Kapitel 7-Jedi und Mandalorianer
„Okay, okay, langsam. Erzählt ihr mir vielleicht erst mal, was eigentlich passiert ist?"
Hera hatte sich zwischen Sabine und Kanan gestellt, damit die beiden aufhörten, einander anzuschreien. Das hatte tatsächlich funktioniert... aber meckern taten sie weiterhin beide.
„Sie hat sich nicht an den Plan gehalten", erklärte Kanan vorwurfsvoll.
„Er hat kein Recht dazu, meine Gedanken zu lesen. Und wir hatten keinen Plan, der über das Ausschalten der beiden hinausging. Ich wollte die Sache nur zu Ende bringen. Ich töte nicht gern, aber sie leben zu lassen war unglaublich riskant", gab Sabine zurück und funkelte den ehemaligen Jedi wütend an.
„Süßer, da hat sie nicht ganz Unrecht", stimmte Specter zwei zu.
„Sage ich doch", sagte die Mandalorianerin triumphierend und verschränkte grinsend die Arme.
„Aber", fügte die Pilotin hinzu „diese Methode, Missionen zu erledigen, ist trotzdem nicht unsere. Und ich würde es begrüßen, wenn du unsere annehmen könntest, solange wir zusammenarbeiten."
Sabine seufzte.
„Gut. Schön. Aber wenn etwas schief geht, dann gebe ich Mister Jedi und seiner Waschlappen-Moral die Schuld."
Hera schaute zuerst ein wenig irritiert, dann etwas erschrocken, zwischen Specter eins und der neu gewonnenen Verbündeten hin und her. Hieß das etwa... Sie konnte es nicht glauben.
„Warte, Moment, du hast ihr-"
Kanan unterbrach sie, bevor sie ausreden konnte.
„Nein. Also, ja... aber unbeabsichtigt. Als sie die beiden erschießen wollte, habe ich reflexartig reagiert", erklärte er und schaute sie schuldbewusst an.
»Es tut mir leid. Wir können ihr nicht trauen. Ich habe uns alle in Gefahr gebracht.«
„Er hat meine Gedanken gelesen. Das war auch ein Reflex, vermute ich?!", fauchte Sabine ihn an, und für ein paar Sekunden wirkte er fast schuldbewusst, bevor er seine Fassung wiedererlangte.
„Hätte ich es nicht getan, dann wären jetzt wahrscheinlich zwei Menschen tot."
Sabine schwieg kurz. Sie wollte, dass er aufhörte, sie wie eine kaltblütige Mörderin hinzustellen, weil sie ihren Instinkten gefolgt war und so hatte handeln wollen, wie es in der Situation am einfachsten gewesen wäre.
„Dass ihr mir verschwiegen habt, was er kann, trägt nicht gerade dazu bei, dass ich euch mehr vertraue – aber ich schätze, ihr habt etwa so viel Grund, mir zu vertrauen, wie ich habe, euch zu vertrauen. Dennoch... Herr Moralprediger, ich möchte dich nur zu gern daran erinnern, dass ich euch nicht helfen müsste."
„Sabine, darf... darf ich dich etwas fragen?"
„Klar. Ob ich antworte, mache ich dann von der Frage abhängig."
„Okay, wisst ihr was, ich bringe unsere zwei Gäste mal weg. Das Mädchen halte ich keine Minute länger mehr aus."
„Ja, hau bloß ab."
Hera musste sich ein Lachen verkneifen.
»Die zwei sind sich unfassbar ähnlich, und tuen so, als würden sie es nicht merken.«
„Also, was wolltest du fragen?", harkte Sabine nochmal nach, nachdem Kanan mit den Gefangenen den Raum verlassen hatte.
„Als du erfahren hast, wer... oder besser gesagt was Kanan wirklich ist... warum bist du nicht weggelaufen?"
„Huh?"
