Dritter Akt / Erste Szene

Das Krankenzimmer. Narayana tritt auf.

NARAYANA: Was tue ich hier? Ist mein Dasein nicht eine einzige Verschwendung von Ressourcen und Substantiven? Mir scheint, aus meinem Leben wurde die Handlung weganalysiert. Und hier sitze ich auf den Elementarteilchen eines Plots. Mir nutzt weder mein Charakter noch meine Bildung etwas hier zwischen diesen Wänden. Noch weniger aber wüsste man beides dort draußen zu schätzen. Ich befinde mich in einer seltsamen Zwischenwelt zwischen Erwartung und Entscheidung.

Wenn ich wenigstens ein Alltagsleben hätte, aber auch dessen hat man mich beraubt. Wenigstens ein Leben wie in einem Sylvia Plath-Roman mit all den lyrischen Umschreibungen, der kreativen Metaphern, den schönen Bildern, eine etwas chaotische Chronologie, und dennoch weich und pastellfarben... Mit einer solchen Hölle könnte ich mich arrangieren. Aber alles, was ich von mir gebe, klingt hart und endgültig, zu Tode gedacht. Wo ist das naive Staunen, das Gespür für die Unabwendbarkeit der Absurdität? Ich wünsche mir mehr Gelassenheit im Umgang mit Unsicherheit. Wieso liegen alle meine Tragödien in der Vergangenheit und ich stehe hier nackt bis auf die Knochen?

Habe ich nicht mehr zu tun, als diese eine Entscheidung noch zu treffen? Warten Sie alle nur darauf?

Ich verschwende die Zeit der Menschen um mich herum. Ich werde ihnen zur Last, weil ich nichts zu tun habe, nichts auf die Reihe bekomme und ich rede von nichts anderem als mir selbst.

Sie sagen, es sei gut, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Sie sagen, es sei gut, in sich selbst zu forschen und dort nach etwas zu suchen, das man für wertvoll hält. Warum aber klingt das wie leeres Geschwätzt? Warum klingt es, als wüssten sie selbst nicht, was sie tun sollen? Als wollten sie es am Ende doch mir selbst überlassen, alles zu beenden, alles über den Haufen zu werfen, an das ich je geglaubt habe. Und das ist nicht viel gewesen...

Zwölf Schritte und ich schaffe kaum den zweiten. Zwölf Anforderungen und ich scheitere bereits daran, ein wenig Demut zu entwickeln, ein wenig locker zu lassen, mich selbst nicht so wichtig zu nehmen. Zwölf kleine Schritte hin zu einem gelassenen, ruhigen Leben und ich stolpere schon ganz am Anfang.

NATARAJA: (aus dem Off) Weil du dir keinen Gott vorstellen kannst! Sie wollen, dass du dich selbst betrügst und dich einer Phantasie unterordnest, die du dir gnädiger Weise selbst ausdenken kannst. Nichts desto trotz sind es zwölf Schritte hin zur Selbstaufgabe!

NARAYANA: Sie wollen mir helfen, du nicht!

NATARAJA: Sie wollen dich verändern.

NARAYANA: Damit ich wieder funktioniere.

NATARAJA: Damit du wieder einen Nutzen bringst. Gott ist ihr Erfüllungsgehilfe. Eine Phantasie, die dich gefügig macht. Eine Mischung als irrationaler Angst und irrationaler Sicherheit.

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