Alleinerziehender Vater



Severus Snape, Professor für Zaubertränke in Hogwarts, der Zauberschule für Hexerei, ging ungeduldig vor der Zimmertür seiner sechs jährigen Tochter auf und ab. Seit einer viertel Stunde wartete er darauf, dass sie aus ihrem Zimmer kam, damit sie endlich zum Frühstück gehen konnten.

Er blieb plötzlich an der geschlossenen Tür stehen und klopfte energisch an. „Lorayn, wenn du nicht innerhalb der nächsten Minute heraus kommst, dann werde ich ohne dich gehen!", donnerte er mit nicht ganz so scharfer Stimme.

„Gleeiiich! Ich kann nur mein zweites Haargummi nicht fiiinden!", kam es aus dem Zimmer.

Snape glaubte sich verhört zu haben, er wartete fünfzehn Minuten vor einer verschlossenen Tür, weil sein jüngstes Kind, ihr Haargummi nicht finden konnte? „Mach sofort die Tür auf, Lorayn!"

Das Schloss klickte, die Tür öffnete sich und zum Vorschein kam, ein kleines Mädchen mit schwarzen Haaren und großen dunklen Augen. Die eine Seite ihrer Mähne war fein säuberlich zu einem Zopf geflochten, während die andere in großen Locken über ihre kleine Schulter fiel.

„Komm hier her!", forderte Snape sie auf und machte eine einladende Geste, mit seiner Hand. Lorayn kam der Aufforderung nach, stellte sich direkt vor ihren Vater und sah ihn aus unschuldigen Augen, von unten her an.

Er beugte sich langsam zu ihr hinunter, so dass ihre Gesichter fast auf gleicher Höhe waren. „Du willst mir doch nicht wirklich sagen, dass wir eine Viertelstunde zu spät zum Frühstück kommen, nur weil du, dein zweites Haargummi nicht finden kannst?", seine Stimme klang seidig und ruhig. Fast zu ruhig, ein sicheres Zeichen für die Tochter, dass ihr Vater kurz vor dem Explodieren stand.

„Doch Daddy!", entgegnete sie furchtlos und blickte ihrem Vater fest in die Augen.

„Ich bin sicher, dass du unter deinen, wie viel könnten es mittlerweile sein, lass mich schätzen 200 Haarspangen, eine finden hättest können, die dem Anlass entsprochen hätte."

Die Kleine hielt dem vor Zorn funkelnden Blick des Vaters stand und entgegnete einfach, „Nein!"

„Nein?", fragte Severus verdutzt.

„Nein! Oder warum glaubst du verkaufen die Leute im Laden, die Gummis nur Paarweise?"

Das war's! Snape spürte, wie er kurz davor stand, die Beherrschung zu verlieren. „Lorayn, ich gebe dir genau zwei Minuten um in dein Zimmer zu gehen, dich fertig anzuziehen und deine Haare zu ordnen! Die Zeit läuft, ab jetzt!"

Lorayn sah prüfend in die schwarzen Augen und entschied dann, dass es wohl besser wäre, der Anordnung ohne weitere Widerworte zu folgen. Sie drehte sich abrupt um, stapfte zurück in ihr Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu.

Snape seufzte tief und drückte die Punkte an seiner Nasenwurzel, es wurde Zeit, dass Inga zurückkam. Inga war das schwedische Kindermädchen, das sich normalerweise um die Kinder kümmerte, doch im Moment befand sie sich in Schweden, da ihre Mutter erkrankt war.

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als sich die Zimmertür erneut öffnete und seine Tochter wieder zum Vorschein kam. Sie war jetzt zwar komplett angezogen, doch ihre Haare waren noch immer im gleichen Zustand, wie zuvor.

Der Professor hob fragend eine Augenbraue.

„Ich hab es nicht mehr geschafft Daddy, da die zwei Minuten um waren. Aber vielleicht kannst du mir helfen?", entgegnete sie und sah ihn flehend an.

Der mittlerweile mehr als gestresste Vater rollte kurz mit den Augen, schwenkte seinen Zauberstab, murmelte, „Implicare" und die Haare des Mädchens, flochten sich zu einem Zopf.

Kommentarlos reichte sie ihm ein Haargummi und nachdem er dieses, am unteren Ende des Zopfs befestigt hatte, huschte ein zufriedenes Grinsen auf ihr Gesicht.

„Danke!"

Snape ging zur Tür seiner Wohnung und öffnete diese mit einem geknurrten „Bitte!"

