Elfter Moment

Vor ebenfalls acht Jahren

Alexander

Es ist der Augenblick wo ich mein zu Hause in den Armen halte. Der Kuss ist die Wiederholung unseres Versprechens. Ich ertrinke in dieser Berührung, wie ein Stein der nicht mal einen Schritt schafft. Vollkommen schwerelos werde ich in das Meer der Liebe geworfen und ich sinke bis zu dem tiefsten Punkt. Ein auftauchen ist unmöglich. Dabei komme ich nicht mal zum Luft schnappen. Es ist nicht weiter essentiell. Nur Magnus brauche ich da unten.

Ganz langsam beenden wir den Kuss, ziehen unsere Lippen Millimeter für Millimeter. "Happy Birthday, Alexander." Unter Tränen lächle ich. Mehr brauche ich gar nicht. "Dankeschön." Mein Daumen kostet seine Haut, in dem er immer wieder über seine Wange streift. Er hinterlässt ein Zeichen, das er nur noch mir gehört.

Gemeinsam setzen wir uns wie damals an das Ufer und wieder beginnt Magnus sein Herz zu legen. Dabei hat er nur eine Hand frei. Die andere halte ich. Ich werde sie nicht mehr los lassen. "Seit wann bist du wieder zurück?" Meinen Kopf lege ich auf meine angewinkelten Beine. Meine Augen ruhen auf ihn. Und meine Seele strahlt in den schönsten Farben der Welt.

"Ich bin gestern Abend gelandet und habe mich dann heute morgen direkt zu deinem Elternhaus gemacht. Ich wusste nicht ob du dort noch wohnst. Mir ist nichts anderes eingefallen als an den Ort zurück zukehren wo alles angefangen hat." Gebannt hänge ich an seinen Lippen. Immer wieder kneife ich mich mit meiner freien Hand. Solang davon geträumt das er wieder da ist. Oft habe ich mir diesen Moment vorgestellt. Aber das übertraf alles. Jedes Liebesgedicht und jeder Film schien nicht das ausdrücken zu können, was ich gerade empfinde. Meine Härchen stehen immer noch wie Soldaten. Mir ist wohlig warm, obwohl wir eine Außentemperatur von fünf Grad haben. Mein Herz läuft einen Marathon, obwohl ich gerade dort angekommen bin, wo ich schon immer hin wollte. Mir liefen immer noch vereinzelt Tränen über die Wange, obwohl diese schon längst aufgebraucht sein müssten.

"Deine Mutter hat mir gesagt, das du nicht mehr dort wohnst und kurz dachte ich, das die Suche sich doch schwieriger gestaltet. Aber dann hat sie mir erzählt, das du heute vorbei kommst und ich hatte die Kiste schon fertig als Geschenk. Ich habe ihr nur grob unsere Umstände erklärt und ihr dann einfach die Kiste hinterlassen. Seitdem bin ich jeden Zentimeter dieses Parks abgelaufen. Den See wie den Erdball umrundet und meine Gedanken in das Universum geschickt und wieder zurück geholt." Sanft lächelt er. "In den letzten Jahren habe ich meine Träume betäubt, Sehnsüchte verdrängt, Tränen verschluckt und Gefühle erfroren. Ich wusste nicht ob du immer noch an mich denkst. Die Zweifel das es wahrscheinlich nie ein 'Irgendwann' geben wird, wurden immer größer. Aber ich war süchtig nach dir. Ich wollte das wir unseren Traum wahr werden lassen. Etwas anderes gab es in den letzten Jahren nicht."

Ich hörte ihm genau zu. Ich war wie ein Schwamm der sich voll sog mit den Wörtern, die er mir entgegen brachte. "Ich habe den Springer immer bei mir getragen. Er war mein Beweis das es dich wirklich gab. Mein Kopf hat sich in Arbeit gestürzt, wollte somit alles unter neuem Wissen vergraben. Aber mein Herz war dagegen. Ich habe gezweifelt, vielleicht war es nur die berühmte Jugendliebe. Eigentlich wollte ich heute versuchen, von vorn anzufangen. Aber als ich deinen Zettel gelesen habe, wusste ich das ich das niemals hinbekommen hätte." Ich küsse seinen Handrücken, sauge seinen Geruch in mir auf.

