142. Kapitel
Konstantin hatte Agnes verraten.
Sie hatte immer gewusst, dass Konstantin sie nicht wirklich leiden konnte und es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis er sich offen gegen sie wandte, aber trotzdem hatte sie nicht damit gerechnet. Sie hatte gehofft, dass es niemals so weit kommen würde, aber wenn man monatelang in einem Haus eingesperrt war, überlegte man sich schon einmal, ob man überhaupt die richtige Seite gewählt hatte.
Zweifel schlichen sich dann in die Gedanken. Man fragte sich, ob es das alles wert war. All der Schmerz und die Angst vor Verfolgung.
Agnes hätte damit rechnen müssen, dass es genau Konstantin Gregorovich sein würde, der sie verriet und mit wachsamem Auge hatte sie ihn beobachtet – immer. Sie hatte nur darauf gewartet, dass er sein wahres Gesicht zeigte. Ein Mann wie Konstantin Gregorovich kümmerte sich nicht um Loyalität. Er kümmerte sich nur um sich selbst und seine eigenen Interessen und seine eigenen Interessen waren auch das einzige, das er anstrebte.
Agnes war noch nie wichtig für ihn gewesen. Für ihn war Agnes nur ein kleines Ärgernis, das zufällig Teil der Gruppe war. Konstantin vergaß nur allzu gerne, dass Agnes eines der mächtigsten und wichtigsten Mitglieder im Rudel war.
Es stimmte schon, dass sie ein Sicherheitsrisiko darstellte, nachdem sie zu jedem Vollmond das Haus verlassen musste, um sich im Wald in einen Werwolf verwandeln zu können, aber diese Kleinigkeit überspielte sie durch ihre Intelligenz und ihr Talent. Sie war eine mächtige Hexe und Konstantin Gregorovich wusste das auch, aber das änderte nichts daran, dass er sie ohne mit der Wimper zu zucken verraten hatte.
Aber Agnes war intelligenter, als Konstantin. Sie hatte ihn schon lange durchschaut und als der Zeitpunkt gekommen war, war sie vorbereitet gewesen.
Sie hatte ihn im Auge behalten und er hatte nichts bemerkt. Nicht einmal jetzt bemerkte er sie. Sie wartete geduldig, wie eine Katze, die ihrer Beute auflauerte.
Konstantin dachte, er wäre allein und unbeobachtet, als er die Küche geheimniskrämerisch und leise betrat, aber Agnes hatte ihn von ihrem Versteck aus im Blick. Manchmal war Konstantins Ego nur so groß, dass er alles andere nicht sehen konnte, aber das war im Moment Agnes' Vorteil. Wie sonst hätte sie diesen jämmerlichen Verräter überführen sollen? Konstantin sah so verdammt zufrieden mit sich aus – wie er so in der Küche herumstolzierte! So siegessicher! So selbstsicher!
Agnes fand es ziemlich erbärmlich.
Konstantin dachte, er hätte gewonnen, aber genau in diesem Moment schnappte Agnes' Falle zu und es war niemand anderer als Sirius, der als ihr Handlanger vorerst die Drecksarbeit übernahm und Agnes grinste hämisch, als sie in Konstantins Blick das Entsetzen sah, als er verstand. Sirius hatte ihn verraten, aber Konstantin sollte das schon gewohnt sein, immerhin hatte er angefangen, indem er Agnes hintergangen hatte. Es war Karma. Es war Gerechtigkeit.
Und Agnes ergötzte sich an der Panik in Konstantins Gesicht, als er realisierte, dass das eine Falle gewesen war und Agnes das alles schon geplant hatte. Jeder Schritt, der in seinen Augen unvorhersehbar gewesen war, war von Agnes vorhergesagt worden.
„Es tut mir so leid, Kon", brachte Sirius herum. Er hatte einen Arm um Konstantins Hals gelegt und drückte seinen Zauberstab gegen seinen Hals, aber Sirius wusste, auf wessen Seite er stand, ganz im Gegensatz zu Konstantin. Konstantin hatte immer nur gedacht, er wäre überlegen, aber nun bewies Agnes ihm nur allzu gerne das Gegenteil.
„Sirius!", Agnes hätte beinahe laut aufgelacht, als sie den Schmerz in Konstantins Stimme hörte, „Warum?"
„Ich habe keine andere Wahl", verteidigte Sirius sich.
„Jeder von uns hat eine Wahl, Sirius", zischte Konstantin verletzt, „du hast die deine getroffen."
„Kon, es tut mir so –"
„Spar dir das!", unterbrach Konstantin Sirius laut, „Du hast mich verraten! Wie konntest du nur?"
