11. Kapitel

Mit einem riesigen Tablett voller Weihnachtskekse wankte Agnes in die große Halle.

Die drei Tische waren auf die Seite geschoben und nur ein einziger war mit zwölf Stühlen versehen, auf dem wie jedes Jahr sowohl die Schüler als auch die Lehrer Platz nehmen würden.

Dumbledore, McGonagall, Flitwick, Sprout und Snape saßen an dem Tisch zusammen mit Filch und zwei anderen Schülern – ein unsicher aussehender Erstklässler und ein mies gelaunter Fünftklässler, mit dem Agnes noch nie gesprochen hatte.

„Aja!", rief Dumbledore, als sie hereinkam, „Agnes! Wie jedes Jahr hast du ein Wunder gezaubert! Stell sie einfach auf den Tisch!"

Agnes tat wie ihr geheißen und setzte sich neben den Erstklässler, der sie kurz anlächelte.

Kurz darauf kamen die letzten Schüler durch die Tür – Harry Potter, Ronald Weasley und Hermine Granger.

„Fröhliche Weihnachten!", sagte Dumbledore fröhlich zur Begrüßung, als sich alle setzten, „Da wir so wenige sind, schien es mir albern, die Haustische zu nehmen... Setzt euch, setzt euch!"

„Knallbonbons!", sagte er begeistert und bot Snape die Verschnürung eines großen, silbernen Bonbons an. Snape packte es zögernd und zog daran. Laut wie ein Pistolenknall flog das Knallbonbon auseinander und es erschien ein großer spitzer Hexenhut, auf dem ein ausgestopfter Geier saß. Einige grinsten, aber Snape sah nicht so zufrieden aus.

„Haut rein!", wies Dumbledore alle an und strahlte, als er sich den hässlichen Hut selbst aufsetzte.

„Ihr müsst unbedingt Agnes' Kekse probieren – sie sind wunderbar!", schwärmte Dumbledore, während er sich selbst einen von dem Tablett nahm.

„Vielen Dank, Professor", bedankte sich Agnes bei dem Professor, während sie sich ein wenig Früchtekompott auf den Teller leerte.

„Es ist erstaunlich, dass Miss Tripe offensichtlich ein Talent fürs Backen hat, obwohl sie in Zaubertränke nicht einmal die einfachsten Tränke auch nur annähernd kreieren kann. Neben ihr wirkt Neville Longbottom wie das neue Tränke-Talent der Schule!", meckerte Snape, während sogar er einen der Kekse probierte.

„Meine Talente liegen woanders, ich muss Sie enttäuschen, Sir", bemerkte Agnes ironisch und Hermine Granger schnappte kurz erschrocken nach Luft, als sie die leicht freche Antwort hörte, aber Snape erwiderte nichts darauf – er konnte außerhalb seiner Stunde keine Striche auf der Liste hinzufügen.

Plötzlich öffneten sich die Türen wieder und herein kam Professor Trelawney. Agnes hatte sie selbst nie gehabt – sie vermied es, unlogische Magie und Spekulationen wie Wahrsagen zu lernen und so wählte sie in ihrem dritten Jahr auch nicht dieses Fach im Gegensatz zu ihren Freunden, die es wegen dessen Leichtigkeit und eben Ungenauigkeit als geeignet empfanden.

„Sibyll, das ist ja eine angenehme Überraschung", sagte Dumbledore und erhob sich.

„Ich habe in die Kristallkugel geschaut, Direktor", sagte Professor Trelawney mit ihrer rauchigsten, unirdischsten Stimme, für die sie überall bekannt war, „und zu meiner Verwunderung sah ich, wie ich mein einsames Mahl stehen ließ und mich Ihnen anschloss. Sollte ich denn die Winke des Schicksals missachten? Auf der Stelle verließ ich meinen Turm und ich bitte Sie inständig, die Verspätung zu entschuldigen..."

„Aber gewiss, gewiss", sagte Dumbledore mit funkelten Augen, „Lassen Sie mich einen Stuhl für Sie zeichnen-" Dumbledore zeichnete tatsächlich mit seinem Zauberstab in die Luft, aber Agnes kannte des Zauberspruch, den sie öfters fürs Backen verwendete und war nicht so beeindruckt davon.

Der Stuhl knallte zwischen Snape und McGonagall, die sich zwar nicht wirklich zu leiden schienen, aber die jeweilige Anwesenheit schien ihnen trotzdem lieber, als die, der schrägen Professorin für Wahrsagerei, die sich nicht setzte, sondern ihr Blick schweifte über den Tisch. Plötzlich stieß sie einen gedämpften Schrei aus und meinte konfus: „Ich wage es nicht, Direktor! Wenn ich mich dazusetze, sind wir dreizehn! Nichts bringt mehr Unglück! Vergessen Sie nie, wenn dreizehn bei Tisch sitzen, wird der Erste, der sich erhebt, sterben!"

„Das werden wir riskieren, Sibyll", sagte Professor McGonagall ungeduldig, „Bitte setzen Sie sich, der Truthahn wird langsam kalt."

Sie zögerte noch einen Moment, setzte sich aber schlussendlich doch, obwohl sie etwas ängstlich und bereit für ihren Tod aussah.

McGonagall ließ sich davon nicht beirren und fragte entspannt: „Kutteln, Sibyll?"

Trelawney antwortete nicht, sondern ließ wieder ihren Blick über den Tisch schweifen und fragte: „Aber wo ist der liebe Professor Lupin?"

