Teil 40

Die Tage vergehen wie im Flug. Theresa lebt sich immer mehr ein und taut auch meinem Vater gegenüber immer mehr auf, so dass sie inzwischen schon zum 'Du' übergegangen sind, doch scheint es auch zwischen ihnen langsam zu kriseln. So wie zwischen Alexander und mir.

Seine anfängliche Rücksichtnahme auf meine Distanziertheit nähert sich bedächtig ihrem Erschöpfungsgrad, was ich ihm nicht einmal verübeln kann, doch ist es mir nur recht, dass er sauer auf mich ist, weil er nicht versteht, warum ich so bin, wie ich nun einmal bin.

Kalt und unnahbar.

Doch als ich ihn mal wieder zu einem seiner Arztermine; den bei Dr. Peers, zu dem er noch immer regelmäßig geht; fahren soll, platzt ihm, ob meiner Weigerung, der Kragen.

"VERDAMMT NOCH MAL!!! EMELY!" brüllt er mich an und lässt seine Hand donnernd auf meinen Schreibtisch niedergehen. "Sieh zu, dass du in deinen Wagen steigst und mich da hin fährst!"

"Warum sollte ich!" erwidere ich energisch und funkel ihn wütend an. "Ich bin nicht dein Chauffeur!"

"Aber meine Sekretärin, also los jetzt!" hält er mir erneut meine Jacke hin, die er beim reinkommen vom Haken gerissen hat.

"Du hast noch eine weitere Sekretärin. Soll sie dich doch fahren." weigere ich mich Stur. "Ich hab zu tun."

"Emely!" kommt er drohend um den Tisch herum, stellt sich dicht neben mich und reißt meinen Stuhl herum. Fixiert mich mit drohendem Blick. Senkt die Stimme beängstigend tief und sagt bedrohlich. "Wenn du jetzt nicht augenblicklich in deine Jacke steigst, dann..."

"Dann WAS, Alexander?!" springe ich wütend auf und fixiere drohend seinen Blick. Ich kann nur hoffen, dass ich ihn endlich lange genug gequält habe, so dass er mich endlich satt hat, so wie mein Vater Theresas unterwürfige Häuslichkeit, die er von Olivia nicht gewohnt ist.

"Verlässt du mich dann? Oder feuerst du mich? Was genau gedenkst du zu tun, wenn ich nicht auf dich HÖRE?!" betone ich das letzte Wort, werfe ihm unterschwellig vor wie sein Vater zu sein, was ihn beherrscht die Luft ausstoßen lässt.

"Nein Emely. Nichts dergleichen." seufzt er erschlagen, was mich viel härter trifft als seine Wut. Die Trauer, die in seiner Stimme mitschwingt ist viel schmerzhafter als sein lautes Gebaren. "Ich werde einfach das hier tun."

Da ich eh schon stehe, legt er mir schlicht besitzergreifend die Hand in den Nacken, zieht mich mit einem Ruck an sich und presst seine Lippen fest auf meine, wofür ich versuche ihm eine zu verpassen, doch leider fängt er meine Hand ab.

"Gut so." schmunzelt er. "Wenigstens steckt noch ein wenig Leben in dir." dann bückt er sich leicht, packt mich fest unterhalb meines Pos und wirft mich über seine Schulter.

Zappelnd und schreiend winde ich mich auf seinem Arm, doch ernte ich dafür lediglich einen recht festen Klaps auf den Po, der mich empört nach Luft schnappen lässt.

"Du kannst mich nicht zwingen zu fahren!" fauche ich ihn an, was er mit einem freudlosen Schnauben bedenkt.

"Stimmt." lacht er auf und streicht mir diesmal sanft über die Oberschenkel, direkt unter meinem Hinterteil, was meinen Unterleib zum glühen bringt "Aber ich kann dich zwingen mitzukommen." drückt er im Fahrstuhl auf den Knopf für das Erdgeschoß, dann stellt er mich auf meine Beine zurück und drängt mich dicht an die Wand.

Kesselt mich mit seinen Armen ein und beugt sich zu mir herunter, während ich die Arme vor der Brust verschränke und eine abwehrende Haltung einnehme.