„Ihr Angebot... ich... ich konnte es nicht ablehnen", gestand Sirius und er sprach die Wahrheit – Agnes hatte ihre Wege, Sirius von ihrer Sache zu überzeugen, „Bitte, Konstantin, ich –"
Agnes wählte diesen Moment, um einen epischen Auftritt hinzulegen. „Sieh an, wer uns ins Netz gelaufen ist!" Sie betrat die Küche und Konstantin wurde sichtlich bleich. Er hätte wissen können, dass sie ihn durchschauen würde. Er war eben nicht so überlegen, wie sie.
Voller Verachtung sah Konstantin ihr nun ins Gesicht und wahrscheinlich schossen ihm eine Menge Beleidigungen in den Kopf, aber er war im Moment nicht in der Position, sie zu beleidigen.
„Suchst du etwas, Gregorovich?", fragte Agnes lächelnd und ging absichtlich nahe an Konstantin vorbei, aber in Sirius Griff konnte er sich nicht bewegen und Agnes stellte sich neben den Tisch, auf dem sie den Köder platziert hatte.
Sie hatte gewusst, dass Konstantin hinter etwas Bestimmten her gewesen war. Sie hatte ihn durchschaut und die Falle ausgelegt und Konstantin war direkt hineingelaufen. Voller Sehnsucht schaute Konstantin auf den Gegenstand seiner Begierde – alle seine Probleme hätten sich damit gelöst.
„Tja", Agnes hob den Gegenstand hoch, „Du wirst das hier niemals erreichen, Gregorovich."
„Ich werde mich rächen", spuckte Konstantin aus, „Liza wird sich rächen –"
„Nein." Liza stand unbeeindruckt an der Tür und sah sich die Szene wie eine Mutter an, die sich fragte, was für Kinder sie erzogen hatte und in welchem Moment in der Erziehung sie versagt hatte. „Nein, ich werde dich nicht rächen."
„Verrätst du mich jetzt auch noch?", fragte Konstantin empört, „Ist hier eigentlich noch irgendjemand auf meiner Seite?"
Tia hob sofort begeistert die Hand, aber Agnes hatte das Gefühl, dass sie für jeden die Hand gehoben hätte – auch Agnes in genau diesem Moment, wenn sie gefragt hätte. Tia war einfach zu nett für die Welt.
„Könntest du mir helfen?", fragte Konstantin hoffnungsvoll an Tia gerichtet und diese überlegte einen Moment lang und ließ ihre Hand dann wieder sinken, bevor sie entschuldigend den Kopf schüttelte. Konstantin war von allen verlassen worden.
Konstantin wandte sich wieder an Agnes – der letzte Ausweg aus seiner misslichen Lage. „Komm schon, Agnes – nur einen Keks!"
Agnes hatte schon immer gewusst, dass ihre Kekse sehr begehrt wurden. In Hogwarts hatte sie ihr erstes Geld damit verdient und in ihren Träumen sah sie noch immer eine Bäckerei vor sich. Diese Kekse bedeuteten Agnes etwas, auch, wenn sie das Rezept mittlerweile im Schlaf konnte, aber das bedeutete noch lange nicht, dass man sich einfach so etwas Respektloses erlauben konnte, wie Konstantin.
„Du hättest davor fragen können, dann hätte ich dir auch einen gegeben – jetzt ist es zu spät!", bestimmte Agnes beleidigt und biss genüsslich von dem Keks in ihrer Hand ab und Konstantin sah diesen schon beinahe sehnsüchtig an.
„Ich kann dich nicht einfach fragen!", beschwerte Konstantin sich, „Dafür bin ich zu stolz!"
„Und dein Stolz ist jetzt dein Untergang", sagte Agnes gleichgültig und aß den Keks auf. Der Schmerz in Konstantins Gesicht war all das wert.
„Tja, sieht nicht so rosig für dich aus, Konstantin", spottete Sirius, aber Konstantin rächte sich, indem er Sirius auf den Fuß trat und mit einem Schmerzensschrei ließ Sirius ihn los. Agnes notierte sich innerlich, dass sie – sollte sie wieder einmal in so eine Situation kommen – Konstantin irgendwie anders außer Gefecht setzen musste.
„Tia, willst du auch einen Keks?", fragte Agnes Tia, nur, um Konstantin zu ärgern und das schaffte sie auch, wie sie an seinem Gesichtsausdruck sah.
„Ja!" Jeder liebte ihre Kekse – auch Tia und sie nahm den Keks nur allzu gerne an und aß ihn auch noch direkt vor Konstantin, wie auch Liza und Sirius. Nur Konstantin bekam keinen Keks.
