Teil 10
Kaum bei Kara angekommen, werde ich auch schon ins Haus geschliffen und mit dem ersten Glas Sekt überfallen. Aber auch von Milas missbilligenden Worten...
"So willst du doch nicht heute Abend mit uns weggehen?" denn ich trage zur Zeit schlichte Jeans, eine bunt bedruckte Bluse und meine Jeansjacke.
"Nein." versichere ich Mila schnell. "Ich wollte nur nicht, das Alexander jetzt schon sieht, was ich anziehe, sonst hätte er mich bestimmt nicht mit euch mitgehen lassen." schmunzel ich belustigt. "Es wundert mich sowieso, wie eure Männer euch so rausgehen lassen?"
Anerkennend mustere ich die beiden, die in knappen weißen, mit silbernen Pailletten besetzten Hotpants und leichter, durchscheinender Rosa Bluse vor mir stehen. Auch ich habe dieses Outfit in der Tasche und freue mich bereits auf die Augen, die Alexander nachher machen wird, wenn ich ihm heute Nacht wieder unter die Augen treten.
Schnell ziehe ich mich um, dann hübschen wir uns zusammen auf, doch kommen nach und nach noch weitere Mädels hinzu, mit denen wir um die Häuser ziehen, als wir vollzählig sind.
Es sind zwei von Karas Arbeitskolleginnen und eine alte Schulfreundin, die ich, zugegeben, nicht besonders gut leiden kann, aber was soll's.
Gegen halb Elf ist die Stimmung schon äußerst ausgelassen, doch habe ich mich mit dem Trinken zurückgehalten, weil ich nachher nicht stockbesoffen zu Alexander zurückkommen möchte, immerhin habe ich noch etwas mit ihm vor...
Bei dem Gedanken an ihn versinke ich kurzfristig in ein verträumtes Lächeln, aus dem mich Mila wenig später heraus reißt.
"Hallo...Erde an Emely! Hey! Träumst du?" grinst sie mich an.
"Oh, ja. Ein wenig. Was denn?" wende ich ihr meine Aufmerksamkeit zu.
"Ich wollte wissen, was du von dem da hältst?" sie deutet durch ein Fenster in ein Restaurant, in dem viele Menschen sitzen.
"Der Blonde da?" frage ich nach und deute auf einen Mann, der nicht weit vom Fenster an einem Tisch sitzt, in Begleitung einer molligen Frau, dessen hübsches Gesicht von einem verliebten Lächeln erhellt wird.
"Ja, süß oder?" will sie wissen, was mich zum schmunzeln bringt. Früher haben wir so einen Schaufensterbummel oft gemacht. Haben uns die Auswahl der Männer angesehen, die es in der Stadt so gibt, doch seit Mila ihren Leon hat und als ich noch mit Brian zusammen war, ist diese Tradition etwas eingeschlafen, doch heute Abend wollen wir sie noch ein letztes Mal aufleben lassen. Der guten, alten Zeiten wegen.
Bevor wir alle gänzlich in festen Händen sind. Doch noch während wir grinsend den Blonden Mann mustern hören wir Michaela, Karas Arbeitskollegin begeistert auf quietschen.
"Gott! Mädels! Ich habe meinen Traumprinzen gefunden!" schwärmt sie begeistert und deutet auf einen Mann, der nur wenige Tische weiter gerade aufsteht und seiner Begleitung den Stuhl zurechtrückt und ihr beim Aufstehen hilft.
Zärtlich nimmt er sie in den Arm und gibt ihr einen Kuss auf die Wange, doch das scheint seiner blonden Begleitung nicht zu reichen, denn sie dirigiert ihn zu ihrem Mund und legt zart ihre Lippen auf seine.
Das ganze könnte mich zum schwärmen bringen, wenn der Mann nicht so unglaublich viel Ähnlichkeit mit Alexander hätte.
