Teil 6
Stöhnend schlage ich am nächsten Morgen die Augen auf und fühle mich vollkommen gerädert.
Mir dröhnt der Schädel und ich muss ganz dringend auf die Toilette. Und so krieche ich regelrecht aus dem Bett und schlurfe hinüber ins Bad um mich zu erleichtern und mir aus dem Medizinschrank eine Kopfschmerz Tablette zu holen, die ich mit einem Schluck Wasser aus der Leitung hinunter spüle.
Doch als ich in mein Zimmer zurückkehre keuche ich erschreckt auf, als ich eine muskulöse, männliche Wade unter meiner Bettdecke hervor lugen sehe .
Heilige scheiße! Wie ist denn der hier her gekommen? Und wer ist das überhaupt?!
Fast panisch schaue ich an mir herunter und stoße erleichtert die Luft aus, als ich sehe, das ich nicht vollkommen nackt bin, dabei ist mir das auf dem Klo schon aufgefallen, denn da habe ich mir die Unterhose runter gezogen...guten morgen Emely!
Nur wusste ich da ja auch noch nicht, dass ich nicht allein geschlafen habe und so schleiche ich jetzt auf Zehenspitzen zu meinem Bett und hebe mit spitzen Fingern vorsichtig die Decke an.
"Shit!" entfährt es mir leise, als ich Leos kahlen Kopf und seine breiten Schultern erkenne. Das darf doch nicht wahr sein! Hätte ich nicht einfach irgendjemand anderen mit nach Hause nehmen können? Musste es unbedingt einer meiner Jungs sein?
Gott! Wie peinlich! Sicher gibt das noch Probleme. Dabei mag ich Leo echt gerne. Hoffentlich habe ich unser freundschaftliches Verhältnis mit meiner dummen, maßlosen Trinkerei nicht zerstört.
Ich muss echt ziemlich blau gewesen sein, denn ich kann mich an den Abend kaum erinnern. Ich weiß nur noch, dass irgend so ein Typ mich angegrabscht hat und ich auf die Toilette gegangen bin, aber seither... nichts mehr. Nur noch gähnende Leere.
Aber vielleicht habe ich ja gar nichts angestellt?
Bitte lass Leo nur so hier geschlafen habe. Flehe ich stumm und hebe die Decke nun auch etwas weiter unten an, um mich zu vergewissern, ob er noch eine Hose an hat.
Gott sei Dank!
Schicke ich ein Stoßgebet zum Himmel, als ich seinen kleinen, knackigen Hintern ordnungsgemäß verpackt unter der Decke erspähe.
Zusammen mit der Tatsache, dass auch ich noch etwas anhabe, bin ich mir fast sicher, dass wir nicht mit einander geschlafen haben. Doch um ganz sicher zu gehen suche ich den Boden rund ums Bett nach einem Kondom ab. Und auch in den Mülleimer werfe ich einen aufmerksamen Blick, doch als ich gerade einen Fetzten Papier beiseiteschieben will, um auch etwas weiter unten nachzusehen, unterbricht Leos müde Stimme meine Bemühungen.
"Suchst du was Bestimmtes?" fragt er gähnend und rollt sich streckend auf den Rücken, bevor er sich aufsetzt.
"Ähm...also nicht wirklich...nur meine Klamotten." sage ich verlegen, wobei mir erst hinterher auffällt, wie dumm meine Antwort war, als Leo belustigt die Luft ausstößt.
"Im Mülleimer?" grinst er mich an und kratzt sich am Hals, während er aufsteht.
Seine Körper ist einfach atemberaubend. Jeder Muskel ist klar definiert und verläuft in harmonischen Linien unter seiner haut entlang und so kann ich nicht anders als ihn anzustarren, als er an mir vorbei ins Bad geht.
"Ja...also ich dachte..." beginne ich mich zu erklären, doch dann gebe ich es auf um den heißen Brei herum zu reden und frage direkt. "Haben wir miteinander geschlafen?" ich spüre, wie ich vor Verlegenheit rot werde, so unangenehm ist mir das Ganze.
Es wäre zwar nicht das erste Mal, dass ich einen One Night Stand gehabt hätte, aber bisher kannte ich den Mann vorher wenigstens nicht und ich konnte mich bisher auch immer an den Typen und den Sex erinnern. Nur diesmal nicht.
Leo's Blick gleitet musternd über meine weiblichen Kurven, dann kneift er grinsend ein Auge zusammen und legt den Kopf schief.
"Glaub mir Boss, wenn, dann könntest du dich dran erinnern." schmunzelt er, zwinkert mir zu und verschwindet dann im Bad, doch ich lasse mich erleichtert auf das Bett fallen und lege mir einen Arm übers Gesicht.
Da habe ich wohl gerade noch mal Glück gehabt. Und Leo scheint auch nicht sauer oder so auf mich zu sein. Er wirkt mal wieder äußerst entspannt, auch dann noch, als er vom Klo zurückkommt.
"Leo?" sage ich zerknirscht und ziehe leicht die Decke über meinen Bauch "War ich... sehr aufdringlich?" will ich unbehaglich wissen und sehe ihn entschuldigend an.
"Ach was. Ich hab dich nur ins Bett gebracht, dann bist du eingeschlafen, kaum dass ich mich zu dir gelegt habe." sagt er gleichgültig und greift nach seiner Hose.