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Nach dem Fall Voldemorts, hatte es ein paar Veränderungen in Hogwarts gegeben, z.B. gab es zwar nach wie vor die einzelnen Häuser, doch war die Rivalität unter den einzelnen Schülern lang nicht mehr so groß, wie zu früheren Zeiten. So konnten sie sich zu den Mahlzeiten in der Großen Halle, an den vier Haustischen so zusammensetzen, wie sie mochten. Das hatte zum einen den Vorteil, dass sich auch hausexterne Freundschaften bilden konnten oder aber auch Geschwister, die in verschiedenen Häusern waren, gelegentlich zusammen essen konnten.

Und so kam es, das an diesem Morgen Finbar und Brendan Snape, gemeinsam mit ihren Freunden Scorpius Malfoy, Albus und James Potter, Philipp und Thomas Weasley an einem dieser Tische saßen und frühstückten.

„Ich sag euch, wenn wir dieses Ding durchziehen, dann wird das der größte Brüller, seit Onkel George und Fred die Schule verlassen haben.", lachte Phillipp und zwinkerte seinem Bruder zu, der gerade dabei war, in seinen Toast zu beißen.

„Ich glaube Knaller, wäre treffender", entgegnete James feixend.

Fin seufzte laut auf, während er nach einem Apfel griff. „Ich denke viel eher, es könnte einen Knall geben wenn heraus kommt, dass Brendan und ich darin verwickelt sind!"

Sein Bruder verzog bei diesen Aussichten, das Gesicht, „Ich glaube wenn Vater mich noch einmal bei irgendetwas erwischt, dann kann ich Nachsitzen, bis ich hier meinen Abschluss erreiche."

„Heißt das, du kneifst?"

„Nein Scorpius, das heißt nur, dass ich verdammt vorsichtig sein muss!"

„Aber wo wir gerade beim Thema sind, hast du Vater eigentlich heute schon gesehen?", fragte Brendan seinen älteren Bruder und machte eine Kopfbewegung in Richtung Lehrertisch.

Fin ließ seinen Blick zum leeren Platz des Vaters streifen. „Nö, wahrscheinlich gibt ihm Lorayn gerade mal wieder den Rest und wir können es nachher ausbaden, man es wird echt Zeit, dass Inga zurückkehrt und den kleinen Teufel unter Kontrolle bringt. Vater ist im Grunde völlig überfordert mit ihr."

„Snape überfordert?", fragte Thomas ungläubig, „das, glaubst du doch wohl selbst nicht."

„Ist aber so, Lorayn tanzt ihm total auf der Nase rum!", erklärte Brendan.

„Ich glaubs auch nicht, Severus Snape der gefürchtetste Professor von Hogwarts, der hunderte von Schülern in Angst und Schrecken versetzt, wenn sie nur schon seinen Namen hören, lässt sich von so einem kleinen Dreikäsehoch, auf der Nase herum tanzen?", kam es von Philipp.

„Ja und wisst ihr auch warum? Weil er ihr von Anfang an, alles hat durchgehen lassen. Aber wenn wir irgendetwas anstellen, egal was, dann fliegen die Strafarbeiten nur so und bei unserer Schwester heißt es nur, nein Lorayn oder Lorayn würdest du bitte damit aufhören. Kein Wunder, dass sie macht, was sie will."

„Apropos, wenn man von Teufel spricht, da kommen die beiden."

„Ja aber die Miene eures Vaters spricht Bände, oh man und wir haben in der ersten Stunde Zaubertränke", jammerte Scorpius, der zusah, wie sein Lehrer missmutig auf seinem Stuhl Platz nahm.

„Du sagst es Kumpel, so wie der aussieht, sollten wir uns besser anstrengen, er könnte sonst auf die Idee kommen und uns heute Abend eine Strafarbeit verpassen", erwiderte Fin und konzentrierte sich wieder auf sein Frühstück.

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Nachdem Severus seiner Tochter ihr obligatorisches Müsli gereicht hatte, machte er sich daran, sich selbst eine Tasse Kaffee einzugießen.

„Du siehst erschöpft aus", bemerkte Minerva McGonagall, die neben ihm saß.

„Ist das so, Minerva?", kommentierte Snape mit gereizter Stimme.

„Ja", kam die spitze Antwort der älteren Hexe. „Vielleicht solltest du es dir doch noch einmal überlegen, ob es nicht besser wäre Lorayn, solange Inga nicht da ist, zu ihrer Mutter zu geben. Ich denke Hermine wäre..."

„Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du diesen Namen, in meiner Anwesenheit nicht mehr erwähnen sollst", donnerte der dunkle Mann los und stellte dabei die Kaffeekanne mit einem Knall zurück auf den Tisch. „Ich kann verdammt gut, alleine für meine Tochter sorgen, Minerva und brauche mit Sicherheit keine Ratschläge von dir."

„Severus", mischte sich nun auch Dumbledore ein, dem der Ausbruch seines Kollegen, nicht entgangen war, „Ich bin sicher, dass Minerva es nur gut gemeint hat."

