123. Kapitel
Agnes apparierte zurück zu der Hütte, in der schon Sirius auf sie wartete, ein Muggel-Modemagazin in der Hand, von dem Agnes nicht genau wusste, woher er es hatte, aber sie hinterfragte ihn schon lange nicht mehr.
„Und?", fragte er sie, ohne aufzusehen, „Hast du deine Frustrationen raus gelassen?"
„Ich hab das Gebäude abgebrannt", gestand Agnes ruhig und Sirius sah auf.
„Muss ich morgen Todesanzeigen von der Heimleiterin lesen?", fragte er sie erstaunlich teilnahmslos und Agnes schüttelte den Kopf.
„Nein, es ist verlassen gewesen... sie haben es wohl geschlossen."
„Hm", machte Sirius und blätterte das Magazin um, „Ist wahrscheinlich besser so... was ich von dir gehört habe, ist es dort schrecklich gewesen."
„Vielleicht habe ich es auch nur persönlich schrecklich gefunden", überlegte sich Agnes und setzte sich zu ihm auf den Boden, „Ich glaube, für die anderen Kinder bin ich einer der schrecklichsten Mitbewohner gewesen."
„Gut möglich", stimmte Sirius ihr zu und Agnes sah ihn empört an.
„Wie bitte?", fragte sie und Sirius lachte leise. Er blätterte wieder um und es herrschte einen Moment lang eine angenehme Stille.
„Weißt du", begann Sirius und Agnes erwartete schon einen weisen und gut gemeinten Rat, aber sie wurde enttäuscht, „Dieses Magazin ist der letzte Schrott."
„Was erwartest du sonst von Muggel-Mode", schnaubte Agnes, „Muggel-Mode ist seltsam."
„Oh, seit wann bist du Mode-Expertin?", fragte Sirius spöttisch und schlug das Magazin zu, bevor er es in eine Ecke warf.
„Ich bin lange genug in Konstantins Nähe gewesen, um wenigstens irgendetwas aufgeschnappt zu haben", verteidigte sich Agnes.
Im Augenwinkel sah Agnes, wie etwas durch eines der zerbrochenen Fenster schlüpfte und alarmiert blickte sie in die Richtung, aber es war nur Dorothy, die von ihrem Auftrag zurückkehrte.
„Dorothy!", freute Agnes sich und stand vom Boden auf, um ihre älteste Freundin zu begrüßen, „Hey! Und? Wie ist es bei Fred gewesen?"
Dorothy antwortete ihr natürlich nicht, sprang aber bereitwillig in die wartenden Arme von Agnes und Agnes kuschelte ihre Katze an ihre Brust.
„Da wird man schon beinahe eifersüchtig", bemerkte Sirius und stand ebenfalls auf.
„Wundert es dich wirklich, dass ich Dorothy lieber hab, als dich?", fragte Agnes spöttisch.
„Natürlich nicht!", lachte Sirius auf, „Ich habe nur gehofft, dass Dorothy mich auch begrüßen würde, aber offenbar mag sie dich lieber, als mich."
Dorothy maunzte.
„Sie stimmt dir zu", bestimmte Agnes, als ihr auffiel, dass Dorothy ein Stück eingerolltes Pergament um den Hals gebunden hatte. Zuerst dachte sie, Dorothy hätte den Brief an Fred nicht abgeliefert, aber dann erkannte sie, dass dieses Pergament mit einer anderen Schnur angebunden war – Agnes hatte ein Stück von ihrem T-Shirt benutzt, aber das hier war ein magentafarbenes Band und sofort zog sich Agnes' Brust zusammen, als sie diese Farbe sah.
„Ich hasse Magenta", murmelte sie überwältigt, als sie das Band löste und das Pergament in die Hand nahm. Dorothy sprang ihr aus den Armen und ging in Sirius' Richtung, der mit glänzenden Augen die Arme ausbreitete, ebenfalls eine Begrüßung von der Katze erwartend, aber Dorothy ging einfach an ihm vorbei und Sirius sackte zusammen wie ein luftloser Ballon.
