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,,Wie?", fragte ich, nicht glaubend, was sie gerade von sich gegeben hatte. Versuchte sie mir damit Hoffnungen auf etwas Positives zu machen, hatte sie es zumindest kurzzeitig geschafft. ,,Ja, Sugawara wurde auf der Einbahnstraße erwischt, oder?", hakte sie nach, als wäre sie etwas Großem auf der Spur. ,,Falls der Fahrer von der rechten Seite hergefahren ist, hat er eine Straftat mehr begangen. Außerdem stehen dort auch überall Schilder und die Straße ist auch nicht unbedingt groß. Ihm muss also eigentlich klar gewesen sein, dass er dort nicht einfach so hätte langfahren dürfen. Vielleicht...", sie brach ab, suchte vermutlich nach den richtigen Worten und fuhr schließlich fort: ,,Vielleicht hat jemand ihn beabsichtigt angefahren. Vielleicht war es jemandes Intention, Koshi anzufahren und ihn vermutlich auch damit für immer zum schweigen zu bringen, aus dem Verkehr zu ziehen, ihn"-ich unterbrach sie: ,,Ihn zu töteten."
,,Genau. Jedenfalls ist dort, wo es damals passiert ist, eine Dreißigerzone, das heißt, dass Sugawara davon höchstens ein paar wenige Knochenbrüche mitgetragen hätte. Dennoch ist er daran gestorben, sogar noch vor Ort und das auch recht schnell, was heißt, dass der Fahrer echt viel zu schnell gefahren sein muss. Bei genauerem Überlegen kann das kein Unfall gewesen sein, wie es immer dargestellt wurde."
Es war verblüffend, wie scharfsinnig sie das ganze durchdacht hatte und es ergab sogar eine menge Sinn. ,,Aber", fing sie dann an, wobei sie wieder relativ nachdenklich wirkte. ,,Wer würde so einem lieben und aufrichtigen Menschen sowas antun?", stellte sie dann ihre Frage und sah mir erneut in die Augen, als würde sie erwarten, dass mir auf Anhieb irgendjemand einfallen würde, doch ich schwieg. Ich musste es zuerst verkraften und lernen, den Gedanken zu akzeptieren, dass jemand seinen Tod gewünscht hat. Jemand wollte, dass er stirbt und dieser Jemand war mir nicht bekannt. Niemand hätte gewollt, dass er nicht mehr lebt. Wieso auch? Er war nett, half immer jedem so gut er konnte, selbst, wenn er diese Person nicht kannte. Er war ein guter Mensch, den jeder mochte, wer sollte ihm bitte den Tod wünschen und warum?
,,Neid?", hörte ich die Stimme meiner Mutter fragen und kam nun leicht erschrocken, auf den Gedanken, das Ganze aus einer anderen Perspektive zu sehen.
Koshi war nett, keine Frage, aber jeder mochte ihn, das schien womöglich für irgendjemanden ein Grund zu sein, ihn sterben zu lassen. Wut kam in mir hoch. Wie konnte man so egoistisch sein und jemanden aus solchen Gründen umbringen?
,,Daichi, beruhig dich." Sie legte eine Hand auf meine Schulter, doch ich schüttelte sie ab. Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, ließ mich von der Wut leiten, doch bemerkte erst, was ich tat, als es zu spät war.
Meine flache Hand lag auf der Wange meiner Mutter. Sie sah mich schockiert an. War es nun tatsächlich soweit, dass ich meine Mutter geschlagen hatte? War ich noch ganz bei Trost?
,,Tut mir leid, das wollte ich nicht!", gab ich schuldbewusst von mir. Dass ich verdammt wütend geworden war, war das Eine, aber dass ich meine Mutter grundlos geschlagen hatte, war das wesentlich wichtigere Andere. Wie konnte ich nur? Hatte ich zu viel am Klebstoff geschnüffelt oder so? Was war in mich gefahren?
,,Alles gut, ich kann das nachvollziehen", erwiderte meine Mutter dann erstaunlich sanft und legte meine Hand, welche sich an ihrer geröteten Wange verkrampft hatten, runter, auf das Bett.
,,Du hattest eben einen Wutausbruch, das ist in der momentanen Situation ziemlich gut zu verstehen. Natürlich war es nicht so schön, dass du mich deshalb geschlagen hast, aber aus Fehlern lernt man. Wir werden an der ganzen Sache arbeiten. Du, ich und", sie stoppte kurz und schien vermutlich nicht ganz zu wissen, ob mich folgendes eventuell verletzen könnte oder sonstiges. ,,Und was?", fragte ich nach und versuchte dabei nicht so zu klingen, als könnte sie mich mit dem verletzten, was sie mir sagen würde. ,,Und der Psychologe", beendete sie dann ihren Satz und sah schuldbewusst in meine Augen. Und deswegen hatte sie gezögert? Ich unterstützte es eher, als dass es mich kränken würde. Warum auch? Wenn ich Therapie ginge, würde ich bei möglichen Untersuchungen des Falls weiterhelfen können. Doch bevor ich mich dem Lösen des Falls widmen konnte, musste ich mich zuerst um das kümmern, das mich seit über einem Jahr belastete. Die Vergangenheit. Ich erinnerte mich noch sehr gut an den Unfall, doch es brachte nichts, wenn ich nicht ohne eine Panikattacke drüber reden konnte. Die Erinnerungen würden wahrscheinlich für immer tiefe Wunden mit sich ziehen, welche niemals komplett verheilen würden, doch es war eine wichtige Sache, zumindest mit anderen drüber rede zu können, sollte es drauf ankommen. Gerade bei den Forschungen des Unfalls wäre es eine wichtige Sache, den besten Freund und Augenzeugen dabei zuhaben, welcher mehr über Sugawara wusste als seine eigenen Eltern.
Ich war mir sicher, etwas war faul an dem sogenannten Unfall und ich würde hart dafür arbeiten, dass die Wahrheit ans Licht kommt.
,,Also?", fragte meine Mutter dann. Stimmt, ich hatte noch gar nicht mein ,Okay' gegeben. ,,Ja, du, ich und der Psychologe." Ich war entschlossen, die Hilfe anzunehmen. Selbst, wenn ich dafür möglicherweise einige, schwierige Dinge meistern musste, ich musste es.
Für Koshi! Für meinen besten Freund!
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