"Baby." säuselt er anzüglich; leise. Nah an meinem Ohr, wobei sein warmer Atem über die Haut an meiner Wange und meinem Hals vorbeistreicht und mir eine Gänsehaut verpasst.

Seine Stimmungsschwankungen sind mindestens so ausgeprägt wie meine. Zumindest in letzter Zeit, so dass ich die Augen schließe und zittrig Luft hole.

"Lass das." flehe ich ihn an und schiebe ihn von mir weg. Zumindest versuche ich es, doch rührt er sich keinen Millimeter von der Stelle, dafür spüre ich seinen raschen Herzschlag unter meinen Händen, der meine Knie ganz weich werden lässt.

"Warum?" streicht er sacht mit der Nase an meinem Kiefer entlang. "Du willst mir doch wohl nicht sagen, dass du das nicht auch vermisst. Du hast mich so lange nicht berührt Emely. Und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du liebst mich nicht mehr." seine Stimme klingt rau; heiser. Und lässt mir das Blut in den Adern gefrieren, doch ist es genau das, was ich beabsichtigt habe und so zucke ich unschlüssig die Achseln um nicht lügen zu müssen.

"Ich glaub dir nicht." raunt er mir zu, fixiert mein Gesicht und küsst mich erneut. Leidenschaftlich, stürmisch, verlangend und löst sich dann ganz sanft von mir, was mich dicht an die Tränengrenze bringt.

So oft habe ich in letzter Zeit an dieser Schwelle gestanden, vor allem, wenn ich nachts an die Balkontür gelehnt, in die Finsternis hinaus gestarrt habe um den Dämonen zu entkommen, die meinen Kopf zum Platzen bringen wollen und mich am schlafen hindern.

Seit dem Tag, als wir aus Leipzig zurückgekommen sind, habe ich kaum mehr die Augen zugemacht, doch habe ich diese Tatsache bisher meisterlich vor Alexander verborgen, auch wenn ich dafür eine Menge Make Up benötige um die dunklen Schatten, die sich unter meinen Augen eingegraben haben, zu überdecken.

Auch was das Essen angeht, so ist ein Großteil davon im Müll gelandet, weil mir der Kummer die Kehle zuschnürt, doch habe ich zumindest so getan, als würde ich essen, was sowohl Alexander als auch meinen Vater beruhigt, vor letzterem ich meine Blässe jedoch nicht vollständig verborgen halten konnte.

"Du arbeitest zu viel, Kleines." hatte er mir vor zwei Tagen, am Sonntagnachmittag vorgeworfen, als ich aus dem Büro zurück kam, wohin ich mich verkrochen hatte, weil mir zuhause schlicht die Decke auf den Kopf gefallen war.

Doch hatte ich mit einem Lächeln ab gewunken. Ich müsste mich ein wenig ablenken. Hatte ich gesagt und damit den Mordanschlag vorgeschoben um nicht Alexanders Zudringlichkeiten, wobei dies eher Zärtlichkeiten waren, nicht ertragen zu müssen.

So wie gerade in diesem Moment, wo er mir so dicht im Fahrstuhl gegenüberstand.

Betreten sehe ich zur Seite, um nicht in seine Augen sehen zu müssen und schlucke heftig an dem dicken Knoten in meinem Hals und versuche das heftige Schlagen meines Herzens zu unterdrücken und eine Kälte an den Tag zu legen, die mich zum Zittern bringt.

"Ist mir gleich was du denkst." sage ich heiser und lehne mich an die Wand zurück, um so viel Abstand zwischen uns zu bringen, wie nur irgend möglich.

Doch scheinbar haben meine Worte, die gewünschte Wirkung, denn mit einem resignierten seufzen tritt Alexander von mir zurück, stellt sich, den Blick zur Tür gerichtet neben mich.

"Ich wünschte, du würdest endlich mit mir reden." schließt er verletzt die Augen, was mir einen Stich versetzt und mich meinen Entschluss beinahe über Bord werfen lässt.

Doch ist dieser Schmerz nur der Anfang von einem noch viel schlimmeren und so nehme ich seinen Kummer in mir auf und nehme ihn als Strafe an, für das, was ich ihm antue.

"Es gibt nichts zu reden." flüstere ich leise und wische mir verstohlen über die Augen, in der Hoffnung die dicke Schicht Make Up nicht zu verwischen.