„Autsch", murmelte er leise, während Dorothy sich in eine Ecke setzte und sich zu putzen begann. Erst da bemerkte er, dass Agnes das Pergament las und sich, ohne den Blick von den Worten abzuwenden, auf den Boden setzte.
Zuerst befürchtete Sirius, dass es schlechte Neuigkeiten waren, aber dann begann Agnes zu lächeln. Sie lächelte wirklich und es war ein so kleines und ungezwungenes Lächeln, dass Sirius ebenfalls lächeln musste.
Es war ein Brief von Fred, das erkannte Agnes sofort, denn obwohl er sich scheinbar zuerst die Mühe gemacht hatte, etwas schöner zu schreiben, als er es normalerweise tat, so war er immer mehr in seine übliche Schreibweise gefallen, aber das machte den Brief nur umso besonderer.
Liebste Agnes,
begann er und sofort schien ein Stein von Agnes' Herzen zu fallen. Wenn er schon so begann, dann konnte er sie trotz all dem, was sie ihm in ihrem letzten Brief geschrieben hatte, noch immer leiden. Es war ein schönes Gefühl, zu wissen, dass Fred sie trotzdem mochte.
Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie erleichtert ich bin, von dir zu hören. Ich würde lügen, wenn ich dir sagen würde, dass ich dich nicht vermisst habe oder noch immer vermisse. Ich bin es gewesen, der in jener Nacht als erstes nach Hause gekommen ist und ich habe auch als erstes das Dunkle Mal über unserer Wohnung gesehen. Ich habe lange die Hoffnung, gehabt, dass du entkommen bist, aber mit der Zeit habe ich akzeptiert, dass ich dich wohl nie wiedersehen werde. Zum Glück hat keiner von mir verlangt, dich zu vergessen oder über dich hinweg zu kommen, denn ich habe immer gewusst, dass ohne dich nichts mehr so sein wird, wie früher.
Als ich angefangen habe, zu akzeptieren, dass du tot bist, wollte ich auch von niemanden hören, dass du noch leben könntest. Einmal ist Remus in den Fuchsbau gekommen – er hat dich beim Ministerium gesehen. Ich bin wohl ziemlich unhöflich gewesen, als er auch nur die Theorie geäußert hat, dass du und Sirius noch leben könntet... im Nachhinein sollte ich mich wohl bei ihm entschuldigen.
Denn er hat Recht gehabt – du lebst noch und du bist irgendwo da draußen und dieser Gedanke allein lässt mich all meine Sorgen vergessen.
Agnes fühlte sich schlecht. Wegen ihr hatte Fred Kummer gehabt, aber sie redete sich ein, dass es besser so war. Fred und George waren noch halbwegs sicher und das sollte auch so lange wie möglich so bleiben.
Im Laden läuft es eigentlich ziemlich gut. Natürlich haben wir einige von den Schildern, die gegen Voldemort und die Todesser gehetzt haben weggenommen... eigentlich, nachdem du verschwunden bist. Ich glaube, das ist das erste Mal gewesen, als ich die Ernsthaftigkeit von diesem Krieg wirklich verstanden habe und jetzt im Nachhinein fühle ich mich ziemlich naiv... immerhin sind andere schon davor wegen diesem Krieg verletzt worden und Dumbledore ist gestorben, aber trotzdem habe ich das alles erst wirklich ernst genommen, als du verschwunden bist. Es ist nicht wirklich der Gedanke gewesen, dass du tot sein könntest... viel mehr diese Ungewissheit, ob du nicht einfach nur eingesperrt bist und darauf wartest, dass dich jemand befreit.
Ich wünschte, ich hätte das gewusst, dann hätte ich nach dir gesucht und dich da raus geholt, aber gleichzeitig weiß ich tief im Inneren, dass du die einzige Person bist, die das jemals geschafft hätte.
