Teil 15


Nach einem überaus arbeitsreichen Tag und einem anschließenden Abendessen mit den Arbeitern, sinke ich erschöpft in mein Bett und schließe müde die Augen.

Doch während ich hier liege und den Tag Revue passieren lasse, kommt mir ein unerhörter Gedanke, der mich einerseits zum Schmunzeln, andererseits aber auch zum brodeln bringt.

Das hat er doch mit Absicht gemacht!

Dieser Halunke!

Sagt einfach, er würde das Hotel verkaufen, wenn ich es nicht haben wollen würde, dabei wusste er ganz genau, wie sehr ich daran hänge!

Und jetzt habe ich den Salat! Ein Haus ganz für mich allein.

Ach! Was red ich denn da? Es ist ja nicht nur ein Haus. Es ist ein Hotel.

Nein, es ist MEIN Hotel und ich liebe es. Es wird so schön sein, wenn es fertig ist.

Die Fassade wird in leuchtendem Weiß erstrahlen, mit schwarzem Fachwerk und Fenstern. Auch die Veranda, die die Vordere Seite umgibt wird sich in dem gleichen dunklen Ton vom Haus abheben.

Und hinter dem Gebäude befindet sich dann der Wintergarten, der sowohl als Speiseraum oder Festsaal oder einfach als Aufenthaltsraum genutzt werden kann, mit Zugang zur Terrasse. Diese ist zwar noch nicht da, wird aber bald nach dem Wintergarten angelegt. Ebenso wie der Garten.

Im Anschluss, wenn das Haus soweit fertig ist, werden die Stallungen für die Pferde errichtet und auch die Halle.

Pete hat bereits einen seiner Freunde mit ins Boot geholt, der sich mit so Dinge wie Bodenarbeitskurse für Pferdehalter oder Verladetraining beschäftigt und in der Richtung Kontakte hat. Auch kennt er einen Reitlehrer, der durchaus interessiert wäre hier Unterricht für die Gäste anzubieten.

Wenn alles klappt und nicht wieder was dazwischen kommt, kann zumindest das Hotel schon in einigen Wochen eröffnet werden. Bis die Stallungen soweit sind dauert es zwar noch ein bisschen, aber das macht ja nichts.

Es gibt auch so genug Angebote in der Nähe. Allein die Stadt München, die nur eine halbe Stunde entfernt ist, lädt zum Bummeln ein. Museen, Diskotheken, Kirchen...es ist alles da. Auch sportliche Aktivitäten sind hier leicht zu finden.

Es gibt einen Kletterpark, Bootstouren, Fallschirmspringen, Bungeejumping oder auch Segelfliegen. Aber man kann hier auch ganz gemütlich Wandern gehen und im Winter Ski laufen.

Also langweilen braucht man sich auf jeden Fall nicht.

Ob ich mich vielleicht schon mal um ein bisschen mehr Werbung kümmern sollte? Ich meine es kann ja nicht schaden, wenn sich herumspricht, dass sich hier so einiges getan hat.

Immerhin möchte ich ja, dass das Hotel, vielleicht nicht unbedingt ausgebucht ist, aber dennoch nicht leer steht.

Ein volles Haus wäre zwar der Traum schlechthin, aber ich sollte realistisch bleiben.

Nach der schlechten Publicity die das Haus hatte, kann ich froh sein, wenn wir vorerst ein paar Zimmer vermietet bekommen.

Doch im August wird auch der Mittelaltermarkt hier stattfinden. Vielleicht können wir bis dahin das Hotel eröffnet haben.

Wäre schon cool, wenn die Gäste dann quasi nur aus der Tür zu gehen bräuchten, um etwas zu erleben.

Doch ich kann nur hoffen, dass sich einige von ihnen nicht von dem Trubel gestört fühlen, so wie die Anwohner, von denen Pete mir erzählt hat.

Nachdenklich seufze ich auf.

Ob das mit dem Mittelaltermarkt wohl doch keine so gute Idee gewesen ist?

Ach was! Wir werden zu der Zeit einfach explizit darauf hinweisen, dann geht das schon. Und die Veranstaltung muss ja auch nicht direkt vor der Tür stattfinden. Immerhin sind die Ländereien weitläufig genug, so dass auch die Gäste, die es etwas ruhiger haben möchten hier auf ihre Kosten kommen.

