151. Kapitel
„Potter ist tot. Er wurde getötet, als er wegrannte, als er versuchte, sich selbst zu retten, während ihr euer Leben für ihn gegeben habt. Wir bringen euch seine Leiche zum Beweis dafür, dass euer Held gestorben ist. Die Schlacht ist gewonnen. Ihr habt die Hälfte eurer Kämpfer verloren. Meine Todesser sind in der Überzahl gegen euch, und der Junge, der überlebt hat, ist erledigt. Der Krieg darf nicht länger während. Jeder, der weiterhin Widerstand leistet, ob Mann, Frau oder Kinder, wird niedergemetzelt werden, wie jedes Mitglied seiner Familie. Kommt aus dem Schloss, unverzüglich, und kniet vor mir nieder, und ihr werdet verschont werden. Eure Eltern und Kinder, eure Brüder und Schwestern werden leben, und es wird ihnen verziehen, und ihr werdet euch mir anschließen in der neuen Welt, die wir gemeinsam errichten werden."
Das waren nicht die Worte, mit denen Agnes aufwachen wollte. Die Stimme des Dunklen Lords – offenbar magisch verstärkt, sodass ihn jeder hören konnte und sie hörte ängstliches Tuscheln und erschrockene Aufschreie.
Sie selbst wollte schreien, aber sie konnte sich nicht bewegen. Sie hatte keine Kontrolle über ihren Körper, aber trotzdem spürte sie ihn. Alles schmerzte und noch immer spürte sie die Nachwirkungen vom Folter-Flucht und besonders ihr Bauch schien schwer verletzt. Wage erinnerte sie sich daran, dass Agnolia ihr einen Eiszapfen in den Bauch geschossen hatte – als ob so etwas Agnes umbringen konnte. Sie hatte schon schlimmeres überlebt – Agnolia hätte auf ihr Herz zielen sollen.
„Worauf warten wir?", hörte Agnes Georges Stimme und er klang wütend, „Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich habe noch jemanden umzubringen! Für Tia! Für Agnes! Für Fred!"
Zuerst stimmten andere ihm nur leise zu, aber dann jubelten und klatschten sie und Agnes hörte viele Schritte, die sich von ihr entfernten.
Agnes wollte ihnen folgen und mitkämpfen, aber dafür musste sie zuerst aufstehen.
Vielleicht sollte sie mit etwas leichterem beginnen – wenn sie schon einmal ihre Augen öffnen könnte, wäre das schon einmal ein guter Anfang.
Aber ihre Lider schienen unendlich schwer und ihr Kopf pochte – Agnes hatte schon lange nicht mehr solche Schmerzen gehabt, aber sie hatte schon einmal solche Schmerzen gehabt. Schon ein paar Mal. Damals ist sie auch nicht gestorben, also würde sie es dieses Mal auch nicht.
Agnes blinzelte und schaffte es endlich, ihre Augen zu öffnen. Im ersten Moment drehte sich die Welt und alles war verschwommen, aber nachdem Agnes ein paar Mal geblinzelt hatte und sie sich ein bisschen daran gewöhnt hatte, ging es ihr gleich besser. Ihre Hand suchte auf dem Boden neben sich einen Zauberstab, aber stattdessen schloss sich ihre Hand um etwas anderes. Kühl war der Griff des ehemaligen Schwertes der Familie Tripe. Jemand hatte es neben sie platziert und nun war es das erste, das Agnes neben sich spürte. Nicht ihren Zauberstab, sondern das Schwert, mit dem sie das erste Mal gemordet hatte. Ihre Finger schloss sich um den Griff und zitternd drückte sie es an sich und auf eine seltsame Art gab es ihr Mut.
Sie starrte auf die Decke über ihr – es schien ein Gang in Hogwarts zu sein und Agnes drehte vor Schmerzen stöhnend ihren Kopf. Es war der Gang, der in den Krankenflügel führte und selbst hier waren die Spuren des Krieges zu sehen, aber es war ruhig. Es war beängstigend ruhig und als Agnes zu ihrer linken blickte, lag dort Tia.
Sie hatte die Augen geschlossen und sah so ruhig und friedlich aus, als würde sie schlafen.