Ich bin mir nicht sicher, ob er die Wahrheit sagt, aber irgendwie bin ich ihm dankbar, dass er meinen Zustand nicht ausgenutzt hat oder aber, dass er mir die peinlichen Einzelheiten erspart.
"Danke, dass du mich nach Hause gebracht hast." sage ich beruhigt und seufze erleichtert auf.
"War mir ein Vergnügen, Boss. Und danke, dass ich hier pennen durfte." lächelt er und streift sich nun auch sein Shirt über, das auf dem Boden gelegen hat.
"Willst du noch mit mir frühstücken?" biete ich ihm an, setzte mich auf die Bettkante und sehe ihm zu, wie er die Schuhe anzieht.
"Ne. Ich muss noch zum Training." lehnt er meine Einladung ab, nachdem er auf die Uhr geschaut hat. "Ein andermal vielleicht. Wir können ja am Mittwoch was zusammen essen gehen, wenn du Lust hast." schlägt er vor und sieht mich nachdenklich an.
"Ich würde ja gern, aber ich bin die ganze nächste Woche nicht da. Meine Freundin heiratet nächstes Wochenende und ich bin die Brautjungfer..." entschuldigend zucke ich mit den Achseln und biete dann an.
"Wie wär es denn mit der Woche darauf...vielleicht am Dienstag?" soweit ich weiß, habe ich da noch nichts vor, aber wer weiß... Nach einer Woche "Urlaub" muss ich bestimmt eine Menge nacharbeiten. Na, wir werden sehen.
"Klar. warum nicht." stimmt er erfreut zu. Dann geht er zur Tür. "Ich wünsch dir viel Spaß bei deiner Freundin, Boss. Wobei..." schmunzelnd sieht er mich an, "Vielleicht sollte ich lieber mitkommen. Wer weiß...nicht dass du wieder jemanden brauchst, der dich ins Bett bringt." zwinkert er mir zu, bevor er sich lachend hinter der Tür in Sicherheit bringt, als ich ihm mit dem Kopfkissen bewerfe.
"Sehr witzig Leo!" schimpfe ich lachend, muss mich jetzt aber selbst vor dem Kissen schützen, als er es mir zurück wirft.
"Guten Flug!" wünscht er mir noch, dann lässt er mich allein, doch anstatt aufzustehen hole ich mein Handy aus der Handtasche um mir für später einen Wecker zu stellen, doch dabei fällt mir das andere Handy wieder ein.
Nervös krame ich in meiner Tasche herum und ziehe es unsicher hervor. Ich habe ganz vergessen ihm zu antworten, aber vielleicht ist das sogar besser so. Ich möchte nicht, dass er sich zu viele Hoffnungen macht.
Doch als ich auf einen der Knöpfe drücke, um nachzusehen, ob Alexander mir noch einmal geschrieben hat, stelle ich verwundert fest, dass es keinen Mucks von sich gibt. Na so was!
Der Akku kann doch eigentlich noch gar nicht leer sein...oder?
Prüfend drücke ich auf den Einschaltknopf und wundere mich schon darüber, dass es plötzlich zum Leben erwacht. Wann habe ich es denn ausgeschaltet? Und warum?
Verwirrt runzel ich die Stirn und bekomme einen fürchterlichen schreck, als das Telefon mit einem Mal wild zu vibrieren beginnt.
Unermüdlich zuckt das Teil in meiner Hand, bis endlich alle Nachrichten angekommen sind.
Das meiste sind Anrufe, doch auch 3 Textnachrichten sind dabei.
Natürlich sind sie alle von Alexander...von wem auch sonst...nur warum er mich mitten in der Nacht so oft angerufen hat ist mir ein Rätsel. Ob ich das Telefon deshalb abgeschaltet habe? Weil er keine Ruhe gegeben hat?
Hmmm?
Nachdenklich scrolle ich durch die Anrufliste und stöhne unbehaglich auf, als ich auf 3 angenommene Anrufe stoße.
Scheiße! Habe ich etwa mit ihm Telefoniert?! Bitte nicht! Was wird er nur von mir denken, wenn ich in meinem betrunkenen Zustand mit ihm gesprochen habe und worüber werden wir geredet haben?
Oh Gott! Was habe ich nur wieder angerichtet?!
Unbehaglich schaue ich mir auch die anderen Anrufe an, doch die sind alle unbeantwortet.
Ob das jetzt gut ist oder schlecht?
Keine Ahnung...doch vielleicht geben mir seine Nachrichten ja einen aufschlussreichen Hinweis, was das alles zu bedeuten hat.
Unentschlossen, ob ich wirklich wissen will, was ich wieder für einen Mist verzapft habe öffne ich seine erste Nachricht, die etwa gegen 1 Uhr in der Nacht bei mir eingetroffen ist.
EMELY! Das kann jetzt nicht dein ernst sein! Bitte! Ich mach mir sorgen. Melde dich!
Schreibt er, was nichts Gutes bedeuten kann. Wieso macht er sich sorgen? Nur weil ich betrunken war? Denn das muss ich gewesen sein, wenn ich mich nicht mehr daran erinnern kann mit ihm gesprochen zu haben.
Und auch seine zweite Nachricht lässt mich nichts Gutes erahnen.
Wenn dieser Leo dir was tut, dann brech ich ihm alle Knochen! Scheiße Emely! Mach keine Dummheiten! Du gehörst mir! Vergiss das nicht!
