116. Kapitel

Bartolomäus zeigte Sirius, wo sich seine Wohnung befand und er apparierte sie dorthin. Dieses Mal musste Bartolomäus sich nicht mehr übergeben, aber er schien sich nicht mit dem Apparieren anfreunden zu können.

Bartolomäus wohnte in einer Wohnung in New York und es war eine Art von Umgebung, von der Agnes nicht wirklich erwartet hatte, dass sie von jemanden wie Bartolomäus gewohnt wurde. Immerhin war er Professor an einer Universität und hatte bestimmt ein Einkommen, mit dem man sich sicher mehr leisten konnte.

Agnes war schon lange nicht mehr nervös, wenn sie durch solche Straßen gehen musste. Immerhin war sie meistens die größte Gefahr und andere sollten eher ihr aus dem Weg gehen. Außerdem halfen die Narben, um andere Menschen abzuschrecken.

Sirius begleitete sie in seiner Hundegestalt und ein so riesiger Hund ohne Leine war auch ein besonderer Anblick für Muggel.

„Entschuldigt, aber ich... ein Werwolf hat nicht sonderlich viele Möglichkeiten, hier in der Stadt eine Wohnung zu finden", gestand Bartolomäus peinlich berührt, „MACUSA hat viele Stadtteile eingeschränkt und... dann bleiben eben nur Gegenden wie diese übrig."

„Vertrauen Sie mir", seufzte Agnes, „Sirius und ich haben schon schlimmeres hinter uns... Gestern haben wir auf einem Dach geschlafen? Das ist unbequem gewesen."

„Auf einem Dach?", fragte Bartolomäus entsetzt, „Warum haben Sie nichts gesagt?" Bartolomäus sperrte eine Gittertür und führte sie in ein Treppenhaus. Der Aufzug war außer Betrieb, aber Agnes hätte so oder so die Treppen genommen.

„Ich bin so etwas gewohnt", winkte Agnes ab, „Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal ein stabiles Zuhause gehabt habe!"

„Hogwarts", erinnerte Sirius sie, der sich gerade wieder in einen Menschen verwandelt hatte, „Hogwarts ist ein zu Hause gewesen."

Bartolomäus führte sie die Treppen nach oben und Agnes und Sirius folgten ihm einfach.

„Bis Umbitch gekommen ist", widersprach Agnes, „Und man hat mich trotzdem jedes Jahr wieder weggeschickt, obwohl ich das nicht wollte – wie sicher klingt so ein Zuhause für dich?"

„Ich habe ja auch keine Ahnung von irgendwelchen Zuhauses", bemerkte Sirius schulternzuckend, „Das letzte Mal, als ich wirklich ein zu Hause gehabt habe, war mit James und seinen Eltern."

„Zuhauses?", wiederholte Agnes unbeeindruckt, „Bist du sicher, dass das die Mehrzahl von „Zuhause" ist?"

„Oh, entschuldige, Professor Agnes!", schnaubte Sirius, „Ich habe nicht gewusst, dass du seit Neustem Englisch unterrichtest!"

„Ich beherrsche meine Muttersprache auch ohne einen Doktortitel", bemerkte Agnes, „Im Gegensatz zu dir."

„Sag die ohne jegliche UTZs", grinste Sirius. Agnes blieb so abrupt stehen, dass Sirius beinahe in sie hineinrannte.

Als Agnes sich gefährlich langsam zu ihm umdrehte, grinste er noch immer. Agnes war, obwohl sie eine Stufe über ihm stand, immer noch etwas kleiner, als er.

„Ich habe das Gefühl, du willst, dass ich deine Leiche zu Kon zurückschicke", sagte sie tonlos.

„Nein, das ist eigentlich nicht wirklich mein Wunsch", grinste Sirius frech, „Du solltest noch etwas an dieser Gedankenlesernummer arbeiten – bis jetzt ist sie ziemlich enttäuschend."

„Kommt ihr?", rief Bartolomäus, der schon ein Stockwerk über ihnen war und Agnes warf Sirius einen letzten, warnenden Blick zu, bevor sie die letzten Stufen nach oben rannte und Sirius folgte ihr lachend.

„Wartet hier", bat Bartolomäus sie vor einer Haustür und ging den Gang hinunter zur gegenüberliegenden Tür, klingelte dort und wartete geduldig darauf, bis eine ältere Frau öffnete.

„Ah, Professor Holloway, sie hat schon –"

Plötzlich stürmte an der älteren Frau ein kleines Mädchen vorbei und Sirius und Agnes waren beide ziemlich überrascht davon.

Bartolomäus hatte das wohl schon erwartet und bereitete sich schon auf die stürmische Umarmung vor, die folgte.

„Danke, Mrs Gonzales", bedankte Bartolomäus sich, während er eine Hand auf die Schulter des Mädchens legte, die ihn noch immer umarmte, „Entschuldigen Sie, dass es heute etwas länger gedauert hat."