Missbilligend schüttelt Alexander den Kopf, seufzt bedrückt auf und versinkt dann in Schweigen, bis der Fahrstuhl stoppt.

Am Auto hält er mir den Schlüssel hin, den ich nehme und einsteige, weil ich nicht will, dass er ohne Führerschein fährt.

Drei Monate ist er ihn los und das auch nur, weil Mr. Gernot seinen Job wirklich versteht und den Richter davon überzeugen konnte, dass er mildernde Umstände verdient, sonst hätte er seinen Lappen erst im Nächsten Jahr wieder gesehen.

Schweigend fahren wir durch die Stadt, bis zur Praxis von seinem Psychiater, wo ich ihn aussteigen lasse, doch bittet er mich mitzukommen, weil Dr. Peers um eine Gruppentherapie gebeten hat.

"Warum hast du das denn nicht gleich gesagt." maule ich genervt und betrete vor ihm die Praxis, "Dann hätte ich gleich gewusst, warum du nicht mit dem Taxi fahren wolltest."

"Ich dachte, du würdest dich weigern mit mir hier her zu kommen." sagt er entschuldigend und weist mir den Weg ins Wartezimmer, das leer ist.

Vermutlich hat er recht, doch verdrehe ich nur die Augen und seufze resigniert auf.

"Tut mir leid." sagt er unsicher, setzt sich dicht neben mich und streicht sich nervös durch die Haare. Ruhelos steht er nach wenigen Minuten wieder auf und läuft nervös auf und ab.

"Himmel herrgott noch mal!" fahre ich ihn nach einigen Minuten an. "Setzt dich gefälligst hin und halt die Füße still!" finster sehe ich ihn an. So schlimm wird dieser Termin schon nicht werden. Immerhin verteilen Psychiater keine Spritzen und das er allein vor Ärzten Angst hat, wäre mir neu.

Unsicher sieht er mich an, setzt sich aber wieder neben mich auf den Stuhl und ballt angespannt die Hände um nicht wieder aufspringen zu müssen.

Einige weitere Minuten später wird er jedoch erlöst, als Dr. Peers, ein älterer Herr in schwarzer Leinenhose und kariertem Hemd, über dem er sich einen Pullover um die Schultern gelegt hat, das Zimmer betritt.

"Ah, Mr. Black." reicht er ihm erfreut die Hand "Wie geht es ihnen? Und sie müssen Miss Stone sein, wenn ich mich nicht irre." wendet er sich lächelnd an mich, was ich mit einem Nicken bestätige, nachdem Alexander mit einem "Danke. Gut soweit." geantwortet hat.

"Na, dann kommen sie. Wollen doch mal sehen, was ich für sie tun kann." macht er eine einladende Handbewegung in meine Richtung, die mich verwirrt die Stirn runzeln lässt, zumal Alexander sich wieder auf den Stuhl setzt.

"Gruppen Therapie, Ja?!" knurre ich in Alexanders Richtung und werfe ihm einen finsteren Blick zu, der ihn auf seinem Stuhl zusammenschrumpfen lässt.

Na warte!

Unbehaglich folge ich Dr. Peers in sein Behandlungszimmer, das eher so aussieht, wie ein gemütlich eingerichtetes Wohnzimmer.

Dominiert wird der Raum von einer roten Ledercouch und einem Glastisch, auf dem einige Gläser und eine Wasserflasche stehen.

Neben der Tür an der Wand steht ein großes, dunkelbraunes Bücherregal und gleich daneben eine gigantische Palme, die bis unter die Decke reicht.

Der gute Doktor scheint ein Händchen für Pflanzen zu haben, denn auch auf seinem Schreibtisch steht eine Orchidee in voller Blütenpracht. Sowie unzählige andere Grünpflanzen in jeder freien Ecke.

"Mögen sie Blumen?" bemerkt er mein Interesse und lächelt freundlich. "Meine Frau liebt sie. Vor allem Orchideen, doch auch gegen Rosen hat sie nichts einzuwenden, aber mich stören diese hinterhältigen Dornen. Manchmal frage ich mich, warum etwas so schönes, so viele Stacheln hat." einladend deutet er auf die Couch doch würde ich mich lieber in den Sessel setzten, der schräg gegenüber steht.