Und was ich auch schön fände, wäre, wenn wir zur Eröffnung einen Ball veranstalten könnten. Oder irgendwas, was Gäste anlockt.

Ich könnte Hochzeitsplaner einladen, oder Eventmanager, damit sie sich hier alles ansehen können.

So eine Art Tag der offenen Tür.

Oh ja. Das wird so schön.

Träumend gehen mir die Bilder im Kopf herum, als mich mein Telefon plötzlich in die Wirklichkeit zurückholt.

Noch immer etwas der Realität entrückt taste ich auf meinem Nachttisch herum, bis ich mein Handy erwische und blinzle auf das hell erleuchtete Display.

Es ist eine Nachricht.

War ja klar, von wem.

Schmunzelnd öffne ich sie.

"Noch böse? Oder warum meldest du dich nicht?"

Schreibt der kleine Bösewicht und am liebsten würde ich ihn schmoren lassen, aber da er mir ohnehin fehlt, schreibe ich ihm zurück.

"Ja, ich bin böse. Aber nur noch ein bisschen. Ich bin so erschlagen und hatte so viele Dinge im Kopf, dass ich irgendwie noch nicht dazu gekommen bin, mich bei dir zu melden. Soll ich anrufen?"

schicke ich ihm zurück, doch statt einer Antwort ruft er mich direkt an.

"Hey." klingt seine Stimme liebevoll durch die Leitung.

"Hey." antworte ich nicht weniger liebevoll, aber erschöpft und lächle glücklich in mich hinein, während meine Herz ein wenig aus dem Takt gerät.

"War viel zu tun?" deutet er mein seufzen durchaus korrekt.

"Könnte man so sagen." gähne ich ins Telefon. "Tschuldigung." füge ich schnell hinzu. "Ich bin irgendwie echt fertig. Hier ging alles drunter und drüber. Und bei dir?" Will ich wissen.

"Halb so wild." tut er seine Arbeit kurzerhand ab, bevor er mich fragt, was denn losgewesen ist.

Schnörkellos erzähle ich ihm, was gewesen ist und womit ich den Tag verbracht habe.

"Der normale Wahnsinn halt." beende ich meinen Bericht gähnend.

"Sorry Babe. Den Stress hast du wohl mir zu verdanken. Tut mir leid." sagt er bedauernd.

"Ist schon gut. Jetzt ist ja alles geregelt. Morgen sind wieder alle Handwerker da und die Arbeit kann wie geplant weitergehen." sage ich leise, fahre mir mit der Hand übers Gesicht und reibe meine juckenden Augen, die nicht mehr so recht das tun wollen, was sie sollen.

Und so schließe ich sie einfach.

"Freut mich zu hören. Und was machst du heute noch so? Es ist ja noch früh."

"Früh?!" gähne ich murmelnd und rutsche tiefer in meine Kissen "Ich weiß ja nicht, wie spät es bei dir ist, aber hier ist es..." kurz zwinge ich mich noch mal die Augen zu öffnen und auf den Wecker zu schauen, dessen Zahlen aber nur vor meinen Augen verschwimmen und so schließe ich sie seufzend wieder und murmel undeutlich "...zu spät um noch irgendwas zu machen. Weshalb ich gleich schlafen werde."

"Wirklich?" er klingt ein klein wenig ernüchtert, was ich in Anbetracht seiner ebenfalls etwas müden Stimme so gar nicht nachvollziehen kann.

"Wieso? Was dachtest du denn, was ich noch machen werde? Ausgehen? Tanzen? Party machen?" schmunzel ich schläfrig vor mich hin.

"Hmm..." macht er rätselhaft, wobei er sich anhört, als würde er lächeln.

"Ich hatte an eine Runde Telefonsex gedacht." flüstert er anzüglich ins Telefon, was mich doch recht unerwartet zusammenzucken lässt und tatsächlich wieder ein bisschen leben in mich bringt.

"So so." schmunzel ich in mich hinein und spüre dieses sanfte ziehen in meinem Unterleib, nur weil er das Wort SEX in den Mund genommen hat. Schade, dass er nicht ganz andere Dinge in den Mund nehmen kann. Aber ob ich dazu heute überhaupt noch in der Lage wäre? Ich bin echt erledigt.