„Das ist doch kein Problem, Professor Holloway", winkte die Frau lachend ab, „Tschüss, Sally – wir sehen uns dann morgen!"

„Auf Wiedersehen, Mrs Gonzales", verabschiedete sich das Mädchen und Mrs Gonzales schloss die Tür.

Bartolomäus drehte sich wieder zu Agnes und Sirius um und lächelte sie entschuldigend an, bevor er zusammen mit dem Mädchen zu ihnen kam, die sie ängstlich ansah. „Sally, das sind Sirius und Agnes – sie sind heute unsere Gäste."

Das Mädchen – Sally – versteckte sich schüchtern hinter Bartolomäus und sagte kein Wort, aber Bartolomäus schien das nicht zu stören und er schloss die Wohnungstür auf.

Im Gegensatz zum Gebäude war Bartolomäus' Wohnung hübsch eingerichtet. Sie war zwar nicht sonderlich groß, aber er hatte das beste daraus gemacht und mit eleganten Möbeln, Vorhängen und sauberen Wänden es doch irgendwie geschafft, ein schönes Zuhause einzurichten.

Nur war es Agnes zu eng.

Sie hasste es. Warum konnte sie nicht einmal in einer einfachen Wohnung sein, ohne sofort Platzangst zu bekommen. Sie bekam nicht sofort Panik und sie bildete sich zum Glück nicht sofort ein, dass die Wände sie erdrücken wollten, aber sie spürte, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte, ihr das Atmen schwerer fiel und sie Angstschweiß ausstieß – das war ziemlich ekelhaft. Agnes war zwar eine Sportlerin in Hogwarts gewesen, aber sie hasste es, verschwitzt zu sein.

„Keine Sorge, Agnes", beruhigte Bartolomäus sie, der wohl ihren schnelleren Herzschlag gehört hatte, „Ich werde euch hier nicht umbringen."

„Das ist es nicht", versicherte Agnes ihm und sah sich nervös um, „Ich... ich habe nur schreckliche Platzangst und... ich will Ihre Wohnung nicht beleidigen, sie ist wirklich hübsch eingerichtet, aber trotzdem etwas eng."

Bartolomäus musterte sie und Agnes bereute es schon, ihm diese Schwäche von ihr verraten zu haben, aber zu ihrer Überraschung reagierte Bartolomäus verständnisvoll. „Das tut mir leid... wie kann ich Ihnen helfen?"

Agnes lächelte dankbar und schüttelte den Kopf. „Danke, aber das können Sie nicht. Ich bin durch die halbe Welt gereist, um meine Ängste loszuwerden – diese Angst muss auch noch weg."

„Würde ein Kaffee schon einmal etwas bessern?", fragte Bartolomäus, „Oder trinkt ihr Tee? Ich... habe nicht wirklich Tee hier, aber ich kann bei Mrs Gonzales nachfragen –"

„Kaffee ist auch in Ordnung", versprach Sirius ihm schnell, „Vielleicht können wir uns an ein Fenster setzen?"

„Natürlich." Bartolomäus führte sie zu einem Tisch, der zum Glück bei einem Fenster stand, erstarrte aber plötzlich in seiner Bewegung und sah wie gebannt aus dem Fenster. Sirius und Agnes – die paranoiden Personen, die sie während des Krieges geworden waren – erwarteten natürlich sofort eine Gefahr, aber dort auf der Fensterbank saß einfach nur eine schwarze, hässliche Katze – Dorothy.

„Hm...", machte Bartolomäus und öffnete das Fenster, „Eine sonderbare Katze."

Dorothy sprang in die Wohnung, als wäre es ihr zu Hause und streckte sich erst einmal.

„Wie ist sie hier hoch gekommen?", fragte Bartolomäus sich und sah aus dem Fenster nach unten, aber selbst für eine Katze wäre es unmöglich gewesen, in den vierten Stock zu klettern, „Und... wie hat sie uns gefunden? Ist sie nicht irgendwo beim Haus von Madame Tripe verschwunden?"

„Wir sprechen hier von Dorothy", bemerkte Sirius schulternzuckend und Bartolomäus schloss das Fenster wieder, „Man hört auf, diese Katze zu hinterfragen. Die ist mindestens genauso seltsam, wie ihre Besitzerin."

„Ich bin nicht Dorothys Besitzerin – höchstens ihre Freundin", widersprach Agnes ihm, „Und sie ist eben sehr intelligent."

Der Anblick der Katze lockte auch Sally, das kleine Mädchen, hervor und sie sah die Katze neugierig an. Sie versteckte sich noch hinter Bartolomäus, aber schien näher zur Katze zu wollen. Agnes bemerkte das und kniete sich auf den Boden. Sofort rannte Dorothy zu ihr, bereit für ein paar Streicheleinheiten, aber Agnes schickte sie einfach weiter zu Sally.