"Bitte. Ganz wie sie wollen." zuckt er mit den Achseln, als ich ihn danach frage und lasse mich in den ebenfalls roten Ohrensessel sinken und verschränke angespannt auf der Stuhlkannte sitzend die Hände auf den übergeschlagenen Knien.

"Und mögen sie Blumen?" fragt er mich erneut während er sich setzt, doch übergehe ich seine Frage.

"Dr. Peers, darf ich fragen, warum sie mich hergebeten haben?" komme ich direkt auf den Punkt. Um lange um den heißen Brei herumzureden, ist mir meine Zeit wahrlich zu schade, doch wenn ich mit einer direkten Antwort gerechnet habe, so habe ich mich geirrt.

"Sagen sie es mir." sieht er mich fragend an.

Doch mein Blick ist mindestens so fragend wie seiner. "Ich weiß es nicht. Man hat mich quasi gezwungen herzukommen." wobei ich mit man...Alexander meine...

"Hmm..." streicht sich Dr. Peers nachdenklich übers Kinn und zieht die buschigen Augenbrauen zusammen, so dass sie sich beinahe zu einer geraden Linie verbinden. "Und warum glauben sie hat Mr. Black das getan?"

Ausweichend zucke ich mit den Achseln. "Keine Ahnung?" sage ich unbehaglich und senke verlegen den Blick auf meine verschränkten Hände. Habe ich doch eine Vermutung, was den Grund angeht.

"Und was vermuten sie?" scheint er einen Verdacht von meiner Vermutung zu haben "Ist in letzter Zeit etwas vorgefallen? Hat sich etwas verändert? Hat er sich verändert oder sie?" schlägt er hilfsbereit vor, um der Sache auf den Grund zu gehen.

"Nein...nein..." sage ich nachdenklich, wobei ich mehr an ihn denke und weniger an mich."Er ist wie immer. Vielleicht ein bisschen gereizter." füge ich nachdenklich hinzu "Aber sonst..." leicht schüttel ich verneinend den Kopf.

"Und woran könnte das liegen?" will Dr. Peers wissen. was mich seufzen und unbehaglich auf meinem Stuhl herumrutschen lässt. "Hat er vielleicht stress?" schlägt er vor, was ich mit einem nicken beantworte.

Stress ist mit Sicherheit sein Problem, doch dass dieser nicht beruflich ist, muss ich ja nicht sagen.

"Und wie geht es ihnen damit?" fährt der Psychiater fort.

"Ich komme zurecht." weiche ich ihm aus und streiche nervös über mein Bein, fahre mit dem Finger über ein kleines Knötchen im Stoff und schweige unbehaglich.

"Miss Stone." dringt des Doktors Stimme mit sanftem Tadel an mein Ohr. "Wenn sie ihm helfen wollen, müssen sie schon ehrlich zu mir sein."

Unbehaglich hebe ich den Blick von meinen Beinen zu Doktor Peers, der mich väterlich mustert. Auffordernd hat er die Augenbrauen gehoben, so dass sie beinahe unter seinem Pony verschwinden, der ihm unordentlich in die Stirn fällt und sein wahres Alter verschleiert, trotzdem schätze ich ihn auf Anfang sechzig. Vielleicht auch Ende Fünfzig. Wer weiß das denn schon so genau!

Seine grauen Haare lichten sich auf jeden Fall gefährlich, doch von einer Glatze kann man wohl noch lange nicht sprechen.

"Wollen sie etwa sagen ich lüge." sage ich verärgert und presse missbilligend den Mund zusammen, sehe ihn finster an, doch hebt er die Augenbrauen nur noch höher und macht eine vage Bewegung mit den Händen.

"Das habe ich nicht gesagt Miss Stone. Doch... sehen sie die Blumen?" nervt er mich schon wieder mit den Dingern, die eigentlich in jeder Ecke des Raums stehen. "Erinnern sie sich an die Rosen, von denen meine Frau so begeistert ist?"

"Ja?" sage ich gedehnt, nicht wissend, worauf er hinaus will.

"Ich denke, sie sind wie diese Rosen, die meine Frau so liebt. Wunderschön. Und doch..."

"Gefährlich?" schlage ich unbehaglich vor, senke verlegen den Kopf und atme unauffällig durch.