Verzweifelt schlage ich die Hände über dem Kopf zusammen und stoße fluchend die Luft zwischen den Zähnen aus
FUCK!
Ich muss irgendwas über Leo gesagt haben. Woher sollte er sonst von ihm wissen, aber eigentlich geht es ihn doch gar nichts an. Wir gehören nicht mehr zusammen.
Nicht so, wie er geschrieben hat. Ich gehöre ihm nicht!
Auch wenn er es sich vielleicht wünscht. Er hat kein recht mir oder Leo zu drohen, nur weil es ihm nicht passt, dass ich mit jemand anderem zusammen bin.
Wobei ich mir um Leo weniger Gedanken mache. Der wird sich schon zu verteidigen wissen.
Oh man! Warum musste ich sein Packet auch unbedingt mitnehmen?
Wenn ich es zuhause gelassen hätte, dann hätte ich dieses Theater jetzt nicht.
Kurz schließe ich die Augen um mich zu sammeln, dann seufze ich unbehaglich auf und stelle mich seiner dritten Nachricht.
Viel schlimmer kann es jetzt gar nicht mehr werden...oder...?
Es tut mir leid. Ich wollte nicht... Ich mach mir einfach nur Sorgen, okay. Bitte sag mir nur, ob es dir gut geht. Sonst muss ich doch zu Mr. Black gehen und fragen, wo du bist. Nur damit ich mich mit eigenen Augen davon überzeugen kann. Ich halt diese Ungewissheit nicht mehr aus. Du fehlst mir so sehr und der Gedanke du könntest mit jemand anderem zusammen sein, bringt mich um den Verstand.
Bitte Emely! Quäl mich nicht weiter. Schreib mir, dass es dir gut geht.
So schnell ich kann schreibe ich ihm tatsächlich eine Nachricht. Nicht dass er doch noch zu Mr. Black geht...wobei... heute ist Sonntag, da wird der doch sicher nicht Arbeiten oder? Na ja, ist ja auch egal...ich möchte auch nicht, dass Alexander sich Sorgen macht. Wer weiß, was er denkt, wer Leo ist, oder was er mit mir macht... vielleicht habe ich ihm ja gesagt, dass er mich gekidnappt hat oder so...
Woher soll ich auch wissen, auf was für merkwürdige Einfälle ich komme, wenn ich betrunken bin...und so schreibe ich ihm...
Mir tut es auch leid. Ich wollte bestimmt nicht, dass du dich Sorgst. Es geht mir gut. Ich bin zuhause in meinem Bett und da mir der Kopf weh tut, werde ich jetzt noch ein wenig schlafen. Das solltest du auch tun. Ich bin sicher, du hast die ganze Nacht kein Auge zu gemacht, wenn ich mir deine Nachrichten so ansehe. Also bitte... mach dir keine Sorgen mehr. Es geht mir wirklich gut...
Leicht verzweifelt drehe ich mich auf den Bauch und vergrabe mein Kopf im Kissen, doch bevor ich auch nur dazu komme sein Telefon aus der Hand zu legen vibriert es erneut.
Darf ich dich kurz anrufen?
Ratlos starre ich auf das Display, doch bevor ich so recht weiß, was ich eigentlich tue, habe ich schon ein
Okay.
zurück geschickt. Und es dauert nicht lange, bis das Handy klingelt.
Mit wild schlagendem Herzen starre ich es an und bin mir gerade nicht mehr sicher, ob ich wirklich dran gehen sollte, doch dann hebe ich es schon an mein Ohr und flüstere ein schüchternes "Hi" in den Hörer.
"Hi." klingt seine erleichterte Stimme leise durch die Leitung, doch scheinbar will er sich nur noch einmal persönlich davon überzeugen, dass es mir gut geht, denn er fragt mich genau das."Geht es dir gut?"
"Ja." versichere ich ihm "Es geht mir gut. Ich war nur mit ein paar Freunden aus und habe zu viel getrunken. Das ist alles."
"Gut." sagt er erleichtert "Danke, dass du dich gemeldet hast. Ich stör dich auch nicht weiter. Schlaf gut." er klingt ein wenig traurig, aber vielleicht ist er auch nur Müde. So wie ich.
"Du auch." wünsche ich ihm und weiß doch, dass er es vermutlich nicht tun wird.
"Ich werde es versuchen." sagt er jedoch und ich höre, wie er ein Gähnen zu unterdrücken versucht. Auch ich muss gähnen und so lege ich mich etwas bequemer hin und ziehe mir die Decke unters Kinn und schließe die Augen.
"Alexander?" hebe ich erneut zu sprechen an und fahre fort, als sein leises und zärtliches "Ja?" erklingt.
"Es tut mir leid, dass..." will ich mich für meine Worte in der Nacht entschuldigen, doch er unterbricht mich.
"Mir tut es auch leid." sagt er leise und ich höre, wie im Hintergrund etwas Raschelt.
"Was machst du gerade?" versuche ich das Gespräch in die Länge zu ziehen, dabei fallen mir immer wieder die Augen zu, obwohl ich es gar nicht will.
"Ich gehe ins Bett." sagt er leise. Und er hört sich an, als würde er lächeln.
"Das ist gut." murmele ich recht schläfrig. "Hast du heute Nacht überhaupt geschlafen?" will ich unbehaglich wissen.
"Nein, aber ich schlafe generell wenig in letzter Zeit." gibt er betreten zu und ich höre wie er gähnt, ebenso wie ich. "Du weißt doch dass..."