"Hat Jason dich also nicht genug gefordert?" frage ich frech "Vielleicht sollte ich ihm mal sagen, dass du nicht ausgelastet bist."

"Jason war heut gar nicht da. Er hat sich krank gemeldet. Und wo ich ihn eh schon an der Strippe hatte, habe ich ihm gleich gekündigt, weil ich ab Mittwoch ja nicht mehr hier bin." sagt er bedauernd, was mich dann noch etwas wacher macht.

"Daran habe ich ja gar nicht gedacht. Was ist denn mit Mrs. Gunnar? Hast du ihr auch gekündigt?" frage ich unbehaglich, weil er ja nur wegen mir nach München kommt.

"Nein. Mrs. Gunnar zieht nur in mein anderes Büro um. Und wenn wir wieder da sind, dann kommt sie hier her zurück."

"Oh, gut." seufze ich erleichtert und drehe mich auf die Seite, wobei ich das Telefon einfach unter mein Ohr schiebe und mich drauflege. "Ich konnte sie immer gut leiden. Es wäre schade, wenn sie nur meinetwegen ihren Job verloren hätte." sage ich verlegen und seufze erleichtert auf.

"Niemand verliert deinetwegen seinen Job." sagt er bestimmt und ich kann bei seiner dunklen Stimme förmlich sehen, wie er die Augenbrauen runzelt und sich brummig übers Kinn fährt, doch seine Worte erstaunen mich.

"Also nicht? Und wie nennst du dann das, was du mit Jason gemacht hast? Zwangsurlaub?" knurre ich vor mich hin.

"Wenn du so willst." antwortet er belustigt "Denn wenn wir wieder da sind, dann wird er da weiter machen, wo er am Freitag aufgehört hat. Und während den paar Monaten, in denen er mich nicht auslastet, weißt du sicher, was auf dich zukommt." sagt er anzüglich, was meine Gedanken an den Anfang dieses Themas zurück bringt und mir ganz warm werden lässt.

"Was gedenkst du denn jetzt wegen deiner Unausgelassenheit zu tun?" säusele ich verführerisch ins Telefon, was ihn kurz verstummen lässt.

"Was hältst du denn von einer Gute Nacht Geschichte?" schlägt er mit dunkler Stimme vor.

Oh man! Was würde ich dafür geben, wenn er jetzt hier wäre. Ich liebe diesen tiefen Ton. Irgendwie bringt er mich von null auf hundert in unter einer Sekunde.

Und so kann ich gar nicht anders, als erregt zuzustimmen.

"Auf die Geschichte bin ich gespannt." seufze ich und schmiege mich entspannt ins Kissen. Streiche meine Haare aus der Stirn und lausche seiner Stimme.

"Also schön. Hör zu." sagt er schmunzelnd, dann fährt er fort. "Es war ein Mal eine wunderschöne Prinzessin."

"Echt jetzt?" unterbreche ich ihn kichernd "So ein Klischee!"

"Na, gut. Na, gut." brummt er verstimmt und fängt dann noch mal von vorne an.

"Es war einmal ein...Lamm..." verändert er den Anfang "Glücklich lebte es zwischen all den anderen Lämmern auf der Wiese und tollte mit ihnen herum. Fraß Graß, trank frisches Wasser aus der Quelle und kletterte in den Bergen herum, bis es eines Tages an einen dunklen Höhleneingang kam. Neugierig wie es war, schnüffelte es auf dem Boden herum und wagte sich immer weiter vor, doch noch bevor es ganz in die Höhle eindringen konnte, wurde es..."

"Gefressen?" unterbreche ich ihn kichernd.

"Still du Küken, sonst fresse ich dich gleich." knurrt er durchs Telefon, woraufhin ich ihm schnell versichere...

"Bin schon still!" und mich auf den Rücken drehe.

