann ihn abwehren und es hat ihn bis jetzt noch niemand überlebt, außer einem kleinen Jungen, der hier, auf diese Schule geht – Harry Potter", erzählte Moody und es herrschte bedrückende Stille, die bis zum Ende der Stunde anhielt. Ab und zu warfen Agnes' Freunde ihr besorgte Blicke zu, aber sie hatte wieder ihre gleichgültige Maske aufgesetzt. Sie hatte gewusst, dass sie diesen Professor hassen würde, aber sie hatte nicht erwartet, wie sehr.
Agnes stürmte aus der Klasse, sobald diese beendet war, aber anscheinend nicht schnell genug, denn hinter sich hörte sie jemanden hinter ihr herrennen.
„Agnes!", rief Roger und einen Moment über sie, ob sie einfach weitergehen sollte, aber dann blieb sie doch stehen und drehte sich um.
Roger blieb vor ihr stehen und musterte sie einen Moment, dann fragte er leise: „Du weißt, dass es kein Grund ist, sich schlecht zu fühlen, oder?"
„Natürlich fühle ich mich schlecht!", rief Agnes aufgebracht, „Meine Eltern sind nicht nur psychopatische Massenmörder, sie haben nicht nur Verwandte von Schülern hier in Hogwarts umgebracht, sie haben nicht nur Leid und Verderben überall hingebracht, wohin sie gingen, sondern sie sind auch ein Grund, sich schlecht zu fühlen! Natürlich schäme ich mich für sie, aber das ist noch lange kein Grund – für niemanden, einfach so das jedem zu erzählen! Dieser wahnsinnige, übergeschnappte Vollidiot hat gerade einer ganzen Klasse erzählt, dass meine Eltern blutrünstige, fanatische Todesser sind, die in ihrer Freizeit gerne Muggel und Muggelstämmige umbringen sowie Auroren – wie deinen Vater?"
Einen Moment wusste Roger keine Antwort, dann nickte er verständnisvoll und fragte: „Du bist nicht die Einzige auf der Schule – es gibt viele Kinder von ehemaligen Todessern. Wahrscheinlich das ganze Haus Slytherin."
Agnes sah ihn an und dachte daran, dass er ihr bester Freund war und das schon seit der zweiten Klasse, als sie sich bei den Auswahlen fürs Quidditch-Team getroffen hatten.
„Meine Mutter – Agnolia und mein Vater – Tristus sind beides Reinblüter vom ältesten Geschlecht. Nach dem Fall des Dunklen Lords ist mein Vater nach Askaban gekommen – meine Mutter floh mit mir, mordete aber weiterhin, wann immer sie die Möglichkeit dazu hatte. Ich war sechs Jahre alt, als sie mich gezwungen hat, unseren Hauself zu köpfen. Ich bin nicht mutig, ich bin nicht treu... Der sprechende Hut hätte mich beinahe nach Slytherin geschickt und das zu Recht. Sie hat mich mit dem Cruciatus-Fluch gequält, bis ich aufgegeben habe. Ich habe das Schwert genommen und ihm einfach den Kopf abgeschlagen. Einfach so. Als würde man Butter schneiden, oder einen dünnen Ast zerbrechen."
„Das hast du mir erzählt, ja", bestätigte Roger, aber er ließ sie weiterreden – er wusste, dass Agnes sich besserfühlen würde, wenn sie es ausgesprochen hatte. Ansonsten würde sie es einfach in sich behalten und es so lange aufstauen, bis ihr innerlicher Damm brechen würde.
„In derselben Nacht bin ich vor ihr davongelaufen. Ich bin nach England und dort in ein Kinderheim gekommen. Meine Mutter ist ein paar Tage danach gefunden worden und ebenfalls nach Askaban gebracht worden. Sie ist wahnsinnig – mein Vater ist wahnsinnig... vielleicht bin ich es auch?"
„Sind wir das nicht alle ein wenig?", fragte Roger scherzhaft und tatsächlich zauberte er Agnes ein halbherziges Lächeln ins Gesicht.
„Du weißt, du kannst mir alles erzählen. Ich werde trotzdem immer dein Freund bleiben", versprach Roger und Agnes lächelte glücklich, als sie beide Schreie hörten.
Sie sahen sich unsicher an, dann rannten sie synchron los.
Sofort sahen sie das Problem – Draco Malfoy und Harry Potter.
„Oh nein, das machst du nicht, Freundchen!", warnte Moody den Slytherin-Schüler und Agnes beobachtete, wie der Professor recht schnell mit seinem falschen Bein die Treppen hinunterstieg. Sein Zauberstab war gezückt und zeigte auf Malfoy, der aber nicht mehr Malfoy war, sondern ein strahlend weißes Frettchen, das ängstlich zitternd am Boden lag.
Stille. Niemand rührte sich oder sagte etwas.
Agnes eilte zu Malfoy dem Frettchen, während Moody sich um Harry kümmerte.
Crabbe beugte sich hinunter und wollte das Frettchen aufheben, aber plötzlich bellte Moody: „Lass es liegen!", obwohl er noch zu Harry sah.
Crabbe erstarrte und als Moody sich ihm und Goyle zuwandte und Frettchen-Malfoy wollte nicht gerade heroisch abhauen, aber Moody erwischte ihn mit einem Schwing seines Zauberstabes und er wurde drei Meter in die Höhe geschleudert, Moody donnerte ihn aber wieder auf den Boden nur um es wieder zu wiederholen.