„So misstrauisch, wie du warst... ich an deiner Stelle hätte mich wahrscheinlich augenblicklich aus dem Staub gemacht."
„Die Vereinbarung, euch zu helfen, habe ich mit dir getroffen. Nicht mit Kanan. Und da mir das Wort Ehre noch etwas bedeutet, wollte ich mit dir über diese Sache sprechen, und mich nicht bloß einfach wegstehlen. Ich bin zwar misstrauisch, aber nicht feige, und ich stehe zu meinem Wort – solange die Person, der ich dieses gegeben habe, auch zu mir steht."
Wieder tauchte Ketsu in ihrem Kopf auf.
»Vielleicht sind das hier gute Leute. Aber das kann ich nicht glauben. Danke dafür, dass du mein Vertrauen in Andere so sehr beschädigt hast, dass es sich vielleicht nie wiederherstellen lässt.«
Sie konnte noch immer nicht glauben, was zwischen ihr und ihrer ehemals besten Freundin passiert war. Die Ketsu, die sie so gut gekannt hatte, hätte ihr nie weh getan... schon gar nicht wegen etwas so banalem wie Geld.
Aber Heras Blick war keineswegs verurteilend, bloß weil sie so vorsichtig war. Die Twi'lek wirkte ziemlich erleichtert darüber, dass Sabine überhaupt noch da war... und fast hätte es die Mandalorianerin zum Lächeln gebracht, dass jemand sich über ihre Anwesenheit freute, wenn sie nicht gewusst hätte, dass es nur daran lag, dass sie ihnen half.
„Ich danke dir", sagte Specter zwei zufrieden und lächelte sie an. „Die Sachen, um die du mich gebeten hast, liegen in der Kabine, in der du geschlafen hast."
Sabine grinste. Sie war unglaublich aufgeregt und freute sich sehr darauf, ihre Idee auszuprobieren.
„Gut. Wenn ich gleich anfange, sollten sie rechtzeitig fertig werden."
Als sie sich zum Gehen wendete, legte Hera ihr eine Hand auf die Schulter und hielt sie zurück.
„Sabine? Würdest du bitte vorher nochmal mit Kanan reden? Ich möchte nicht, dass einem von euch beiden später etwas passiert, weil ihr euch nicht aufeinander abstimmen könnt. Dass die Mission effizient beendet wird, wäre doch auch in deinem Sinne, oder?"
Die Mandalorianerin verzog das Gesicht und seufzte.
„Gut. In Ordnung. Ich sollte mir sowieso die Rüstung besorgen, und wenn er die zwei bewacht komme ich da ohnehin nicht drum herum."
Die Vierzehnjährige fand Kanan in einer der Kabinen, in der sie nicht geschlafen hatte. Die Tür stand offen, die beiden Imperialen waren an einem der Rohre an der Wand festgebunden, beide waren noch immer bewusstlos. Kanan hatte bereits damit begonnen, dem Älteren die Rüstung auszuziehen.
„Ich möchte, dass du dich wegdrehst, wenn ich das Mädchen ausziehe", sagte Sabine kurz und nahm ihr den Helm ab. „Na um die wäre es wirklich nicht schade gewesen", grummelt sie dann, als ein wohlbekannte Rotschopf unter dem Helm zum Vorschein kam. Kanan funkelte sie wütend an. „Glotz nicht so blöd, sie hat mal versucht mich abzustechen."
Specter eins schüttelte den Kopf.
„Ihr Mandalorianer habt echt einen Knall."
„Die ist vieles, vor allem ein verwöhntes Miststück und komplett irre, aber ganz sicher keine Mandalorianerin", gab Sabine scharf zurück und versuchte mit aller Macht, die Erinnerungen an Ketsu zurückzudrängen, die durch das Mädchen hochkamen. „Jetzt umdrehen. Ich kann sie zwar nicht leiden, aber das wäre trotzdem unheimlich."