"Ja ich weiß." unterbreche ich ihn diesmal, weil ich weiß, dass er schlecht schläft, oder auch, dass er besser geschlafen hat, als ich da war. "Leg dich hin." sage ich sanft "Und mach die Augen zu."
"Ich liege schon und du?"
"Bin noch gar nicht aufgestanden. Schlaf gut Alexander." wünsche ich ihm noch mal, doch bringe ich es irgendwie nicht übers Herz aufzulegen. Viel zu sehr genieße ich seine beruhigende, dunkle Stimme in meinem Ohr und seinen Atem, der ruhig und gleichmäßig durch Telefon dringt.
"Emely?" wendet er sich diesmal an mich und auch er wartet, bis ich ein leises "Ja?" von mir gegeben habe.
"Bleibst du hier?" will er unsicher wissen, was mich ein wenig verwirrt. Doch bevor ich nachfragen muss, was er meint, fügt er hinzu "Bis ich eingeschlafen bin."
"Ja." stimme ich schlicht, mit weicher Stimme zu und um ehrlich zu sein, könnte ich nicht mal auflegen, selbst wenn ich es wollte, dabei ist das was wir hier tun sowas von falsch!
Ich sollte nicht mit ihm sprechen, sollte nicht wollen, dass er bei mir ist. Und ich müsste ihn eigentlich einfach wegdrücken, doch das kann ich nicht. Viel zu sehr genieße ich seine Nähe, so gering sie auch zu sein scheint und viel zu sehr liegt er mir sein Wohlergehen am Herzen.
"Schlaf jetzt." sage ich sanft, doch anstatt sich dem Schlaf zu überlassen flüstert er erneut...
"Emely?"
"Hmmh?" seufze ich zurück und kann die Augen nicht mehr offenhalten, doch das muss ich auch nicht, denn solange sie geschlossen sind, kann ich fast glauben, dass er neben mir im Bett liegt und dass das was er sagt nicht durch den Lautsprecher eines Telefons zu mir dringt.
Uns so denke ich auch gar nicht über meine Antwort nach, als er zärtlich "Ich liebe dich." sagt, sonder lasse einfach mein Herz sprechen und antworte liebevoll "Ich dich auch."
Als ich das nächste Mal aufwache, ist von ihm nichts mehr zu hören, obwohl die Verbindung noch immer besteht und so flüstere ich leise, um ihn nicht zu wecken, falls er noch schläft. "Bist du noch da?" ins Telefon, doch er antwortet nicht, weshalb ich mal davon ausgehe, dass er entweder schläft, oder gerade nicht da ist, doch das kann ich mir irgendwie nicht vorstellen und so beende ich bedauernd das Gespräch und lasse ihn in Ruhe weiterschlafen. Er wird sich schon melden, wenn ihm danach ist.
Inzwischen ist es bereits später Vormittag und ich fühle mich schon deutlich wohler und so packe ich meine Sachen, mache mich für den Tag fertig und lasse mich dann von einem Taxi zum Flughafen bringen.
Der Flug vergeht recht schnell, wobei ich immer mal wieder auf sein Handy spitzel, ohne jedoch etwas von ihm zu hören und so sitze ich rund eineinhalb Stunden später neben meinem Vater auf dem Beifahrersitz.
"Wirklich, Paps! Ich kann auch im Hotel schlafen." versichere ich ihm zum wiederholten Male, doch davon will er diesmal nichts wissen...zu meinem Glück.
"Ich hab dich seit Weihnachten nicht mehr gesehen Kleines." beschwert er sich leicht. "Und anrufen tust du auch viel zu selten. Und wenn Alexander dich schon nicht begleiten kann, dann sollst du wenigstens nicht die nächste Woche allein im Hotel schlafen müssen." sagt er bestimmt und lächelt mich zuversichtlich an.
"Und was ist mit Olivia?" frage ich skeptisch und verziehe angeekelt das Gesicht "Sie ist bestimmt nicht davon begeistert, dass ich bei euch schlafe." seufzend atme ich auf und schaue genervt aus dem Fenster.
Wenn ich nur an diesen Drachen denke, vergeht mir schon die Lust auch nur einen Tag in meinem Elternhaus zu verbringen. Und jetzt gleich eine ganze Woche...na das kann ja heiter werden. Doch als mein Vater von der Hochzeit erfahren hat und auch, dass ich Brautjungfer bin, hat er gleich darauf bestanden, dass ich bei ihm wohne.
Sehr zu meinem Unglück oder auch Glück, wenn ich an meine Finanzen denke. Doch was soll ich machen? Ich liebe meinen Dad viel zu sehr und auch wenn ich mich mit Olivia herumärgern muss, so bin ich doch froh bei ihm zu sein.
"Die freut sich auch...sie...kann es nur nicht so zeigen..." sagt mein Dad zögerlich.
"Ja...klar." nuschele ich leise, so dass mein Vater es nicht hören kann, dann füge ich an ihn gerichtet hinzu. "Wo darf ich denn schlafen?"
"Wenn du willst ganz oben, in Mutters Zimmer." schlägt er mir lächelnd vor, was mich dazu veranlasst ihn mit großen Augen anzusehen.
"Wirklich?" staune ich mit großen Augen, was ihn schmunzelnd nicken lässt.
"Wenn du willst."