"Also..." nimmt er seine Erzählung wieder auf. " ...bevor es ganz in die Höhle eindringen konnte, wurde es von seinem Vater, einem mächtigen, großen, starken Tier zurückgehalten. 'Geh da nicht rein Kleines!' verlangte er von dem Lämmchen, das neugierig an seinem Vater vorbei, in die Höhle spähte. 'Aber warum denn nicht?' Wollte es interessiert wissen und sah ihn mit großen Augen an. 'Dort drinnen lebt ein Drache und jeder, der ihm zu nahe kommt, den frisst er auf. Mit Haut und Haaren.' sagte der Vater drohend und schubste die kleine vom Höhleneingang fort zur Herde zurück. 'Du willst doch nicht gefressen werden? Oder?' wollte der alte Hammel wissen und sah seine Tochter forschend an, die ihn mit weit aufgerissenen Augen anschaute und energisch den Kopf schüttelte."

"Dummes Lamm!" unterbreche ich ihn erneut und gähne ausgiebig. "Woher will es denn wissen, dass der Vater recht hat? Wer weiß, was wirklich in der Höhle ist. Vielleicht ist da drin ja das leckerste Gras, das es im ganzen Umkreis gibt und er will es nur für sich allein haben." überlege ich.

"Emely!" lacht Alexander belustigt. "Wenn du hören willst, wie es weitergeht, musst du schon zuhören, mein Lämmchen."

"Aaallsoo guuuht." gähne ich erneut und schließe die Augen.

"Bereit?" will er mit leiser Stimme wissen.

"Mmhmm." sage ich zustimmend und verstumme.

"'Da bin ich aber froh.' sagte der Bock und ließ seine Tochter im Schutze der Herde zurück. Einige Tage vergingen, in denen das kleine Lamm brav bei der Herde blieb, doch ging ihm die Höhle nicht aus dem Sinn. Was? So fragte es sich. War wohl ein Drache und warum fraß es Schäfchen? Die kleine konnte sich nicht vorstellen, das sie jemand fressen würde. Dafür fühlte sie sich viel zu stark. Immer gewann sie die Rangeleien mit den anderen Lämmern auch die, mit den Jungen und so dachte sie bei sich, dass dieser Drache, was auch immer das sein möge, der da in der Höhle lebte, ihr nichts anhaben könnte. Und so stahl sie sich eines Nachts heimlich davon und schlich erneut den Berg hinauf. Immer darauf bedacht, nicht erwischt zu werden. Am Höhleneingang blieb sie stehen und schaute sich sichernd nach allen Seiten um, doch von ihrem Vater war weit und breit nichts zu sehen und so schlich sie leise in den dunklen Bauch des Berges....Emely?" unterbricht er sich diesmal selbst. "Bist du noch wach?"

"Mh." mache ich leise und seufze schläfrig auf. "Und wo ist jetzt der Sex?" will ich mehr schlafend als wach wissen, was ihn zum schmunzeln bringt.

"Sch...Baby. Den gibt's Morgen." säuselt er mir zu. "Schlaf jetzt."

"Aber was ist denn mit dem Lamm?" murmel ich vor mich hin.

"Das schläft jetzt auch. Und morgen wird es vom Drachen gefressen."

"Du bist fies." brumme ich ihm zu, bin aber schon so gut wie eingeschlafen.

"Ich hab nie was anderes behauptet." höre ich ihn noch sagen, doch dann herrscht Stille. Zumindest bekomme ich nichts mehr mit, denn müde wie ich bin, schlafe ich einfach ein.

Am nächsten Morgen werde ich durch ein heftiges Poltern geweckt.

"Was ist denn los?!" brumme ich verstimmt und richte mich auf. Gähnend strecke ich mich und horche auf das, was mich geweckt hat. Denn noch immer hallen laute Schläge durchs Haus. Doch inzwischen kann ich mir denken, woher sie kommen. Auch wenn das nur ein Zeichen dafür sein kann, dass ich verschlafen habe.

Müde reibe ich mir die Augen, dann werfe ich zur Bestätigung einen Blick auf meinen Wecker.

War ja klar. Halb neun! Seufzend richte ich mich auf, schlurfe ins Bad und unter die Dusche. Schminken und Haare machen schenke ich mir. Einfach trocken föhnen und einen lässiger Pferdeschwanz reichen völlig auf der Baustelle. Na ja zumindest beinahe. Also schnell ein bisschen Wimperntusche, aber das ist dann auch genug.