Und auch die Frau kommt mir inzwischen irgendwie bekannt vor. Ist das nicht die, die ich vorhin am Flughafen über den Haufen gerannt habe? Die mit den tollen, grünen Augen und dem hübschen, herzförmigen Gesicht?
Fassungslos starre ich die beiden an und kann einfach nicht glauben was ich da sehe, und als die beiden sich voneinander lösen und sie Arm in Arm das Restaurant verlassen, bin ich mir dann doch ziemlich sicher, dass der Mann Alexander ist.
Hatte er nicht gesagt, er geht mit einem Bekannten essen? Einem männlichen Bekannten?! Oder habe ich mich da verhört? Hat er vielleicht doch,... einer Bekannten... gesagt, also der weiblichen Form?
Ich weiß es nicht. Aber ganz gleich, was er gesagt hat, ich bin mir sicher, dass er nicht erwähnt hat, dass sie sich Küssen werden.
Vor allem nicht, dass sie sich SO küssen werden.
"Wow!" schwärmt auch Mila "Das ist ja mal ein Leckerbissen. Also den hätte ich auch genommen." verträumt stupst sie mich auffordernd in die Seite, was wohl so viel heißt, dass sie wissen will, was ich von ihm halte, doch da ich gerade mehr als angefressen bin, brumme ich nur ein zustimmendes "Ja, sieht ganz nett aus." während das "PAAR" nach wie vor Arm in Arm vor uns aus der Tür kommt und den Gehweg entlang spaziert.
"Wollen wir noch was trinken gehen?" will die Frau glücklich lachend wissen, während sie ihm den Rücken streichelt.
"Klar, warum nicht. Die Nacht ist ja noch Jung." klingt Alexanders Stimme zu mir herüber, die ich inzwischen überall wiedererkennen würde. Und lässt mein Magen, sich schmerzhaft zusammen ziehen.
Seufzend stehen die Mädels herum und sehen ihm nach, auch ich seufze auf, doch aus ganz anderen Gründen.
Was hat denn dass jetzt schon wieder zu bedeuten?!
Doch kaum sind die beiden um die Ecke verschwunden, kommt Kara, die die einzige ist, die schon mal ein Foto von ihm gesehen hat, zu uns und legt mir den Arm um die Schultern und ich denke schon, dass sie mich jetzt fragen wird, was das zu bedeuten hat, als sie mich kichern fragt..."Und? Wo ist jetzt der Typ, der meine Mädels so zum seufzen bringt?"
"Hast du etwa wieder geträumt?" fragt Mila grinsend "Oder wo hattest du wieder deine Augen?"
"Geträumt trifft es zwar nicht ganz, aber ich war gerade abgelenkt." sagt sie verlegen und deutet auf ihr Telefon, dass sie in der Hand hält.
"Du hast doch nicht etwa mit Marek geschrieben?" empört sich Michaela, die gerade zu uns kommt und hält ihr auffordernd die Hand hin.
"Männer...die übermorgen geheiratet werden stehen heute definitiv nicht auf dem Speiseplan!" tadelt sie streng und schnappt Kara das Handy aus den Fingern.
"Hey!" stößt diese empört aus, dann verdreht sie stöhnend die Augen. "Na gut. Ihr habt ja recht. Also...wo ist nun dieses Prachtexemplar?" will sie grinsend wissen.
"Ich fürchte, da hast du dann jetzt mal Pech gehabt, denn der ist inzwischen weg." lacht Mila und hakt sich nun auf Karas anderer Seite unter.
"Kommt, wollen wir doch mal sehen, ob wir nicht noch ein paar andere Mannsbilder finden, die wir anhimmeln können, bevor wir wieder nach Hause gehen." grinsend zieht sie uns zu Michaela und den anderen.
Angespannt mache ich gute Miene zum bösen Spiel, ich möchte Kara ja auch nicht ihren Abend verderben, doch so richtig begeistern kann ich mich inzwischen auch nicht mehr. Wie gut, das wir drei nicht allein unterwegs sind, so fällt meine angespannte Stimmung beinahe nicht auf.