Kanan wendete daraufhin seine komplette Aufmerksamkeit dem Imperialen vor ihm zu. Bevor Sabine weitermachte, verband sie dem Mädchen sicherheitshalber schon mal die Augen.
Bis sie beide ihre Rüstungen hatten und den Gefangenen etwas übergeworfen hatten, blieben sie still. Als Sabine die Rüstung nehmen und gehen wollte, wendete sich Specter eins doch noch an sie.
„Wenn das hier funktionieren soll, müssen wir reden."
Sie seufzte.
„Ja, das hat Hera auch gesagt. Also reden wir." Das Mädchen verschränkte die Arme und schaute ihn erwartungsvoll an. „Vielleicht sollten wir das lieber draußen besprechen, mit den zwei hier drin ist das irgendwie... seltsam."
Er nickte und verließ mir ihr die Kabine, stellte sich allerdings so hin, dass er das Geschehen dort immer noch im Auge behalten konnte, falls einer der beiden zu sich kam. Dennoch wendete er sich hauptsächlich Sabine zu... wenn die Mission ein Erfolg werden sollte, mussten sie sich wenigstens genug vertrauen, um zusammenzuarbeiten. Er holte tief Luft und wusste, dass das erste, was er sagen würde, ihr garantiert nicht gefallen würde. Und das tat es auch nicht.
„Du hast schon mal getötet, nicht wahr?"
Es war nicht mal der Ton, wie er es sagte, der Sabine zurückschrecken ließ... sondern die Tatsache, dass er es vermutlich deshalb zu wissen glaubte, weil er zu wissen glaubte, was für eine Art Mensch sie war. Auch wenn er trotzdem recht hatte, was sie und das Töten anging.
„Da haben wir's wieder. Du hälst mich für nichts weiter als eine Mörderin. Und warum? Weil ich Mandalorianerin bin vielleicht? Ist es das?"
„Das ist es nicht, Sabine. Aber... ich sehe es in deinen Augen. Und ich habe es gespürt, als du die Blaster auf töten gestellt hast. Du hast einen Konflikt in dir gehabt, hast mit dir gerungen... aber es war nicht die Art Zögern, die man verspürt, bevor man zum ersten Mal tötet. Glaub mir... ich weiß, wovon ich spreche. Und ich möchte, dass du das verstehst."
Fast hätte sie gelacht. Langsam fragte sie sich ehrlich, was genau das hier bezwecken sollte. Er verpasste ihr einen Schuss vor den Bug, und dann kam er so? Wenn er sich so widersprach, würde das nur dazu führen, dass sie ihm noch weniger vertraute.
„Ach, die freundliche Schiene? Jetzt willst du auf einmal so tuen, als würdest du mich verstehen? Du hälst dich doch für was besseres. Ich bin in deinen Augen nur Abschaum", fuhr sie an, aber er blieb ungerührt.
Kanan musste sogar ein wenig lächeln, was sie nur noch mehr irritierte.
„Aber siehst du mich denn so anders? Du glaubst, ich bin eingebildet und ich könnte dich nicht verstehen. Kein Jedi könnte das." Sabine schauderte es. Das Gefühl, dass nicht mal ihre Gedanken mehr ihr Eigentum waren... nichts hatte ihr jemals mehr Angst gemacht. Als Specter eins sah, wie sie ihn anschaute, fügte er schnell noch etwas hinzu. „Und bevor du mit deinen Händen nach deinen Blastern greifst, um mich über den Haufen zu schießen, weil du glaubst, dass ich wieder deine Gedanken gelesen habe... dem ist nicht so."
„Ach nein?", fragte sie, eindeutig nicht überzeugt von dem, was er sagte.
„Viele haben so über die Jedi gedacht. Man sieht uns nicht als lebende, atmende, vernunftbegabte Wesen, sondern als irgendetwas Übermächtiges, vor dem man Angst hat, weil man es nicht versteht. Die Art, wie man uns vor dem Fall des Tempels erzogen hat, hat uns ebenfalls nicht gerade Sympathie eingebracht. Man hatte Angst, Gefühle würden uns die Kontrolle über unsere Kräfte verlieren lassen."