„Ich mag Leute, die angreifen, wenn ihnen der Gegner den Rücken zukehrt, überhaupt nicht", knurrte Moody während Malfoy in seiner Frettchen-Form offensichtlich Schmerzen empfand, als der Professor ihn immer und immer wieder auf den Boden schlug, „Widerlich, feige, gemein ist das ..."
Agnes zückte ihren Zauberstab und zeigte damit auf Moody. Einige Umstehende sogen scharf Luft ein, andere wichen weiter zurück.
„Professor, ich muss Sie bitten, Malfoy sofort zurück zu verwandeln und ihn wie eine Lehrperson zu bestrafen!", zischte Agnes laut, aber Moody hörte nicht auf sie.
„Expelliarmus", sprach Agnes mit fester Stimme und tatsächlich wurde Moody entwaffnet, als Professor McGonagall die Marmortreppen hinuntereilte.
„Professor Moody!", ertönte ihre entsetzte Stimme.
„Hallo, Professor McGonagall", sagte Moody gelassen, als er seinen Zauberstab aufhob, um Malfoy weiter auf und ab zu schleudern.
„Was ... was tun Sie da?", fragte McGonagall mit einem Blick auf das hüpfende Frettchen.
„Unterrichten", sagte Moody.
„Unter ..., Moody, ist das ein Schüler?", kreischte Professor McGonagall und die Bücher, die sie in den Armen hatte, fielen ihr auf den Boden.
„Jep", sagte Moody.
„Nein!", schrie Professor McGonagall; sie rannte die letzten Stufen hinunter und zog ihren eigenen Zauberstab. Einige Schüler wichen ihr aus und es gelang ihr mit einem lauten Knall das Frettchen zurück in Draco Malfoy zu verwandeln.
Er wimmerte am Boden und Agnes half ihm auf, aber selbst nach so einem Erlebnis schien er nicht dankbar zu sein: „Ich brauche keine Hilfe von einem Blutsverräter, Tripe! Ich schaff das schon!"
„Moody, wir setzen Verwandlungen niemals zur Bestrafung ein!", tadelte McGonagall ermattet den anderen Lehrer, „Das hat Ihnen Professor Dumbledore doch sicher gesagt?"
„Hat er vielleicht mal erwähnt, ja", erinnerte sich Moody und kratzte sich ungerührt am Kinn, „aber ich dachte, ein kurzer Schock, der richtig wehtut –"
„Wir geben Strafarbeiten, Moody! Oder sprechen mit dem Leiter des Hauses, dem der Missetäter angehört!", rief McGonagall.
„Das werd ich schon noch tun", versprach Moody und starrte Malfoy mit größter Abneigung an. Dieser sah trotz seiner Würde noch leicht angeschlagen aus, seine Augen tränten noch vor Schmerz und Scham und er murmelte etwas, mit seinem Vater.
„Ach ja?", sagte Moody leise und humpelte ein paar Schritte vor, wobei das dumpfe Klonk seines Holzbeins von den Wänden widerhallte, „Gut, ich kenn deinen Vater schon sehr lange, Junge ... sag ihm, dass Moody seinen Sohn jetzt scharf im Auge behält ... sag ihm das von mir ... und euer Hauslehrer ist sicher Snape?"
„Ja", grollte Malfoy.
„Noch ein alter Freund", knurrte Moody, „Ich freu mich schon die ganze Zeit auf ein Pläuschchen mit Snape ... komm mit, du ..."
Moody packte Malfoy recht grob am Oberarm, sodass Agnes schon beinahe wieder ihren Zauberstab erhob und schleifte ihn Richtung Kerker fort.
McGonagall selbst sah ihnen einen Augenblick mit einem bangen Blick nach, als würde selbst sie sich fragen, ob sie doch lieber dabei sein sollte, damit nicht noch einer der Schüler zu einem kleinen Nagetier wurde, hob aber dann mit einem Schwung ihres Zauberstabs die auf dem Boden verteilten Bücher auf und ging selbst ihrer Wege.
Roger zog Agnes sanft vom Ort des Geschehens weg und zur großen Halle.
„Ich fass es nicht!", rief sie aufgebracht und warf ihre Arme in die Luft, „Wie kann Dumbledore so einen Lehrer einstellen?"
„Redet ihr von Moody?", fragte Grant, der nichts von dem Gespräch gehört hatte, aber trotzdem sofort wusste, worüber sie sprachen.
„Über wen sonst?", fragte Roger und erzählte ihm, Randy und Duncan, was gerade passiert war.
„Wahnsinniger, alter Mann", stimmte Randy ihnen zu, „Und wie er erst in Verteidigung gegen die dunklen Künste über dich gesprochen hat! Als ob du etwas für die Taten deiner Eltern kannst!"
Agnes schaute ihn an und strahlte. Sie hatte gewusst, dass sie Glück mit ihren Freunden hatte. Zwar hatte sie sich häufig eine Freundin gewünscht, die sie das letzte Jahr eventuell in Hermine gefunden hatte, aber nach all den Jahren, in denen sie schon mit diesen hier in einem Team spielte, bemerkte sie erst wirklich, wie sehr sie ihnen vertraute.
„Danke, Leute", meinte sie ernst.
„Kein Grund, uns zu danken. Und wir können verstehen, warum du es uns nie erzählt hast. Ist schon etwas Anderes, wenn man solche Eltern hat, oder?", winkte Duncan ab.
Agnes nickte, antwortete aber nicht. Sie war immer wieder erstaunt, wie sehr ihre Freunde ihr vertrauten, obwohl diese wussten, wie ihre Verwandten waren.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top