Dritter Akt / Dritte Szene

Das Krankenzimmer. Narayana. Nataraja tritt auf.

NATARAJA: Du willst mich mit Hilfe von Drogen loswerden?

NARAYANA: Der Zerstörung mit Zerstörung entgegentreten. Feuer mit Feuer bekämpfen.

NATARAJA: Du weiß, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt, mich loszuwerden: Verrate deine Integrität, oder...

NARAYANA: Meine Integrität...

NATARAJA: Du weiß schon: Wenn du dich ihren Erwartungen anpasst, wird es so aussehen, als hättest du dich selbst verraten. Und du wirst es wissen, mein Freund. Wenn du dich ihren Erwartungen nicht anpasst, bedeutet das, dass du endlich Nägel mit Köpfen machen musst. Stell deinen Standpunkt endlich klar!

NARAYANA: Ich habe keinen Standpunkt. Ich weiß nicht, was ich will und es ist mir egal, ob ich dich oder mich selbst verraten muss, wenn ich nur endlich wüsste, was ich tun soll.

NATARAJA: Entspannung ist Gehorsam. Gehorsam ist Selbstentfremdung.

NARAYANA: Aber es ist viel einfacher ein Leben im Gehorsam zu führen, als eines...

NATARAJA: ...in Freiheit? Du hast Angst vor der Freiheit? Du hast Angst vor der Verantwortung? Du hast Angst vor der Schuld? Dies ist das Zeitalter institutionalisierter Entfremdung, glanzlackierter Zerschlissenheit, ernsthafter Scheinheiligkeit, engagierter Unbeteiligtheit. Du wirst den Zahnrädern nicht entrinnen, die dich zermalmen wollen. Du bist ein Rohstoff. Du bist eine Maschine. Du musst einen Zweck erfüllen. Und wenn du defekt bist, musst du repariert werden. Nicht, weil es gut für dich wäre... Nein, sie brauchen dein Blut, um die Zahnräder zu schmieren! Arbeit ist Verschleiß. Verweigerung ist Erpressung. Krankheit ist Protest. Therapie ist Zerstörung. Schlagworte sind Lügen. Parolen sind Gift. Dummheit ist Sklaverei. Die Menschheit ist eine Enttäuschung.

NARAYANA: Du erwartest immer Vollkommenheit. Das ist der eigentliche Grund für deine Enttäuschung.

NATARAJA: Ich erwarte nicht, dass jemand die Vollkommenheit erreicht, sondern nur, dass er es versucht. Die eigentliche Enttäuschung ist, dass die Menschen sich so leicht ablenken lassen, dass sie sich an Enttäuschung gewöhnen, dass sie Enttäuschung erwarten, dass sie Enttäuschung beruhigt.

NARAYANA: Wer mit wenig zufrieden sein kann, ist der Erleuchtung näher als, wer nach immer mehr strebt. Ich will nichts besitzen, was sich nicht jeder leisten kann.

NATARAJA: Wer den Wettbewerb mit sich selbst aufgibt, begibt sich in den Wettbewerb mit anderen. Diejenigen, die leben wollen, müssen kämpfen. Und diejenigen, die nicht kämpfen wollen:, haben kein Recht zu leben. Willst du das wirklich auf dich nehmen? In einer solchen Welt leben? Wo Unzufriedenheit der Motor für sinnlosen Fortschritt ist? Konsum züchtet nichts weiter als Enttäuschung. Geld ist eine Waffe. Verweigerung ist ein Schild.

NARAYANA: Und trotzdem lässt du mich hier sitzen und immer magerer und schwächer werden! Ist das etwa kein Wettbewerb? Kämpfe ich nicht bereits längst mit dem Tod? Verweigerung ist Feigheit! Verweigerung ist Aufgeben!

NATARAJA: Und Aufgabe ist der ultimative Schachzug in einer Welt, die blind und ignorant mit voller Geschwindigkeit auf den Abgrund zu rast! Aussteigen ist die einzige Rettung! Mach es bedeutend! Mach es öffentlich! Mach es laut!

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