Sabine war überrascht von dem, was er sagte, weil so viel Wahrheit darin lag. Sie konnte es nicht leugnen... und irgendwie erinnerte es sie sehr an die Art, wie sie selbst aufgewachsen war. Nicht der Teil mit den Emotionen... aber der Teil, von den Leuten um sich herum nicht akzeptiert zu werden, weil man anders war. Der Gedanke, dass für die Mandalorianer der letzten Generation diejenigen, die ihre Traditionen befolgten, »anders« waren, machte sie krank.
„Deshalb hat man euch emotionale Bindungen verboten. Ich weiß", erwiderte sie nach einer Weile und erinnerte sich an das, was man ihnen auf der Akademie über die Jedi beigebracht hatte.
Sie waren stets zu Feindbildern gemacht worden... aber da die Akademie eigentlich alles zu Feinden machte, was dem Imperium nicht in den Kram passte, und fast Sabines gesamte Familie dadurch den Tod gefunden hatte, glaubte sie nicht daran, dass sie wirklich böse gewesen waren. Einige Regeln waren vielleicht hirnrissig gewesen, und auf viele hatten sie arrogant gewirkt, weil, genau wie Kanan sagte, man sie für übermächtig hielt und deshalb glaubte, dass alle so sein mussten... auch wenn einige es vielleicht nicht waren. Der Gedanke, dass jemand in ihren Kopf eindringen und sie manipulieren konnte, gefiel ihr trotzdem ganz und gar nicht... aber sie verstand Kanan jetzt besser. Zumindest ein wenig.
„Aber so einfach ist das mit Gefühlen nunmal nicht. Sie sind nichts, das plötzlich verschwindet, oder gar nicht erst aufgebaut wird, bloß, weil es in den Regeln steht, dass man sie nicht besitzen soll. Damals, als der Tempel fiel... als meine Meisterin starb... sie waren die einzige Familie, die ich kannte. Und daran, dass sie einfach nicht mehr da waren, bin ich verzweifelt", fuhr Kanan fort, und er wirkte traurig, als er das sagte.
In dem Moment wurde Sabine klar, dass der Jedi scheinbar doch verstand, was sie durchgemacht hatte. Sie war nicht bereit dazu, laut davon zu sprechen, was passiert war, und war sich auch nicht sicher, ob sie das je sein würde. Aber für ein paar Minuten fühlte sie sich tatsächlich weniger allein. Und sie kam nicht umhin, zu erwähnen, was ihr aufgefallen war.
„Ich glaube dir. Ich weiß nämlich aus erster Hand, dass du kein gefühlloser Klotz bist."
Specter eins schaute sie etwas irritiert an.
„Ach ja?"
Sabine grinste, als sie fortfuhr.
„Die Art, wie du Hera ansiehst... du liebst sie, nicht wahr?"
„Ich- wüsste nicht, was dich das angeht."
Im ersten Moment stammelte Kanan ein wenig, aber er hatte sich schnell wieder gefangen, auch wenn seine Wangen noch immer einen zarten Rotton angenommen hatten, der nicht so recht verschwinden wollte.
„Oh, ich hatte also recht."
Sie strahlte triumphierend. Er verdrehte die Augen.
„Also vertrauen wir einander jetzt?"
Sabine lachte und hielt ihm die Hand hin.
„Nein. Aber vielleicht kann ich doch mit dir zusammen arbeiten. Dieses eine Mal. Wenn du versprichst, nicht wieder in meine Gedanken einzudringen."
Specter eins schlug ein und nickte zustimmend. Dass sie so antwortete beruhigte ihn... denn genau das wäre auch seine Antwort gewesen.
„Damit kann ich leben."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top