"Aber nicht doch!" wiederspricht Dr. Peers lächelnd "Ich denke, die Dornen die sie tragen, dienen nur zum Schutz vor Feinden, doch sollten sie überlegen, wer der wahre Feind ist." sagt er rätselhaft und in Bezug auf Alexander ergeben seine Worte so gar keinen Sinn, weshalb ich ihn danach frage.

"Sehen sie...ich denke Mr. Black ist nur so gereizt, weil er ihre Abwehr, die sie zum Schutz um sich herum aufbauen nicht durchdringen kann, dabei vergessen sie, dass er ihr größter Schutz ist und sie, wenn sie es denn zulassen, der seine."

"Ich kann ihn nicht schützen, solange ich bei ihm bin." wiederspreche ich tonlos und spüre mal wieder diesen dicken knoten, der sich in meinem Hals ausbreitet.

"Und sehen sie, das denke ich, ist der wahre Grund ihres Besuchs." lächelt der Psychiater begeistert. "Sie denken, sie tun ihm nicht gut, doch das sehe ich ganz anders. Seit ich Mr. Black im Frühjahr kennengelernt habe, hat er sich deutlich weiter entwickelt. Gerade in letzter Zeit hat er große Fortschritte erzielt."

"Wirklich?!" staune ich mit großen Augen und vergesse doch tatsächlich das wir eben noch über mich gesprochen haben.

"Aber ja!" versichert mir der Arzt und strahlt begeistert. "Das er sich gegen seinen Vater gewehrt und sie beschützt hat, hat ihn einiges neu überdenken lassen, doch scheinen sie selbst auch über vieles nachzudenken seit her." bringt er die Sache ziemlich genau auf den Punkt. Einen sehr gefährlichen.

"Natürlich." senke ich den Blick wieder auf meine Hände und knete unbehaglich meine Finger im Schoß. "Man stirbt nicht jeden Tag." murmel ich vor mich hin, was den Doc einen leisen Laut von sich geben lässt.

"Wollen sie darüber reden?" lässt er mir die Wahl, die ich verneine.

"Sicher hat er ihnen schon alles erzählt." bringe ich heiser hervor, wobei sich mein Hals anfühlt, als würde Benno diesen mal wieder zusammendrücken. Und so stehe ich unbehaglich auf und stelle mich an eines der Fenster, das geöffnet ist.

"Was das angeht, so schweigt mein Patient leider beharrlich, wie sie." sagt er neutral und schweigt einen Moment. Lässt mir Zeit zum Nachdenken, doch das woran ich denke ist nicht das, worüber wir geredet haben.

Denn meine Angst ist nicht das Sterben an sich, sonders die Auswirkungen, die mein Tod zur Folge hätte und diese Befürchtungen schildere ich dem Mann in meinem Rücken, der schweigend bis zum Ende zuhört. Sich meine Überlegungen, Folgen, Ursachen und Schlüsse, die ich daraus gezogen habe anhört, ohne mich zu unterbrechen.

"Meinen sie, sie können mir helfen?" beende ich meinen Redefluss und wende ihm meinen Blick zu, als ich bemerke, dass er sich neben mich gestellt hat.

"Ich glaube das könnte ich, wenn sie mich lassen." lächelt er mich beruhigend an, was mich erleichtert aufseufzen lässt.

"Dann ermutigen sie ihn dazu, mich gehen zu lassen?" freue ich mich, in ihm einen verbündeten zu haben, doch schüttelt er bedauernd den Kopf.

"Sehen sie..." beginnt er erklärend und deutet einladend auf den Sessel wo ich mich wieder niederlasse "...was das angeht, so sind wir verschiedener Ansicht. Sie glauben, dass sie ihm helfen, wenn sie ihn verlassen, doch glauben sie wirklich, dass er glücklich wäre, wenn er sie verlieren würde, ganz gleich auf welche Weise? Und was ich noch anmerken möchte..." mit erhobenem Finger hindert er mich daran ihn zu unterbrechen "Denken sie wirklich, Mr. Black Senior würde so leicht aufgeben? Immer vorausgesetzt, sie haben seine Warnung richtig verstanden."

"Natürlich! Für wen sollte sie sonst gewesen sein?" empöre ich mich, doch ist die schlichte Antwort, die Dr. Peers mir gibt so einfach, dass ich selbst nie darauf gekommen wäre.

