65.
Heyho! Da bin ich schon wieder! Viel Spaß beim Lesen! <3
----------
* Bella *
„Was ist passiert?" Lilly. „Er hat was?" Wieder meine Schwester. Sie klingt bestürzt, ihre Stimme kippt wie meine vorhin, als ich Roman gegenüberstand. „Das ist nicht wahr! Der kann was erleben!", poltert nun mein Vater aufgebracht, ich rolle mich auf den Rücken und öffne die Augen.
In meinem alten Zimmer ist es dunkel, doch der sachte Schein der entfernten Straßenlaterne taucht dennoch einen Teil meines Zimmers in einen warmen Ton. Meine Zimmertür ist leicht angelehnt, weshalb ich jedes Wort verstehe, was meine Familie unten im Wohnzimmer austauscht.
Offenbar ist Victor wieder zurück und auch der Rest meiner Familie. In den Jahren haben meine Eltern mehrmals angebaut und das sowieso schon wuchtige Elternhaus vergrößert, weil wir Kinder alle auch im Erwachsenenalter hier viel Zeit verbracht haben. So schlafen auch Victor und Lilly noch gelegentlich hier, besonders nach den regelmäßig stattfindenden Familienessen oder nach langen Diensten. Mittlerweile arbeiten alle Mitglieder der Familie Mahler in dem Krankenhaus, in dem mein Vater den Posten des Chefarztes der Chirurgie bekleidet.
Auch ich gehöre nun dazu. Wenigstens bin ich dann nicht allein, denke ich missmutig und spüre, wie Tränen meine Schläfen hinabrinnen. Dass ich überhaupt noch weinen kann, wundert mich selbst. In meinem Herzen sticht es, sobald ich an Roman denke.
„Wie kann er nur? Sie hängt doch so sehr an ihm!", höre ich Lilly beinahe kreischen, „Was fällt ihm eigentlich ein?" Genau wie Victor scheint auch Lilly nicht nur wütend, sondern auch enttäuscht zu sein. Irgendwer mahnt die anderen leise zu sein, ich vermute, es ist meine Mutter. Gerädert schließe ich die Augen wieder, ich wünsche mir wieder einzuschlafen, um mich nicht der Realität stellen zu müssen. Um nicht leiden zu müssen.
Jemand stößt meine Tür vorsichtig auf, ich stelle mich schlafend. „Bella?", flüstert meine große Schwester, ihre Schritte nähern sich. Meine Matratze senkt sich, als sie sich setzt. Mit dem Rücken liege ich zu ihr, sodass sie nicht erkennen kann, dass ich die Augen fest zusammenkneife und die Lippen aufeinanderpresse, um mein Schluchzen zu unterdrücken. Liebevoll streichelt Lilly mir über den Rücken und meint leise: „Es tut mir so leid, Schwesterherz. Es tut mir so unendlich leid. Ich weiß, dass du es ernst mit ihm meinst und ihm nichts vorgemacht hast. Du liebst ihn, das weiß ich. Das muss alles ein Missverständnis sein, ich rede mit ihm. Versprochen. Ich bin mir sicher, wir kriegen das wieder hin. Ich hab dich lieb, versuch ein bisschen zu schlafen." Zärtlich drückt sie mir einen Kuss auf die Wange und verlässt dann wieder mein Zimmer.
Sie wusste ganz genau, dass ich nicht schlafe. Natürlich wusste sie das.
Allein bleibe ich mit meinen Gedanken, meinen Sorgen, meinen Ängsten zurück und lege die Hände auf die Augen, versuche meine Tränen aufzuhalten, die unter meinen Lidern hervorquellen. Ja verdammt, ich liebe Roman. So sehr, dass ich daran kaputtgehe, weil er mich fallen lässt. Das Herzrasen, welches mich überfällt, kenne ich schon von den unzähligen schlaflosen Nächten aus meinen Klinikum-Zeiten. Nur habe ich dieses Mal keine Angst vor dem nächsten Arbeitstag, sondern davor meinen Verstand zu verlieren, weil ich mich so nach Roman verzehre.