„Ich fürchte, der arme Kerl ist schon wieder krank", meinte Dumbledore bedauernd und Agnes fiel auf, wie häufig er eigentlich krank war – mindestens einmal im Monat, „Großes Pech, dass es ausgerechnet an Weihnachten passiert."

„Aber das haben Sie doch sicher gewusst, Sibyll?", bemerkte McGonagall mit hochgezogenen Augenbrauen.

Trelawney schien die Feindseligkeit auch aufzufallen und schenkte ihr einen kühlen Blick. „Natürlich wusste ich es, Minerva, aber man geht nicht mit der Tatsache hausieren, dass man allwissend ist. Häufig tue ich so, als ob ich nicht im Besitz des Inneren Auges wäre, um andere nicht nervös zu machen."

„Mal angenommen, Sie wüssten tatsächlich alles, müsste ihr Kopf dann nicht von dem ganzen Wissen explodieren?", fragte Agnes.

Trelawneys Blick legte sich auf sie und sie schien sie mit ihrem Libellenblick zu durchbohren.

„Du hast nie meinen Unterricht besucht, oder Liebes?"

„Nö", bemerkte Agnes geradeheraus, „Ist mir nicht wichtig, wahrsagen zu lernen."

„Müsstest du nicht auch krank sein, wie Professor Lupin?", wechselte die Wahrsagerin das Thema, aber das verwirrte Agnes.

„Nein, ich bin kerngesund", meinte sie die Stirn runzelnd.

Einen Moment sah Trelawney sie noch an, dann wendete sie sich wieder den anderen zu, besonders McGonagall: „Wenn du es unbedingt wissen musst, Minerva, ich habe gesehen, dass Professor Lupin nicht lange bei uns bleiben wird. Er selbst scheint zu wissen, dass seine Zeit knapp bemessen ist. Er ist buchstäblich geflohen, als ich ihm anbot, für ihn in die Kristallkugel zu schauen-"

„Nicht zu fassen", sagte McGonagall trocken.

„Das zu wissen, ist keine Kunst. Seit ich diese Schule besuche, habe ich jedes Jahr in Verteidigung gegen die Dunklen Künste einen anderen Lehrer. Vielleicht ist er nur vor dem erstickenden Rauch in ihrem Büro geflohen, der anscheinend auch Gehirnzellen leicht zerstört", es war ein Talent von Agnes, Leute indirekt beleidigen zu können.

Tatsächlich warf McGonagall ihr ein kleines, unscheinbares Lächeln zu.

„Ich glaube nicht, dass Professor Lupin in unmittelbarer Gefahr ist", sagte Dumbledore fröhlich, doch mit leisem Nachdruck, was das Gespräch der Damen beendete, „Severus, Sie haben ihm doch noch einmal diesen Trank gebraut?"

„Ja, Direktor", bestätigte Snape.

„Gut", freute sich der Schulleiter, „Dann sollte er im Nu wieder auf den Beinen sein... Derek, hast du schon von diesen Grillwürstchen gekostet? Sie sind köstlich."

Der Erstklässler wurde knallrot im Gesicht, als Dumbledore ihn direkt ansprach und nahm sich tatsächlich von den Würstchen.

„Agnes, willst du nicht noch etwas essen?", fragte Dumbledore nun auch sie, aber sie errötete nicht oder schämte sich dafür, sondern schüttelte höflich den Kopf.

„Nein, danke, Sir. Ich habe schon genug gegessen", lehnte sie ab.

„Lassen Sie sie doch!", verteidigte sogar McGonagall Agnes, „Nicht jeder isst so leidenschaftlich viel."

„Danke, Professor", Agnes lächelte ihr zu und die Professorin nickte.

Hermine bemerkte, wie Agnes offenbar so etwas wie Schamgefühl oder gesunden Respekt Lehrern gegenüber nicht zu kennen schien – es war beinahe so, dass sie sich wie eine alte Freundin benahm.

Das Essen war für die Schüler unangenehm und seltsam, wenn man Agnes ausschloss und für die Professoren ein ebenso seltsames Essen, wenn man Dumbledore und McGonagall ausschloss, die sich blendend mit Agnes verstanden, die anscheinend die einzige war, die wirklich jedes Jahr über Weihnachten in Hogwarts blieb.

Ron und Harry waren die ersten, die aufstanden und sofort kreischte Trelawney auf.

„Meine Lieben! Wer von euch ist zuerst aufgestanden? Wer?"

„Keine Ahnung", Ron zuckte mit den Schultern und sah Harry verlegen an.

„Ich denke nicht, dass es eine Rolle spielt", sagte Professor McGonagall kühl, „außer wenn ein Verrückter mit einer Axt draußen vor der Tür wartet, um den Ersten zu meucheln, der in die Eingangshalle kommt."

Alle lachten und McGonagall sah zufrieden mit sich aus.

„Kommst du?", fragte Harry Hermine, aber die lehnte ab mit etwas, das Agnes nicht verstehen konnte.

Die beiden verließen die Halle und einen Moment herrschte angespannte Stille, bis McGonagall diese unterbrach: „Nun ja, jetzt haben wir wohl einen Schüler weniger. Wie Schade, wir sollte uns nach einem Ersatz umsehen."

Wieder lachten die Anwesenden, nur Trelawney sah entrüstet aus.

Hermine stand auf und ging zu McGonagall, flüsterte etwas mit ihr, während die anderen ihre Gespräche fortsetzten.

Die Professorin stand auf, entschuldigte sich und verließ mit Hermine die Halle.

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