2. Kapitel
Gedankenverloren blicke ich aus dem Fenster von meiner momentanen Wohnung hinaus in den Garten. Jetzt ist es schon ein Jahr her, seit ich von meinem Rudel verstoßen wurde. Seit dem Tag an bin ich fast jeden Monat weitergezogen, bis ich gestern hier gelandet bin. Weit genug von zu Hause entfernt. Dieses Haus hier habe ich bereits vor ein paar Tagen zufällig entdeckt und gleich gekauft. Ich möchte nicht ewig herumreisen und auch mal wieder Freunde finden. Es ist ein schönes kleines Haus sogar mit Garten, das ich mir nur leisten konnte, weil ich das letzte Jahr nur vom Nötigsten gelebt habe und in jeder Stadt, in der ich kurz gelebt habe gekellnert habe. Mit der Zeit habe ich durch das Kellnern und andere Jobs genug Geld gespart, um mir das hier dauerhaft leisten zu können.
Schon seit Stunden spüre ich den Drang mich zu verwandeln also renne ich schnell in den Wald, der glücklicherweise an meinen Garten angrenzt. Nur noch über den Gartenzaun springen und schon bin ich im Wald. Noch im Sprung verwandele ich mich in meine Wolfsform und sprinte einfach immer weiter in den Wald. Ich habe mich das erste Mal vor einem Monat verwandelt. Es war schwer so ganz allein mit der Verwandlung und den Schmerzen umzugehen, aber ich habe es geschafft. Ich finde meine Wölfin auch sehr schön. Ich habe sie nach der Verwandlung in einem Bach, der in der Nähe war, beobachtet. Sie hat schneeweißes Fell und eisblaue Augen. Ob wohl meine Mutter so ausgesehen hat? Von meinem Vater habe ich die Fellfarbe jedenfalls schonmal nicht. Er hat eher ein dunkelgraues Fell.
Tief atme ich die frische Waldluft ein und seufze. Mittlerweile sind bestimmt schon ein paar Stunden vergangen, da es auch schon sehr spät in der Nacht ist. Ich sollte nach Hause, schließlich fängt morgen schon mein erster Arbeitstag an und da möchte ich wirklich nicht zu spät kommen.
Plötzlich knackt ein Ast, weswegen ich mich erschrocken herumdrehe. Da ich aber nichts entdecke mach ich mich wieder auf den Heimweg. War wahrscheinlich nur ein kleines Kaninchen. Auf einmal sehe ich wie etwas von rechts auf mich zu springt und kann gerade noch ausweichen. Schnell blicke ich in diese Richtung und entdecke einen ziemlich großen, braunen und sehr wütend dreinblickenden Wolf. In dessen Revier ich wahrscheinlich gerade unwissentlich getreten bin. Fuck. Weglaufen ist keine Option mehr, dazu ist er einfach zu nah und wahrscheinlich sowieso schneller als ich. Also bleibt nur noch ein Angriff bzw. Verteidigung übrig. Hoffentlich ist er allein und nicht auch noch ein ganzes Rudel auf dem Weg hierher. Die einzige Kampferfahrung, die ich habe, besteht aus dem was ich im Training beobachtet habe...das war vor Jahren und ein paar Mal musste ich mich gegen fremde Wölfe verteidigen, aber diese waren um einiges kleiner als dieser hie. Na großartig. Vielleicht habe ich doch noch eine Chance wegzulaufen?
Da der fremde Wolf wieder in meine Richtung läuft gehe ich schnell in Angriffsstellung und knurre ihn zur Warnung an. Wir umkreisen uns eine Weile, bis er auf einmal auf mich zuspringt. Gerade noch rechtzeitig weiche ich aus und beiße ihm gleichzeitig an seinem Hinterbein und lasse nicht mehr los. Jaulend dreht sich der fremde Wolf um und versucht nach mir zu beißen. Schnell lasse ich los und verschwinde aus seiner Reichweite. Freudig erkenne ich, dass er große Schmerzen haben muss, da er jetzt schon langsamer als vorher auf mich zukommt und wenn man genau darauf achtet, sogar erkennt, dass er leicht humpelt. Das ist meine Chance! So schnell ich kann drehe ich mich um und durch den Wald. Einfach nur weg von ihm. In der Ferne höre ich Wolfsgeheul näherkommen, weswegen ich noch schneller renne. Ich sehe auch schon die Straße, als ich auf einmal zur Seite gerissen werde und etwas ziemlich Schweres auf mir landet.
Erschrocken sehe ich nach was auf mir liegt und entdecke einen mitternachtsschwarzen Wolf mit feuerroten Augen und oh oh ich denke das ist der Alpha des fremden Wolfes. Der Alpha befiehlt mir knurrend liegen zu bleiben und verwandelt sich in seine menschliche Form. „Verwandle dich zurück!" befiehlt er mir mit seiner Alphastimme, gegen die ich mich nach kurzem wehren leider nicht mehr durchsetzen kann. Kurze Zeit später liege ich auf dem nassen Waldboden und sehe leicht ängstlich zum Alpha auf. „Wer bist du und was hast du hier in meinem Revier zu suchen? Willst du uns ausspionieren?" fragt er auch sofort. Leicht zitternd aufgrund der Kälte, welche vom Waldboden ausgeht, rutsche ich vorsichtig nach hinten und suche nach einer Möglichkeit zu fliehen. „Hey! Ich wiederhole mich nicht. Wer bist du?" Erschrocken blicke ich wieder nach vorne. Er geht mit wütenden Schritten auf mich zu, bevor er plötzlich innehält und mich ungläubig anschaut. Diesen Moment nutze ich und schaue, dass ich so schnell ich kann, verschwinde. Zuhause angekommen verwandele ich mich zurück, renne in meine Wohnung und schließe sie schnell hinter mir ab. Tief durchatmend lehne ich mich an der Tür. Noch mal Glück gehabt.
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