"Für seine Frau." lautet diese nämlich, was mir plötzlich ziemlich einleuchtend ist. Und mir eine Übelkeit verursacht, die den armen Doc dazu veranlasst mir ein Glas Wasser zu reichen.

Aufmunternd redet Dr. Peers Minutenlang auf mich ein und lässt mich wissen, dass er es für das beste hält sich mit allen beteiligten zusammenzusetzen.

Und was soll einem ein Arzt auch anderes Raten als... "Reden sie miteinander. Erzählen sie ihm von ihren Bedenken. Von ihren Ängsten und auch davon, warum sie so gehandelt haben, wie sie es haben. Sie werden sehen, er wird es verstehen. Doch aufhören sie zu lieben wird der gute Mann wohl nie." streicht er sich schmunzelnd über den nicht vorhandenen Bart. "Vergessen sie nicht, die WAHRE Liebe findet man nur einmal im Leben. Halten sie sie fest, wenn sie können." geleitet er mich abschließend an die Tür, reicht mir die Hand und verabschiedet sich.

Als ich in den Warteraum komme steht Alexander mit hinter dem Rücken verschränkten Händen vor dem Fenster und schaut hinaus, dreht sich jedoch um, als er mich hereinkommen hört.

Sein Blick ist unergründlich. Ängstlich. Zurückhaltend. Abwartend, doch schleicht sich ein schüchternes Lächeln auf sein Gesicht, als ich ihm die Hand hin halte.

"Lass uns gehen." sage ich einladend, aber auch unsicher.

Ich bin noch nicht endgültig von Dr. Peers Worten überzeugt, doch ziehe ich es immerhin in Betracht, ihnen Beachtung zu schenken, auch wenn ich zuerst mit Theresa sprechen möchte.

Ob sie das kleine Kreuz am Safe wohl auch gesehen hat? Frage ich mich.

Und wenn ja, welche Schlüsse hat sie daraus gezogen. Oder ist es ihr vielleicht überhaupt nicht aufgefallen? Hat sie allein nur nach dem Medaillon geschaut, aber nicht auf den Rest geachtet?

Ich weiß es nicht, doch habe ich vor, mich bei ihr danach zu erkundigen und anschließend werde ich mich mit Alexander auseinander setzten, der angespannt neben mir auf dem Beifahrersitz sitzt, während ich uns ins Büro zurück kutschiere.

Seine betretene Frage, worüber wir gesprochen haben ignoriere ich, lege meine Hand aber beruhigend auf seine, was ihn selig lächeln lässt. Meine Hand an seine Lippen führt und einen Kuss hinein haucht, ehe er sie in seinen Schoß zieht und kleine Kreise hinein malt und mich damit gehörig vom Fahren ablenkt.

Mal wieder stehen wir im Fahrstuhl, als Alexander unser Schweigen scheinbar nicht länger aushält und es bricht.

"Worüber habt ihr geredet?" will er erneut wissen. Stellt sich vor mich und schaut mich an. Mein Blick ist nachdenklich, die Gedanken nach innengerichtet, so dass ich seine Frage nur halb mitbekomme. "Hmm?" mache ich fragend und hebe den Blick zu ihm empor. Sehe in seine tiefblauen Augen und bekomme prompt Herzklopfen, als mir bewusst wird, wie nah er mir ist.

"Du und Peers? Worüber habt ihr geredet?" wiederholt er seine Frage leise, hebt unsicher seine Hand und streicht mir sacht eine Haarsträhne hinters Ohr.

"Über Blumen." sage ich abgelenkt; versuche die Gänsehaut nicht zu beachten, die sich von der Stelle, wo er meine Haut berührt hat, über meinen Rücken ausbreitet.

"Blumen?!" schaut Alexander mich ungläubig an und schüttelt verständnislos den Kopf. "Hat es denn wenigstens was gebracht?" brummt er skeptisch und runzelt die Stirn.