Allerdings muss ich ununterbrochen an Alexander und die blonde Schönheit denken und daran wie er sie geküsst hat.
Doch als ich ihn fragen will, was er macht, schnappt mir Mila prompt mein Handy weg, wie Michaela vorher bei Kara und sieht mich tadelnd an.
"Du kannst deinen Kerl ruhig auch mal ein bisschen zappeln lassen, dann weiß er wenigstens, was er an dir hat." schmunzelt sie. Immerhin denkt sie ja, dass wir uns gestritten und jetzt wieder vertragen haben, doch dass der nächste Streit bereits vor der Tür lauert, davon ahnt sie nichts.
"Los du verliebtes Küken! Trink!" reicht sie mir ein Glas und stößt mit mir an, auch wenn ihr Glas nur Cola enthält.
Skeptisch schaue ich auf den Schnaps. Eigentlich wollte ich mich nicht schon wieder volllaufen lassen, aber... einer kann ja nicht schaden.
Bemüht locker greife ich nach dem Glas und proste den Mädels zu, dann kippe ich den Drink hinunter. Ebenso wie die Anderen. Mit jedem Schluck werde ich lockerer, aber als ich merke, wie meine Zunge ganz pelzig wird und meine Lippen taub, lehne ich weitere Drinks ab. Ich muss einen einigermaaßen klaren Kopf behalten, um Alexander nachher zur Rede zu stellen.
Außerdem reicht mein Alkoholpegel inzwischen durchaus aus um ihn für einen Moment zu vergessen und mit den Mädels Spaß zu haben.
Laut johlend und klatschend feuern wir den Stripper an, der sich athletisch an seiner Stange räkelt und sich aufreizend langsam die Krawatte vom Hals zieht.
Den Blick auf uns geheftet schlendert er auf der Bühne zu uns hinüber, wobei er die Krawatte wie ein Lasso über seinem Kopf kreisen lässt. Dann macht er mit den Händen eine Bewegung, als würde er sein Lasso einziehen, wobei er eine einladende Bewegung mit dem Finger macht.
"Los! Rauf mit dir Emely!" stupst Michaela mich an. "Ich glaube der fährt voll auf dich ab."
"Ne, lass mal." wehre ich ab, doch als auch die anderen Mädels beginnen auffordernd im Takt zu klatschen und rhythmisch..."E-me-ly...E-me-ly...E-me-ly!" schreien gebe ich mich geschlagen und steige zu dem Kerl auf die Bühne.
Grinsend kommt er auf mich zu und legt mir die Krawatte um, zieht mich sanft mit ihr zu sich heran und beginnt sich an mir zu räkeln.
Verlegen lasse ich mir seine Darbietung gefallen, die mich zugegebenermaßen nicht ganz kalt lässt, aber erst als mir erneut das Bild von Alexander und der Frau vor Augen tritt, steige ich so richtig auf seine Tanzeinlage ein.
Johlend feuern mich die Mädels an und auch viele andere pfeifen und klatschen im Takt zur Musik.
Vor allem, als ich dem Typen seine Polizeimütze abnehme und ihm die Handschellen vom Gürtel ziehe, steigern sich die Begeisterungsbekundungen.
Doch ich fühle mich auf einmal seltsam entrückt, als mich der Stripper begeistert angrinst und mir einladend die Hände hin hält und so schreite ich anzüglich um ihn herum, wobei ich einen Finger über seinen wohltrainierten, nackten Oberkörper gleiten lassen.
Doch kaum stehe ich hinter ihm fällt mein Blick auf zwei Gestalten, von der mich die eine mit lodernden Blicken fixiert.
Das Herz in meiner Brust macht einen krampfhaften Sprung und zwar nicht, weil Alexander mich ertappt hat, sondern weil ich ihn ertappt habe.
Schon wieder!
Wie kommt es nur, dass er mir immer wieder mit dieser Tussi unter die Augen kommt?!