"Natürlich will ich! Das Zimmer ist toll! Ich wundere mich nur, das Olivia das erlaubt." rutscht es mir heraus, denn wenn es darum geht, mir etwas Gutes zu tun, dann bin ich bei Olivia an der falschen Adresse. Vermutlich hätte sie mich lieber in meinem alten Zimmer einquartiert, das wohlgemerkt gerade ihr Ankleidezimmer ist, doch sicher hätte ein Klappbett dort irgendwo noch Platz gefunden.
"Also...was Olivia angeht...begeistert war sie nicht, aber..." entschuldigend sieht er mich an "Ich hab darauf bestanden, weil ich weiß, wie gern du dieses Zimmer hast." liebevoll lächelt er mich an, was mich ganz rührselig macht.
"Danke Dad!" sage ich bewegt, aber auch ein klein wenig verlegen. "Hoffentlich hattest du deswegen nicht zu viel Ärger mit deiner Frau." sage ich entschuldigend und streiche ihm dankbar über die Hand.
"Ach wo." lügt er dreist und schenkt mir ein kleines Lächeln, bevor er in nachdenkliches Schweigen versinkt.
Sicher überlegt er sich gerade, wie viele Nerven es ihn kosten wird, ihr die Stirn geboten zu haben, doch auch wenn er mir leid tut, bin ich froh, dass er mir das Angebot gemacht hat. Nicht zuletzt, weil ich dann tatsächlich wieder mal Zeit mit ihm verbringen kann, also nur, wenn ich neben den ganzen Vorbereitungen und dem Junggesellinnenabschied noch Zeit finde.
Als wir am Haus ankommen ist alles wie ausgestorben, was wohl daran liegt, das die Stiefhexe gerade mit einer Freundin zum Kaffeetrinken unterwegs ist und so bringe ich ganz in Ruhe meine Sachen in den dritten Stock und setze mich einen Moment lang vor das herrlich große Panoramafenster und genieße den atemberaubenden Ausblick über den Garten und die umliegenden Häuser.
Gerade beginnt die Sonne unterzugehen und taucht alles in ein orangerotes Licht und bringt die weit entfernten spitzen der Bäume zum Glühen und den See zum Funkeln.
Seufzend atme ich auf und fühle mich seit langer Zeit das erste Mal wieder so, als würde mein Leben gerade nicht ganz fürchterlich den Bach runter gehen.
Ich habe im Hotel zwar zu tun, manchmal sogar mehr als mir lieb ist, doch alles dort erinnert mich ununterbrochen an Alexander. Auch hier gibt es Erinnerungen aus dem letzten Jahr, doch irgendwie belasten diese mich nicht so sehr, wie die dort.
Vielleicht liegt es ja einfach daran, dass er mir immer das Hotel schenken wollte und ich, seit ich dort wohne, sein Geld ausgebe.
Ich tue es zwar für ihn und vor unserer Trennung wollte er ja auch schon, dass ich mich um das alte Herrenhaus kümmere, doch jetzt ist es irgendwie anders.
Ich finde nicht, dass ich das Recht dazu habe dort zu Wohnen. Ich habe mich von ihm getrennt. Ich sollte also langsam mal meine Konsequenzen ziehen und allem, was mit ihm zu tun hat den Rücken kehren.
Vielleicht ist es ja sogar ganz gut...alles hinter mir zu lassen.
Und inzwischen geht es mir ja auch wieder etwas besser. Anders als damals zu Weihnachten, wo ich so Kopflos das Weite gesucht habe und nicht wusste wohin.
Ich könnte ja sogar wieder nach Hannover ziehen. Nicht unbedingt ins Haus meiner Eltern, aber auch hier kann man Wohnungen mieten und arbeiten.
Dann wäre ich auch wieder näher bei meinem Vater und ich könnte auch mein Patenkind regelmäßig besuchen.
Der kleine ist inzwischen schon vier Wochen alt und außer auf Bildern habe ich ihn noch nicht einmal gesehen.
Was bin ich doch für eine schlechte Patin. Mila hätte lieber jemand anderen nehmen sollen als mich, doch wenn ich her ziehe...vielleicht sollte ich tatsächlich mal darüber nachdenken.
Doch dazu habe ich ja morgen oder übermorgen noch Zeit genug. Jetzt werde ich erst mal den Abend mit meinem Vater genießen. Wer weiß, wann Olivia wiederkommt.
Doch zu meinem Glück scheint sie sich entschlossen zu haben, heute gar nicht nach Hause zu kommen und am nächsten Morgen sehe ich sie nur im Rückspiegel des Autos, als ich mit dem Wagen meines Vaters zu Mila fahre, um mich von ihr auf den neuesten Stand der Dinge bringen zu lassen.
Als ich das Auto vor ihrem Elternhaus parke, in dem sie mit ihrem Freund und ihren Eltern lebt, werfe ich noch mal einen sehnsüchtigen Blick auf Alexanders Handy, doch seit dem ich ihm gestern Morgen gute Nacht gesagt habe schweigt es leider beharrlich.
Nein, Nein! Das ist gut! Es ist viel besser so!
Energisch stopfe ich das Teil in meine Handtasche zurück und steige aus. Gehe den kurzen Weg zur Haustür und klingle, doch schon von draußen höre ich das durchdringende Gebrüll eines Babys.
Schmunzelnd schaue ich zu einem der oberen Fenster, aus dem das Geschrei kommt, sehe aber nichts. Dafür öffnet sich die Haustür und Mila steht mit einem müden Lächeln vor mir.