In Bluejeans, einem karierten Holzfällerhemd und Turnschuhen mache ich mich auf den Weg nach unten, wobei ich einen Blick in die Zimmer werfe, in denen die Handwerker fleißig bei der Arbeit sind.

"Guten Morgen Boss!" grüßt mich Leo lächelnd und reicht seinem Kollegen kurzerhand die Bohrmaschine, mit der sie auf dem Balkon zugange sind und kommt zu mir.

"Morgen." grüße ich ihn, noch immer recht verschlafen und streiche mir eine Haarsträhne aus der Stirn, die sich aus meinem Zopf gelöst hat.

"Sag mal steht unser Date heute Abend noch?" fragt er grinsend, lehnt sich gegen den Türrahmen und schlägt entspannt die Beine übereinander.

"Ähm, ja. Warum auch nicht." sage ich erfreut, dass er mir meinen Ausrutscher von letzter Woche nicht übel nimmt. "Gegen halb sieben im Café Luna?" schlage ich vor betrachte ihn abwartend.

"Klingt super. Aber kannst du mich nach der Arbeit mit nehmen? Mein Auto ist Freitag verreckt. Bin heute früh mit Sam her gekommen." gleichgültig zuckt er mit den fährt sich mit der Pranke über den breiten Nacken.

"Sicher." lächle ich ihn an und halte mir schnell die Hand vor den Mund, als mich erneut ein Gähnen überkommt.

"Tschuldigung. Ich glaube ich brauche erst mal einen Kaffee." verabschiede ich mich von ihm. "Bis nachher dann."

"Yes Sir!"salutiert Leo grinsend und kehrt zu seinem Kollegen zurück, der irgendwelche Löcher in den Balkon bohrt.

Kurz verliere ich mich in dem Anblick seines entblößten Oberkörpers. Seinen breiten Schultern, den mächtigen Oberarmen und der schmalen Taille, doch als er an der Balkontür angekommen ist, bleibt er kurz stehen und wirft mir einen grinsenden Blick zu.

"Wenn du willst, können wir heute Abend gern da weitermachen, wo wir letzte Woche aufgehört haben." Zwinkert er mir zu, bevor er meinen Blicken entschwindet.

Ertappt kneife ich die Augen zusammen und ziehe mich mit beschämtem Blick und warmen Wangen auf den Flur zurück, wo ich prompt in Sam hineinlaufe.

"Ach Mrs. Wellen...Stone." grüßt er mich brummig und schiebt mich leicht an den Schultern zurück, um etwas Abstand zwischen uns zu bringen.

"Seid wann denn so förmlich Sam. Es hat sich doch nichts geändert. Ich bin noch immer die Selbe. Nur dass ihr jetzt endlich meinen richtigen Namen kennt." seufze ich resigniert auf und sehe ihn bittend an. "Ich kann ja verstehen, dass du sauer auf mich bist, aber wie ich euch gestern schon gesagt habe, gab es da gewisse Umstände, die mich zu diesem Schritt getrieben haben." setzte ich erneut zu einer Erklärung an.

"Schon gut...schon gut. Ich finde nur, dass du wenigstens mir etwas hättest sagen können." knurrt er in seinen nicht vorhandenen Bart und zieht mich am Arm Richtung Treppe.

"Ich konnte nicht mal Netti..." beginne ich seufzend zu erklären, doch er unterbricht mich energisch.

"Schon Gut! Hab ich gesagt." zügig geht er neben mir her, bis wir an die Treppe kommen, dann hält er an. "Weshalb ich dich sprechen wollte..." beginnt er wieder deutlich ruhiger und deutet in die Lobby, wo sieben mir unbekannte Männer stehen und abwartend zu uns heraufsehen. "Sie sagen, dass sie hier ein Büro einrichten sollen." teilt er mir genervt mit und wirft mir einen unergründlichen Blick zu.

"Wer sind die denn?" frage ich erstaunt und gehe zu den Männern nach unten. Sam mir dicht auf den Fersen und reicht mir einen Brief, den er aus seiner Hosentasche gezogen hat.

"Sie kommen von einem Black oder so." teilt er mir knapp mit, was meinen Puls schlagartig in die Höhe treibt.

"Alexander Black?" will ich wissen. Nicht dass er diesen dämlichen Privatschnüffler meint, der mir vor ein paar Wochen so auf die Nerven gegangen ist.