Was hat er mit ihr zu tun und warum verbringt er jetzt schon mehr als vier Stunden mit ihr? Vermutlich sogar noch mehr, denn sie waren ja bereits fertig mit dem Essen, als wir sie im Restaurant gesehen haben. Eigentlich muss er kaum, dass ich zu Kara gefahren bin, zu ihr gegangen sein.
Obwohl er einfach umwerfend aussieht. Er scheint noch duschen gegangen zu sein und hat sich die Haare gemacht. Auch sein Bart sieht frisch gestutzt aus. Dazu trägt er ein schlichtes, weißes Hemd, dessen Armel lässig hochgekrempelt sind und eine enganliegende schwarze Jeans.
Und das alles für sie!
Mit unbeugsamem Blick fixiere ich ihn, während ich dem Stripper die Handschellen hinter dem Rücken anlege, ihn zu seinem Stuhl führe, auf den ich ihn schubse, dann vollführe ich eine wahre Show, die die Feiernden in wahre Begeisterungsstürme ausbrechen lässt, doch das ist mir egal.
Einzig ihm gilt meine Aufmerksamkeit.
Dicht steht er vor der Bühne und starrt mich an. Sein Blick lodert siedend heiß und würde mich verbrennen, wenn der meine nicht mindestens genauso stechend wäre.
Ja! Was du kannst, kann ich auch!
Und so lege ich dem Stripper die Lippen auf den Mund, doch als ich mich wieder von ihm löse, flüstert er mir zu.
"Süße, das hier ist nur eine Show und kein Porno. Okay. Und wenn du dich nicht ein klein wenig zurück hältst muss ich das leider beenden, so leid es mir tut. Aber wenn du willst, können wir hinter der Bühne gerne weiter machen."
Überlegend sehe ich ihn an, dann nicke ich zustimmend und schalte einen Gang zurück, denn so sauer ich auf Alexander auch bin, so wenig will ich mit diesem Mann etwas anfangen. Dabei ist er wirklich ganz ansprechend.
Und so beende ich meine kleine, recht erotische Darbietung und entlasse den "Inhaftierten". Gebe ihm seine Mütze zurück und mache die Handschellen wieder auf, nachdem ich mir anrüchig die Schlüssel von seinem Gürtel genommen habe.
"Und kommst du mit nach hinten?" raunt mir der Mann über den tosenden Applaus hinweg zu, während er mich an der Krawatte, die noch um meinen Hals liegt zu sich heran zieht.
"Nein, tut mir leid." säusele ich ihm ins Ohr, dabei lasse ich es so aussehen, als würde ich an seinem Hals knabbern, was ich aber nicht tue. "Meine Freundinnen warten da unten." erkläre ich schlicht, dann gebe ich ihm einen Kuss auf die Wange und verlasse die Bühne.
Doch kaum stehe ich auf dem Boden schließt sich eine große Hand, besitzergreifend um mein Handgelenk.
"Fass mich nicht an!" fauche ich ihn an und reiße mich los.
"Was zum Teufel sollte das?!" will er ungehalten wissen, was gar nicht gut bei mir ankommt.
"Ich habe Spaß! Genau wie du!" brülle ich ihn an und verschränke unbeugsam die Arme vor der Brust, wobei ich mir der neugierigen Blicke meiner Freundinnen nur allzu bewusst bin. Sicher fragen sie sich gerade, was das Ganze zu bedeuten hat. Wobei Michaela und ich glaube sie heißt Claudia ihm begehrliche Blicke zuwerfen.
Pha! Den können sie gerne haben! Untreuer Idiot!
"Und warum musst du dich zum Spaß haben so einem scheiß Kerl an den Hals schmeißen? Was soll das!?" schnauzt er mich an.
"Du schmeißt dich doch auch jeder dahergelaufenen Tussi an den Hals!" keife ich zurück und deute zu seiner Begleitung, die sich mit großen Augen zu meinen Freundinnen gesellt hat und wie sie das Schauspiel zu betrachten scheint.