"Hallo Emely." freut sie sich trotz allem mich zu sehen und bittet mich herein. "Gut siehst du aus."
"Du auch." staune ich ein klein wenig, denn von ihrem runden Kugelbauch ist nicht das kleinste bisschen mehr zu sehen. Dabei hätte ich gedacht, dass ihr der zumindest noch ein wenig erhalten bleibt.
Anerkennend schweift mein Blick über ihren Körper und bleibt dann in ihrem Gesicht hängen. "Wie geht's euch denn so?" herzlich nehmen wir uns in die Arme, dann reibt sie sich Müde übers Gesicht.
"Ach ganz gut soweit. Ich bin nur etwas geschafft, weil der kleine heute Nacht Bauchweh hatte und jetzt hat er Hunger. Mum wickelt ihn gerade, aber dann muss ich wohl wieder ran." lächelt sie müde, aber glücklich und geht mir voran in Wohnzimmer, wo sie mir einen Kaffee anbietet, den ich jedoch dankend anlehne und sie stattdessen neben mich aufs Sofa ziehe.
Noch immer ist aus dem Obergeschoss Geschrei zu hören, dass aber nach einiger Zeit immer lauter wird, als Mila's Mutter mit dem Baby die Treppe herunter kommt.
"Hallo Emely." begrüßt sie mich lächelnd über das Geschrei des Kindes hinweg und reicht es vorsichtig an Mila weiter, die ihn an die Brust legt. Die Stille, die das zur Folge hat ist himmlisch und die leise schmatzenden Geräusche zaubern ein verliebtes lächeln in alle Gesichter. Auch in meins, denn der kleine ist einfach nur Zuckersüß.
Seinen kleinen Kopf ziert ein dunkler Schopf, er hat eine süße, kleine Stupsnase und runde Pausbäckchen ist aber sonst nicht weiter Pummelig, eher zierlich und einfach nur zum anbeißen.
"Willst du ihn nehmen." fragt Mila und reicht mir lächelnd ihren Sohn, als dieser satt und schläfrig von ihrer Brust ablässt.
"Darf ich?" staune ich fast ein wenig ängstlich, nehme ihn ihr aber behutsam ab und lege ihn mir an die Schulter.
"Du musst nur auf seinen Kopf aufpassen, manchmal schmeißt er sich etwas abrupt zurück, der kleine Racker." schmunzelt sie und legt ihre Hand an seinen Hinterkopf und streicht sanft darüber. Ich folge ihrer Geste und stütze seinen winzigen Kopf, der sich herrlich weich in meine Hand schmiegt.
Seufzend vergrabe ich meine Nase in seinen Haaren und atme tief seinen herrlich weichen, wohligen Geruch ein. Irgendwie riecht er einfach...einfach...ich weiß auch nicht... wie ich das beschreiben soll, aber einfach zum anbeißen!
"Na du." säusele ich ihm zu und lege meine Wange an seinen Kopf und schließe die Augen. Klopfe ihm sanft auf den Rücken und schwebe einfach nur im siebten Himmel.
"Steht dir wirklich gut." höre ich Mila's lächelnde Stimme neben mir, so dass ich aus meiner versunkenheit auftauche und sie verwirrt ansehe.
"Was meinst du denn?"
"Na so ein Baby." grinst sie mich an, dann mustert sie mich eingehend. "Ich fänds wirklich toll, wenn unsere Kinder zusammen aufwachsen könnten." schwärmt sie begeistert, was mich jedoch mal wieder von meiner Wolke schubst und auf den Boden der Tatsachen zurück katapultiert.
Es wird langsam wirklich Zeit, dass ich ihnen reinen Wein einschenke.
"Also das zwischen mir und Alexander...also..." seufzend atme ich auf. So schwer fällt es mir gerade darüber zu sprechen. Vor allem, weil es das erste Mal ist, das ich das jemandem gegenüber erwähne und irgendwie lässt die Tatsache, dass ich es ausspreche die Realität noch schrecklicher erscheinen, doch bevor ich dazu komme weiter zusprechen unter bricht sie mich.
"Oh, Süße! Habt ihr euch gestritten?" tröstend legt sie mir einen Arm um die Schulter und streichelt mich sanft. "Schlimm?" will sie wissen, als ich zustimmend mit dem Kopf nicke. Ich bin froh, dass ich nicht aussprechen musste, dass wir uns getrennt haben, auch wenn Mila's Verdacht nicht ganz korrekt ist, so lasse ich es dennoch so stehen.
"Schon, irgendwie." sage ich bedrückt und lasse den Kopf hängen. Herze das Baby an meiner Schulter und ziehe einen gewissen Trost aus seiner Wärme.
"Das renkt sich bestimmt wieder ein." sagt sie zuversichtlich und streichelt mir leicht über den Rücken. "Du wirst sehen. Bestimmt ist euer Streit schon wieder vergessen, wenn du nach der Hochzeit wieder nach Hause kommst." versucht sie mich aufzumuntern, sie weiß ja nicht, dass wir schon seit drei Monaten getrennt sind.
"Möchtest du darüber reden?" fragt sie hilfsbereit, doch ich schüttel den Kopf und nehme den Kleinen Vorsichtig von meiner Schulter um ihn mir in den Arm zu legen.