Dorothy näherte sich dem Mädchen und dieses schien einen Moment lang verunsichert, aber dann klopfte Bartolomäus ihr aufmunternd auf die Schulter und Sally ging doch in die Hocke, um Dorothy zu streicheln.

„Dorothy wird dir nicht wehtun", versprach Agnes ruhig.

„Sie heißt Dorothy?", fragte Sally und kicherte, als Dorothy an ihrer Hand leckte. Nun kniete sich Sally auf den Boden und sofort sprang Dorothy auf ihren Schoß – die Katze schien bei dem Kind besonders vorsichtig zu sein und krallte sich zu Agnes' Erleichterung nicht in die Kleidung des Mädchens, wie Dorothy es gerne bei Agnes tat.

„Ich mache uns einen Kaffee!", bestimmte Bartolomäus, „Sally, willst du einen Kakao?"

Sally nickte, war aber mit Dorothy beschäftigt und Bartolomäus lächelte bei dem Anblick, bevor er in die Küche ging.

Sirius und Agnes folgten ihm.

„Ihr seid wirklich seltsam", bemerkte Bartolomäus, „Nicht jeder nimmt eine Katze für so eine lange Reise mit."

„Dorothy ist eben besonders", erklärte Agnes, „Sie hat mir schon einmal das Leben gerettet. Sie mag nur eine Katze sein, aber gleichzeitig ist sie eine Verbündete."

Bartolomäus schaltete die Kaffeemaschine ein und bereitete vier Tassen vor.

Agnes hörte hinter sich, wie Sally fröhlich kicherte und blickte über die Schulter, nur um zu sehen, wie das Mädchen mit Dorothy spielte. Agnes lächelte leicht und wandte sich wieder an Bartolomäus.

„Ist Sally deine Tochter?", fragte sie ihn, aber sofort verdüsterte sich Bartolomäus' Gesicht und sie erkannte, dass das wohl ein empfindliches Thema war.

„Meine Nichte", stellte Bartolomäus klar, „Sie... meine Schwester und mein Schwager haben sich wohl mit den falschen Leuten angelegt... ihr müsst wissen, dass meine Schwester eine Hexe gewesen ist, im Gegensatz zu mir. Sie hat in Ilvermorny gelernt und hat dort auch ihren späteren Ehemann kennengelernt. Leider haben sie sich wohl mit den falschen Leuten angelegt – sie sind beide Auroren gewesen. Ich bin in dieser Nacht nur zufällig bei ihnen gewesen, als ein Werwolf... ja... Meine Schwester und ihr Mann haben versucht, ihn zu bekämpfen, aber er hat sie umgebracht. Mich hat er auch erwischt, aber ich habe es geschafft, mit Sally zu verschwinden – sie ist damals erst ein Jahr alt gewesen. Ziemlich ironisch, oder nicht? Der No-Maj überlebt, während die mächtigen Zauberer sterben... Ich habe nie den Namen des Werwolfs erfahren, der uns das angetan hat – Auroren von MACUSA haben ihn umgebracht, nur wenige Stunden danach."

„Schön, dass Sie ihren Job als Professor behalten haben", bemerkte Sirius ehrlich.

„In der Zaubererwelt gibt es unzählige Regeln – im Vereinigten Königreich kann gibt es so viele, dass es eigentlich unmöglich ist, legal zu arbeiten, wenn man ein Werwolf ist", schnaubte Agnes, „Ich weiß das – ich kenne alle Regeln auswendig."

„In Amerika ist es auch nicht wirklich besser", gestand Bartolomäus, „Ich glaube, MACUSA lässt so einiges bei mir durchgehen, weil meine Schwester eine Aurorin gewesen ist und ich nur ein No-Maj bin. Das erinnert mich – sind Sie legal eingereist, Agnes?"

„Natürlich nicht!", lachte Agnes, „MACUSA weiß nicht einmal, dass ich hier bin. Hoffe ich jedenfalls."

„Wenn sie es wüssten, hätte sie sich schon längst bei Ihnen gemeldet", versprach Bartolomäus, „Vertrauen Sie mir – Werwölfe sind bei MACUSA auch nicht gern gesehen. Was sind eure nächsten Pläne?"

„Zurück nach England", bestimmte Sirius, „Wir haben dort noch einen Krieg zu gewinnen."

„Sie wissen schon, Bartolomäus", winkte Agnes ab, „Noch ein paar Menschen umbringen, ein Haus abbrennen, die feindlichen Linien infiltrieren... das übliche."

Bartolomäus sah sie nicht verstört an – einfach nur gleichgültig. „Oh, gut", meinte er, „Aber zuerst... Kaffee!"

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