Ungläubig schauen uns die sechs an und werfen sich ab und an belustigte Blicke zu. Bis auf Kara, die die einzige ist, die weiß, mit wem wir es hier zu tun haben.
Doch wird sie sicher nicht wissen, warum ich so aufgebracht bin, denn sie hat ihn ja nicht gesehen, wie er mit ihr rumgemacht hat.
"Was? An Mia?" sagt er plötzlich mit großen Augen, bevor er in Gelächter ausbricht.
"Was ist denn daran bitte so lustig!" schreie ich ihn erregt an und schlage ihm mit der Faust auf den Arm, was ihn etwas zur Vernunft zu bringen scheint.
Doch anstatt mir irgendwas zu erklären zieht er mich nur besitzergreifend an sich und presst leidenschaftlich seine Lippen auf meine.
Fast augenblicklich gehe ich bei dem leidenschaftlichen Kuss in Flammen auf, doch bin ich noch viel zu wütend um mich ihm hinzugeben und so stoße ich ihn von mir und versuche nach ihm zu schlagen. Allerdings fängt er meine Hand ab, bevor ich seine Wange erreicht habe.
Blitzschnell dreht er mich herum, fixiert auch meine zweite Hand und presst mich an seinen Körper.
"Beruhige dich, Süße." säuselt er mir ins Ohr und knabbert zärtlich an meinem Hals, doch für mich fühlt es sich an als würde er mir ins Gesicht schlagen. Wie kann er mich vor ihren Augen küssen, wo ich doch weiß, was er mit ihr gemacht hat?
Und warum steht sie grinsend da und sieht uns unbeteiligt zu? Kann sie nicht endlich abhauen?
Verzweifelt wehre ich mich gegen seinen Griff, doch erst als mir vereinzelte Tränen übers Gesicht laufen und Mila und Kara jetzt endlich doch einschreiten, lässt er mich los.
"Vielleicht solltest du jetzt lieber gehen...Alexander?" schlägt Kara vor, was er gekonnt ignoriert. Stattdessen sieht er mich verständnislos an.
"Was ist denn los?" will er verwirrt wissen. "Emely? Was hat das alles zu bedeuten?"
"Vergiss es Alexander. Wenn du nicht von allein drauf kommst, dann tust du mir wirklich leid." schniefe ich bedrückt, dann nehme ich Mila an der Hand und schleife sie Richtung Ausgang.
Ich sehe noch, wie er mir folgen will, aber von Kara und Michaela aufgehalten wird.
"Bringst du mich ins Hotel?" bitte ich Mila mich zu begleiten. "Ich glaube für heute habe ich genug gefeiert." seufzend wische ich mir die Tränen von Gesicht, doch noch bevor wir ein Taxi gefunden haben, sehe ich wie die Tür des Clubs aufgerissen wird und Alexander mit leicht panischem Gesichtsausdruck heraus gestürmt kommt.
"Emely!" schreit er laut. Verstummt jedoch, als er uns erblickt. Mit großen Schritten kommt er auf uns zu, bleibt aber mit gerunzelter Stirn dicht vor uns stehen, als Mila sich ihm in den Weg stellt.
"Ich glaube, es ist besser, wenn du gehst." teilt sie ihm, mit vor der Brust verschränkten Armen, mit. "Wir haben alle gesehen, wie du sie geküsst hast, also bringt es auch nichts, sich herausreden zu wollen."
"Emely! Bitte. Das ist alles nur ein Missverständnis!" fleht er mich an. "Mia ist eine alte Freundin..."
"Es ist doch egal ob alt oder neu, Alexander." unterbreche ich ihn erstickt "Du hast an ihren Lippen gehangen...nur das zählt. Oder willst du mir erzählen, das du nur ein SPIEL mit ihr gespielt hast? So wie mit mir?"