"Sag du es mir." ziehe ich verstimmt die Stirn kraus. "Geht's dir jetzt besser?" es ist nicht so, dass ich es nicht verstehe, dass er sich Gedanken um mich macht, doch bin ich mit seinem Handeln definitiv nicht einverstanden. Hat mich das Gespräch mit dem Psychoheinzel doch deutlich durcheinander gebracht. Und mich in noch weitere Sorgen gestürzt, denn worauf mich der liebe Mann gebracht hat, ist schlicht... nicht nur ich bin Alexanders Schwachpunkt, sondern auch seine Mutter und die gilt es jetzt ebenso zu schützen wir ihn.

"Ich weiß nicht?" sieht er mich Skeptisch an. Mustert mein brummiges Gesicht und legt mir eine Hand an die Wange, streicht sacht über meine Lippe und lächelt dann.

"Ja...doch ich glaube, das tut es." sagt er warmherzig, wobei er seine blauen Augen auf meine braunen richtet und in mich hineinzusehen scheint.

"Ich glaube wirklich, mir geht es jetzt schon deutlich besser!" raunt er mir zu, wobei er sich dicht zu mir herunter beugt und sich sein verführerischer Duft in meine Nase schleicht.

Genüsslich schließe ich die Augen und atme tief ein, sehe sein friedliches Lächeln, als ich meine Augen wieder öffne und weiß, warum er sich schon besser fühlt.

Auch ich fühle ich besser, jetzt wo ich seine Berührung zulasse und ihn nicht ununterbrochen zurückweise.

Tief in den Augen des anderen versunken stehen wir schweigend da und sehen uns einfach nur an, doch als der Fahrstuhl hält und sich die Türen öffnen werden wir aus unserer trauten Zweisamkeit gerissen.

"Komm." reicht er mir die Hand, in die ich meine schmiege und mich von ihm ins Büro führen lasse, wo wir bereits von Mrs. Gunnar mit einem vorsichtigen Blick bedacht werden.

Meine arme Kollegin hatte es in letzter Zeit wirklich nicht leicht mit uns, so dass sie jetzt erleichtert aufatmet, als sie unsere gelöste Stimmung zur Kenntnis nimmt.

"Mr. Black?" richtet sie das Wort als erstes an ihn und reicht ihm über ihren Tisch hinweg eine kleine Notiz. "Mr. Gernot lässt sich entschuldigen und bittet sie ihn kurz anzurufen." deutet sie auf den Zettel in seiner Hand, auf dem wohl seine Nummer steht.

"Ist gut." nickt Alexander ihr zu dreht sich in meine Richtung und streicht mir sanft über die Hand. "Bis nachher mein Engel." raunt er mir zu und gibt mir einen Kuss auf die Wange, der mich zu einem kleinen Lächeln verführt und mich mit einer Wärme erfüllt, die ich lieber noch nicht zulassen möchte.

Viel zu viel Angst habe ich davor, mich zu verlieren. Mein Ziel aus den Augen zu verlieren, wobei Dr. Peers mir ja gesagt hat, dass mein Ziel so nicht zu erreichen ist, doch möchte ich es nicht gänzlich von mir schieben.

"Bis nachher." erwidere ich verhalten, kann mich seinem hypnotischen Blick aber nur schwer entziehen, als er sich langsam von mir abwendet und in seinem Zimmer verschwindet.

"Ach Emely!" hält mich Mrs. Gunnar auf, als auch ich in mein Büro gehen will und reicht mir kurzerhand ein Päckchen. "Ist vorhin für dich abgegeben worden. Und Jason lässt dir ausrichten, dass er sich um eine Viertelstunde verspäten wird."

"Ist gut. Danke Peggy." nehme ich ihr mit einem ehrlichen lächeln den gepolsterten Umschlag ab und setzte mich damit an meinen Schreibtisch. Lege es vorerst aber beiseite, weil mich mein Telefon mit einem durchdringenden Piepsen auf sich aufmerksam macht.

Fahrig nehme ich es zur Hand und schaue flüchtig drauf, kann mir dann aber ein breites Grinsen nicht verkneifen, als ich sehe, von wem die Nachricht ist.

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4008 Worte
13.12.16

Kleine Info zum Schluss

Ich habe ein Büchlein veröffentlicht, mit Kurzgeschichten. ÄHM....Erotischen Kurzgeschichten.
Einige von euch haben es schon gesehen. Die Anderen lade ich hiermit ganz ❤lich ein mal Vorbeizuschauen.

Es heißt Das elegante Weiße. 

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