Sofort vergaß Agnes ihre Schmerzen und rollte sich zur Seite und schrie auf, als sie dabei die Wunde an ihrem Bauch strapazierte, aber sie musste zu Tia.
Sie kroch zu ihrer Schwester und legte ihr Ohr an ihre Brust und einen kurzen Moment lang hörte Agnes keinen Herzschlag – sie hörte nur ihr eigenes Herz.
Aber dann – ein leises pochen; sehr schwach und kaum wahrzunehmen, aber er war da. Tia lebte. Nun sah Agnes den Gang hinunter und dort lagen viele Leichen. Bleich, still und reglos lagen sie auf dem Boden. Aufgereiht präsentierten sie die Folgen dieses Krieges.
Neben Tia lag noch jemand, den Agnes kannte – es war Konstantin Gregorovich und Agnes kletterte vorsichtig über Tia, um zu ihm zu kommen.
Er war furchtbar bleich – die Gregorovich-Geschwister waren unter anderem für ihre gebräunte Haut gekannt, aber jegliche Farbe schien aus seinem Gesicht gewichen. Sein sonst immer perfekt sitzender Zopf hatte sich gelöst und seine goldenen Haare lagen ausgebreitet unter ihm wie ein Nimbus. Agnes fühlte, ob sie einen Herzschlag spürte oder ob sie eine Atmung finden konnte, aber er war schon eiskalt und starr unter ihrer Berührung. Konstantin Gregorovich war tot und irgendwie verstörte Agnes dieser Gedanke. Sie hatte Konstantin nie so gern gemocht, wie seine Schwester, aber trotzdem war er ein mächtiger Zauberer gewesen und einer der intelligentesten Personen, die Agnes kannte, aber trotzdem war er unter den Toten.
Agnes sah hinunter und erblickte einen roten Haarschopf. Ihr Herz setzte einen Moment lang aus und sie versuchte, aufzustehen, aber ihre Knie gaben unter ihr nach und sie fiel wieder auf den harten Steinboden, aber natürlich gab sie nicht auf und stand gleich wieder auf und wankte nahezu zu dem Weasley, der dort auf dem Boden lag.
„Nein... nein... NEIN!" Die Welt drehte sich, aber trotzdem erkannte Agnes, dass es Fred war, der dort auf einem Platz neben ihr gelegen hatte und sie ließ sich neben ihn auf den Boden fallen.
Wieder legte sie ein Ohr auf eine Brust, aber dieses Mal vernahm sie keinen Herzschlag. Egal, wie sehr sie sich anstrengte – da war nichts.
Seine Brust hob sich nicht und obwohl noch eine letzte Wärme seines einst lebendigen Körpers an ihm kleben zu schien, so sah er doch so erschreckend tot aus. Die Augen geschlossen, aber die Kleidung voller Blut und seine Beine – sie standen in solch seltsamen Winkeln ab, dass Agnes schlecht wurde.
„Fred! Nein!", sie schüttelte ihren Verlobten, aber natürlich wachte Fred nicht auf. Er würde nie wieder aufwachen. Fred war tot. Was sollte Agnes jetzt tun?
„Fred! Wach auf!", bettelte sie und Tränen rannen ihr über die Wangen, „Fred! Geh nicht! Du hast versprochen, dass du mit mir zurückkommst! Bitte!"
Agnes schüttelte ihn noch einmal und frustriert schlug sie ihm auf die Brust, bevor sie weinend über seinem Körper zusammenbrach. Fred war fort.
Aber dann – zuerst dachte Agnes, sie hätte es sich eingebildet – schnappte Fred plötzlich nach Luft und ungläubig beobachtete Agnes seine Brust.
Zuerst war sie sich sicher, dass sie sich das eingebildet hatte, aber dann bemerkte sie, dass er atmete. Fred lebte!
Weinend lachte Agnes auf und umarmte Fred. Er lebte.
Aber dann erinnerte sie sich an die Worte, mit denen sie aufgewacht war. Harry war tot, aber der Dunkle Lord noch nicht. Agnolia bestimmt auch noch nicht.
Sie musste aufstehen und kämpfen – erst dann würde sie ruhen können, das wusste sie.