"Nein! Du und ich wir spielen schon lange nicht mehr solche Spiele, Emely! Ich LIEBE dich!" sagt er eindringlich und rauft sich die Haare "Und mit Mia würde ich niemals Spielen. Sie würde niemals mit MIR spielen."
"Na toll! Das heißt doch nur, dass du mit ihr was anfangen würdest, wenn sie denn wollen würde!" knurre ich ihn an und wische mir erschöpft die Tränen vom Gesicht.
"Ich weiß wirklich nicht, warum ich so dumm war und mich noch mal auf dich eingelassen habe." presse ich an dem Kloß in meinem Hals vorbei.
"Natürlich weißt du das und ich weiß es auch! Du Liebst mich! So wie ich dich. Und Mia wird niemals zwischen uns stehen! Ich liebe sie nicht. Sie ist nur eine Freundin...die..." aufgebracht bricht er ab, tigert unruhig vor uns hin und her und rauft sich immer wieder die Haare.
"Kannst du uns nicht einen Moment allein lassen?" fährt er Mila an, die bei seinem barschen Ton leicht zusammen zuckt, sich aber nicht von der Stelle rührt.
"Nein. Emely hat doch schon gesagt, dass du gehen sollst." bleibt sie stur.
"Aber das was ich zu sagen habe, geht dich nichts an!" sagt er beherrscht mit dunkler Stimme, die eine Seite in mir zum Schwingen bringt, die ich lieber schnell wieder zum Schweigen bringe. Bevor ich noch schwach werde.
Diesen Ton habe ich schon seit vier Monaten nicht mehr gehört, denn seit dem wir uns wiedergetroffen haben, war er immer beherrscht und ist niemals laut geworden, ganz anders als damals im Büro.
Wehmütig schleicht sich ein Lächeln in mein Gesicht, bei der Erinnerung an meinen Mr. Black, in dessen Arme ich mich jetzt am liebsten schmiegen würde, doch leider ist Mr. Black ja derjenige, der die hübsche Blonde in dem Restaurant geküsst hat, die gerade in Begleitung von Kara aus dem Club kommt.
Als Kara uns entdeckt deutet sie in unsere Richtung und kommt mit Mia auf uns zu.
"Hast du es ihr noch immer nicht erklärt?" wendet Mia sich an ihn, als sie auf seiner Höhe stehen bleibt, während Kara sich zu Mila stellt.
"Wie denn? Sie lässt mich ja nicht." deutet er auf Mila, was mich mal wieder in Rage bringt.
"Lass sie da raus!" verteidige ich meine Freundin und trete neben sie.
"Das haben wir gleich." sagt Mia lächelnd und geht auf Mila zu, dann legt sie ihr die Arme um den Hals und küsst sie recht innig.
Was uns alle gleichermaßen in Erstaunen versetzt. Na ja, bis auf Kara, die scheinbar mehr zu wissen scheint als wir.
"So ich denke, von jetzt an kommst du wohl alleine klar." grinst die Blonde, nachdem sie von Mila abgelassen hat, Alexander an und zieht meine sprachlose Freundin an der Hand hinter sich her zurück in den Club, doch bevor sie uns allein lässt sagt sie gleichgültig. "Erzähl ihr ruhig die ganze Wahrheit. Ich hab da kein Problem mit. Ach...und ihre sind besser." fügt sie grinsend hinzu, dann drückt sie ihm aufmunternd den Arm und sieht Kara einladend an. "Kommst du?" fordert sie meine Freundin auf, als Kara uns beiden noch einen musternden Blick zu wirft.
Kurz nimmt Kara mich in den Arm und flüstert mir "Alles wird gut." ins Ohr, bevor sie Mia und Mila nach drinnen folgt und mich mit ihm allein lässt.
Unsicher schaut er mich an, scheint nicht zu wissen, was er sagen soll. Auch ich weiß nicht was ich sagen soll.
Was Mias verhalten zu bedeuten hat und ob mir ihr "sexueller Übergriff" Mila gegenüber irgendwie weiterhilft.
