Kapitel 11 - Ein neuer Tag in der Hölle

Nachdem Carls und ich gestern noch eine ganze Weile geredet hatten und zum Entschluss gekommen waren, uns heute 16 Uhr im Café an der Ecke zu treffen, um erneut ein wenig zu quatschen sowie unser weiteres Vorgehen was Adele betraf, zu besprechen, war sie gegangen. Klaus und ich hatten uns daraufhin wieder vertagen und mit Destiny einen Film gesehen, bis diese schließlich ins Land der Träume verschwunden war.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war mir etwas mulmig zumute. Ich wusste, heute müsste ich einen erneuten Tag in meiner ganz persönlichen Hölle mit dem Teufel persönlich überleben. Was soll ich sagen? Es gefiel mir nicht, aber ich brauchte das Geld und von so einem gut bezahlten Job konnte ich in meiner Situation, mit meinen wenigen Erfahrungen und schlechten Qualifikationen eigentlich nur träumen. Ich würde wohl kaum anders in eine solche Stellung mit diesem Gehalt kommen, auch nicht mit guten Beziehungen.

Ich machte mich also auf den Weg zur Arbeit. Wenigstens konnte ich mich auf das Treffen mit Carly heute Nachmittag freuen. Das zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht und so tauchte ich auch im Büro auf.

"Du solltest deine Zähne nicht zeigen. So schön sind die nicht.", meckerte Thomas sogleich, aber ich verdrehte nur genervt die Augen und lief zu meinem Schreibtisch.

"Wo ist mein Frühstück?", schnauzte er mich prompt an.

"Oh ups, das hab ich vergessen, MISTER SANGSTER", meinte ich sarkastisch, irgendwie musste ich mich ja wehren.

*fatsch* Schon landete seine Hand in meinem Gesicht. Es tat schrecklich weh und ich musste mir die Tränen verkneifen.

"Nenn mich noch einmal so und du wirst dir noch wünschen, du würdest nur eine Ohrfeige bekommen", spuckte er.

Ich drehte mich um, schnell zur Toilette war das einzige, was ich jetzt wollte.

Ich holte mein Schminkzeug raus und versuchte, den roten Handabdruck zu verdecken - mit eher mäßigem Erfolg. Ich begann zu weinen, ich wollte es nicht, aber ich konnte nix dagegen tun. Ich dachte, ich hätte diese Phase hinter mir gelassen, wäre auf dem guten Weg, aber Thomas warf mich wieder um Jahre zurück.

"Wieso heulst du denn?", kicherte es hinter mir plötzlich. Nici stand hinter mir und schaute mich im Spiegel durch ihre perfekten Augen an.

"Hat Tommy dich abgewiesen? Aww Armes kleines Ding!", meinte sie sarkastisch und klopfte mir auf die Schulter. "Das wird schon wieder"

Lächelnd zog sie sich ihren Lippenstift nach und verschwand mit einem letzten verachtenden Blick.

Es ging mir ins Mark, dass sie ihn Tommy nannte, aber ich sagte nichts dazu, schüttelte mich und verließ dann ebenfalls das Bad, um ins Büro zurück zu kommen.

Als ich jedoch die Tür öffnete, konnte ich meinen Augen nicht trauen, Nici knutschte dort mit ihm und obwohl ich dachte, er wäre mir egal, traf mich dieser Anblick ziemlich.

" Glotz nicht so und mach lieber deine Arbeit", meinte Nici und Thomas grinste nur.

Als ich wenig später die für heute anstehenden Termine durchsah, fiel mir auf, dass zum Mittag ein Geschäftsessen stattfinden sollte und zwar bereits in einer Stunde. Alarmiert sprang ich auf, um Thomas dies mitzuteilen.

"Wozu bist du eigentlich zu gebrauchen? Das hättest du mir längst mitteilen müssen!", schrie er mich sofort an und stand auf.

"Es tut mir leid, laut der Kalenderapp hast du den Termin doch heute morgen selbst erst eingetragen!", sagte ich kleinlaut, ich brauchte jetzt nicht irgendwelchen Stress mit ihm.

"Und das ist eine Entschuldigung? Sicher nicht!"

Er drehte sich um und verschwand aus der Tür.

Reglos stand ich da und wusste nicht, was ich sagen sollte. 

Noch einmal las ich nach, das Treffen hatte eine kleine Notiz angefügt "Begleitung erforderlich"

Hmm, mit wem er da wohl hingehen würde?

Mit einer dunkelroten Krawatte kam Thomas kurze Zeit später zurück und mein Gott sah er in dem dunkelblauen Anzug und der roten Krawatte gut aus.

"Starr nicht so, das macht dein Gesicht noch hässlicher!" kam es plötzlich von der Seite. Nici..

Perplex schüttelte ich kurz meinen Kopf.

"Tommy? Können wir dann los?", fragte sie ihn und strich ihm dabei über die Brust.