Unruhig wälze ich mich in meinem Bett umher, finde keinen erholsamen Schlaf. Irgendwann berührt mich jemand an der Schulter und ich reiße erschrocken die Augen auf. Es ist meine Mutter. Sanft lächelt sie mich an. „Bella, du musst langsam aufstehen." Ihr Blick huscht über mich hinweg und sie zieht verwundert die Augenbrauen hoch. „Hast du etwa in deinem Kleid geschlafen?" ich zucke mit den Schultern und murre dann: „Ich will nicht aufstehen. Ich bin krank!" Seufzend lässt sie sich auf meiner Bettkante nieder und sagt: „Liebes, ich weiß, dass es dir nicht gut geht, aber vielleicht lenkt dich die Arbeit ein bisschen ab?" Entschlossen schüttle ich den Kopf, ziehe mir die Decke bis zur Nasenspitze und jammere: „Ich hab ein gebrochenes Herz! Es sind schon Menschen daran gestorben! Ich kann nicht zur Arbeit!" „Ach Bella", murmelt sie, steht aber auf und lässt mich wieder in Frieden. Das Licht macht sie natürlich nicht wieder aus. Nicht sehr rücksichtsvoll. Kurz überlege ich, ob ich es selbst mache, da betritt Lilly mein Zimmer. „Boah", brumme ich, „lass es gut sein, ich komme nicht mit!" Das angedeutete Lächeln auf ihren Lippen irritiert mich, sie stellt eine dampfende Tasse Tee auf meinem Nachttisch ab und hockt sie dann neben mich. „Schon gut, musst du nicht. Heute nicht. Papa weiß Bescheid. Vielleicht ziehst du aber wenigstens mal den dreckigen Fetzen aus? Mama würde gerne dein Bett frisch beziehen, bevor sie geht. Und ich hab Muffins gebacken, möchtest du einen?" Sie hält mir einen schrecklich gut duftenden Schokomuffin unter die Nase, aber ich verneine. Mir ist nicht nach Essen zumute, da kann es noch so gut riechen.
Grummelnd rolle ich mich aus meinem Bett, streife mit Lillys Hilfe den Berg Tüll ab, während unsere Mom wie auf Kommando hereingewuselt kommt und fix mein Bett bezieht. Danach verschwindet sie wieder, gibt mir nur einen Kuss auf die Stirn und erklärt mir: „Kopf hoch, du schaffst das." Sofort schießen mir wieder Tränen in die Augen, Lilly reicht mir wortlos ein Taschentuch und setzt sich dann im Schneidersitz auf mein Bett. „Muss du nicht auch arbeiten?", nörgle ich, weil es mir nicht passt, dass sie mich so sieht und mir es nicht erlaubt, mich in meinem Liebeskummer zu suhlen. „Später. Ich darf die Visite heute ausfallen lassen", antwortet sie ruhig und will dann wissen: „Hast du Roman vorher schon gesagt, dass du London sausen lässt?" Ich schüttle niedergeschlagen den Kopf und nage nun doch an dem Muffin herum. Schmeckt leider auch noch gut. „Ihr habt gar nicht drüber gesprochen?" „Richtig, weil es für mich nicht zur Debatte stand", erkläre ich bockig. „Wieso weiß er dann davon und denkt, du würdest doch wollen?" „Keine Ahnung! Weil er bescheuert ist!", meckere ich beleidigt und schnaufe. Sie legt den Kopf schief und lässt dann verlauten: „Ich begreife das alles nicht. Ich hab ja gemerkt, dass es manchmal etwas angespannt zwischen euch war, aber dass er sich trennt, hätte ich nie für möglich gehalten! Was ist denn bloß passiert, dass er sich da so sehr in etwas verrannt hat?" Beide brüten wir über dieser Frage und reißen dann beinah synchron die Augen auf. Sie ruft: „Opa!" und ich: „Max!" Verdutzt gucken wir uns an.