Snape stellte seine Tasse zurück auf den Tisch, schob mit einem Ruck seinen Stuhl zurück, erhob sich und verließ kommentarlos die Große Halle.

„Warum ist Daddy so wütend, Tante Minni?", fragte Lorayn und sah Professor McGonagall mit großen runden Augen an.

„Weißt du Herzchen, dein Vater weiß, dass ich im Grunde Recht habe, nur ist er mal wieder nicht in der Lage, es zuzugeben und nun iss brav dein Frühstück, damit du zusammen mit Onkel Albus in sein Büro kannst."

Ohne ein weiteres Wort, aß die Kleine weiter.

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Wie die Jungs es befürchtet hatten, war die erste Stunde Zaubertränke kein Zuckerschlecken und sogar Finbar, der sonst recht gut und zur Zufriedenheit seines Vaters arbeitete, wurde heute ständig von diesem ermahnt.

Er arbeitete mit Scorpius zusammen an einem Kessel und war gerade dabei Dianthuskraut zu schneiden, als er spürte, wie sein Vater sich hinter ihm aufbaute. „Wie oft soll ich Ihnen noch sagen, Mr. Snape, dass Sie das Kraut hacken sollen und nicht schneiden."

„Entschuldigung Sie, Sir", murmelte er leise und begann sofort, das Kraut fein säuberlich zu hacken.

„Was geben Sie, als nächstes hinzu, Mr. Snape? , wollte der Professor von seinem Sohn wissen.

„Geriebene Affodilwurzel, Sir und anschließend muss der Trank 10 Minuten köcheln, bevor man ihn, erneut siebenmal gegen Uhrzeigersinn umrührt."

Ohne ein Wort der Anerkennung oder ein Zeichen, dass er zufrieden mit der Antwort seines Sohnes war, wand sich Snape ab und ging zurück zu seinem Platz.

Fin spürte wieder, wie so oft das altbekannte Gefühl, das sich entwickelte wenn er wusste, dass er etwas gut gemacht hatte und er kein Wort des Lobes von seinem Vater erhielt. In solchen Momenten vermisste er, seine Mutter am meisten. Bei dem Gedanken an seine Mutter, seufzte der Junge unbewusst auf. Seine Mutter hatte für ihre Kinder stets ein offenes Ohr, sie bevorzugte keinen von ihnen drei. Sie wusste immer genau, wann ein Tadel zu sprechen war oder wenn sie einfach nur ein wenig Ermutigung brauchten. Aber sie hatte sich damals entschlossen, ohne sie zu leben.

Fin wusste, dass er ihr zwar unrecht damit tat, sie war nicht einfach so aus ihrem Leben verschwunden, sie sah ihre Kinder regelmäßig, nur hatte sich Fin damals verlassen und zurückgelassen gefühlt. Er als Ältester hatte damals, die unendlichen Streitereien mitbekommen, während seine Geschwister noch zu klein gewesen waren. Auch hatte er damals gesehen, wie sein Vater unter der Trennung gelitten hatte und wie er nach und nach, immer härter wurde. Irgendwie verständlich, plötzlich war er alleine mit drei kleinen Kindern, nur weil die eigene Ehefrau, mit einem anderen durchbrannte.

Sein Grübeln wurde unterbrochen, als ihm Scorpius mit dem Ellbogen einen Kick in die Rippen verpasste. „Ich denke, du solltest besser antworten". „Was??", fragte er verwirrt und sah zu seinem Vater, der ihn mit hochgezogener Braue und kühlem Blick ansah.

„Entschuldigen Sie bitte, Sir, aber könnten Sie Ihre Frage bitte noch einmal wiederholen?"

Fin sah, wie sein Vater kurz mit dem rechten Mundwinkel zuckte, ehe er mit ruhiger, fast zu ruhiger Stimme entgegnete. „Natürlich, Mr. Snape, ich hatte es gewagt Ihnen die Frage zu stellen, warum Sie so abwesend wirken? Aber Sie haben gerade mit Ihrer Bitte bestätigt, dass ich mit meiner Vermutung richtig lag. Sie werden heute Abend nachsitzen."

„Aber Sir, ich habe heute Abend mein Extraprojekt in Verwandlung..."

„Das Mr. Snape, ist mir ehrlich gesagt egal und nun sehen Sie zu, dass Sie Ihren Trank zu Ende brauen. Nach der Stunde erwarte ich Sie, damit ich Ihnen Ort und Uhrzeit nennen kann." Mit einem „Ja, Sir", machte Fin weiter.

Es war für alle Schüler eine Erlösung, als sie das Bimmeln der Schulglocke hörten, die das Ende der Stunde verkündete.