„Hört mal, ich –", beschwerte Konstantin sich wieder, aber er wurde unterbrochen, als etwas silbernes von der Decke fiel und Agnes erkannte es sofort als einen Patronus.
Sie sprach zischend zurück, als sie einen Otter erkannte und sie brauchte einen Moment, um sich daran zu erinnern, dass Hermines Patronus ein Otter war.
„Tia", sprach der Otter tatsächlich mit Hermines Stimme, „Wenn du kommunizieren kannst, melde dich!"
Nach diesen kryptischen Worten verschwand das silberne Tier wieder und Agnes vermutete, dass Hermine niemanden in Gefahr bringen wollte und sie deswegen vorerst nur eine kurze Nachricht geschickt hatte, sollte Tia gerade in einer heiklen Situation sein. Natürlich war es trotzdem sehr riskant gewesen, aber das bewies nur, dass es sehr dringend sein musste, wenn Hermine das riskierte.
„Bei Helgas Fußsohlen", keuchte Liza, die als erstes ihre Sprache wiederfand, „Hermine! Es muss um Harry gehen und Ron!"
„Das ist eindeutig Hermine gewesen", bestimmte Agnes, „Ich erinnere mich noch daran, wie wir gelernt haben, einen Patronus zu erschaffen – Hermines war ganz bestimmt ein Otter."
„Wir sollten sich kontaktieren", schlug Sirius vor, „Tia, antworte ihr."
„Ich...", stammelte Tia offensichtlich verunsichert, „Ich kann das nicht! Ich kann einen Patronus schaffen, aber ich weiß nicht, wie er sprechen kann!"
„Kon, willst du?", fragte Sirius.
„Sie werden ihn nicht erkennen", lehnte Konstantin aber ab und er blickte zu Agnes, „Agnes?"
„Klar." Agnes schloss die Augen und konzentrierte sich auf eine schöne Erinnerung. Schon seit Monaten war sie mit den anderen im Haus der Fuegos eingesperrt und sie hatten keine Fortschritte gemacht, deswegen war es nicht so einfach, in ihren dauerhaft frustrierten Gedanken eine schöne Erinnerung zu finden, aber dann erinnerte sie sich daran, wie sie den kleinen Roger Junior in ihren Armen gehalten hatte und sie wirkte einen Patronus – ein silberner Wolf, den sie fortschickte zu Hermine und sie wusste, ihr Patronus würde sie finden.
„Hermine, ich bin bei Tia – wir können frei sprechen", sagte Agnes. Ihr Patronus würde zeitgleich mit ihr sprechen, wie Agnes von Dumbledore gelernt hatte, als er ihr den Zauber beigebracht hatte.
Der silberne Nebel verschwand wieder und sie mussten nur einen Moment lang warten, bis Hermines Otter wieder vor ihnen durch die Luft zu schwimmen schien.
„Kommt zum Shell Cottage zu Bill und Fleur – wir brauchen eure Hilfe", ertönte Hermines Stimme und die fünf des Rudels sahen sich zweifelnd an.
„Können wir dem trauen?", fragte Sirius, „Ich weiß, dass Dumbledore diese Methode entwickelt hat, weil man Patroni nicht fälschen kann, aber..."
„Es könnte sein, dass man sie dazu zwingt, einen Patronus zu uns zu schicken", bemerkte Agnes und obwohl sie Hermine zutraute, stark zu sein und niemanden zu verraten, so wusste sie aus eigener Erfahrung, dass Schmerz jeden brechen konnte – selbst Agnes, „Menschen würden alles tun, um keine Schmerzen zu haben..."
„Nein, dann könnte sie überhaupt keinen Patronus schaffen – man braucht dafür eine schöne Erinnerung und unter Druck funktioniert das nie", bestimmte Liza, „Shell Cottage... ich weiß, wo das ist. Wir schicken eine Vorhut und die anderen kommen nach, wenn wir uns sicher sind, dass es sicher ist."
„Du bist schon einmal dort gewesen?", fragte Konstantin Liza, die nickte, „Dann werden Agnes und du dorthin apparieren und ihr kontrolliert, ob es wirklich Hermine gewesen ist, die unsere Hilfe angefordert hat. Ich will keinen Todessern in die Fänge laufen."
„Sie hat speziell Tia kontaktiert", erinnerte Agnes ihn, „Wenn es Todesser wären, hätte sie jeden anderen angefragt."
„Nicht unbedingt", murmelte Konstantin zweifelnd, „aber wir sollten der Sache auf jeden Fall nachgehen."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top