Und so stehen wir einfach da und sehen uns an, bis er scheinbar die Sprache wieder gefunden hat.
"Erinnerst du dich noch an den Termin letztes Jahr? Bevor wir das erste Mal nach München geflogen sind?" beginnt er weitschweifend und sieht mich flehend an.
"Ja. Ich erinnere mich." sage ich knapp und denke an den Tag zurück, als er das erste Mal mit Mr. Rigatore geflogen ist und wo er die Stunde im Flugzeug geschlafen hat, bevor sie weiter geflogen sind.
"Gut. Ich habe mich in München mit Mia getroffen." erklärt er. Fährt aber schnell fort, als er meinen sich verfinsternden Gesichtsausdruck bemerkt.
"Sie ist...war ...die Freundin meiner Schwerster." sagt er verlegen und kommt, als wäre damit alles geklärt langsam auf mich zu.
"Und was hat das bitteschön mit uns zu tun? Nur weil sie die Freundin deiner Schwester war, gibt dir das noch lange kein recht sie zu küssen!" funkle ich ihn böse an und weiche vor ihm zurück.
"Emely, bitte! Versteh doch..." beginnt er energisch, doch ich habe keine Lust immer verstehen zu müssen... ich soll verstehen, warum er so ausgetickt ist, ich soll verstehen, warum er einfach in den Club abhaut um sich von Kassandra vermöbeln zu lassen und ich soll verstehen, warum er sich dort volllaufen lässt, nur weil er dachte, dass ich schwanger bin. Irgendwann ist es einfach genug!
"Nein! Du musst verstehen, Alexander! Irgendwann reicht es einfach! Okay!" erwidere ich ebenso energisch und wende mich von ihm ab um mir ein Taxi zu nehmen.
Doch bin ich noch nicht weit gekommen, als er neben mir Schritt fast, allerdings ohne mich zu berühren.
"Ich lass dich nicht einfach gehen Emely!" sagt er eindringlich. "Nicht, bevor du mir nicht zugehört hast." verzweifelt stößt er die Luft aus und fährt sich mal wieder durch die Haare und bringt sie damit noch mehr durcheinander, als sie es ohnehin schon sind und sieht damit nur noch umwerfender aus.
"Du hast drei Minuten!" seufze ich auf und bleibe mit verschränkten Armen stehen und sehe ihn unbeugsam an, doch als ich in seine bekümmerten blauen Augen schaue, die im Licht der Straßenlaterne beinahe Lila erscheinen bröckelt bereits meine steinerne Fassade.
"Ich brauch keine drei Minuten." sagt er zuversichtlich und fährt mir sanft mit einem Finger über den Arm. "Höchstens dreißig Sekunden, denn Mia und Sophie waren nicht nur Freundinnen, sondern Partner. Keine Geschäftspartner." schnaubt er leise, als er meinen skeptischen Gesichtsausdruck bemerkt. "Sie waren ein Paar. Mia ist Lesbisch, Emely. Und wir treffen uns einmal im Jahr um Sophie zusammen auf dem Friedhof zu besuchen und über alte Zeiten zu reden. Als ich sie heute zufällig am Flughafen getroffen habe, dachte ich es wäre eine gute Gelegenheit mich mal wieder mit ihr zu unterhalten." erklärt er langatmig.
"Und der Kuss?" brumme ich miesepetrig, lasse aber langsam meine Arme sinken. "Warum küsst ihr euch, wenn sie doch lesbisch ist?"
"Keine Ahnung. Das hat sich irgendwann einfach so ergeben und jetzt ist es irgendwie Tradition." sagt er ratlos "Ich glaube, Sophie hat das sogar irgendwann eingeführt." lächelnd scheint er in Erinnerungen zu versinken, doch dann sagt er nachdenklich "Ich glaube, sie hat zu Mia gesagt...und damit du dir auch ganz sicher bist, dass du mich willst und nicht ihn, küss ihn... Und seither ist es Tradition. Als Sophie noch gelebt hat, stand sie immer dabei und hat hinterher gefragt...und was fühlt sich besser an... dann hat sie Mia geküsst und Mia hat immer gesagt... deine Küsse..." traurig lächelt er in sich hinein, doch dann taucht er mit schimmernden Augen aus seinen Gedanken auf.