"Keine Ahnung." sagt Sam und zuckt die Achseln. "Steht nicht in dem Brief. Nur das sie von Black Société kommen. Hast du nicht gesagt, das Hotel gehört dir?" knurrt er verstimmt, woraus sich mir jetzt auch erschließt, warum er vorhin so sauer war.

Seufzend atme ich auf, aber bin aber auch ein klein wenig aufgeregt. "Ja. Das Hotel gehört mir." wende ich mich bestimmt an ihn, "Aber der Inhaber von Black Société ist mein Freund und wird ab Morgen mit hier wohnen und auch von hier aus Arbeiten." kläre ich ihn beglückt auf, was mir von ihm einen skeptischen Blick einbringt.

"Emely. Ich kenne dich jetzt seit fast vier Monaten und in all der Zeit, bist du nicht einmal ausgegangen, soweit ich weiß und jetzt bist du mal eine Woche weg und kommst gleich mit einem Freund wieder, der auch noch hier einziehen soll. Meinst du nicht, dass geht etwas schnell." wirft er wohlwollend ein und schüttelt ungläubig den Kopf.

"Ist ne lange Geschichte Sam." schmunzelnd sehe ich ihn an, dann schüttel ich ebenso wie er leicht den Kopf und kann mir ein glückliches Grinsen verkneifen. "Das hat schon so seine Richtigkeit." sage ich verlegen, doch dann runzel ich nachdenklich die Stirn. "Was meinst du, Sam? Wo können wir das neue Büro zeitweise unterbringen?" bitte ich ihn um Rat, weil er mit den einzelnen Bauschritten besser vertraut ist als ich.

"Wie wäre es mit dem Zukünftigen Aufenthaltsraum? Oder dem Konferenzraum?" schlägt er vor. "Was die Bauarbeiten angeht sind die fertig. Nur ein wenig groß."

"Nein. Das ist perfekt." grinse ich begeistert und gebe ihm ein beglücktes Küsschen auf die Wange. "Das machen wir."

Erstaunt sieht er mich an, sagt aber nichts, wegen dem Schmatz. "Wenn du meinst."

"Ja. Ich meine. Zeigst du ihnen alles? Ich möchte erst mal einen Kaffee trinken." bitte ich ihn und wende mich Richtung Küche, als er zustimmend nickt.

Strahlend eile ich zur Kaffeemaschine und nehme mir eine Tasse von der duftenden Brühe, die Netti bereits für uns aufgesetzt hat. Stelle mich an die Arbeitsfläche und schließe beglückt, den kräftigen Geruch einatmend, die Augen.

Es wird fast wieder wie in alten Zeiten sein. Er und ich. Ein Büro. Arbeit. Und...seufzend atme ich auf und bekomme einen riesen Schreck, als ich die Augen wieder öffne.

"Gott hast du mich erschreckt!" fahre ich zusammen und kann es gerade noch verhindern, mir den Kaffee übers Hemd zu kippen.

"Wo warst du denn mit deinen Gedanken?" will Netti grinsend, mit der üblichen, riesengroßen Brötchentüte in der Hand wissen und stellt sie auf dem Tisch ab.

"Weit weg." gebe ich schmunzelnd zu, dann biete ich ihr meine Hilfe, beim Frühstück machen an.

Während wir alles vorbereiten, plaudern wir ausgelassen und ich setzte sie auch noch schnell davon in Kenntnis, das Alexander ab Morgen hier wohnen wird, denn irgendwie habe ich das gestern, bei meiner kleinen Infoveranstaltung vergessen. Doch scheint sie diese Neuigkeit weit weniger zu stören, als ich gedacht habe.

"Warum sollte es mich stören? Emely?" fragt sie erstaunt, doch dann runzelt sie ein klein wenig die Stirn und zieht die Nase kraus. "Ich mag Alexander. Ich finde es nur schade, dass ihr mich so an der Nase rumführen musstet."

"Das tut mir echt leid. Aber ich hab dir ja gestern erzählt, warum das nötig war."

"Schon. Nur verstehe ich nicht, warum die Sache mit Mrs. Wellenstein..., wenn das Haus doch dir gehört und nicht ihr."