An dieser Stelle sollte ich übrigens erwähnen, dass ich mich geehrt fühle, dass ich die Person bin, die du dir am häufigsten einbildest und richte mich selbst bitte einen schönen Gruß aus. Ich weiß, Einbildungs-Fred wird mich niemals ersetzen können, immerhin bin ich einzigartig, aber ich hoffe, er steht dir beiseite, wenn ich es nicht kann.
Nach dem Krieg wirke ich Reparo an dir, vielleicht schaffe ich es doch, dich zu reparieren, obwohl ich nicht glaube, dass es irgendetwas gibt, das repariert werden muss. Du bist perfekt, so wie du bist und ich will nur, dass es dir gut geht. Egal, in welchem psychischen Zustand das ist, wenn du gedacht hast, du könntest mich mit diesen Problemen in deinem Kopf loswerden, dann hast du dich wohl geirrt. George und ich haben viel mehr Probleme, als so jämmerliche Einbildungen, da musst du dir schon etwas Besseres einfallen lassen, um mich zu erschrecken.
Ich hoffe auch, du machst dir keine zu großen Sorgen um mich. Konzentriere dich einfach darauf, selbst gesund genug zu werden, damit du dich wieder wohl fühlst und denke immer daran, dass ich immer an deiner Seite sein werde.
Aber nicht nur ich, sondern auch alle anderen. Ich habe auch Remus und George diesen Brief gezeigt und obwohl sie nicht angefangen haben, zu weinen (so wie ich), so haben sie doch so breit gelächelt, wie schon länger nicht mehr und das heißt so einiges, immerhin ist Tonks schwanger.
Ich weiß gar nicht, ob du das überhaupt weißt, aber Remus und Tonks erwarten ein Kind – es ist ein bisschen schräg, Tonks schwanger zu sehen, immerhin kenne ich sie schon, seit ich ein Kind war, aber ich freue mich für die beiden. Du bekommst also noch ein kleines Geschwisterchen – als jemand mit sechs Geschwisters sollte ich dich wohl vorwarnen – Kinder können ziemlich anstrengend werden und nachdem dieses Kind von Remus und Tonks ist, würde es mich nicht wundern, wenn du auch eine Menge Arbeit damit hättest.
Ich bin mir ziemlich sicher, Tonks und Remus wollten Sirius Gesicht persönlich sehen, wenn er es erfährt, aber sag ihm einfach, er soll so tun, als wäre das eine absolute Neuigkeit für ihn.
Agnes brauchte einen Moment, um diese Nachricht zu verarbeiten. Remus und Tonks würden ein Kind bekommen. Das war ein so ferner und fremder Gedanke für sie, dass sie tatsächlich einen Moment brauchte, um zu verstehen, dass es noch mehr gab, außer Krieg und Leid. Es gab noch Hoffnung, Liebe und... Kinder... Ein Kind. Agnes würde das auch Tia sagen müssen, wenn sie sich wiedersahen und bestimmt würden auch Konstantin und Liza sich über diese Neuigkeit freuen. Und dann gab es natürlich auch noch Sirius, einer von Remus' ältesten Freunde – wahrscheinlich sein ältester Freund.
Ich freue mich schon auf den Moment, an dem ich dich wiedersehen werde und ich hoffe, dir geht es nicht nur gut, sondern wunderbar.
Für immer, dein Liebster
Fred
Agnes hätte gerne behauptet, dass sie diesen Brief ohne jegliche Emotionen gelesen hätte, aber sie las ihn dreimal, bis sie jedes Wort, das Fred geschrieben hatte beinahe schon auswendig konnte, bevor sie zu Sirius sah, der sie stumm beobachtete.
„Gute Nachrichten?", fragte er sie lächeln.
„Er ist von Fred", erzählte Agnes, „Es geht ihm gut."
