Zwölfter Moment
Vor sieben Jahren
Alexander
„Ich finde die Rahmenbedingungen nicht gerecht." Meinen Bauch vor lachen haltend, liege ich auf dem Boden. Magnus sitzt mit verschränkten Armen, schmollenden Lippen und großen Augen neben mir. Immer wieder stupst er mich mit seinem Zeigefinger an. Ich frage mich wie er es schafft so ernst zu bleiben. „Schaaaahatz, ich meine es ernst." Ich beruhige mich in sekundenschnelle sitze ich vor meinem Freund. „Du bist Professor. Ein ziemlich gut aussehender Professor und Hochbegabt. Deine Stimme ist betörend wie eine Hypnose, wie um Himmels Willen soll ich mich da konzentrieren und dieses Regal aufbauen. Es ist doch klar das du mit deiner Kommode viel schneller bist. Du hast meine Gehirnzellen mal drei." Wären wir beide nicht so ehrgeizig, wären wir wahrscheinlich schon lange fertig. Aber wir liebten uns heraus zu fordern.
Seit gut einem Jahr waren wir jetzt ein Paar und momentan zogen wir in unsere erste gemeinsame Wohnung ein. Ich war glücklicher denn je und bis jetzt hielten wir das Versprechen, das uns jetzt nichts mehr trennen würde. Magnus hatte schnell Arbeit an einer High School gefunden und seitdem er wieder gekommen ist, verbringen wir keinen Tag mehr ohne einander. Ich würde dieses Glück gegen nichts mehr in dieser Welt eintauschen.
„Wir wissen beide das du übertreibst. Außerdem bist du heißer als Lava und du sitzt gerade mit einem engen Shirt vor mir, welches perfekt deine Muskeln hervor hebt. Ich habe es genau so schwer wie du." An seiner Miene ändert sich nichts. „Wir arbeiten einfach Rücken an Rücken. Wir reden nicht. Dadurch kann sich keiner ablenken." Ergeben nickt er. Als wir beide uns vor den genannten Möbelstücken befinden, zählen wir gemeinsam herunter. „Drei, zwei, eins, los."
Konzentriert mache ich mich an die Arbeit. Unsere Eltern verstehen sich zum Glück gut und auch das Ehepaar Bane ist nach New York zurück gekehrt. Es wohnt sogar wieder dort, wo alles angefangen hat und auch Fio gibt es noch. Es hat sich nichts verändert. Magnus und ich verstehen uns immer noch ohne Worte. Wir kennen mittlerweile den anderen besser als uns selbst. Gleichzeitig rufen wir „Fertig", was uns zum Lachen bringt. „Wir gehen essen oder?" Was kochen angeht bin ich genau so Talent frei wie meine Eltern und Izzy. Es muss wahrscheinlich in der Familie liegen.
„Es ist das Beste für uns alle." Ich helfe Magnus nach oben. Gemeinsam fallen wir für einen Kuss in die Leidenschaft. Es ist ein Paradeflug, der Königsklasse. Die Landung so sanft wie Katzenpfoten im Gras. „Ich liebe dich" flüstere ich leise. Ein Eskimo Kuss besiegelte das ganze. „Ich dich auch, Alexander. Mehr als alles andere."
Aus einem Abend essen wurden mehrere Stunden, in denen wir die Stadt unsicher machten. Es reichte uns, durch die Gassen New Yorks zu schlendern und den anderen im Arm zu halten. Nichts anderes, nur wir zwei mit unserem Herzen. „Würdest du wissen wollen, wann du stirbst, wenn du könntest?" Wir waren auf dem nach Hause weg. Noch immer war Magnus der einzige Mensch, der mir Fragen stellte über die ich nachdenken musste und auch wollte. Ihm wollte ich so gründlich wie möglich antworten und nicht einfach die bestmögliche Lösung sagen. Ich wollte das wir darüber redeten. So wie wir über alles andere auch redeten.
Erst gestern haben wir darüber die halbe Nacht auf unserer Luftmatratze gelegen und darüber „diskutiert", ob man eine schöne Erinnerung hergeben würde, nur im eine schlimme auszulöschen. Während Magnus es in Erwägung ziehen würde, gab es für mich kein hergeben. Die schlimmen Erinnerungen lehren, schützen und machen uns aus. Genau so wie die schönen. Nichts in meinem Leben möchte ich ausradieren oder Tip exen. Nicht umsonst hieß es Leben und nicht irgendeine Playlist, wo man etwas überspringen oder löschen könnte.
„Nein, ich möchte meinen Todestag nicht vorher wissen. Wir Menschen sind schon so sehr darauf geeicht, so viel wie möglich an einem Tag zu schaffen. Ein gefüllter Terminkalender ist noch lange nicht ein erfülltes Leben. Und das Leben ist viel mehr als eine To do List. Ich glaube wenn man es wüsste, würde man sich überfüllte Pläne machen, um alles noch zu schaffen. Dabei ist das ungeplante meist das schöne. Der Tod gehört in keinen Terminkalender. Die verbleibende Zeit ist ungewiss und dennoch gezählt. Dieses Wissen reicht mir um das alles hier zu genießen."
Magnus lächelte mich an. Wir kamen an einen Straßenmusiker vorbei. Er spielte eine mir unbekannte Melodie. Einige Leute blieben stehen, um ihm zu lauschen. Ich selbst griff nach seiner Hand. „Würdest du mir diesen Tanz gewähren?" Mein Freund lächelte sanft. „Ich würde dir alles gewähren. Solang wir beisammen bleiben."
In der üblichen Tanzhaltung fingen wir langsam an, unsere Körper an einer Stelle zu bewegen. „Du weißt, das ich dir überall hin folgen würde. Ich und Du, das sind wir. Allein wenn sich unsere Augen immer wieder gefunden haben. Sei es nur für eine Sekunde oder der Moment so klein wie ein Splitter. Es hat die Welt für mich bedeutet." Die Worte sprachen aus meinem tiefsten Herzen. Die Liebe schickte kleine Luftblasen an die Oberfläche, signalisierte das es aus mir sprach, aus meinem ‚Sein'. „Ich wünschte ich könnte erklären wie deine Augen und warum der Ton deiner Stimme mir die schönsten Zitronenfalter geben. Warum dein Lächeln mein Herz jeden zweiten Schlag überspringen lässt. Jedes Mal wenn ich bei dir bin, fühle ich mich so komplett." Ich strich ihm über den Rücken „Und am Ende des Tages, wenn die Nacht beginnt, denk ich an die Menschen die mir wichtig sind. Ich schließe die Augen und sehe ganz klar dich. Es ist der Moment wo ich jeden Abend nach dir greife, weil du so real vor meinem inneren Auge erstrahlst. Mit dir will ich alles machen, alles händeln. So als wäre scheitern unmöglich."
Wir verharren in unserer Position. Ich sehe auf meine ganz persönliche Milchstraße, wandle schon lange in einem ganz anderen Universum. Mir wird vieles klar in diesem Moment. „Ich glaube das Leben tut alles mögliche dafür, dass sich besondere Menschen finden. Bestimmte Begegnungen sind einfach viel zu besonders als das sie zufällig sein könnten. Unsere Seelen mussten wahrscheinlich erst reifen, um für das ganze restliche Leben bereit zu sein. Und glaub mir, ich musste noch viel lernen, denn manchmal bringt mir auch eine Formel nichts. Man muss die Liebe nicht verstehen, nur fühlen und meine könnte die Welt tausend mal umrunden. Jeden anderen einzelnen Menschen kennen lernen. Es wärst immer du."
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