"Deshalb haben wir uns geküsst. Das ist alles. Es ist, als würde Sophie bei uns sein, wenn wir uns küssen. Verstehst du?"
"Schon, irgendwie, aber weißt du, was ich nicht verstehe?" seufze ich "Warum hast du mir erzählt, dass du dich mit einem Freund triffst und nicht mit einer Freundin. Ich denke zwar nicht, dass es diesmal einen gravierenden Unterschied gemacht hätte, aber als ich dich da mit ihr sah und mich an deine Worte erinnerte, da fühlte ich mich von Anfang an hintergangen."
"Ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht. Ich dachte, du hättest vielleicht etwas dagegen, wenn ich mich mit ihr treffe. Und da ich nicht daran gedacht habe, dass wir uns zufällig über den Weg laufen könnten, fand ich es auch nicht so wichtig." sagt er entschuldigend. "Kannst du mir verzeihen? Mal wieder?" schmunzelt er verlegen und sieht mich mit großen Augen an, denen ich kaum wiederstehen kann.
"Unter einer Bedingung." verlange ich zerknirscht.
"Solange du nicht wieder verlangst, dass ich die Finger von dir lassen soll...jede..." grinst er übers ganze Gesicht und breitet einladend die Arme aus in die ich mich mal wieder seufzend schmiege.
"Kannst du mir auch verzeihen, dass ich den Kerl vorhin auf der Bühne geküsst habe." flüstere ich verlegen und vergrabe zerknirscht den Kopf an seiner Brust.
"Da gibt es doch gar nichts zu verzeihen." sagt er liebevoll und hebt mit sanften Fingern mein Kinn an um mir in die Augen zu schauen. "Du warst einfach sauer und ich weiß, dass du mir mit dem Kuss einfach nur eins Auswischen wolltest. Was ich inzwischen auch verstehen kann, nachdem ich weiß, dass du dachtest, zwischen mir und Mia könnte irgendwas laufen."
"Dann bist du mir also nicht böse?" frage ich hoffnungsvoll und sehe ihn verlangend an.
"Nein mein Engel. Ich bin dir nicht mehr böse." sagt er leise und legt leicht seine Lippen auf meine, was meinen Puls schlagartig in die Höhe treibt.
"Aber du warst es." sage ich atemlos und lege ihm sanft meine Hand an die Wange.
"Ja, das war ich." sagt er zustimmend "Aber nur, weil ich nicht wusste, dass du deine Gründe dafür hattest." verständnisvoll sieht er mich an. Legt sanft seine Hand auf meine und haucht einen Kuss hinein, dann vergräbt er seufzend seine Nase an meinem Hals und hebt mich beglückt hoch. Dreht sich einmal mit mir im Kreis und setzt mich dann strahlend wieder ab.
"Komm!" strahlt er mich an "Lass uns noch ein bisschen tanzen gehen!" schlägt er gut gelaunt vor und zieht mich sanft Richtung Club.
Liebevoll lächel ich ihn an, dann lege ich meinen Arm um seine Hüfte und fasse neben ihm Schritt.
Ein wenig unangenehm ist es mir zwar schon, nach der Szene die ich gemacht habe zu den anderen zurück zu gehen, aber was soll's.
Ich war noch nie mit Alexander aus.
Also so richtig. Und diese Gelegenheit möchte ich mir unter keinen Umständen entgehen lassen. Wer weiß, wann wir das nächste Mal dazu kommen zusammen feiern zu gehen.
Von der Hochzeit mal ganz abgesehen.
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4367 Worte
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