"Lieber nicht." lehne ich ihr Angebot ab und fahre dem Baby sanft über die Wange, betrachte bedrückt sein entspanntes Gesicht und die geschlossenen Augen. Beobachte die süßen Bewegungen, die er mit dem Mund macht. Ganz so, als würde er noch immer trinken.
"Habt ihr euch inzwischen eigentlich auf einen Namen geeinigt?" wechsel ich das Thema. "Oder seid ihr euch noch immer nicht einig?"
"Doch. Er soll Max heißen. Oder besser Maximilian. Aber das ist zum Rufen viel zu lang, deshalb..." schmunzelnd sieht sie mich an und zuckt mit den Achseln.
"Mir gefällt Max." versichere ich ihr und reiche ihr den Kleinen, der gerade beschlossen hat erneut in Gebrüll auszubrechen, hilflos zurück.
"Schsch..." mach Mila und legt ihn an ihre Schulter und klopft ihm rhythmisch auf den dicken Windelpopo, was ihn fürs erste zu besänftigen scheint, doch als er wenig später erneut anfängt zu schreien legt sie ihn in den Kinderwagen und schauekelt ihn.
"Lass uns doch etwas Spazieren gehen." schlage ich vor. Das Wetter draußen ist einfach zu schön, als dass man den ganzen Tag hier drinnen hocken sollte und so ziehen wir uns an und schlendern die Straße entlang. Reden über die Hochzeit, die Taufe und den Jungesellinnenabschied, von dem ich mich frage, wie wir den feiern wollen, da Mila ja nicht so lange von zu Hause weg kann wegen dem Kleinen, doch sie zerstreut meine Bedenken. Sie will Leon einfach etwas Milch für Max da lassen, so dass wir etwas mehr Zeit haben. Ich wundere mich zwar, wie das gehen soll, doch sie ist die Mutter und wird schon wissen, wie das funktioniert.
Und so sind bald alle Einzelheiten geklärt. Die Party wird am Freitag stattfinden und vorher muss ich mit Kara noch unsere Kleider abholen gehen. Mila hat ihres schon anprobiert, doch ich war bisher ja nicht hier, so dass ich nur hoffen kann, dass mir das Kleid auch passt, dass wir uns ausgesucht haben. Doch ansonsten ist eigentlich schon alles geregelt.
Die Tischdeko ist farblich auf die Servietten abgestimmt, die Hochzeitstorte bestellt, die Einladungskarten verschickt, Hotelzimmer reserviert... beinahe frage ich mich, was ich hier eigentlich schon soll, wo doch alles vorbereitet ist.
Aber eigentlich ist es mal ganz schön, einfach nichts zu tun. Ich genieße die Tage mit meinem Vater, auch wenn Olivia immer wieder mal den Besen hervor holt und versucht mich aus dem Haus zu scheuchen, doch nach dem ihr mein Vater am Mittwochabend die Leviten gelesen hat, ist endlich Ruhe.
Doch etwas verwundert bin ich schon darüber, dass mein Vater sich so mit ihr angelegt hat. So kenne ich ihn gar nicht. Doch als ich ihm anbiete ins Hotel zu ziehen lehnt er dies kategorisch ab.
"Das hier ist mein Haus. Und wenn ich sage, dass du bleibst, dann bleibst du!" teilte er mir unbeugsam mit und damit war das Thema für ihn erledigt.
Doch während die Tage vergingen wurde ich immer unruhiger. Ich vermisste die Arbeit, die mich von den Gedanken an Alexander ablenkte. Hier hatte ich nichts zu tun und zog umso häufiger sein Telefon hervor und war ein ums andere Mal damit beschäftigt ihm eine Nachricht zu schicken. Doch als er sich am Donnerstag noch immer nicht bei mir gemeldet hatte, hielt ich es nicht mehr aus. Ich musste einfach wissen, wie es ihm geht.
Hey. Was machst du gerade?
Schrieb ich ihm und bekam sogar gleich eine Antwort. Allerdings eine sehr kurze.
Ich arbeite. Und du?
Ich mache Urlaub.
Schrieb ich lächelnd zurück und kuschelte mich mit meiner Tasse Tee tiefer in den Stuhl vor dem großen Fenster auf dem Dachboden und schaute hinaus.
Hast du dann nicht Lust mal vorbei zu kommen.
Ich glaube, das ist keine gute Idee und ich kann auch nicht.
Schrieb ich unbehaglich zurück. Es war ja nicht so, dass ich ihn nicht schon irgendwie gern wiedergesehen hätte, aber ich konnte ja nun wirklich nicht. Außerdem musste er ja eh Arbeiten.
Wie du meinst. Ich dachte ja nur...Meinst du nicht, dass vier Monate lang genug sind?
Seufzend lasse ich das Telefon in meinen Schoß sinken. Ach so ein Mist! Ich hätte ihm nicht schreiben sollen. Es war doch irgendwie klar, dass er sich Hoffnungen machen würde, wenn ich ihn immer wieder Nachrichten schicken würde. Ich muss das ein für allemal beenden.
Versteh mich nicht falsch, ich hab dich wirklich gern, aber das zwischen uns, das wird nicht funktionieren. Ich kann dir nicht das geben, was du dir wünscht.
Schreibe ich ihm mit Tränen in den Augen zurück. Warum kann er das denn nicht verstehen? Wir sind einfach zu verschieden. Auch wenn ich ihn vermisse, ich bin mir sicher, dass das auf Dauer nicht gut enden würde.