Davor würde sie niemals Friede finden. Agnes suchte Fred ab und fand tatsächlich einen Zauberstab in seiner Hosentasche – jemand musste ihn hineingesteckt haben, als sie gedacht hatten, er wäre tot. Als Agnes ihn aber hervorzog, bemerkte sie sofort, dass das nicht Freds Zauberstab war – es war der ihre. Nicht der, den sie benutzte, seit sie aus dem Keller ausgebrochen war und als Werwolf zwei Greifer umgebracht hatte, sondern ihr alter Zauberstab, den sie als elfjährige bei Ollivander's gekauft hatte. Sie hatte ihn verloren, als Agnolia, Bellatrix und Greyback sie aus der Wohnung der Zwillinge entführt hatte und sie hatte gedacht, Agnolia hätte ihn ihr abgenommen und zerbrochen, aber offenbar hatte sie ihn nur in der Wohnung verloren und Fred hatte ihn gefunden.
Es war so, als würde sie mit einem alten Freund wiedervereinigt werden und mit neuem Mut hielt sie ihren Zauberstab in ihrer Hand.
Also stand Agnes wankend auf und schloss die Augen, bis sie nicht mehr das Gefühl hatte, sich gleich übergeben zu müssen und taumelte den Gang entlang und die Treppen hinunter, wobei sie immer eine Hand an einer Wand behielt, um nicht umzukippen.
Ihr ganzer Körper schmerzte, aber der Ehrgeiz, der sie beinahe nach Slytherin gebracht hatte, trieb sie voran – sie musste Agnolia Tripe umbringen. Nichts anderes zählte mehr.
Sie vergaß Tia; sie vergaß Fred – nur noch Agnolia zählte.
Abschaum. Abschaum. Abschaum. Sie hörte Agnolias Stimme in ihrem Kopf, aber dieses Mal war es nicht Panik, die sie überkam, sondern Blutdurst. Sie musste Agnolia umbringen – das wusste sie schon lange, aber dieses Mal war sie sich absolut sicher.
Kampfgeräusche drangen aus der Großen Halle, aber schon in der Eingangshalle wurde Agnes von Chaos begrüßt.
Todesser kämpften gegen Zauberer, die Agnes kannte, aber Agnes ging einfach an ihnen vorbei – in der linken Hand ihren Zauberstab in der rechten das zerstörte Schwert der Familie Tripe oder jedenfalls dessen Reste.
In der Eingangshalle wurde überall gekämpft. Hauselfen waren unter den Kämpfenden und mit scheinbar einfachen Küchengeräten schlugen und stachen sie auf die Todesser ein und ein Zentaur galoppierte mit Pfeil und Bogen in der Hand an Agnes vorbei.
Liza und Charlie duellierten sich Seite an Seite, als wären sie eine Person mit Yaxley; Hagrid schleuderte einen Todesser quer durch die Halle; Ginny, Hermine, Luna und selbst Tonks kämpften gegen Bellatrix während der Dunkle Lord wie eine unaufhaltsame Macht durch die Kämpfenden hindurchschritt und Zauber in alle Richtungen verteilte.
Dann erblickte Agnes Agnolia Tripe.
George, Remus und Sirius hielten sie zwar in Schach, aber es sah nicht so aus, als würden die drei Agnolia in nächster Zeit schlagen können. Es fehlte nur noch jemand wie Agnes und sicher ging sie auf diesen Kampf zu.
Agnes sah zwar wie eine lebende Tote aus, aber noch war sie nicht tot.
Zwar waren ihre Kleider zerrissen und blutig; ihre weißblonden Locken waren wilder, als jemals zuvor und ebenfalls mit blutroten Tropfen besudelt und ihre Haut war kränklich bleich vom Blutverlust. Unter ihren Augen waren dunkle Ringe und ihre Narben schienen dunkler, als jemals zuvor, aber trotzdem fühlte Agnes sich lebendig. Trotz der Schmerzen, trotz der Angst und der Sorge fühlte sie sich in diesem Moment lebendiger, als jemals zuvor.
Agnes' Sicht reduzierte sich auf Agnolia, die mit dem Rücken zu ihr stand und alles um sie herum wurde leise.