„Das ist schön zu hören", gestand Sirius, „Bestimmt vermisst er dich."
„Ich vermisse ihn auch", gab Agnes zu, „Er hat auch etwas interessantes über Remus zu sagen gehabt..."
„Über Remus?", fragte Sirius interessiert, „Was hat Moony jetzt schon wieder angestellt?"
„Scheint so, als würde Tia den Titel von „Baby-Lupin" abgeben müssen", grinste Agnes und Sirius brauchte einen Moment, bis er verstand und sofort riss er überrascht seine Augen auf.
„Noch ein Baby-Lupin?", fragte er und einen Moment starrte er in die Ferne, bis er empört wieder zu Agnes sah, „Weißt du was, Baby-Moony? Das ist absolut unfair! Moony hat in der Schule die ganze Zeit gesagt, dass er niemals Kinder haben will und jetzt das! Gleich drei von euch Gören! Das ist doch nicht mehr zum Aushalten!"
„Du weißt, dass ich –", begann Agnes, aber Sirius ließ sie nicht sprechen.
„Er ist so ein Heuchler! Zuerst jammert er die ganze Zeit herum, dass er seinen Fluch nicht weitergeben will; dann finde ich heraus, dass er offenbar schon seit Jahren eine Tochter hat, von der er selbst nichts gewusst hat und dass sie einfach genau wie er ist, nur in weiblich... und spanisch... und Tia-ig; dann sagt er zu Tonks, dass er nicht gut genug für sie ist; dann heiraten sie ohne mein Einverständnis; dann bekommen sie auch noch ein Kind zusammen! Langsam reicht es mir mit diesem Typen, das ist doch die Höhe!"
„Ich denke nicht, dass –", versuchte Agnes es noch einmal, aber Sirius war noch nicht fertig.
„Ich habe gedacht, das zwischen Moony und mir wäre besonders und dann geht er einfach in die Welt hinaus und führt sein eigenes Leben ohne mich! Ich meine... was ist los mit diesem Mann? Ich hoffe, er benennt das Kind wenigstens nach mir."
„Was ist, wenn es ein Mädchen wird?", fragte Agnes ihn und hob eine Augenbraue.
„Das ist mir egal, das Kind wird Sirius heißen!", bestimmte Sirius trotzig, „Wenn ich ihn wiedersehe, dann kann er sich so einiges von mir anhören."
„Ich soll dich von Fred bitten, so zu tun, als wüsstest du nicht, dass er noch ein Kind bekommt", erinnerte sich Agnes, „Ich glaube, Remus will selbst sehen, wie du auf diese Nachricht reagierst."
„Wie ich auf diese Nachricht reagiere? Ich werde ihn natürlich in einen Turm sperren, damit er nicht mehr durch die Gegend rennen kann und noch mehr Baby-Lupins aus ihm herauskommen", bestimmte Sirius und Agnes verzog das Gesicht.
„Bitte sag das nie wieder", murmelte sie schmerzerfüllt – das war eine grauenvolle Art, das zu formulieren.
„Ich meine... jetzt gibt es drei von euch! Schau Tia an! Schau dich an! Wie wird erst das dritte sein? Das ist schrecklich! Einfach grauenvoll!", jammerte Sirius und vergrub sein Gesicht in den Händen, aber lange hielt er es nicht aus und Agnes hörte, wie er zu lachen begann und als er aufsah, grinste er breit.
„Moony erwartet also ein Kind", sagte er lächelnd, „Ich freu mich für ihn."
„Ich mich auch", stimmte Agnes ihm zu, „Es ist schön, in diesen dunklen Zeiten auch noch einen Lichtblick zu sehen."
Sirius stimmte ihr nickend zu und einen Moment lang waren die beiden in Gedanken versunken, bevor Sirius den Moment wieder zerstören musste: „Dieses Kind kann kein Lichtblick sein... immerhin ist es ein Lupin."
Agnes seufzte nur.
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