Natürlich... Sie war seine Begleitung, was hatte ich anderes erwartet.

Vermutlich spürte er meinen Blick, denn er drehte sich zu mir und meinte "Wenn ich wieder da bin, hast du allen meinen Geschäftspartnern die Erinnerungsmail zur Gala nächsten Monat geschickt und außerdem die Unstimmigkeiten in den Geschäftsbüchern beseitigt, klar?"

"Wie soll ich bitte-", doch er schenkte mir bereits keine Beachtung mehr.

Damit verschwanden er und Nici zur Tür und ich setzte mich mit einem Seufzen zurück an den Schreibtisch. Das wird ja noch ein toller Tag. 

Ich sah auf die Uhr, wenn ich alles noch vor Feierabend schaffen wollte, dann musste ich mich beeilen. Schließlich wollte ich mich nachher noch mit Carly trefffen.

*******

Stunden vergingen und als er kurz vor Feierabend noch immer nicht zurück war, beschloss ich gerade, alles zusammenzupacken, als mein Telefon bingte. 

"Du machst heute länger. Wir haben noch eine Besprechung."

Na toll. Was sollte ich denn jetzt Carly sagen?

Ich beschloss, unsrer Treffen auf morgen zu  verschieben und auf Thomas zu warten.

Als es bereits 19 Uhr schlug und Thomas noch immer nicht zurück war, überlegte ich, ob das vielleicht nur eine miese Aktion von ihm war, um mich sinnlos im Büro zu halten. Die  meisten in der Firma mussten lange Feierabend gemacht haben und ich saß hier oben. Gedankenverloren starrte ich hinunter auf die beleuchtete Stadt. Es war so wunderschön.

Plötzlich schwang die Tür auf.

"Warum arbeitest du nicht? Hast du alles schon fertig?", fragte Thomas kühl.

Ich drehte mich um, um nach Nici zu sehen, aber er schien allein zu sein.

"Ich.. Ich bin fertig. Glaube ich.", stotterte ich.

"Du glaubst?", schnaubte er verächtlich und begann die Bücher durchzusehen.

"Es stimmt nicht. Die Bilanz passt am Enden nicht. Wozu hast du eigentlic studiert, hm? Und da stehst du hie rum und starrst aus dem Fenster wie so eine Irre?"

"Ich.. aber... Ich habe alles mehrmals durchgesehen, es sind Ungereimtheiten in den Zahlen, die Bilanz kann niemals aufgehen!", rechtfertigte ich mich.

"Was denkst du, warum du die Zahlen bereinigen solltest?!", knurrte er nun und fegte alles vom Tisch.

Entsetzt sah ich ihn an. Das hatte Stunden an Arbeit gekostet, alles zu sortieren und durchzusehen und jetzt, wo ich alles nochmal durchgehen soll, zerstörte er meine komplette Ordnung? Was sollte das?

"Schau nicht so, Du bist doch selbst Schuld. Arbeite ordentlich und das passiert nicht.", er zuckte gleichgültig die Schultern und setzte sich dann entspannt auf seinen Drehstuhl.

" Was wolltest du besprechen?", begann ich leise.

Thomas blieb stumm, sah mich nicht mal an.

"Thomas?"

"Wie sollst du mich nennen?"

"Mr. Sangster"

"Falsch! Und wenn ich dich das noch einmal sagen höre, dann wirst du dir wünschen, du hättest mich nie kennengelernt.", zischte er.

Das wünschte ich mir auch jetzt schon, aber das musste er ja nicht wissen, dachte ich.

"Mr. Brodie. Entschuldige bitte, dass ich mir deinen dämlichen ausgedachten Undercover Namen nicht merken kann!"

Binnen Sekunden war er aufgestanden und hatte mich gegen die Wand geschubst.

"Pass auf, wie du mit mir redest oder gnade dir Gott!", sagte er leise.

Er stand jetzt ganz nah vor mir, hatte seine Faust neben mir gegen die Wand gefeuert und sah mich streng an.

Und obwohl diese Situation so furchtbar erniedrigend war und mich wütend machte, spürte ich da noch etwas anderes - mir wurde ganz heiß und ich spürte, wie meine Wangen erröteten.

Auch ihm fiel das auf und er grinste,

Dann stieß er sich an der Wand ab und sein Blick wurde wieder kühl.

"Geh"

"Was?!"

"Spreche ich undeutlich?! Geh!", schrie er jetzt plötzlich.

Überrumpelt und  verwirrt schnappte ich meine Tasche und meine Jacke und ging zur Tür.

"ICh dachte, du wolltest..?"

"Geh!!"

Schnell huschte ich durch die Tür zum Aufzug. Was sollte das denn bitte? War das Schikane? Hatte er mich nur dafür jetzt STunden warten lassen?!

Ich verstand die Welt nicht mehr und ich wusste, dass ich jetzt nur zu Hause bei einem warmen Bad entspannen konnte...

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