„Jetzt ist es soweit", hörte sie neben sich jemanden sagen und sie musste nicht einmal zur Seite blicken, um zu wissen, dass es Fred war. Aber nicht der echte Fred, denn obwohl sie sich gerade nicht in einem geschlossenen Raum befand, wusste sie, dass es Einbildungs-Fred war, der ihr in dieser letzten Schlacht zur Seite stand.
Plötzlich beobachtete, wie Agnolia George angriff – mit einem Todesfluch. George riss erschrocken die Augen auf, als er erkannte, dass er nicht ausweichen konnte und Agnes erwartete schon, dass sie einen ihrer besten Freunde verlieren würde.
„Nein!", schrie Einbildungs-Fred neben ihr und plötzlich war er nicht mehr an ihrer Seite, sondern stand zwischen dem Zauber und George und als der Zauber ihn traf, sah er überrascht aus, bevor er Agnes anlächelte und verschwand. Er war einfach fort.
George, der selbst nicht verstand, was passiert war, sah Agnolia überrascht an, als erwartete er, dass sie irgendeinen Fehler gemacht hatte, als sein Blick auf Agnes fiel.
Aber Agnes gab ihm nicht einmal die Chance, auf sie zu reagieren und sie stürmte vor.
Eine Hand legte sich von hinten auf Agnolias Hals, während sie mit ihrer rechten Hand die Reste des Schwertes in die Brust ihrer Mutter bohrte.
Agnolia keuchte erschrocken auf und blickte auf das klaffende Loch in ihrer Brust, in der nun das Familienschwert der Tripes steckte, bevor sie in Agnes' Armen zusammenbrach, aber in diesem Moment zerbrach auch etwas in Agnes.
Als sie ihre Mutter auffing und sanft auf den Boden legte, erkannte sie, dass sie in das Gesicht ihrer Mutter sah. In das Gesicht ihrer Mum und sie konnte nicht verhindern, dass Tränen in ihre Augen traten.
„Mommy!", schluchzte Agnes und der Blick ihrer Mutter legte sich auf sie und ihre Mum hob eine Hand, die sie sanft auf Agnes' Wange legte und Agnes' Mum lächelte, bevor ihre Hand zu Boden fiel und ihre Augen glasig auf die Decke starrten.
Agnes schluchzte auf und ihr Weinen schien die Kampfgeräusche um sie herum zum Verstummen zu bringen.
„Mommy! Mum!", schluchzte Agnes und sie wiegte die Leiche ihrer Mutter in ihren Armen, „Es tut mir leid! Es tut mir leid! Es tut mir leid!"
Agnes hatte ihre Mutter umgebracht und nach all den Jahren des Hasses und des Schmerzes verspürte Agnes trotzdem keine Freude, ihre Mutter tot zu sehen.
Agnes war vollkommen entsetzt, ihre Mom tot zu sehen.
„Es tut mir leid, Mutter! Es tut mir so leid!", schluchzte Agnes und umarmte ihre Mutter, als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte.
Alarmiert blickte sich auf, aber es war nur Remus, der sie sanft anlächelte und sich wortlos neben sie kniete. Er verlangte nicht von ihr, ihre Mutter loszulassen. Er verlangte nicht von ihr, ihre Tränen hinunter zu schlucken. Er tadelte sie auch nicht dafür, dass sie über die Leiche eines Feindes weinte. Denn er verstand.
Agnes sah auf ihre Hände, an denen nicht nur ihr eigenes Blut klebte, sondern nun auch das ihrer Mutter. Sie wollte sich übergeben, als sie das sah. Das Blut ihrer Mutter klebte an ihren Händen.
„Remus, ich habe sie umgebracht!", schluchzte Agnes und Remus nahm sie sanft in den Arm, „Sie ist tot – wegen mir! Es tut mir so leid! Es tut mir leid!"
„Ich weiß, Agnes", Remus strich ihr sanft über den Rücken, „Ich weiß. Alles wird gut. Ich bin noch hier." Aber nicht einmal seine Worte konnten ihn in diesem Moment trösten. Agnes wollte nur ihre Mommy haben.
„Es tut mir so leid, Mommy! Wach auf! Ich wollte das nicht! Bitte, geh nicht! Ich will das nicht! Ich wollte das nicht! Bleib hier! Bitte! BITTE! Es tut mir leid! ES TUT MIR LEID!"
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