„Was? Wieso Max?", hakt sie nach, ich rede schneller, als ich denken kann und fasele: „Na er war doch so sauer, weil ich ihm mehr als deutlich gesagt habe, dass er mich endlich in Ruhe lassen soll! Und wieso bitte Opa?" Sie nickt eifrig, fügt dann hinzu: „Stimmt! Oh Gott, das könnte sein! Opa hat Roman bei jeder Gelegenheit eingeredet, dass du unbedingt richtig groß Karriere machen sollst und musst! Dass er dir dabei im Weg stehen würde! Ich hab ihn einmal gehört und danach mit ihm geschimpft, er hatte versprochen, er würde es lassen, aber vielleicht hat er das nicht! Vielleicht hat er ja sogar Max dafür ins Boot geholt! Denkbar wäre es!"
Fassungslos klappt mir die Kinnlade runter, dann frage ich sie verzweifelt: „Aber wieso hat Roman nie was gesagt? Angenommen das stimmt? Wieso hat er nie gefragt oder mich direkt drauf angesprochen? Für mich gab es keinen Anlass irgendetwas gerade zu rücken – London kam nie in Frage und zu Max hab ich keinen Kontakt! Und wieso springt er auch noch mit dieser Schlampe ins Bett?! Wieso, Lilly? Wieso tut er all das?" Zum Schluss werde ich richtig laut, doch Lilly erträgt es und fährt sich durch ihre langen braunen Haare. „Wahrscheinlich hat ihn das eingeschüchtert, das alles. Er wollte ja eigentlich auch immer nur das Beste für dich. Aber das mit der Tussi check ich auch nicht."
„Wenn er mein Bestes gewollt hätte, hätte er seinen verdammten Mund aufmachen sollen! Jetzt hat er mir nur das Herz gebrochen!", bringe ich unter Tränen hervor, der Muffin rutscht mir aus der Hand und krümelt mein sauberes Bett voll. Verständnisvoll nickt meine Schwester, streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und meint leise: „Vermutlich hat er so lange geschwiegen, dass er den richtigen Moment einfach verpasst hat etwas anzusprechen und dann ist es gestern aus ihm rausgebrochen. Das ist keine Entschuldigung, aber möglicherweise eine Erklärung."
„Und was jetzt?", will ich mit rauer Stimme wissen, fische die Krümel vom Bett und stopfe sie in meinen Mund. „Ihr solltet miteinander reden." Kopfschüttelnd entgegne ich: „Damit er mir wieder die Tür vor der Nase zuknallt und mich die Treppe runterschubst? Nein danke! Außerdem hatte er nichts Besseres zu tun, als sein Ding in dieser Trulla zu versenken! Nein!" Verblüfft zieht Lilly die Augenbrauen hoch, stimmt mir dann aber dennoch zu: „Okay, du bist sauer, das verstehe ich. Aber hab ich dich gerade richtig verstanden? Er hat dich die Treppe runtergeschubst?!" Zerknirscht gebe ich zu: „Naja, ich bin nicht gefallen, aber es hätte nicht mehr viel gefehlt." Schwer atmet sie aus und brummt dann. „Mit dem Freundchen hab ich ein ernstes Wörtchen zu reden!" „Ach lass es doch! Was soll das bringen, wenn ihr alle bei ihm auftaucht? Er hat mich rausgeschmissen, das war's! Und ich will jetzt auch nicht mehr darüber reden! Ich will jetzt alleine sterben!"
Todunglücklich schlüpfe ich wieder unter meine Decke, verstecke mich unter ihr und kann mein Schluchzen nur dämpfen, nicht vollständig ersticken. Es macht es nicht besser, dass Roman vermutlich aufgrund von falschen Vermutungen so gehandelt hat. Das ändert an dem herzbrecherischen Ergebnis rein gar nichts. Er hat Gerüchten vertraut, hat mir misstraut und hat als Rache eine andere gevögelt. Das sind die Fakten. Und die tun weh. Die bringen mich fast um.
-----------
Ein einziger Scherbenhaufen, den Roman da hinterlassen hat.
Was soll ich da noch anderes zu sagen?
Was denkt ihr darüber?
Knutscha,
eure Mercy <3
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top