Eine Weile bleibt das Handy still, als müsste er sich erst überlegen, was er mir schreiben soll, doch dann klingelt es plötzlich durchdringend und ich zucke leicht erschreckt zusammen.
Unschlüssig schaue ich auf das Display und weiß nicht, ob ich wirklich dran gehen soll. Doch dann nehme ich den Anruf entgegen. Vielleicht versteht er es ja nur, wenn ich es ihm direkt sage. Also von Mund zu Ohr...
"Hey." seufze ich traurig ins Telefon.
"Du bist alles was ich will." übergeht er meine Begrüßung recht bestimmt. Er hört sich an, als würde er sich die Haare raufen und seine Stimme klingt leicht aufgebracht. "Warum glaubst du mir denn nicht, dass ich nichts anderes brauche als DICH!" stößt er laut hervor. "Warum gibst du mir nicht wenigstens die Chance es dir zu beweisen? Ich habe dir so viel Zeit gelassen. Dich nicht bedrängt. Ich habe dir Raum gegeben das was geschehen ist zu verarbeiten, aber ich kann nicht mehr! Ich möchte, dass du wieder bei mir bist, Emely! Versteh das doch! Ich vermisse dich!"
"Aber darum geht es doch gar nicht Alexander!" wiederspreche ich ihm. "Du fehlst mir auch, aber ich will so eine Scheiße, wie die, die im Club passiert ist nicht noch einmal erleben! Ich hatte solche Angst! Ich dachte du würdest MICH schlagen. Okay! Du warst so kalt, so BRUTAL..." werfe ich ihm vor. "das ich Angst vor dir bekam. Wer sagt mir denn, dass du beim nächsten Mal nicht vollkommen die Beherrschung verlierst?"
"Ich hätte dir niemals weh getan!" unterbricht er mich erschreckt. "Bitte! Das musst du mir glauben. Es ging mir immer nur darum, das...Emely, bitte! Es wird kein nächstes Mal geben." sagt er eindringlich, doch ich höre wie er mit der Hand auf irgendetwas drauf haut, oder gegen etwas tritt, was mich erschreckt zusammenzucken lässt.
"Es tut mir Leid Alexander. Ich hätte dir nicht schreiben sollen." sage ich traurig "Das war eine dumme Idee."
"Nein! Nein, war es nicht! Es war eine gute Idee." sagt er schnell "Wir müssen darüber reden. Ich will wissen, was du denkst. Dann kann ich dir auch sagen, dass ich dich niemals geschlagen hätte. Weil ich...ich wollte immer nur... ach verdammt! Emely bitte! Können wir uns nicht treffen? Ich möchte dir in die Augen sehen, wenn wir darüber reden." fleht er mich beinahe an, doch ich höre auch das beherrschte Schnauben, dass er von sich gibt und was mir einen Aufschluss über seine wirklichen Gefühle gibt.
Er ist regelrecht aufgebracht. Verzweifelt. Ich kann ihn zwar verstehen, aber das ändert nichts an unserer Situation.
"Ich glaube nicht, dass uns das weitebringt." seufze ich erschöpft auf und reibe mir über die Stirn. "Denkst du nicht, dass ich mir schon tausendmal den Kopf darüber zerbrochen habe? Glaubst du, ich hätte nicht darüber nachgedacht, ob ich nicht überreagiert habe? Was denkst du denn, was ich die letzten drei Monate getan habe?" während ich rede, werde ich immer lauter, so laut, dass ich beinahe schreie, weil all dass, was ich in den letzten Monaten versucht habe zu verdrängen jetzt wieder hoch kommt. All die Verzweiflung, all die Vorwürfe, dich ihm oder mir gemacht habe und all die Angst die ich mir immer und immer wieder ins Bewusstsein gerufen habe, um mich daran zu erinnern, warum es richtig ist, nicht zu ihm zurück zu gehen.
Doch gerade als ich tief Luft hole, um meinem Frust weiter freien Lauf zu lassen, klopft es an der Tür.
"Schatz ist alles in Ordnung?" will mein Vater besorgt wissen und betritt das Zimmer.
"Ja Paps" seufze ich beherrscht und hebe das Telefon, damit er sieht, was ich tue "Alles gut. Wolltest du was bestimmtes?"
"Ich wollte dir nur sagen, dass das Essen fertig ist." teilt er mir stirnrunzelnd mit, zieht sich aber bereits respektvoll zurück. "Komm einfach runter, wenn du soweit bist."
"Ist gut. Ich komme gleich." kurz warte ich, bis er die Tür hinter sich geschlossen hat, dann atme ich tief durch und drücke mir das Telefon erneut ans Ohr.
"Es tut mir leid Alexander, aber ich kann das nicht...Leb wohl." sage ich den Tränen nahe und beende das Gespräch.
Doch noch bevor ich das Telefon weggelegt habe, beginnen die Tränen zu fließen. Rinnen in einem steten Strom meine Wangen hinunter und tropfen von meiner Nasenspitze auf den Pullover den ich trage.
Schluchzend presse ich das einzige, was mir von ihm geblieben ist an die Brust und wünschte, diesen denkwürdige Abend vor 4 Monaten hätte es niemals gegeben, denn dann wäre alles noch genauso, wie es war. Gut. Richtig. Schön.
Doch so ist es nicht.
Alles ist scheiße! Schlecht! Falsch!
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6019 Worte
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