Wie auf Kommando sprangen alle gleichzeitig auf, räumten ihre Sachen weg, schnappten sich ihre Schultaschen und verließen das Klassenzimmer.

Wie befohlen ging Fin zum Lehrerpult und wartete darauf zu erfahren, wo und wann er sich einzufinden hatte. „Sir?", fragte er und sah zu, wie der ältere Mann weiter Notizen in das Klassenbuch schrieb.

„Ich bin mit deinen Leistung in letzter Zeit sehr unzufrieden, Finbar", begann Snape endlich, „Vielleicht solltest du dich in Zukunft eher wieder auf den Unterricht konzentrieren, als ständig, mit deinen kleinen nervigen Freunden, irgendeinen Unfug auszutüfteln. Finde dich um acht Uhr in meinen Räumen ein."

„Als ob du jemals mit irgendetwas zufrieden gewesen wärst, was ich getan habe, Vater.", schnappte der Junge.

„Acht Uhr und ich an deiner Stelle wäre pünktlich", zischte Severus und schenkte seinem ältesten Sohn, einen seiner gefürchteten Blicke.

„Ja Vater", murmelte Fin drehte sich um, verließ das Klassenzimmer mit schnellen Schritten und schlug die Tür energisch hinter sich zu.

Als sich die Tür hinter ihm schloss, wäre er fast mit der Person, die vor der Tür wartete, zusammen gestoßen. „Mum", murmelte er ungläubig, als er erkannte wer die Person war. „Was machst du hier?"

Hermine lächelte und zog ihren Ältesten in eine feste Umarmung. Als sie ihn, wieder freigab sagte sie. „Hallo Schätzchen, ich wollte eigentlich deinen Vater fragen, ob ihr nicht schon dieses Wochenende, zu mir kommen könnt."

„Ich weiß nicht Mum, wir haben dieses Wochenende Quidditsch und ob es so eine gute Idee ist, ihn momentan überhaupt etwas zu fragen. Er hat gerade eine fürchterliche Laune."

Hermine betrachtete ihren Sohn eindringlich und lachte dann. „Glaub mir, ich kenne die Stimmungsschwankungen deines Vaters und ich gehöre zu den wenigen Menschen, die sich von ihm nicht einschüchtern lassen."

Fin schmunzelte, „Mum ich finde es wirklich Klasse, dass du da bist, aber ich habe in drei Minuten meine nächste Klasse und Minerva mag keine Zuspätkommer. Sehe ich dich nachher noch?"

„Ich weiß es nicht, aber wir sehen uns spätestens in zwei Wochen", entgegnete seine Mutter, ehe sie ihn sanft auf die Wange küsste. „Pass auf dich auf, mein Großer!"

„Ja Mum und du auf dich, bis bald", dann rannte er los, doch genau in diesem Moment öffnete sich die Klassenzimmertür und der Zaubertrankprofessor trat heraus. Er wurde mit dem Menschen konfrontiert, mit dem er hier, am allerwenigsten gerechnet hatte.

Er sah Hermine einen Augenblick überrascht an, ehe sich seine Augenbrauen zusammenzogen. Er zog ohne ein Wort, die Tür hinter sich zu und machte Anstalten an ihr vorbei zu gehen.

„Hallo Severus", sprach ihn Hermine mit ruhiger Stimme an.

„Hermine", kam die kühle Entgegnung.

„Hast du einen Moment?", fragte sie ihn und fügte schnell hinzu, als sie sah, dass er zu einer abschmetternden Bemerkung ansetzen wollte. „Es ist dringend!"

„Ich wüsste zwar nicht, was du so dringendes von mir möchtest, aber bitte!"

„Ich wollte fragen, ob die Kinder eventuell, bereits dieses Wochenende zu mir kommen könnten!"

„Warum?"

„Nun, ich würde sie gerne um mich haben."

„Nein!"

„Wie, nein?"

Snape rollte genervt mit den Augen und sprach seine letzten Worte, wie wenn er, mit einer wirklich äußerst begriffsstutzigen Person, reden würde. „Du hast mir eine Frage gestellt, ich habe dir eine Antwort gegeben und die lautet nein!"

Hermine klappte den Mund auf. „Severus, es sind auch meine Kinder und ich habe ein Recht darauf sie zusehen, wann immer ich will", fauchte sie.

Er lachte darauf hin kalt auf und entgegnete scharf. „Dieses Recht Hermine, hast du vor langer Zeit verloren! Ich bin sicher, du findest den Weg alleine", Snape drehte auf dem Absatz um und eilte mit wehender Robe davon.

Hermine sah ihm entsetzt hinterher, ehe sie langsam zu den Treppen ging, die nach oben führten.

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