"Eigentlich hat immer alles gepasst..." Wehmütig lächelt er. "..außer die Umstände" beende ich seinen angefangenen Satz. Es gibt nur noch eine Frage die mich beschäftigt. "Und wie geht es jetzt weiter?" Auch Magnus schien Angst zu haben. Eine Blässe der Beklemmung legte sich um seine Nase. "Ich habe in New York eine Wohnung gefunden und werde jetzt für eine unbestimmte Zeit auch erstmal hier bleiben." Erleichtert atmete ich aus, hatte gar nicht mitbekommen das ich die Luft angehalten hatte. "Ich wohne in der Nähe der New Yorker Universität und werde solange bleiben, wie du."

Magnus lächelte mich vorsichtig an. "Und wenn ich wieder abreisen müsste?" Mein Arm schlang sich wie eine Krake um seine Hüfte. Ich zog ihn näher an mich heran. "Dann folge ich dir. Ich möchte nicht mehr von dir getrennt sein. Das halte ich nicht aus. Nicht nochmal." Er küsste meine Wange. "Unser 'Irgendwann' beginnt wirklich jetzt?"

Ich konnte nur grinsend nicken. Es war das Wunder, welches solange von Staub bedeckt war. Aber jetzt strahlte es, wie ein Diamant. Mit all seinen Ecken und Kanten. "Darf ich dich auf ein Date einladen?" Sein Blut erhitzte sich unter seinen Wangen, bietenden mir eine schöne Röte, welche sonst nur der Winter anrühren konnte. "Aber es ist doch dein Geburtstag." Ich stand auf und hielt ihm meine Hand. Gemeinsam brachten wir ihn in einen sicheren Stand. "Es könnte alle Menschen Geburtstag haben, ich würde dich immer wieder fragen ob du mich auf ein Date begleitest."

Magnus ließ seine Hand in meine gleiten, verschränkte unsere Finger wie eine Schraube und die passende Mutter. Zusammen liefen wir los. Allein dieses Wort "zusammen" sendete einen Hurrikan des Glücks durch meinen Körper. Er wirbelte alles auf, setzte mein Lichtsplitterherz neu zusammen. Wie kleine Lego Steine, die endlich ihre Form ergeben. So wie es die Anleitung beschreibt. Die Seele welche sich in eine Decke eingemurmelt hatte, beobachtete das Spektakel mit einer Gänsehaut. Manchmal gab sie Anweisungen, während sie ihre Wurzel ausbreitete zu Magnus eigener Seele. Wir würden jeden Sturm, jeden Hurrikan, jeden Tsunami stand halten. Unser Baum war klein, nur die Wurzel waren tief.

"Wie lief es eigentlich in Indonesien?" Jetzt wo wir endlich die Zeit hatten, betrachtete ich ihn genau. Konservierte mir jedes Detail, welches mir auffiel, durchschwamm die Milchstraße immer und immer wieder. "Ich habe schnell erkannt, das ich diese Firma nicht übernehmen möchte. Meine Eltern waren wenig davon begeistert aber ich habe mich an deine Worte erinnert, das sie damit zu recht kommen müssen. Ich habe Lehramt in den Fächern Deutsch und Geschichte studiert. Als ich dann meinen Eltern gesagt habe, das ich wieder zurück möchte, habe ich ihnen auch den Grund genannt. Und der warst du. Sie haben mir die Frage gestellt ob das richtig ist." Er macht eine kurze Pause, in dem ich ihn abwartend betrachte. Magnus scheint gerade innerlich vor Polaroid Bildern zu sitzen. Er schwelgt in Erinnerungen. "Ich habe ihnen gesagt, wenn diese Liebe falsch ist, dann möchte ich nie etwas richtig machen." Ich bleibe stehen, so beeindruckt und überrascht bin ich von dieser Antwort. Kurz küsst mich Magnus. "Sie wollen dich bald kennen lernen." Ich kann ihn nur anlächeln. Unser 'Irgendwann' beginnt wirklich. Jetzt.

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