"Weil ich das Haus nicht wollte." seufze ich auf und verdrehe leicht genervt die Augen. "Er hat es mir, wenn du es genau nehmen willst, zu Weihnachten geschenkt."

"Echt?!" fragt sie ungläubig und sieht mich forschend an.

"Echt." stimme ich resigniert zu, doch irgendwie habe ich keine Lust, mich noch länger mit dem Thema zu befassen, weshalb ich sie kurzerhand abwürge.

"Komm. Lass uns den Tisch decken gehen. Ich hab Hunger." deute ich Richtung Speisesaal und schiebe den Rollwagen mit dem Essen auf die Tür zu.

"Geh schon vor. Ich komm gleich. Ich füll nur noch den Kaffee in die Thermoskanne." lächelt sie mich gut gelaunt an und wendet sich der Maschine zu.

Nach dem Frühstück ziehe ich mich in mein Büro zurück und packe meine Papiere zusammen, dann gehe ich hinüber in Alexanders neues Büro und spreche mit den Leuten dort, die inzwischen alle möglichen Schränke und einen Schreibtisch aufgebaut haben und gebe ihnen weitere Anweisungen, die den Verantwortlichen in Erstaunen versetzten. Dennoch nickt er mir bestätigend zu.

Anschließend ziehe ich mich in mein Zimmer zurück und räume etwas auf. Mache für Alexander Platz im Schrank und im Bad. Ich kann nur hoffen, dass er nicht zu viel Zeugs mitbringt, denn so viel Raum, wie bei ihm zu Hause habe ich hier nicht.

Aber ich möchte auch nicht, dass er in einem anderen Zimmer schläft. Wenn er schon wieder bei mir ist, dann soll er auch in meiner Nähe sein. Vor allem Nachts.

Kurz setze ich mich aufs Bett und träume vor mich hin.

Nur noch ein Tag. Dann ist er endlich hier. Schon irgendwie seltsam, nach all der ganzen Zeit wieder mit ihm zusammen zu wohnen.

Vor allem, da ich ihm erst vor fünf Tagen weitestgehend verziehen habe.

Ich kann verstehen, warum er so gehandelt hat, doch bleibt mir ein kleiner Rest Unsicherheit. Den ich lieber gar nicht erst zur Kenntnis nehme, bevor mir wieder bedenken kommen.

Hoffentlich bekommen wir das hin. Ich glaube nämlich nicht, dass ich es noch einmal ertrage, mich von ihm trennen zu müssen. Nur sollte er seine "Probleme" nicht in den Griff kriegen, dann wird mir vermutlich nichts anderes übrig bleiben.

Seufzend atme ich auf und vertreibe diese unliebsamen Gedanken, die ich mal darauf schiebe, dass ich ihn seit Montag früh nicht mehr gesehen und auch gestern Abend nur kurz mit ihm Telefoniert habe.

Wobei mir seine kleine Geschichte in den Sinn kommt. Wie es wohl weiter geht mit dem kleinen Lamm? Hoffentlich frisst der Drache es nicht wirklich auf.

Schmunzelnd verziehe ich das Gesicht, dann ziehe ich mich um, denn leider muss ich heute noch mal ins Café zur Arbeit.

Fast ist es ein wenig schade, dass ich nach so kurzer Zeit dort wieder aufhören muss, doch ist die Arbeit, zu der hier im Hotel, schon etwas viel.

Mein Chef ist nicht gerade erfreut darüber, doch bleibt ihm nichts anderes Übrig, als meine Kündigung hinzunehmen, immerhin bin ich ja noch in der Probezeit.

Dass seine schlechte Laune sich dabei in Grenzen hält, ist wohl dem Umstand geschuldet, dass meine Kollegin, die ich bisher noch nicht einmal wirklich kennengelernt habe, weil sie so lange krank war, wieder da ist.

Und so verabschiede ich mich fürs erste bedauernd von den Mitarbeitern und meinem Chef um erneut ins Hotel zu fahren und mich dort...wieder einmal...umzuziehen um mit Leo essen zugehen.

Wobei ich anmerken möchte, dass wir in eben dem Café essen werden, wo ich bis eben noch gearbeitet habe.

Oh man!

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4035 Worte

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